"Behind the Bastards" – "The Bastards that kill Diabetics for a Profit"

  • Seit einiger Zeit bin ich ein begeisterter Höhrer des Podcasts "Behind the Bastards", in dem der amerikanische Journalist Robert Evans die furchtbarsten Menschen der Geschichte auf schwarzhumorige Art porträtiert. Höchste Empfehlung, wenn man nicht zart besaitet ist.


    Heute bin ich auf die Folge vom 20. Dezember 2018 gestossen, in ders darum geht, warum sich in den USA viele Menschen kein Insulin leisten können. Spannend, erschreckend und aufwühlend. Wer des Englischen mächtig ist und sich dafür interessiert, sollte sich das mal anhören.


    Den Podcast findet man auf allen gängigen Podcastplattformen.

  • Leider. Die Insulinpreise in den USA sind eine Frechheit, mich wundert dass keine Kartellbehörde einschreitet.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Es war sicher auch wenig hilfreich, dass der letzte Gesundheitsminister vorher Präsident von Lilly war und in dieser Zeit die Insulinpreise der Firma hübsch gestiegen sind.

    Aber das Problem gabs auch vor der Trump-Junta.

  • ich bin in einer internationalen Typ1-Gruppe bei facebook (wobei ca. 95% aus den USA stammen) und es ist erschreckend was man da zu lesen bekommt.


    Es scheint in der Tat ein weitverbreitetes Problem zu sein, dass viele Diabetiker nicht versichert sind oder Versicherungsschutz wegen Jobverlust, Scheidung o.ä. verlieren und sich sorgen, wie sie künftig ihr Insulin bezahlen sollen. Es gibt wohl bei Walmart ein relativ günstiges Insulin zu kaufen, das aber wohl nicht viel taugt.


    Ich bin beim Lesen immer wieder schockiert, wie altmodisch viele behandelt werden, von einem Libre können sie nur träumen. Viel zu oft postet jemand, dass er mit Ketoazidose zum Emergency Room musste.

    Wer es sich leisten kann und nicht allzu weit von der Grenze weg wohnt, fährt nach Kanada, da dort das Insulin erheblich billiger ist.


    Die USA sind kein Dritte-Welt-Land. Vielleicht sollten wir uns als europäische und vor allem als Diabetiker in Deutschland öfters mal daran erinnern, wie gut es uns hier geht.

  • Das ist ja leider nicht nur beim Insulin so.

    Medizinische Versorgung im allgemeinen ist dort schnell ein Luxus.

    Noch schlimmer als diese Tatsache finde ich aber, dass das ganze System auch von vielen Bürgern akzeptiert wird. Mir graust es immer noch wie die Massen vorm Weissen Haus wutentbrannt demonstrierten (nachdem Obamacare nach ewigem Streit in einer lighglightlight Version kam). Viele denken tatsächlich jeder wäre auch in diesem Punkt selbst für dich verantwortlich? Du hast keine oder eine schlechte Versicherung? Dann hast du den falschen Job! Und den hast, weil du nicht genug dafür getan hast einen besseren zu bekommen.

    Viele wachen auf, wenn sie selbst in die Situation kommen und merken wie schnell es gehen kann...Punkt Arbeitsrecht. Das ist da ja auch quasi nicht vorhanden.


    Man muss aber nicht mal so weit über den Tellerrand schauen um ( auch bei mitunter berechtigter Kritik) tatsächlich festzustellen, dass wir wirklich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben.

    Beispiel Bürgerversicherung allgemein: Was sich hier viele wünschen ist oft ein staatlicher Apparat der auch genauso arbeitet. Dann wartet man auch mal Monate nur für eine Eingangsbestätigung.

    Antrag wurde abgelehnt weil man einen blöden Sachbearbeiter hat? Tja, Pech gehabt. Einfach die Krankenkasse wechseln ist nicht.

    Da hat auch niemand Druck eine gute Versorgung mit möglichst wenig Beitragsgeldern zu schaffen.


    Beispiel Italien: Dort gibt es keine freie Arztwahl. Man hat einen zugewiesen Allgemeinarzt. Einfach so woanders hingehen oder zum Facharzt? Nüscht da!


    Beispiel NHS- England: Ein gutes Beispiel für eine Form der Bürgerversicherung. Und die bekannten Beispiele mit Patient wartet 1,5 - 2 Jahre auf einen Op-Termin und verstirbt vorher oder Hüftgelenk als Rentner gibt es nicht mehr.. Sind leider wahr. Viele Dinge werden auch gar nicht übernommen, wenn man keine zusätzliche, private Versicherung hat.


    Es gibt sicherlich viele Dinge, die blöd laufen oder uns als Patienten in Deutschland nerven. Manches hat aber durchaus Sinn, wenn man die Hintergründe oder Negativbeispiele kennt. Deshalb bin ich ,und nicht nur wegen der med. Versorgung, sehr froh hier leben zu dürfen!

  • Kann das auch von reddit bestätigen. Da liest man Sachen, über die macht man sich bei uns gar keine Gedanken. Zb beklagen sich Leute über die Restmenge in Penfills, die eben konstruktionsbedingt nicht rausgeht und dann mit einer Spritze abgezogen wird, weil so eine Ampulle Novo dort echt teuer ist.

    Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich zusätzlich zu dem ganzen anderen Stress, den eine Krankheit eben mit sich bringt, noch darum bangen müsste, ob mein Insulin bis zum Ende des Monats reicht, na danke.

  • Beispiel NHS- England: Ein gutes Beispiel für eine Form der Bürgerversicherung. Und die bekannten Beispiele mit Patient wartet 1,5 - 2 Jahre auf einen Op-Termin und verstirbt vorher oder Hüftgelenk als Rentner gibt es nicht mehr.. Sind leider wahr. Viele Dinge werden auch gar nicht übernommen, wenn man keine zusätzliche, private Versicherung hat.

    Deswegen ist die Versorgung mit dem libre in UK wohl auch schlechter als hier. Dort gibt es ja dieses System, dass Lebensjahre in Budget umgerechnet werden, deswegen bekommt man dann bestimmte Therapien nicht mehr. Bei Diabetes gibt es auch ein Schema, welches Insulin wann verordnet werden kann. Allerdings weiß ich nicht, wie streng das umgesetzt wird.

    Teilweise ist die Praxis da aber schon irgendwie bitter und sicher nicht immer verständlich für die Betroffenen: meine Krankheit Mukoviszidose ist ja nicht heilbar und 2015/16 kam das erste Medikament raus, das den Gendefekt mit der populärsten Mutation angreift. In UK wurde es aber erst 2018 oder 2019 nach langen Verhandlungen eingeführt, weil es denen zu teuer war. Mir hat das Medikament 2016 ehrlich gesagt das Leben gerettet und ich hatte 2018 dann schon den Nachfolger mit weniger Nebenwirkungen. 2020 bekam ich dann den nächsten Nachfolger schon vor Zulassung in der EU auf Basis der Zulassung durch die FDA bewilligt als individuellen Heilversuch. So individuell war der allerdings nicht, ich kenne einige, die so das Zeitfenster bis zur Zulassung überbrückt haben.

  • Wie gesagt - für mich ist die wesentliche Frage, warum das Insulin dort durch die Bank weg so viel teurer ist als in der EU, Canada oder eben Mexico. Danach scheint keiner zu suchen - finde den Fehler im System. Muss ähnlich dem Abgasbetrug in DE sein - es hat keiner hingesehen und die hätten hinsehen müssen haben es komischerweise nicht bemerkt. Was ein Zufall....


    Dass die Amis was Sozialversicherungen angeht nicht unseren Ansprüchen/Gewohnheiten genügen, vergiss es, das ist kaum zu ändern. Dieses Thema wäre nur "halb so wild" wenn dort Insulin "privat" leidlich bezahlbar wäre. Was es eben nicht ist. So hast du keinen Versicherungsschutz bzw. durch solch abgehobene Preise sehr teuren, der auf völlig überzogene lokale Preise trifft.


    Man kann mal überlegen was eine "staatliche Apotheke" mit einer Amazon ähnlichen Logistik an Umsatz generieren könnte, wenn sich diese zu EU Preisen eindecken dürfte. Ist ja nicht so, dass Apotheken in DE am Hungertuch nagen. Fast wie das "Praxensterben".

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Grounded das Problem betrifft aber leider nicht nur Insulin,sondern nahezu alle verschreibungspflichtigen Medikamente und hängt mit dem dortigen Versicherungssystem zusammen.

    Insulin ist nur das beste Beispiel hierfür, da es hier eine große Gruppe betroffener Patienten gibt.

    Die Regularien sind dort sehr viel anders als hier. Ein wesentlicher Punkt ist allerdings, dass die staatlich geförderten Versorgungssysteme nicht berechtigt sind mit den Pharmaherstellern über Preise zu verhandeln. Die privaten Versicherungen, die viel mit Selbstbehalten arbeiten haben zu wenig Macht um Druck zu machen (da sie zu klein sind) und manchmal auch kein Interesse daran. Dann gibt es nur einen Vertrag für xy mit massig Selbstbehalt und wenn der Patient das nicht bezahlen oder nehmen kann, noch besser dann entstehen der Versicherung gar keine Kosten dafür.

    Pharmahersteller können auch viel länger einen selbst festgelegten Preis verlangen, wenn sie ein neues Medikament auf den Markt bringen oder eine angeblich bessere Version dessen.

  • Die Fehler im System sind wie so oft auch dort bekannt. Es mangelt am Willen.

    Und warum der nicht da ist bei einer so mächtigen Lobby ..Wer Scheiße quasi zu Goldpreisen verkaufen kann, hat auch sehr viel Geld für politische Einflussnahme.


    Und entschuldigt die Wortwahl aber bei so manchen Medikamenten die als Neuerungen verkauft werden (und übertrieben gesagt nur n bisschen Vitamin C ohne Wirkung drin ist ) und dann nochmal für das doppelte verscheuert werden, finde ich das sehr treffend.

  • Daran wird sich auch in absehbarer Zeit kaum etwas ändern, denke ich. Nachdem von der Rechten dort jeder, der auch nur ansatzweise über Änderungen nachdenkt, als Sozialist gebrandmarkt wird, ist das einfach ein heißes Eisen. Ein Narrativ, das vor der Wahl gepusht wurde, war ja auch, dass es eben diese Rabattverträge in Europa und sonstwo sind, durch die die armen Pharmafirmen in den USA dann diese hohen Preise nehmen müssten. Da kommen einem glatt die Tränen. ^^

  • Daran wird sich auch in absehbarer Zeit kaum etwas ändern, denke ich. Nachdem von der Rechten dort jeder, der auch nur ansatzweise über Änderungen nachdenkt, als Sozialist gebrandmarkt wird, ist das einfach ein heißes Eisen. Ein Narrativ, das vor der Wahl gepusht wurde, war ja auch, dass es eben diese Rabattverträge in Europa und sonstwo sind, durch die die armen Pharmafirmen in den USA dann diese hohen Preise nehmen müssten. Da kommen einem glatt die Tränen. ^^

    Stimmt, wegen unserer bösen Verträge gehen die fast den Bach runter :D.

    Die vertreiben Ihre Produkte hier auch nur noch aus reiner Nächstenliebe und verdienen gar nichts mehr.


    Für die Menschen dort versuche ich weiter auf Besserung zu hoffen.