Diabetes und Anonymität im Internet

  • Hallo Ihr Lieben,

    dass ich (unter meiner bürgerlichen Identität) Diabetes habe, versuche ich bislang vor den einschlägig bekannten "Datenkraken" aus dem Silicon Valley zu verbergen.

    Deshalb trete ich z.B. in diesem Forum unter Pseudonym auf und vermeide die Teilnahme z.B. an Diabetes-Facebook-Gruppen.


    Meine Motivation:

    Wenn die Information erstmal "da draußen" ist, kann ich sie nicht mehr zurück holen.

    Und wer weiß, ob diese Information nicht irgendwann mal (mutwillig oder versehentlich) irgendwo durchsickert und mir bei der Jobsuche, bei einer Versicherung oder einer Bank zum Nachteil gereicht.


    Aber offensichtlich sehen das nicht alle so.

    Anders ist es nicht zu erklären, dass es YouTube-Kanäle, Instragram-Accounts, Facebook-Gruppen und Blogs gibt, in denen Menschen offen mit ihrem Diabetes umgehen. - und zwar mit Gesicht und bürgerlichem Namen.

    Und viele dieser Kanäle/Foren finde ich extrem wertvoll im Sinne der gegenseitigen Hilfe, der Selbstreflexion und der Lobby-Arbeit.


    Daher hinterfrage ich seit einigen Wochen meine bisherige Einstellung zur Internet-Anonymität als Diabetiker.


    Wie haltet Ihr das mit der Anonymität bzgl. Diabetes und was sind Eure Beweggründe?


    Liebe Grüße und ein gutes neues Jahr,

    Ove

    Basal: Lantus (5 IE/d), Bolus: Normal-Insulin (0,5-1,3 IE/(gKH + gEW/2)/10), Pre-Workout: Humalog (1-2 IE), Hypo-Helfer: Dextro, KH-Menge pro Tag: 30-50g, Diaversary: 19.11.

    Glukosewerte werden vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.

  • Hi Ove,


    vergiss es einfach, Du bist schon lange nicht mehr annonym. Wahrscheinlich hast Du einen privaten Internetanschluss und surfst auch schon mal über Dein Handy. Damit bist Du eindeutig identifizierbar. Keine Annonymität mehr - ätsch!

    Tut mir leid dir das so sagen zu müssen, du hast dich so angestrengt, aber das ist unsere Realität. - Klar offiziell darf das nicht verfolgt werden ...

  • Ich habs in der Firma nicht geheimgehalten. Weil: Sollte ich mal "komisch sein" (seit 8 Jahren noch nicht passiert), wissen die meisten aus meiner Umgebung was zu tun wäre.


    Sollte mein BZ abschmieren und ich vorüber "unpässlich" sein -> auch kein Thema. 15 min ungeplante Pause, meist reicht das. Selbst die meisten meiner "Kunden" wissen das, es ist denen ausreichend egal. Weil ich hab keine Lust zu "erklären", warum ich am Mittagsbuffet nicht zuschlage, aber z.B. "Landjäger" esse. Es ist nicht unhöflich, es ist einfach eine "partielle Lebensmittelunverträglichkeit".


    Nie vergessen: 7% aller Menschen in DE haben "Zucker". 400.000 etwa Typ 1, dazu weitere 400.000 als statistische Fehldiagnose in Typ2 geführt, Rest zu etwa 5.8 Mio ist die klassische erkannte Typ2. Plus deren unerkannte T1D (wie LADA, kann jahrelang gehen) und eben T2D.


    Edit: Typ 3 unterschlage ich. Weil statistisch nur wenige betroffen sind und zugleich viele Typ-1 eigentlich als Typ-3 geführt werden müssten. Thema "Diagnosefehler".

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

    Einmal editiert, zuletzt von Grounded ()

  • Ove, ich stimm' dir zu. Ich finde es auch besser, nicht mit Klarnamen und Adresse im Netz unterwegs zu sein. 100%-ige Anonymität ist nach meiner Meinung nicht möglich und nicht nötig. Ärzte, Apotheken und Versandhändler kennen auch meinen Namen und meine Adresse. Auch melde ich mich zum Insulinclub mit einer normalen Email Adresse und ohne Tor-Netzwerk an.

  • Ich habs in der Firma nicht geheimgehalten.

    Du meinst, Du bist schon frühzeitig im Bewerbungsprozess damit rausgerückt?


    ...und surfst auch schon mal über Dein Handy.

    Nicht zum Thema Diabetes.


    100%-ige Anonymität ist nach meiner Meinung nicht möglich und nicht nötig.

    Das ist sicherlich richtig.

    Aber es ist auch schon viel gewonnen, wenn man bei der Google-Suche nach meinem Namen nicht sofort auf das Thema Diabetes stößt, oder?


    Sobald KI und Big-Data-Analysen im Spiel sind, ist man wahrscheinlich machtlos.

    Basal: Lantus (5 IE/d), Bolus: Normal-Insulin (0,5-1,3 IE/(gKH + gEW/2)/10), Pre-Workout: Humalog (1-2 IE), Hypo-Helfer: Dextro, KH-Menge pro Tag: 30-50g, Diaversary: 19.11.

    Glukosewerte werden vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.

    Einmal editiert, zuletzt von Ove ()

  • Nicht zum Thema Diabetes.

    Das wird Dir nach meinem Kenntnisstand nicht viel helfen.

    Die Spuren, die hier jeder im I-Net hinterlässt, lassen sich 'kombinieren'/'zusammenführen' und da ist das dann erstmal herzlich egal, welchen User-Namen Du in den Foren verwendest.

    Ich gehe/ging mit meinem 'Partner', den Herrn DM, schon immer offen um. Genauso, wie die Brillenträger es nicht geheim halten, eine Sehschwäche zu haben.

    Aber eines ist sicher, jeder geht damit anders um, und das ist auch gut so. Daher ist das auch OK, so wie Du Dich hier in der Öffentlichkeit zu erkennen gibst.

  • Du meinst, Du bist schon frühzeitig im Bewerbungsprozess damit rausgerückt?

    Ich hab aktuell eine "Schaun wir mal" Bewerbung laufen und auf der Arbeitgeberseite weiss das potenzielle Team, dass ich T1D habe.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Ich gehe von Anfang an offen damit um, Geheimhalten dürfte sehr aufwendig und zermürbend sein.


    Wenn Du bestimmte Versicherungen haben möchtest, musst Du sowieso Deine Gesundheitsdaten offenlegen, Ärzte von der Schweigepflicht entbinden usw.

    Mit den Ruhezeiten ist nicht zu spaßen, vor allem beim Hefeteig!

  • Moin Ove,

    es gibt -glaube ich- so unterschiedliche Umgehensweisen, wie es Typ 1'ler gibt und jede hat ihre Berechtigung, denn schließlich muss jede/r von uns mit "seinem Typ 1" umgehen. Von daher tendiere ich dazu zu sagen, mach es so, wie es für Dich am leichtesten händelbar ist.

    Mir war es am leichtesten mit allen, die mich näher mitbekommen, darüber zu sprechen. Ich fühlte mich damit sicherer und mein Umfeld auch, jedenfalls die meisten. Und die aus meinem privaten Umfeld, die damit nicht umgehen konnten, wenn ich mich z.B. im Lokal am Tisch gespritzt habe, die sind nicht mehr in meinem Umfeld, dafür sind neue Menschen dazu gekommen, die nicht so eng denken.

  • Ich glaube es geht ja mehr in die Richtung des Bildes von gläsernen Menschen und der Zentralisierung von sämtlichen (auch gesundheitlichen) Daten.

    Ich bin in dem Bezug der Preisgabe im Internet zweigleisig unterwegs und eher nach dem Moto "So wenig wie möglich, so viel wie nötig". Ich möchte beispielsweise nicht auf die Auswertungen und Berichte der 780g verzichten und auch die App nutzen, um den BZ diskreter zu prüfen. Daher gehe ich das "Risiko" ein und nutze die Chancen. Bei anderen Dienstleistungen, die ich nicht zwangsläufig brauche oder die mir keinen besonderen Mehrwert bieten, lasse ich solche Angaben weg.

    Zudem betrachte ich das Thema immer noch mit dem Augenwinkel, dass wir in der EU bzw. in DE leben und hier deutlich strengere Gesetze in Bezug auf den Datenschutz und insbesondere auf Krankendaten gibt. In den USA ist dein beschriebenes Szenario heute denkbar, dass die Versicherungen Informationen preisgeben. In Deutschland wäre das ein ziemlich teures Problem für die Versicherung, sofern es passiert.


    Eine Sache mache ich tatsächlich jährlich - ich rufe mir die Daten von Apple, Google etc. ab, die diese Unternehmen über mich gespeichert haben und welche Profile daraus entstehen. Dies ist zum einen sehr Interessant aber auch teilweise erschreckend, wie gut diese "Unternehmen" (eher Algorithmen) einen kennen.

  • Ich sehe es wie Ove.

    Ich glaube nicht, dass man über Google meine Identität herausfinden kann in Verbindung mit dem DM. Das darf auch gern so bleiben.

    Dass es theoretisch alles verknüpfbar ist, ist mir sehr wohl bewusst.

  • h - ich rufe mir die Daten von Apple, Google etc. ab


    wie mach ich das denn?


    Mir ist wurscht, wer von meinem Dia weiß, auf Arbeit wissen es alle - ist ja auch für mich ein Schutz, sollte ich mal "Quatsch" machen. Mir ist es wichtiger, dass es von mir möglichst keine Bilder/Adressen etc im Netz gibt, als ob jemand weiß, dass ich Diabetes hab

    Blutzucker ist die Autobahn, Gewebszucker ne Nebenstraße!

  • Ich glaub nicht, dass man, wenn man meinen Namen sucht im Netz, auf Diabetes stösst. Aber natürlich hab ich Apps, Browserverläufe etc., die mit dem Thema zu tun haben. Seis drum. Ich verheimliche es nicht, aber wenns keinen Anlass gibt, häng ichs mir auch nicht als Schild um den Hals. Nicht, weil ich mich schäm, aber Wehwehchen sind jetzt nicht mein bevorzugtes Gesprächsthema am Mittagstisch.

  • Ove.

    Wenn es dir ein gutes/besseres Bauchgefühl gibt, dann versuche alles, um anonym zu bleiben.

    Das geht sicherlich schon weitestgehend.


    Wenn du etwas verbergen willst, dann gibt es gut Lösungen.


    Mir ist das zu anstrengend.

    Alleine schon die Tatsache, wie bereits beschrieben, dass viele/alle Menschen meines Umfelds wissen was ich habe.

    Hat ja auch den Vorteil, dass die dann wissen, da sie evtl helfen können.

    eala frya fresena

    Motorradfahren! Die schnellste Fortbewegungsart, ohne viel Körperarbeit.