Ich denke, man sollte Eiweiß und Fett bei der Blutzuckerwirksamkeit keinesfalls in einen Topf werfen.
Eiweiß hat meines Wissens - wie auch Martin oben schon schrieb - auch bei größeren Mengen nur dann einen relevanten Effekt auf den BZ, wenn nicht gleichzeitig genügend Kohlenhydrate zur Energiegewinnung bzw. Verdauung bereitstehen - nur dann wird über einen energieaufwendigen Stoffwechselprozess das Eiweiß in Glukose umgewandelt. Eiweiß als Beigabe zu ausgewogenen Mahlzeiten (z.B. Brot mit Wurst und Käse) vernachlässige ich deshalb.
Bei Fett verhält es sich anders - es hat in zweifacher Hinsicht Einfluss auf den BZ. Nicht dass es ebenfalls sofort in relevanten Mengen zu Glukose umgewandelt wird, aber
1. behindert bekanntermaßen fettreiches Essen die Magenentleerung und weitere Verdauung sowie das Aufschlüsseln insbesondere komplexer Kohlenhydrate.
Ein klassisches Beispiel ist bei mir Nudeln mit Käsesauce. Nicht dass die Verdauung von Hartweizengrieß nicht schon alleine sehr lange dauert, so wird es durch z.B. Gorgonzola-Beigabe noch einmal deutlich verzögert - bis zu 6 h nach dem Essen bemerke ich da noch eine relevante Auswirkung auf den BZ.
Wenn der Essensbolus nicht an diese verzögerte KH-Aufnahme angepasst ist, wird man hier erstmalig spät-postprandial sein blaues Wunder erleben bzw. bei unfraktioniertem Bolus oder zu langem Spritz-Ess-Abstand vorher schon in die Hypoglykämie abrauschen, weil das Analoginsulin die Kohlenhydrataufnahme überholt hat. In solchen Fällen verwende ich überwiegend Normalinsulin, das passt meiner Erfahrung nach deutlich besser zur Kohlenhydratresorption bei fetthaltigen Beilagen (ich spreche jetzt von ICT).
2. die zweite Fett-Wirkung kommt erst später zu tragen, dann, wenn die Kohlenhydrate z.T. oder vielleicht auch schon weitgehend aufgenommen sind. Jetzt werden auch die freien und in Chylomikronen gebundenen Fettsäuren zunehmend in das Blut resorbiert, zirkulieren im Körper und bewirken an der Leber eine "relative Insulinresistenz". Dies ist ein Zustand, der über mehrere Stunden anhalten kann und unter dem ein klassischer Typ2-Diabetiker dauerhaft leidet. Während diese Fettsäuren im Blutkreislauf zirkulieren, ist die Empfindlichkeit vor allem der Leber, weniger der Muskulatur, für Insulin deutlich herabgesetzt, sodass die zuvor wohlformulierte Basalrate temporär einfach ungenügend ist und des deshalb zu einem ungewollten, typischerweise nächtlichen BZ-Anstieg kommt, weil die Leber bei mangelnder Insulinwirkung trotz eigentlich ausreichender Blutglukose dennoch vermehrt Glukose aus den Glykogenspeichermolekülen ins Blut abgibt. Dieser Zustand hält in etwa so lange an, wie es dauert, die frei zirkulierenden Nahrungsfette aus dem Blutkreislauf in die Fett- oder Leberzellen einzuschleusen - typischerweise bis zu 8 Stunden postprandial je nach Nahrungszusammensetzung.
Hier könnte ich mir einen zusätzlichen Protaphane-Stoß zur Abdeckung gut vorstellen, habe ich bisher aber noch nicht probiert. Alternativ kann ein ICT'ler auch seine Levemirdosis einmalig z.B. abends erhöhen, mit Lantus ist es aus eigener Erfahrung aufgrund der längeren Wirksamkeit bis zu 24 Stunden aus eigener Erfahrung problematischer: fahre ich nach fettreichem Abendessen die nächtliche Lantus-Dosis hoch, so liegt auch am nächsten Vormittag noch zuviel Lantus vor, und ich muss den Frühstücks-, manchmal auch den Mittagessensbolus noch reduzieren, um nicht in die Hypoglykämie zu rauschen. In diesen Augenblicken wünsche ich mir trotz noch gut vorhandener ß-Restfunktion und erst 18-monatiger Diabeteserkrankung schon eine Pumpe .
Alternativ könnte man sich z.B. 7 Stunden nach dem Essen noch den Wecker stellen, messen und ggf. noch ein wenig Normalinsulinbolus nachlegen - das empfinde ich nachts aber nicht als angenehm oder praktikabel...