Neue Leitlinie (der DDG) für Diabetiker im Straßenverkehr

  • Der Punkt ist doch, dass man fahruntüchtigkeit nicht an einem Grenzwert festmachen kann. Das mit der hyposensibilitätsstörung passt auch nicht bei Leuten wie mir, die Dank Ausdauertraining und Low Carb auch prima Ketone im Gehirn verwerten können und selbst bei 50er Werten keine Ausfälle haben.


    Wie ist das eigentlich bei Fahrradfahrern? Da bin ich nach einer Tour schon mal bei 50 rausgekommen - kann einem da prinzipiell auch der Lappen abgenommen werden?

  • Der Punkt ist doch, dass man fahruntüchtigkeit nicht an einem Grenzwert festmachen kann. Das mit der hyposensibilitätsstörung passt auch nicht bei Leuten wie mir, die Dank Ausdauertraining und Low Carb auch prima Ketone im Gehirn verwerten können und selbst bei 50er Werten keine Ausfälle haben.

    Da bin ich voll bei dir.

    Nur leider scheinen die Autoren der Leitlinie (allen voran RA O. Ebert der ja schon aufgrund ähnlicher Äußerungen in einem Diabetes-Magazin negativ aufgefallen ist) das Ganze anders zu sehen und haben uns nun die entsprechenden fixen Werte vor die Füße geworfen und wir müssen damit irgendwie zurecht kommen.


    Wie ist das eigentlich bei Fahrradfahrern? Da bin ich nach einer Tour schon mal bei 50 rausgekommen - kann einem da prinzipiell auch der Lappen abgenommen werden?

    Richtig konkret ist die Leitlinie nicht bzw. es wird oft zwischen Straßenverkehr (das wären alle) und Führen von Kraftfahrzeugen geschwankt. Aber prinzipiell kann auch eine Auffälligkeit auf dem Fahrrad dazu führen, dass zumindest ein ärztliches Gutachten angefordert wird und, falls dieses nicht positiv ausfällt, kann dir auch die Fahrerlaubnis entzogen werden.


    Mir ist der Bezug zum "formal unterzuckerten" Diabetiker immer noch nicht klar geworden. :/

    Das das deutsche Strafrecht skurille Prioritäten (Geld >> Menschenleben) setzt ist mit durchaus bewusst, da muss es nichtmal der Alkohol am Steuer sein. Auch die Urteile zu Gewaltverbrechen vs. Steuerhinterziehung sprechen schon Bände.

  • Das mit der hyposensibilitätsstörung passt auch nicht bei Leuten wie mir, die Dank Ausdauertraining und Low Carb auch prima Ketone im Gehirn verwerten können und selbst bei 50er Werten keine Ausfälle haben.

    Yep, 50-60 ist bei mir nach kaum 5 Jahren Low Carb auch kein substanzielles Problem. da war am Anfang meiner "Karriere" das erste mal "80" ohne LC und an zuvor hohe Werte gewöhnt weitaus unangenehmer.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Mir ist der Bezug zum "formal unterzuckerten" Diabetiker immer noch nicht klar geworden.


    ein Diabetiker, der beim Autofahren einen Unterzucker kriegt und einen Unfall baut wird voll schuldfähig sein, während ein gesunder, der sich absolut dicht ans Steuer setzt und einen Unfall baut, mildernde Umstände kriegt, wegen "Unzurechnungsfähigkeit". Es geht nicht um "formal unterzuckert", es geht um richtig unterzuckert - und rechts ranfahren bzw. anhalten ist nicht immer möglich

    Blutzucker ist die Autobahn, Gewebszucker ne Nebenstraße!

  • Mir ist der Bezug zum "formal unterzuckerten" Diabetiker immer noch nicht klar geworden.


    ein Diabetiker, der beim Autofahren einen Unterzucker kriegt und einen Unfall baut wird voll schuldfähig sein, während ein gesunder, der sich absolut dicht ans Steuer setzt und einen Unfall baut, mildernde Umstände kriegt, wegen "Unzurechnungsfähigkeit". Es geht nicht um "formal unterzuckert", es geht um richtig unterzuckert - und rechts ranfahren bzw. anhalten ist nicht immer möglich

    na dann messt mal den Blutzucker eines "gesunden" Betrunkenen wenn die Leber nur noch mit Entgiftung beschäftigt ist. Ist das Suff oder ist das eine Hypo?

  • Auch die Urteile zu Gewaltverbrechen vs. Steuerhinterziehung sprechen schon Bände.

    So weit muss man nicht einmal ausholen. Die Strafmaße für Herbeiführen einer nuklearen Kettenreaktion (vulgo Atombombe) und ein Dutzend Gramm Gras in der Tasche (nicht mal in Benutzung) sind erstaunlich ähnlich.

  • Was bei einem Lada mit Restaktivität einen Absturz nach X Stunden bedingt. Alleine durch die Eigenproduktion. Bis man die sich mit hocgfressen auch getötet hat statt diese zur Stabilisierung zu nutzen.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • überlegen, ob man sich von den Cloud-Lösungen verabschiedet, dies ist ja bei Eversense z. B. der Fall

    Kannst du das bitte noch mal anders formulieren? Ich verstehe es nicht (schickt Eversense jetzt Daten in die Cloud oder nicht? und was kann man dagegen tun?). Danke...

    Die Leitlinie spricht von "Manche dieser Systeme sehen vor, dass der Patient die damit ausgelesenen Daten in einer "Cloud" beim jeweiligen Hersteller speichert.

    Ich gehe davon aus, dass dies beim Eversense der Fall ist, da die Daten ja synchronisiert und dort gespeichert werden. Wenn dieser dann zur Herausgabe der Daten zwecks Einsichtnahme gezwungen werden kann, müsste man der dortigen Speicherung doch entgehen können, wenn ich nämlich statt Eversense-App zu Nightscout mit X-drip wechsel. Dann müssten doch die Daten nicht mehr bei Eversense gespeichert sein.

    Das war so mein Gedanke. Man kann den Eversense entweder mit der Eversense App oder eben mit XDrip und Nightscout auswerten und speichern. So wurde mir das vor kurzem vermittelt

  • Ein häufiger Grund für extreme Unterzuckerungen ist das versehntliche injizieren des insulins in eine Vene.

    Das kann man mit solchen Vorgaben schlecht verhindern.

    Als ich in der Slowakei war und eine Unterzuckerung mit Krampf Anfall hatte sagten die Ärzte mir ich soll so schnell wie möglich nach Hause fahren und das ich eine Lungenembolie hatte.

    Und ob ich mit Auto da bin.

    Ich hielt die erst für bekloppt, später habe ich das ganze verstanden.

    Hab übrigens gar keinen Führerschein...

    Man muss die Schuld auch mal bei den Anderen suchen 🙂

  • Ein häufiger Grund für extreme Unterzuckerungen ist das versehntliche injizieren des insulins in eine Vene.

    das kommt aber auch nur dann vor, wenn man sich was zu Essen holt, um es während der Fahrt zu verspeisen.

    Ich glaube aber nicht, dass die DDG in diese Richtung denkt.


    es gibt genug Diabetiker, die nach Spritzplan gehen und das System "Insulin füs Essen spritzen" nicht so verstanden haben. Ich habe leider so ein Beispiel hier.

    Als wir Dienstag beim Arzt um 11Uhr noch unterwegs waren, hätte sich meine Schwiegermum auch ihr Insulin gespritzt. macht sie ja immer um die Zeit. wir hatten aber noch gebraucht, bis wir zu Hause sind.

    In dem Fall ist sie nicht selber gefahren und somit keine Gefahr - aber sie fährt noch selbst und manche Termine brauchen auch mal länger.

    Ich glaube nicht, dass meine Schwiegermum da "ein besonderer Fall" ist, sondern dass es da genug andere Diabetiker gibt, die das ganze nicht verstanden haben. Und das sind sicher mehr als wir, die genau einschätzen können, ob sie mit einem BZ von 50 noch Bäume ausreißen können.

  • Yep, 50-60 ist bei mir nach kaum 5 Jahren Low Carb auch kein substanzielles Problem. da war am Anfang meiner "Karriere" das erste mal "80" ohne LC und an zuvor hohe Werte gewöhnt weitaus unangenehmer.


    geht mir genauso, darf man nur nicht zu laut sagen, nicht dass dann doch jemand auf die idee kommt, das als gestörte Unterzuckerungswahrnehmung zu bezeichnen, denn dann ist ja die verkehrssicherheit generell beeinträchtigt. Dann darf man vielleicht erst wieder ans steuer, wenn man auf high carb umgestellt hat und sich auf wunsch der ddg vor jeder fahrt auf 200mg/dl hochfrisst :P

    ich bin der Meinung alles was unter 70 mg/dl Ist zum Autofahren zu niedrig, und du wirst nach einem Unfall, auch kaum beweisen können, das der Wert nicht zu niedrig war.


    Nach meinem Unfall, hat keiner die Werte gesehen, noch mein Handy, geschweige den eine Cloud, es wurde nichtmal ermittelt wie hoch der Wert im Krankenwagen war.


    Problematischer ist hier dann die Führerscheinstelle, diese zweifelt alles erstmal an, und nimmt dir auf der Grundlage den Führerschein ab. Bei mir hat das fast 2 Jahre gedauert, da hatte ich dann schon ein Verkehrsmedizinisches Gutachten und auch ein Schulung zur Hypowahrnehmung, das hat dann gereicht. Im Gutachten wurden auch die letzten Hba1c Werte mit aufgelistet, und ich denke wenn der Wert unter 5% ist gibt es ähnliche Probleme.

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  • Man kann den Eversense entweder mit der Eversense App oder eben mit XDrip und Nightscout auswerten und speichern. So wurde mir das vor kurzem vermittelt

    Und eben das ist neu für mich - ich kenne nur eine App, die den ES nativ auslesen kann, und das ist die von Senseonics. In deren EULA steht , dass die Daten "auf einem Senseonics-Server in London" gespeichert werden (nach dem ich gerade suche).

    Dass man die App patchen kann und einen Esel zwischen die gepatchte App und xDrip/NS hängen kann, das wiederum weiß ich.


    Kurzgefasst, mir ist keine App bekannt, die den Sensor ausliest (d.h. mit dem Transmitter verbunden ist), direkt nach NS oder xDrip exportiert und nicht nach Hause telefoniert - deshalb meine Bitte um Nachschulung.


    Eigentlich gehört diese Diskussion schon eine Weile ins Eversense-Forum. (Ist ein Moderator in der Nähe?)

  • Yep. Wer einen "stabil niedrigen" HbA1c und leidlich stabile Werte hat, bei dem ist ne "Anzeige sagt 90" anders zu bewerten wie bei jemandem, der mit ner hohen 7++ und einem BZ-Jojo durch die Gegend rennt. Zudem hast du mit Libre & Co einen Anderen Eindruck des BZ verlaufs als jemand, der mit seinen angeblich ausreichenden "450 Streifen im Quartal" auszukommen versucht. Wenn da ne 80 steht, das ist was anderes als wenn einer "Strich 80 in den letzten 2h" sieht.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Leitlinien zum Auto fahren ist einfach lächerlich. Ich denke wir Diabetiker fahren wesentlich umsichtiger Auto als diese die ständig unter Alkohol unterwegs sind. Warum muss bei uns alles durch Vorschriften geregelt sein. Wollen wir hoffen, dass uns nichts passiert.

    vroni :help:

  • Gibts denn einen Juristen hier, der beurteilen kann wieviel Gewicht die Leitlinien haben und wie diese herangezogen werden?

    Hab ich eigentlich die Pflicht mich über jedes Leitlinien Update zu informieren? Woher weiß ich denn, dass die Leitlinien neu sind?


    Alle Argumente, die Ihr so bringt unterschreibe ich. Ich denke nur, daß im Ernstfall sich keiner in der Verwaltung mit unseren Sonder Sonderproblemen auseinandersetzt (ob Looper oder Low Carb, blutig gemessen oder CGM etc.). Dafür sind wir einfach zu wenige. Und was DerWurstkuchen beschreibt wie die Führerscheinstelle reagiert halte ich für das Standardvorgehen.

    Closed Loop Open Mind

  • Geh davon aus, dass die Leitlinien "gezogen" werden wenn dir einer an den Karren fahren will weil "er" einen Schuldigen braucht. Und ignoriert, wenn nicht. Weil Bürokraten nur eine Begründung brauchen wenn die was wollen bzw. nicht wollen.


    Mich würde wirklich interessieren, wie "Low Carber" bzw. sehr stabil und relativ tief eingestellte Typ-1ser im Vergleich zu eher "DDG-konform" mit 50% Kohlenhydraten und entsprechende Mengen Insulin konsumierend samt daraus resultierender BZ Schwankungen bei kognitiven Tests abschneiden.


    Könnte man z.B. entweder mit Computerspielen messen (Thema Wahrnehmung -> Reaktion -> Motorische Kontrolle) oder auch Knobelaufgaben wie Sudoku. Wobei letztes weniger feinmotorische Anteile hat. Selbst das uralte Spiel "Space invaders" eignet sich, weil du schlicht messen kannst wie "weit" jemand in einem Level kommt. Wenns da im Kopf von der "Wahrnehmung über die Reaktion" klemmt, man wird es messtechnisch merken und zudem quantifizieren können.


    Fänd ich übrigens sinniger als Fastenstudien.


    Grundlagen: https://europepmc.org/abstract/med/8589783 sagt, dass "Keto" nur am Anfang ein Problem zu sein scheint. Allerdings "Diät bei Fahrwassertonnen^wÜbergewichtigen", nicht "BZ bei Typ-1". https://www.sciencedirect.com/…abs/pii/S0197458010004392 sagt, es hilft dem Kopf bei alten Menschen. https://www.fasebj.org/doi/full/10.1096/fj.201600773r ist ähnlich.


    https://europepmc.org/abstract/med/9265974 legt mit "The mechanism of action of the ketogenic diet appears to rely on a fundamental change in the brain's metabolism from that of a glucose-based energy substrate to a ketone-based substrate." nahe, dass auch ein bei "Glokose" basierten Patienten zu tiefer Blutzucker durch die "Bifuel" Gewöhnung ggf. unkritisch ist. Siehe auch https://www.sciencedirect.com/…abs/pii/S0304394005005872 im Rattenversuch. Ist zwar extrem, weist halt in die gleiche Richtung.


    Ich kann von mir aus nur feststellen, dass ne 60 Nachts und Tagsüber 70-80 anfangs bei Restaktivität eher normal war und es hat mich Null komma Null gejuckt. Allerdings erst nach einigen Wochen LC, vorher auch wegen der "hohen Werte" vor der Diagnose war bereits BZ um 90 "bitter".

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Grounded

    Sehr interessant und entspricht auch Erkenntnissen aus anderer Richtung: Der Darmflora (mein berufliches Spezialgebiet bis vor einigen Jahren)... das zeigt, daß der Organismus - in diesem Fall die Bakterien - sich an eine Ernährungrichtung, die länger als 3 Wochen durchgehend praktiziert wird, anpasst. Bei "Mangelernährung" stellen die Bakterien z.B. selbst Vitamine her, was eine Zufuhr von Nahrungsergänzungsmitteln im Normalfall (nicht im Krankheitsfall) unnötig macht.


    Aber eine Frage: Du gehörst ja zur fliegenden Gattung ;)... gibt es solche Vorschriften oder Leitlinien auch für's Fliegen? Können Piloten überhaupt mit Diabetes einen Flugschein bekommen? Sorry, hab keine Ahnung, bin aber neugierig ^^

  • Ich habe bei meinem Diabetologen beim ersten Termin direkt mit dem Anamnesebogen auch einen Aufklärungsbogen über das Fahren mit Diabetes bekommen, den ich unterschrieben wieder abgeben musste.

    Wow, da bin ich mal gespannt, wie das bei meinem Arzt läuft - besser nicht mehr hingehen.............:bigg! Einstellung ist sowieso mehr oder meinstens meine Sache, das Rezept erhalte ich am Tresen - müsste klappen!

    Ganz ehrlich: kann daran nicht so ganz glauben, das wäre Bevormundung! Ins Auto steige ich ja auch selbst ohne ihn und habe die Verantwortung. Unwissenheit schützt auch hier nicht vor Strafe, somit bin ich auch beim Autofahren verantwortlich!

    nest

    Grüße nest

  • Es ist eine Leitlinie, die auf wissenschaftliche Erkenntnisse verweist und rechtliche Sachverhalte aufführt ... und das als Empfehlungen (mit unterschiedlicher Gewichtung) in einem Schriftstück zusammenfasst.


    Diese Leitlinie ist eine Information, die jeder lesen kann oder auch nicht. Sie ist kein Gesetz.


    Ein Richter hält sich im Falle des Falles an die gesetzlichen Grundlagen.


    Ich benutze meinen gesunden Menschenverstand und halte mich an die sich so ergebenden Sorgfaltspflichten - insbes., wenn ich mit dem Auto unterwegs bin.


    Und da muss ich nicht lange darüber diskutieren, dass ein Blutzuckerwert unter 70 mg/dL eben lt. gefestigter wissenschaftlicher Meinung allgemein als Unterzucker gilt und so auch im Falle des Falles geahndet wird - unabhängig, ob das bei dem ein oder anderen vielleicht auch erst bei einer niedrigeren Schwelle der Fall ist.


    VG Stefan