ZitatWo genau ist denn im deutschen oder europäischen Recht festgelegt, dass man verschreibungspflichtige Medikamente ohne ärztliche Bescheinigung mit auf einen internationalen Flug nehmen darf?
ZitatUnd warum sollte das in der Praxis so ein großes Problem sein, sich auch für die Thrombosespritze eine Bescheinigung ausstellen zu lassen? Das Rezept muss man doch eh auch vom Arzt holen.
Bei der Mitnahme von Medikamenten im Flieger sind zwei Dinge zu unterscheiden: die Sicherheitskontrolle vor dem Abflug und der Zoll, der in der Praxis nur das Zielland betrifft, streng genommen natürlich auch die Ausreisebestimmungen des Abfluglandes.
Bei der Sicherheitskontrolle geht es darum, ob du die Sicherheitsbestimmungen für den Flug einhältst. Die Regelungen dafür sind in allen Ländern praktisch gleich. Kein Wunder! Die westliche Welt gibt die Vorschriften vor, alle anderen Staaten müssen mitziehen, vor allem wenn ihr Flieger in der westlichen Welt startet und landet. Große Unterschiede wirst du nicht bemerken. Auf einigen Flughäfen dürfen Feuerzeuge ins Handgepäck, in anderen nicht. Manche sind ziemlich locker bei der Mitnahme von Getränken.
Im Grunde geht es die Beamten gar nichts an, ob du Medikamente mitführst, sondern nur, ob sie den Sicherheitsvorschriften entsprechend transportiert werden. Streng genommen müsste ich also alle meine Insulin-Ampullen gemeinsam mit anderen Flüssigkeiten oder Cremen in einem einzigen Plastiksackerl für das Handgepäck verpacken, wobei die Gesamtmenge 1 Liter nicht übersteigen darf und die Einzelbehältnisse 100ml (manchmal 75ml) nicht übersteigen dürfen. Ich habe das noch nie gemacht und auch noch nie Schwierigkeiten bekommen. Das müsste man allerdings tun, will man 100% korrekt sein.
Beim Durchgang durch den Bogen darfst du kein Metall an dir tragen. Das ist natürlich schwierig für Menschen mit künstlichem Hüftgelenk oder Herzschrittmacher. Diese brauchen eine ärztliche Bescheinigung. Wollen Diabetiker ihre Pumpe oder CGM nicht ablegen, brauchen sie auch eine Bescheinigung, tun sie beides für kurze Zeit ins Handgepäck, brauchen sie keine. Wie das mit dem Libre-Sensor ist und ob dieser überhaupt anschlägt, weiß ich nicht. Die oftmals zu lesende Empfehlung, eine ärztliche Bescheinigung mitzuführen, existiert wohl nur deshalb, um alle möglichen Verhaltensweisen von Diabetikern bei Kontrollen abzudecken.
Anmerkung am Rande: ich fand es ziemlich erheiternd, als bei meinem Heimflug von Khartum die Durchsage kam, dass bei Start und Landung alle elektronischen Geräte ausgeschaltet werden müssen, dass aber Herz-Schrittmacher nicht ausgeschaltet werden müssen.
Anders ist es mit dem Zoll. Da gelten total verschiedene Einreisevorschriften und über diese sollte man sich auch informieren. Wie sicher bekannt ist, darf man nicht in alle Länder Alkohol einführen, in manche nicht einmal Äpfel oder ungeputzte Schuhe. Auch bei Medikamenten gelten da total unterschiedliche Regelungen. Was bei uns als harmloses Beruhigungsmittel vielleicht sogar rezeptfrei erhältlich ist, kann in anderen Ländern schon unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Ob man solche verbotenen Medikamente dann mit einer ärztlichen Bescheinigung doch einführen darf, sollte man vorher abklären. Ich habe da keine Erfahrung. Besonders mühsame Regelungen gelten da für Singapur und die VAE. Hier lohnt es sich, vorher alles abzuchecken. Die gute Nachricht: Insulin ist nirgends von Einreisevorschriften betroffen. In diesen Ländern würde ich zumindest eine Originalverpackung mitnehmen, um schnell nachzuweisen, dass das Insulin wirklich Insulin ist. Medikamente, die nicht von Einfuhrverboten betroffen
sind, dürfen auch in diese Länder für den persönlichen Gebrauch eingeführt werden. Für alle Länder gilt, dass die Einfuhr von Medikamenten eben nur für den Eigenbedarf zulässig ist und die mitgeführte Menge diesbezüglich plausibel sein sollte.
Warum nicht für alle möglichen Medikamente eine ärztliche Bescheinigung mitführen und diese bei Verlangen vorzeigen? Die Menschen haben wenig Lust, stundenlang in einer Arztpraxis auf so eine Bescheinigung zu warten. Auch in unseren Landen haben die wenigstens Diabetiker einen Diabetologen und sehen ihren Arzt oft jahrelang nicht, da man das Rezept ja bereits im Vorzimmer bekommt. Bedenke auch, dass in jedem Flieger Diabetiker sitzen, im Durchschnitt auch 1-3 Typ1er. Weltweit gesehen müssen die meisten Diabetiker für ihre Behandlung selbst aufkommen. Sie gehen also direkt in die Apotheke und besorgen dort ihr Insulin. Beim Arztbesuch müssten sie extra bezahlen.
Persönlich besitze ich jetzt zwar eine selbst gebastelte Bescheinigung, habe sie aber noch nie hergezeigt. In Europa würde ich sie auch nicht herzeigen, selbst wenn sie jemand verlangt. In Europa habe ich keine Hemmungen, mein Recht durchzusetzen und ich will auch keine schlechten Gewohnheiten einreißen lassen, unter denen dann Diabetiker, die wesentlich größere Schwierigkeiten haben, solche (ungerechtfertigten) Bescheinigungen spontan zu organisieren, zu leiden haben.
LG Geri