Langer Spritz-Ess-Abstand (SEA), was tun?

  • Hallo,


    das Thema Spritz-Ess-Abstand macht mir, wenn ich mir meine CGM-Daten genau anschaue, ziemliche Probleme. Es dauert teilweise ewig bis nach einem Korrekturbolus der Zucker wieder in der Norm ist. Meine Ärztin scheint das Thema nicht so zu sehen, und will dann immer, dass ich den Bolus erhöhe (was dann zu Hypos führt). FIASP hat bei mir nicht geholfen.


    Ich frage mich hier ein paar Sachen:

    - Geht es anderen aus so, oder ist das eher seltenes Problem?

    - Hat das mit Insulinresistenz zu tun? Wenn ja, würde Metformin helfen? (ich habe mal gelesen, das würde man nicht geben...),

    - Gibt es andere gute Tipps, außer eben die Zeit durchzuhalten?

    - Und rein aus Interesse, frage ich mich, ob es einen statistischen Zusammenhang gibt, zwischen Blutzucker-Einstellung und Spritz-Ess-Abstand? Ich fände das plausibel, weil zwei Personen, die alles gleich machen, aber unterschiedliche SEAs haben, die mit dem längeren Abstand sehr viel länger im Überzucker verbleibt. Wenn da jemand was weiß, würde ich mich freuen. :)


    Liebe Grüße,

    Inka

  • Wiviel KH ballerst du dir denn im Schnitt täglich rein und wie hoch ist in etwa dein Gesamtinsulinbedarf je Kilo Körpergewicht?


    Kommst du regelmässig in Resistenzen rein, dann kannste die simple Rechnung "x g KH plus y Insulin -> passt" leider vergessen.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Vielleicht hilft ja auch das Insulin Lyumjev wenn FIASP nicht geht. Das wirkt bei mir noch zügiger als FIASP und ist bei mir nach 2-3 Std fertig. Ich brauche kein SEA mehr.

    Optimismus ist Mangel an Detailkenntnis

  • Ich habe zumindest morgens auch das Problem.


    Ich stehe idR mit einem Blutzucker zwischen 90 und 110 auf. Dann spritze ich zum Aufstehen ca. 1 Stunde vorm Frühstück 5 Einheiten Fiasp vorweg, um auch ca. 70-80 runterzukommen. Direkt zum Frühstück spritze ich dann den doppelten Faktor, im Vergleich zum restlichen Tag.


    Nur Bolus direkt/kurz vorm Frühstück treibt den Blutzucker bei mir über 250, wo er dann von ca. 8-12 Uhr festhängt, bevor er sinkt. Mehr Insulin hat keinen Einfluss auf den Anstieg, führt dann aber mittags zu Hypos.

    So steigt der Blutzucker nur bis 140-150 und sinkt nach 2 Stunden wieder.


    Äußerst nervig. Mit Novorapid lief es ähnlich schlecht.


    Ich denke, dass es bei mir mit Insulinresistenz zu tun hat, weil das Problem bei mir nur morgens besteht. Tagsüber läuft es echt geschmeidig.


    Meine Praxis kennt das Problem so angeblich nicht und hat auch keine hilfreichen Tipps.


    edit: Also so läuft es bei mir an einem bewegungsarmen Bürotag. Am Wochenende, wenn ich direkt nach dem Frühstück unterwegs bin, kann ich den SEA vergessen und auch 1/3 weniger Bolus direkt zum Frühstück spritzen.

  • Zur Statistik: Als ich vor vielen Jahren von Novorapid zu Fiasp wechselte, hat sich mein HbA1c allein dadurch um 0,5 %-Punkte verbessert. Ist logisch, weil sich deshalb der Anstieg nach dem Essen und die Zeit auf hohem Niveau verringerte. Habe aber auch mit Novorapid fast nie einen SEA eingehalten.


    Lyumjev müsste den gleichen Effekt haben. Ist noch einen Tick schneller als Fiasp. Mit beiden brauche ich keinen SEA. Meist bleibt der Blutzucker auch wegen eating-soon nach dem Essen unter 160.


    Aber wenn ich mal auf 200 oder sogar höher lande, kommt es zu einer temporären Resistenz. Ich brauche dann manchmal die 3-fache Dosis, um runter zu kommen. Das wäre nach dem Frühstück immer der Fall. Deshalb spritze ich beim Frühstück den Bolus voll und esse danach nicht alles sofort sondern in Etappen.

  • Wiviel KH ballerst du dir denn im Schnitt täglich rein und wie hoch ist in etwa dein Gesamtinsulinbedarf je Kilo Körpergewicht?


    Kommst du regelmässig in Resistenzen rein, dann kannste die simple Rechnung "x g KH plus y Insulin -> passt" leider vergessen.

    KH pro Tag sind ungefähr (die Korrektur-KH schreibe ich nicht so gut mit) 20 KH.

    Mein Insulinbedarf / kg ist offenbar 0,45 I.U.


    Was kann man daraus schließen?

    Kannst Du nochmal die Rechnung erklären, wie stehen x und y zusammen?


    Danke!

  • Zur Statistik: Als ich vor vielen Jahren von Novorapid zu Fiasp wechselte, hat sich mein HbA1c allein dadurch um 0,5 %-Punkte verbessert. Ist logisch, weil sich deshalb der Anstieg nach dem Essen und die Zeit auf hohem Niveau verringerte. Habe aber auch mit Novorapid fast nie einen SEA eingehalten.

    Oh, spannend. Wie war denn Dein SEA vorher, weißt Du das noch?


    Zitat von Kappa

    Aber wenn ich mal auf 200 oder sogar höher lande, kommt es zu einer temporären Resistenz. Ich brauche dann manchmal die 3-fache Dosis, um runter zu kommen. Das wäre nach dem Frühstück immer der Fall. Deshalb spritze ich beim Frühstück den Bolus voll und esse danach nicht alles sofort sondern in Etappen.

    Ich glaube, sowas habe ich auch. Ich habe da aber überhaupt keinen Durchblick, ob und ab wann und wieviel dann.

    Mir fehlt da etwas der strukturierte Ansatz, wie ich das etwas genauer hinbekomme. Ist das bei Dir/ Euch abhängig von der Höhe? Oder mehr oder weniger, wenn über x dann Faktor y mehr?

  • Der SEA vorher bei Novorapid war meist ebenfalls Null, deshalb die Werte nach dem Essen immer ziemlich hoch und der HbA1c bei 7,2. Da war natürlich Potential für die schnellere Wirkung von Fiasp.


    Die Resistenz ist bei mir eindeutig von der Höhe des Blutzuckers abhängig. Immer wenn ich an 200 kam, musste ich zweimal nachlegen, weil der übliche Korrekturfaktor bei weitem nicht reichte. Mittlerweile spritze ich gleich das Doppelte, weil das immer so ist. Man kann ja addieren, wieviel IE man braucht, um zum Zielwert zu kommen. Die BZ-Differenz geteilt durch die erforderlichen Korrektur-IE ist der angepasste Faktor.

  • Kannst Du nochmal die Rechnung erklären, wie stehen x und y zusammen?

    0.45 IE/kg ist IMHO noch halbwegs normal für Typ-1, aber schon am oberen Ende. Bei 70 Kilo wären das 35IE plus die von dir nicht so ganz mitgezählten Korrekturen. Also schon "deutlich" Insulinbedarf.


    Normalerweise hast du ja sowas wie einen IE-Faktor: 10g KH sind z.B. 1IE, also Dreisatz wenn du dir 80g KH reinballerst. Problem: Startest du bereits eher hoch und schiessen die 80g KH schnell ins Blut (wie Brötchen, Nudeln...), dann kommst du in Blutzucker-Regionen wo sich bereits Resistenzen bilden. Und damit "verpufft" Insulin quasi und du kommst deutlich zu hoch raus bzw. musst deutlich korrigieren. Achte mal drauf wie oft du bei 200-250 rauskommst.


    Was man dagegen tun kann:

    * Spritz-Essabstand. Also erst spritzen (gerade wenn man schon zu hoch startet) und dann erst je nach Insulin mit 10-30 min Verzögerung essen. Sollte dieses nur nicht "versehentlich vergessen".

    * KH Mengen runter oder Kohlehydrate, die deutlich langsamer ins Blut gehen als Mehlprodukte aller Art wie wie Erbsen, Linsen, Bohnen... Oder eine Kombination dessen. Mit Käse überbackener Blumenkohl hat halt weit weniger KH als Kartoffeln oder Reis.

    --
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  • Grounded sehe ich auch so. Ein Ausgangswert vor dem Essen annähernd beim Zielwert ist der Schlüssel zu weniger Chaos. Deshalb verschiebe ich ggf das Essen. Das verstehe ich aber nicht unter SEA.

  • Naja, wenn du halt schnelle KH nehmen willst/musst - die Methoden schließen sich beide nicht gerade aus.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Ich habe mit Lyumjev immer noch einen SEA von 20-25 min.

    Du isst erst und spritzt dann oder umgekehrt?


    Wenn ich nicht sofort spritze pfeift der BZ auch mit Lyumjev noch bis 17/18 mmol hoch, sonst kann ich es bei 13/14 halten wenn der Bolus korrekt ist.

    Nur von ganz unten sieht Selbstbewusstsein wie Arroganz aus.

  • Ich weiß nicht, ob es offizielle Bezeichnungen für diesen Abstand gibt.

    Wir können uns auf gebräuchliche Begriffe einigen, weil das Begriffe sind, die Jeder verstehen müsste, der sich damit beschäftigt. :)

  • Normalerweise hast du ja sowas wie einen IE-Faktor: 10g KH sind z.B. 1IE, also Dreisatz wenn du dir 80g KH reinballerst. Problem: Startest du bereits eher hoch und schiessen die 80g KH schnell ins Blut (wie Brötchen, Nudeln...), dann kommst du in Blutzucker-Regionen wo sich bereits Resistenzen bilden. Und damit "verpufft" Insulin quasi und du kommst deutlich zu hoch raus bzw. musst deutlich korrigieren. Achte mal drauf wie oft du bei 200-250 rauskommst.


    Was man dagegen tun kann:

    * Spritz-Essabstand. Also erst spritzen (gerade wenn man schon zu hoch startet) und dann erst je nach Insulin mit 10-30 min Verzögerung essen. Sollte dieses nur nicht "versehentlich vergessen".

    * KH Mengen runter oder Kohlehydrate, die deutlich langsamer ins Blut gehen als Mehlprodukte aller Art wie wie Erbsen, Linsen, Bohnen... Oder eine Kombination dessen. Mit Käse überbackener Blumenkohl hat halt weit weniger KH als Kartoffeln oder Reis.

    Ah, jetzt verstehe ich, was Du meintest, danke. Seit der App habe ich eigentlich ein gut gepflegtes Tagebuch, da werde ich dann doch einmal eine Analyse machen, wie sich der "Umrechnungsfaktor" ändert, wenn ich über 200 bin...


    Und ich werde, wenn mein Zucker wieder etwas weniger chaotisch ist, das Ljyumjev mal ausprobieren, die Packung habe ich hier schon...

  • Du bekommst relativ schnell "Ruhe" in deinen Blutzuckerpuff, wenn du auf langsame KH umsteigst. Also Weissmehl mal vergisst und auf Erbsen, Linsen, Bohnen ... gehst. Die kommen, aber eben langsam.


    Auch die "low Carb Brote" helfen, da diese eher langsam kommen und typisch nur 1/3 der KH haben wie normales Brot. Ich sag nicht dass du No/Low oder Slow Carb machst. Aber: wenn dein BZ ne Acherbahn ist - gute Idee diese erstmal zu beruhigen.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.