Intravenöse Pumpentherapie?

  • Hallo,


    Warum gibt der Katheter einer Insulinpumpe das Insulin sc ab?
    Wäre es nicht sinnvoller, das Insulin intravenös zu verabreichen? Bei der Pentherapie ist die Subkutane Injektion ja logisch,
    (schließlich baut da die Therapie auf der Verzögerung auf, aber mit Pumpe?
    Warum die Verzögerung durch die Resorptionszeit auf sich nehmen?


    Natürlich müssten die Bolusabgabearten der Insulinpumpen angepasst werden (so 15iE für ne Pizza direkt auf einmal ins Blut wären wohl nicht so das wahre :P
    dh den direkten Bolus müsste man dann wohl deaktivieren (außer evtl zu Korrekturzwecken? wobei sich da eine kontinuierliche Abgabe auch verlockend anhört, sobald man
    im Normbereich ist unterbricht man den Bolus einfach?!).
    Die kontinuierliche Abgabe geringer Mengen über zB 2h (wie beim Gesunden), Abgabebeginn direkt oder Verzögert und Auswahlmöglichkeit zwischen
    Beispielsweise 3 Abgabezeiträumen (je nach Glyx, nach Freischaltung durch den Doc evtl auch beliebige Geschwindigkeit),
    wäre es dadurch nicht wesentlich präziser möglich, den Blutzucker zu steuern?


    Vorteile:

    • Bolus abbrechen/unterbrechen, wenn Unterzuckerung droht: mit der intravenösen Insulingabe müsste bei rechtzeitiger "Hypowahrnehmung" (also eigentlich schon bevor es zu ner Hypo kommt) 6-9h am Tag keine HypoBEs gegessen werden, Bolus abbrechen würde reichen damit der BZ zumindest nicht mehr weiter sinkt, stundenlanges gegen eine Hypo anessen wäre auf jeden Fall Geschichte, evtl mal ne ausrede für 1BE Naschen darf ja drin sein :love:
    • ähnliche Abgabe wie echte Bauchspeicheldrüse möglich (zB erste Stunde ⅔ der Gesamtmenge, rest über 1-2h)
    • nie wieder Streitigkeiten über Analoginsulin gut/böse, braucht keiner mehr durch unmittelbare Wirkung
    • keine Spritzbeulen mehr (wie Venen auf den Katheter reagieren, kann ich nicht beurteilen)


    Nachteile:

    • Genehmigung (Zulassung) der neuen Pumpen wenn medizinische Laien mit intravenöser Insulingabe hantieren müssen?
    • deutlich ausführlichere Schulung nötig =>kompliziert

    Wenn man so darüber nachdenkt hat meine Schnapsidee doch so Ihre Haken, aber so gut wie alles hat wohl Vor- und Nachteile.
    Was haltet ihr davon? Seht ihr weitere Vor- und Nachteile?


    Ich finde die Idee irgendwie interessant, aber vll habe ich ja auch etwas komplett vergessen, was die Idee sofort zunichte macht. Hauptproblem könnte die Reizung der Venen sein?!


    P.S.: Die Idee kam mir während einer (schrecklichen) Vorlesung über Diabetes (Welcher Chefarzt kennt schon den Unterschied zwischen Typ 1 und Typ 2, und woher sollte er als Internist wissen,
    dass Insulinpumpen heutzutage nicht mehr implantiert werden? :nummer1: ) das ist also keine Geschäftsidee einer riesen Firma, die erstmal Eure Meinung gratis hören will und dann die dicke Kohle damit macht.


    Würd mich über eine Diskussion freuen!!!


    Yolo

  • Um es ganz superkurz zu beantworten: Das Problem bei einer IV-Pumpentherapie läge in erster Linie darin, dass man dauerhaft ein Einfallstor für Keime in die Blutbahn geöffnet hätte. Ein weiterer ganzer Blumenstrauß an Problemen folgt nach.


    (Edit: Das heißt nicht, dass IV per se übel wäre, ich mache das selbst auch öfter, aber nur zur Korrektur. IV als daerhafte Insulinversorgung oder gar per Pumpe führt bislang immer zu Problemen. Wenn diese Probleme schon einer gelöst hätte, hätten wir auch schon IV-Pumpen, da bin ich mir sicher.)


    (Edit2: Nein, ich möchte jetzt hier keine hitzige Diskussion über IV lostreten und ja, ich weiß, dass jetzt schon gleich wieder einige wg. Kaliumverschiebung und blabla angerannt kommen... - Diese Diskussion ist ermüdend und führt zu nix, weil diejenigen, die von IV-Korrektur überzeugt sind, diese trotz aller Kassandra-Rufe auch weiterhin begeistert anwenden werden.)

    cu
    Jürgen
    . Inschrift einer Schulbank im Physiksaal: "He, Ihr da, Ohm! - Macht doch watt Ihr volt!"

    Einmal editiert, zuletzt von jhowbg ()

  • Erhöht nicht ein Dauerfremdkörper die Gefahr von Embolien deutlich?


    Ja. Venen spielen da nicht mit, weil einerseits der Fremdkörper abgekapselt wird (Fibrin) und anderseits durch die Verwirbelungen massiv Ablagerungen an den Gefäßwänden entstehen.


    Aber es muss ja nicht gleich iv sein. Fast der gleiche Effekt an Insulinwirkung wird erzielt, wenn das Insulin intraperitoneal zugeführt wird, d.h. via eines Katheters der hinter einem in der Bauchdecke implantierten Port in die Bauchhöhle ragt. Dann läuft es auch (überwiegend?) erst einmal über die Leber und kommt so der natürllchen Insulinsekretion der BSD recht nahe.


    Das ganze kennt man heutzutage als DiaPort, der von Roche angeboten wird.


    Gruß
    Joa

  • zum diaport möchte ich folgendes beitragen: das an sich hervorragend funktionierende verfahren stellt eine ausnahme dar, wenn nichts anderes mehr wirkt( keine funktionierenden s.c. stellen mehr). es wird meines wissens nach nur in der fachklinik in bad heilbrunn angewendet; ist eine teure op, welche nur in begründeten ausnahmefällen von der krankenkasse übernommen wird.
    über kurz oder lang stellen sich aber abstoßungs-entzündungs und andere hygiene- probleme ein.
    bin vor kurzem deswegen da vorstellig gewesen. setze momentan die katheter im oberen gesäßbereich und am rücken.
    aber immerhin, gut zu wissen, daß es alternativen gäbe.


    grüße
    michael

  • Stimmt, mikewue und wenn ich mich recht erinnere ist seit Ende 2013 ist auch Bad Mergentheim dabei Stützpunktklinik für den Diaport zu werden.
    Ob sie dort inzwischen schon Diaports "verarbeitet" haben weiß ich aber nicht.
    Ich habe damals beim Pumpenkolloquium mal Dr. Lippmann-Grob angesprochen in wie weit das für mich wegen meiner Allergie auf verschiedene Insuline eine Ausweichmöglichkeit sein könnte, sollte ich mein aktuelles Insulin ebenfalls nicht mehr vertragen.
    Es gab zu diesem Zeitpunkt aber keine klare Aussage hierzu, es hieß das sei sehr individuell zu prüfen und man solle den Dia-Port eben weil es ein direkter Zugang zum Peritoneum und somit eine potentielle Keimpforte ist, als eine letzte Möglichkeit ansehen.
    Die kleine OP liegt im Bereich um 6000 Euro und der Diaport wird ausschließlich mit Roche-Pumpen (Combo) verwendet, weil er nur damit abgenommen wurde.


    Was die Abstoßungprobleme angeht, so war das noch beim Diaport der ersten Generation der Fall. Der neue Port ist mit einer filzartigen Ummantelung versehen, die mit dem Gewebe verwächst und das somit abdichten soll. Angeblich sind die Abstoßungs- und Entzündungsprobleme damit viel geringer als mit dem alten Port.


    Stimmt übrigens was Joa schon erwähnt hat. Die Insulinwirkung beim Diaport ist fast wie IV, weshalb Diaport-Träger standardmäßig den Verzögerungsbolus nutzen müssen um Mahlzeiten abzudecken.

    cu
    Jürgen
    . Inschrift einer Schulbank im Physiksaal: "He, Ihr da, Ohm! - Macht doch watt Ihr volt!"

  • Wenn die beiden positiven Möglichkeiten intravenöser Katheter und Diaport zur Diabetesbehandlung annähernd geleichwertig sind, bleibt jetzt noch die Frage zu beantworten, ob die Risiken eines Dauerkatheters in der Vene höher oder geringer einzuschätzen sind, als die Risiken eines Diaports, bzw. welche Maßnahmen man jeweils treffen müsste, um die Risiken in den Griff zu bekommen.

  • Wenn die beiden positiven Möglichkeiten intravenöser Katheter und Diaport zur Diabetesbehandlung annähernd geleichwertig sind, bleibt jetzt noch die Frage zu beantworten, ob die Risiken eines Dauerkatheters in der Vene höher oder geringer einzuschätzen sind, als die Risiken eines Diaports,


    Siehe weiter oben.
    In mehr als 25 DiaPort Jahren wäre längst eine intravenöse Methode dazu gestoßen, wenn das irgendwie gehen würde.


    Gruß
    Joa