Also ich hoffe, wie vermutlich die Meisten, dass ich mich möglichst lange selbstständig versorgen kann. Allerdings diese "Hoffnung" bei einer Pflegebedürftung möglichst schnell den Löffel abzugeben finde ich doch etwas befremdlich.
Ich habe durchaus pflegebedürftige Verwandte, die alleine nicht mehr zurecht kommen (und auch ihre Diabetestherapie nicht mehr selbst managen könnten), aber dennoch im Pflegeheim ein menschenwürdiges und auch freudevolles Leben führen können. Die Vorstellung, dass dort nur Leute liegen, die vor sich hin vegetieren ist nicht korrekt.
Was den Diabetes angeht, so muss ich über den Ausdruck "nur eine CT" doch etwas schmunzeln. Ich mache mir natürlich keine Illusionen und weiß ja auch aus dem normalen Klinikalltag, dass alles was über ein Korrekturschema und 4x BZ-Messen rausgeht völlig utopisch ist. Aber dennoch würde mir selbst diese Minimaltherapie keine Angst machen.
Warum denn auch? Glaubt ihr denn, dass eine ICT gegenüber einer CT in dieser Situation irgendeinen endpunktrelevanten Vorteil hätte?
Wenn ich mir anschaue, wie bei meiner Großmutter der Tagesablauf aussieht, dann gibt es morgens die Stullen mit Belag, mittags ein warmes Essen und abends (also um 5) Brot mit Aufschnitt. Klar könnte ich jetzt immer wiegen, KE rechnen und spritzen. Aber der Tagesablauf und die Portionen sind doch eh so identisch, dass die Unterschiede gegenüber einer simplen Spritztabelle minimal wären. Und ob der HbA1c jetzt bei 6% oder 8% ist, spielt doch für die Prognose in diesem Alter nicht die geringste Rolle.
Klar könnte ich mit einer High-End-CSII die Werte vielleicht auf 5,x% drücken, aber ein einziger Unterzucker mit Sturz und Schenkelhalsfraktur kostet mehr Lebensjahre als die schlechteste Diabetestherapie.
Perfiderweise betrachtet ist sogar diese Gruppe die einzige (!) Altersklasse, die es im Mittel überhaupt schafft, die Empfehlung der Leitlinie (HbA1c <7,5%) zu erreichen. Alle anderen Altergruppen laufen deutlich schlechter (die Jugendlichen mit Abstand am schlechtesten). Sehr wahrscheinlich, weil die eben immer die gleichen (kleinen) Portionen essen.
Es würde mich dementsprechend auch nicht wundern, wenn die mittleren HbA1c-Werte von Pflegeheimbewohnern sogar besser sind als die von gleichaltrigen Selbstversorgern, weil der Tagesablauf dort noch "geregelter" ist.