Hallo Community,
habe in Vorbereitung auf eine 6 Monate Weltreise (Mexico, Cuba, Kolumbien, Brasilien, Nepal und Indien) selbst nach einigen Vorbereitungstipps als Diabetiker selber lange nach Tipps gesucht und viel gesammelt. Deshalb wollte ich hier kurz gerne meine eigenen Erfahrungen komprimiert schildern und vielleicht auch um euch zu motivieren wieder loszureisen!
Los ging es im November 2021 zusammen mit meiner Frau und mit der Planung schon ein paar Monate vorher. Bin selber wieder erstaunt gewesen wie nüchtern einem die TKK Krankenkasse mitteilt das sie die Hilfsmittel auf der Weltreise nicht erstattet (Evtl. kleinere Zuzahlungen aber erst im Nachgang sollen möglich sein). Die Beiträge laufen natürlich währenddessen in Deutschland weiter . Damit es keine 6 Monate auf Rügen werden (da würde die Krankenkasse zahlen) sollte man so ca. 1 Jahr vorher mit dem Sammeln anfangen. Insbesondere das CGM kann sonst ziemlich teuer werden wenn man noch Sensoren über eBay/online kaufen muss. Mir fehlten ca 4 Sensoren und ein Transmitter die aber problemlos über Ebay beschafft werden konnten.
Es sollte eine Backpacking Reise werden also stellte sich die Frage: Alles mitnehmen, nachschicken lassen oder ein Zwischenstopp in Deutschland? Die Reiseroute Stand nicht fest und das nachschicken von CGM/Medikamenten war mir wegen Zoll/Bestimmungen zu abenteuerlich. Also musste alles in meinen 85l Rucksack passen. Aber 6*3=18 G6 transmitter? Das war mir zuviel geschleppe und so plante ich bin vornherein die Sensoren im Schnitt für mindestens 15 Tage zu nutzen und testete dies vorher (auch um Sensoren anzusparen).
Somit waren geplant:
11 Sensoren und 3 Transmitter.
30 Humalog Patronen und 22 tujeo pens.
4x Nadeln (100) (Bewusst zu wenig mitgenommen wegen Packungsgröße. Konnten problemlos in Indien & Nepal gekauft werden)
2x Baksimi spray
2x Ersatz Pen Humalog (Gehen unglaublich schnell kaputt wenn sie am Strand mit Sand in Berührung kommen.)
4x50 Testreifen (Gibt es überall notfalls zu kaufen)
50x Skin-Tac Hautkleber für G6 Anbringung
Alkoholtücher
24x Skin Patches (Selbstgeschnitten aus Rocktape 10cm x 5m)
Nun sollte auch das Insulin für 6 Monate mit und Amazonas Aufenthalte und Ausflüge in die Wüste mitmachen. Aber alles ohne Kühlung? Dabei bin ich auf die Berichte von der Uni Genf [1] (siehe Link unten) gestoßen und Erfahrungsberichte von anderen Diabetikern die oftmals noch deutlich länger als 6 Monate ohne Kühlung unterwegs waren. Und war mir schnell klar das ich hier ohne Kühlung auskomme. Fast on allen Ländern (außer Nepal) stiegen die Temperaturen auf bis zu 30-35°, insbesondere Indien (Varanasi, Agra und Rajasthan) im Juni war für uns ein Belastungstest. Das Humalog und Tujeo hat es aber gut überstanden und ich konnte (gefühlt) keinerlei Wirkungsverlust feststellen. Nur vor Frost hatte ich großen Respekt und so war das Insulin beim Trekking in der Everest Region Nachts immer mit im Schlafsack.
Für das Dexcom G6 nutze ich Xdrip+ als alleiniges Lesegerät (mit Android Wear SmartWatch). Aufgrund des erhöhten Strombedarfs und Reisen in Ländern mit Stromausfällen ist es ratsam eine starke Powerbank(>=20000mah) und ein schnelllade Netzteil mitzunehmen (Min. 3 Tage Ladung). Insbesondere beim Trekking in Nepal ist Strom oft auch teuer.
Die klebeflächen der Sensoren habe ich im äußeren Bereich immer vor dem auf die Haut setzen mit Skin-Tac bestrichen. Damit halten sie selbst im Amazonas fast 20 Tage. Die anschließend noch aufgeklebten Skin Patches aus Rocktape schützen dann nochmal den Sensor vor dem abreißen beim Umziehen/Anstreifen an Türen (Entweder eine Schablone anfertigen aus den Dexcom Overpatches oder Kaufen). Sehr wichtig für den Sensor Reset ist auch das Anfeilen der Transmitter (hierzu gibt es einige Anleitungen auf Youtube). Damit läuft der Reset sehr einfach. Nach 10 Tage Transmitter mit Testreifen vorsichtig aus Sensor klicken. Bluetooth für 20min ausschalten und anschließend den Transmitter in den gleichen Sensor wieder einsetzen und mit der gleichen Nummer wie vor 10 Tagen starten. Vorsichtig mit den werten am 1ten Tag und Sensor korrekturen. (Nicht erst auf der Weltreise üben)
Eine Erfahrung auf die ich auch gerne verzichtet hätte. Nach fast 20 Jahren ohne Notfall erwischt mich eine schwere Hypo nachts gegen 2 Uhr in Kathmandu, nach einer fehlerhaften Korrektur. Meine Freundin holt mich mit dem Baksimi Nasenspray zurück. Schockierend für alle (inkl. Hotel) ist auch das die 4 angrenzenden Krankenhäuser nicht einmal ans Telefon gehen. Aber das Nasenspray wirkt einwandfrei. In Indien bekommt man dann auch in den größeren Städten das Glucagon Kit mit Spritze für kleines Geld. (Somit hatten wir wieder 2 Notfallkits)
Unterwegs gibt es natürlich keinen Dextro, eine Tupperdose mit Plastiklöffel war ab Cuba deshalb mein ständiger Begleiter für die 6 Monate. Jeder hat Rohrzucker oder Haushaltszucker, selbst im Teehaus am Mount Everest Base Camp. VIelleicht eine Sache die es zu überdenken gibt für Sicherheitsbewusste, die Standard Auslandskrankenversicherung geht ja meist nur bis 4600m. Für Trekking in Nepal (Everest) und Indien (Kaschmir und Srinagar) war mir das zu unsicher und so schloß ich eine Zusatzversicherung für Höhenrettung über Truetraveller ab (Traveller plus + Extrem package).
Ein wichtiger Tipp ist auch ein leichtes Zweithandy oder "Burner" für Südamerika. Die Großstädte in Kolumbien und Brasilien waren so gefährlich das wir oftmals alles zuhause ließen, nur das Handy musste mit. Damals hatte ich kein zweites Handy dabei. Ok, das gibt es an jeder Ecke zu kaufen, aber schon fertig eingerichtet mit Accounts ist da denke ich sinnvoller.
Der Diabetes war bis auf das eine mal in Kathmandu nie ein Hindernis zu Reisen. 3 Wochen Trekking im Himalaya waren dabei meine längste Zeit weitab von jeder Apotheke. Nur die Berge um mich herum und allein auf den Pfaden unterwegs. Bei gründlicher Vorbereitung ist nichts unmöglich.
Freue mich auf eure Weltreiseerfahrungen mit Typ 1&2 !
[1] https://www.msf.ch/de/neueste-…n-auch-bei-raumtemperatur