Beiträge von Winkelement

    Beleuchtet den Umgang mit Diabetes weltweit. Zudem wird "nebenbei" Diabetes und deren Behandlungen erklärt - und einiges berichtet über Insulin-Hersteller, Human- und Analoginsuline ...

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    Schleichende Pandemie

    Wie Diabetes arme Gesellschaften bedroht

    Zeitfragen. Feature33:28 Minuten · Kruchem, Thomas · 05. März 2024, 19:30 Uhr
    Ein Mädchen misst seinen aktuellen Zuckergehalt im Blut. In Südafrika kommt Diabetes doppelt so häufig vor wie in Deutschland. Die Behandlung ist dort offiziell kostenlos, aber oft nicht verfügbar. © picture

    600 Millionen Menschen weltweit leiden an Diabetes. Besonders schlimm ist es für die Erkrankten in armen Ländern und die armen Kranken in reichen Ländern. Denn auch in den Industriestaaten gibt es Gesellschaften, die schlecht vorbereitet sind.


    https://www.deutschlandfunkkul…-kultur-a0c418f2-100.html

    https://download.deutschlandfu…0240305_1930_a0c418f2.mp3

    Eine Fülle an Aufgaben, welche die Drüse hat, wird behandelt, sowie die Folgen der Erkrankungen wie Entzündungen und Tumoren. Insulin ist wird "nebenbei" angesprochen. Es rückt wohl erst mit einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse ins Blickfeld Betroffener, also vormals den Nicht-Diabetikern. Keine Sendung also, bei der Diabetes im Mittelpunkt steht.

    Die Sprechstunde: "Die Bauchspeicheldrüse stellt viele für die Verdauung wichtige Stoffe her - wie etwa Enzyme. Und über das Insulin, das die Bauchspeicheldrüse produziert, reguliert sie den Zuckerspiegel im Blut. Starke Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit, Herzrasen: Ein Problem mit der Bauchspeicheldrüse, zum Beispiel eine akute Entzündung, kann sich plötzlich und heftig bemerkbar machen."

    Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse – Studiogespräch mit Prof. Dr. Uwe Wittel

    Winkelheide, Martin, Deutschlandfunk | 05. September 2023, 10:08 Uhr


    https://www.deutschlandfunk.de…tel-dlf-d5c5547e-100.html

    Na - die Stimmung zum Guardian 4 scheint ja eher durchwachsen... Nach dem letzten Guardian 2- Sensor darf ich mir ein neues CGM per Rezept organisieren und schwanke zwischen Freestyle 3 und Guardian 4 (Dexcoms Preis- und Wegwerfpolitik ist mir schlicht zuwider; Menarini muss noch üben), und rette mich bis dahin mit den "heiligen" robusten Navigator-Sensoren. / Immerhin steuere ich immer noch keine Pumpe mit CGM, da ziehe ich vor Euch Pumpis respektvoll den Hut, wie ihr das hinbekommt bei instabilen CGM-Werten. // Mein Doc meinte, in Summe seien 1er mit Guardian 4 zufriedener als mit Abbotts FGM. :/

    Die haben wohl ihre Phrasendreschmaschine angeworfen, fantastisch:


    “...Die Übernahme von DiaExpert ist ein weiterer Schritt auf Mediqs Weg, unsere europäischen Dienstleistungen zu erweitern und Patienten mit chronischen Krankheiten zu versorgen. Unser gemeinsamer Betrieb wird viele Synergien für unsere Kunden, Lieferanten und Partner auf dem deutschen Diabetesmarkt freisetzen. Am wichtigsten ist, dass unsere Unternehmen kulturell sehr gut zueinander passen. Ich freue mich darauf, unsere Stärken zu bündeln und Produkte, Dienstleistungen und Lösungen anzubieten, die den Menschen helfen, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen...”


    usw. usf.

    Diabetesforscherin: "Ein Meilenstein in der Therapie des Typ-1"

    Neues Medikament

    Diabetesforscherin: „Ein Meilenstein in der Therapie des Typ-1“

    In den USA wurde das erste Medikament ab acht Jahren zugelassen, das den Ausbruch von Typ-1-Diabetes verzögert. Es sei das erste Präparat, welches das Frühstadium der Krankheit adressiere, sagt Anette-Gabriele Ziegler vom Helmholtz-Zentrum im Dlf.


    Pyritz, Lennart | 29. November 2022, 10:46 Uhr


    https://www.deutschlandfunk.de…ler-dlf-08554627-100.html

    Entdecken Sie den Deutschlandfunk

    Sehr lehrreiche Sendung, hörenswert.

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    https://www.deutschlandfunk.de…gen-dlf-d1ca43e0-100.html

    https://ondemand-mp3.dradio.de…0220705_1008_d1ca43e0.mp3

    Thema: Wundheilung

    Millionen Menschen leiden bei uns in Deutschland unter chronischen Wunden wie Druckgeschwüren oder offenen Beinen, sie haben ständig nässende, eitrig-entzündete oder blutende Stellen, die nicht heilen wollen oder die sich ständig neu infizieren.

    Bei richtiger medizinischer Behandlung und Pflege könnten diese Wunden ausheilen. Amputationen, oftmals der letzte Ausweg wenn beispielsweise infolge von Diabetes oder Durchblutungsstörungen Teile eines Fußes nicht heilen, könnten bei guter medizinischer Wundbehandlung und Pflege sogar oftmals vermieden werden. Doch viel zu selten werden chronische Wunden rechtzeitig und richtig fachgerecht versorgt.


    Floto, Christian | 05. Juli 2022, 10:08 Uhr

    Eine namentlich genannte Krankenkasse bewirbt demnach bei Ärzten den für Typ 2 zugelassenen SGLT-2 -Hemmer Ertugliflozin wegen "wirtschaftlicher Vorteile". Bei diesem Wirkstoff sei die Schutzwirkung vor Diabetesfolgen aber nicht wissenschaftlich belegt - im Gegensatz zu ähnlichen Wirkstoffen wie Dapagliflozin und Empagliflozin -, so das arznei-telegramm.


    https://www.arznei-telegramm.de/html/2022_02/2202015_01.html

    https://gutepillen-schlechtepi…-trotz-unbelegtem-nutzen/

    Cochrane untersuchte die Evidenz für die Wirksamkeit einer sogenannten Low-Carb-Diät beim Abnehmen und auf die Gesundheit. In 61 Studien mit fast 7000 Teilnehmenden fanden die Cochrane-Autoren keinen relevanten Vorteil dieser angesagten Diätform im Vergleich zu anderen kalorienreduzierenden Diäten. :pupillen:


    https://www.cochrane.de/news/c…ogenen-naehrstoffanteilen

    https://gutepillen-schlechtepi…s-andere-abspeckmethoden/

    In einem dieser Apotheken-Heftchen steht gerade ein Text zum "Fasten mit Diabetes". Zitiert wird hierin auch die 1. Fasten-Studie mit Bettina Berger.

    Auch wenn das Abnehmen kein vordringliches Fastenziel ist purzeln im Ergebnis durchaus einige Gramm hinweg.

    ("Diabetes-Ratgeber" 05/2022)

    https://www.deutschlandfunk.de…liche-verbindung-100.html

    https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/71/wr/mm7102e2.htm

    ForschungDiabetes und Corona: US-Forscher untersuchen mögliche Verbindung

    In den USA untersuchen Wissenschaftler weiter einen möglichen Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und der steigenden Zahl an Diabetes-Erkrankungen. Bei deutschen Fachleuten stoßen die Ergebnisse indes auf Skepsis.


    19.03.2022


    Anlass ist eine Studie der US-Gesundheitsbehörde CDC. Sie hatte Anfang des Jahres umfassende Daten von Krankenversicherungen zu neuen Diabetes-Fällen zwischen März 2020 und Juni 2021 ausgewertet. Demnach trat die Stoffwechselerkrankung deutlich häufiger bei Kindern auf, die eine Infektion mit dem Coronavirus hinter sich hatten. Die Studie unterschied allerdings nicht zwischen Typ 1, der typischerweise in der Kindheit beginnt, und dem mit Übergewicht in Verbindung stehendem Typ 2.

    Unklarer Zusammenhang

    Eine Kinderärztin der University Of Michigan berichtete, in ihrem Krankenhaus sei die Zahl der Typ-1-Fälle im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie um 30 Prozent gestiegen. An einem Kinderkrankenhaus in San Diego stieg die Zahl der Typ-1-Fälle im ersten Jahr der Pandemie verglichen mit den zwölf Vormonaten um fast 60 Prozent, wie Forscher im Fachmagazin „JAMA Pediatrics“ berichteten. Nur zwei Prozent dieser Kinder waren akut mit Covid-19 infiziert, über mögliche frühere Ansteckungen lagen keine Informationen vor.
    Forscher haben Hinweise, dass das Coronavirus insulinproduzierende Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreifen kann. Sie schließen nicht aus, dass dies bei anfälligen Patienten zumindest eine temporäre Form von Diabetes auslöst. Die steigende Zahl an Diabetesfällen könnte aber auch im Zusammenhang mit den Pandemiebeschränkungen stehen. Es fanden weniger Voruntersuchungen beim Arzt statt.

    Zweifel in Deutschland

    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft zweifelt an der Aussagekraft der US-Studie. Sie weise gravierende methodische Schwächen auf, die die Erebnisse relativierten. Es seien weitere Untersuchungen über einen längeren Zeitraum mit konsistenten und größeren Datenmengen erforderlich, um Klarheit zu schaffen, so die DDG.
    Typ-1-Diabetes tritt auf, wenn die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder kein Insulin produziert – ein Hormon, das den Blutzucker reguliert. Ärzte gehen davon aus, dass dabei eine Autoimmun-Reaktion im Spiel ist, der Körper also insulinproduzierende Zellen in der Bauchspeicheldrüse attackiert. Patienten müssen Insulin künstlich zuführen, um den chronischen Zustand in den Griff zu bekommen.
    Diabetes Typ 2 betrifft überwiegend Erwachsene. Bei der Erkrankung ist die Verarbeitung von Insulin im Körper beeinträchtigt, was zu einem schlecht regulierten Blutzuckerspiegel führt. Die Ursachen sind unsicher, eine Rolle spielen aber genetische Faktoren, Übergewicht, Bewegungsmangel und ein ungesundes Essverhalten. Manchmal kann die Krankheit behandelt oder mit Änderungen der Lebensweise abgemildert werden.
    Weltweit leiden mehr als 540 Millionen Menschen an Diabetes. Die meisten haben die Typ-2-Form. Viele weitere Menschen fallen durch erhöhten Blutzucker oder Prädiabetes auf. Ärzte befürchten, dass diese Patienten durch Covid-19 oder verlangsamte Lebensgewohnheiten in der Pandemie zu Diabetikern werden könnten.

    ich bilde mir ein, irgendwo gelesen zu haben, dass der 2er deswegen gescannt werden muss anstatt kontinuierlich Werte zu liefern, damit es zu keinem Patentstreit mit Dex kommt. Deswegen versteh ich nicht, dass es so offensichtlich um den 2er geht und nicht den 3er...


    Abbott hat schon früher kontinuierlich Werte ohne "scannen" geliefert: bei dem Freestyle Navigator I und II.

    Letzterer läuft Dank vorhandener (aber längst abgelaufener) Sensoren übrigens immer noch, und das höchst robust.

    https://www.deutschlandfunknov…e-und-was-noch-zu-tun-ist


    mp3: https://ondemand-mp3.dradio.de…lin_20220306_b41815e2.mp3

    Insulin - eine Erfolgsgeschichte und was noch zu tun ist

    04.März2022

    Vortragende: Viktor Jörgens, Prof. Andreas Neu, Kinderklinik Tübingen


    Vor 100 Jahren wurde der Wirkstoff Insulin entwickelt. Bis dahin war Diabetes eine tödliche Erkrankung. Die Behandlung mit Insulin ist kinderleicht geworden. Verbesserungen dabei sind dennoch wünschenswert. Vorträge von Viktor Jörgens und Andreas Neu.

    Am 23. Januar 1922 wird Leonard Thompson mit Insulin behandelt. Der Junge ist 13 Jahre alt, stark abgemagert und aufgrund seiner Diabetes Typ 1-Erkrankung dem Tode nah. Die neuartige Behandung ist ein Segen für ihn und viele andere Menschen, die unter der Autoimmunkrankheit leiden. Unser Foto zeigt an Diabetes erkrankte Kinder in den 1950er Jahren, die sich selbst Insulin spritzen.


    Viktor Jörgens, langjähriger Direktor der Europäischen Vereinigung zur Erforschung von Diabetes (EASD), erzählt aus den Anfangstagen des Wundermittels Insulin. Der Kinderdiabetologe Andreas Neu berichtet, was noch zu tun bleibt.

    Lebensgefährliche Autoimmunerkrankung

    Ein in der Bauchspeicheldrüse gebildetes Hormon regelt unseren Blutzuckerspiegel. Bei Diabetes Typ 1 wendet sich das körpereigene Immunsystem gegen die Zellen, die das Insulin produzieren sollen. Bei Diabetes Typ 2 entwickeln die Kranken eine Resistenz gegen das Hormon.

    "Diabetes war vor der Einführung der Insulintherapie eine furchtbare Diagnose!"

    Viktor Jörgens, ehem. Direktor der EASD

    Die Krankheit ist seit Jahrhunderten bekannt. Auch war lange klar, dass die Bauchspeicheldrüse damit zu tun haben müsse. Was aber fehlte, war die exakte Kenntnis der Zusammenhänge und folglich auch eine Behandlungsmethode der Krankheit.

    Experiment mit Hund

    Noch im 20. Jahrhundert wurden Kranke mit radikalen Hungerkuren behandelt. Der kanadische Chirurg Frederick Banting versuchte, Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von Hunden zu gewinnen.

    "Am 31. Oktober 1920 wachte Banting um zwei Uhr morgens auf und schrieb in sein Notizbuch: "Unterbinde die Gänge der Bauchspeicheldrüse bei einem Hund und versuche die innere Sekretion zu isolieren, um die Urinzuckerauscheidung zu bessern".

    Viktor Jörgens, ehem. Direktor der EASD

    Dem Biochemiker James Collip gelang es, ein technisches Verfahren zur Gewinnung von Insulin zu entwickeln. So begann am 22. Januar 1922 um 11 Uhr die Behandlung von Leonard Thompson mit Insulin.

    "Ein hoffnungsloser Fall. Der 13jährige wog nur noch 29 Kilo und war dem Koma nahe. Die Wirkung war großartig!"

    Viktor Jörgens, ehem. Direktor der EASD

    Viktor Jörgens beschreibt bewegende Entwicklungen bei den ersten Patienten und Patientinnen:


    • Teddy Ryder, zu Beginn der Behandlung gerade fünf Jahre alt, dankt Frederick Banting in einem Brief mit den Worten: "Ich bin jetzt ein dicker Junge! Ich kann auf Bäume klettern".
    • Die junge Patientin Elisabeth Hughes, die vor der Behandlung mit Insulin hungern musste, protokolliert in einem Brief an ihre Mutter genauestens ihre Freude am Essen nach der erfolgreichen Behandlung: "Am 25. August aß ich nach dreieinhalb Jahren wieder eine Scheibe Weißbrot. Und am 7. September wieder Makkaroni!"
    "Wir wollen, dass Kinder mit einem Diabetes aufwachsen wie andere Kinder auch. Ihr Leben soll nicht vom Diabetes bestimmt sein."

    Andreas Neu, Kinderdiabetologe, Kinderklinik Tübingen

    Aber auch wenn die Behandlung mit Insulin eine außerordentliche Erfolggeschichte ist, noch sind nicht alle Ursachen für die Krankheit geklärt. Der Kinder-Diabetologe Andreas Neu sieht zudem noch einigen Verbesserungsbedarf bei der Behandlung. Er fordert:

    • eine verbesserte Aufklärung über Diabetes in der Bevölkerung
    • bessere stationäre und ambulante Behandlungsmöglichkeiten
    • umfassende Inklusion der Diabetes-PatientInnen in Kitas und Schulen.

    Viktor Jörgens ist der ehemalige Direktor der EASD. Sein Vortrag heißt "Entwicklungsschritte eines lebenswichtigen Hormons". Andreas Neu ist Kinderdiabetologe und ärztlicher Direktor der Neuropädiatrie an der Kinderklinik Tübingen. Sein Vortrag trägt den Titel "Insulin im Kindes- und Jugendalter - genug für eine gute Therapie?". Die Vorträge wurden anlässlich des Festaktes zu "100 Jahre Insulin" am 24. Juli 2021 in Berlin gehalten.

    • 04. März 2022
    • Moderatorin: Katja Weber
    • Vortragende: Viktor Jörgens, Prof. Andreas Neu, Kinderklinik Tübingen

    Dapagliflozin: Nicht mehr bei Typ-1-Diabetes


    Die Tabletten mit Dapagliflozin sollten bei Diabetes Typ 1 zusätzlich den Blutzuckerspiegel senken, indem sie die Ausscheidung von Glucose über den Urin erhöhen. Es war dafür seit 2019 von der europäischen Arzneimittelagentur EMA - unter Auflage einer durchzuführenden Sicherheits-Studie - zugelassen. Anzuwenden war es allerdings nur bei Übergewicht und wenn der Blutzuckerspiegel trotz optimaler Insulintherapie zu hoch war.


    Die betreffende Firma hat demnach im Oktober 2021 bei diesem Mittel die Zulassung für Typ 1-Diabetes zurückgezogen.


    Beim Quellen-Lesen fällt auf, dass hier offenbar ein nötiger Warnhinweis im Beipackzettel (ein schwarzes Dreieck als Symbol für eine laufende Sicherheitsüberwachung) fehlte und die durch die EMA geforderte Studie nicht durchgeführt wurde.


    Die anderen Zulassungen (wie für Typ-2-Diabetes für Erwachsene) bleiben folglich bestehen.


    Quellen:

    https://www.arznei-telegramm.de/html/2021_11/2111087_01.html

    https://gutepillen-schlechtepillen.de

    https://www.bfarm.de/SharedDoc…RHB/2021/rhb-forxiga.html

    https://www.deutschlandfunk.de…gen-diabetes-typ-100.html

    https://ondemand-mp3.dradio.de…0211203_1635_1b0eb5b6.mp3

    Transplantierte Stammzellen - Hoffnung für Menschen mit Diabetes Typ 1

    Zwei US-Biotechnologiefirmen vermelden wichtige Fortschritte im Kampf gegen Diabetes Typ 1: Zellen aus dem Labor bleiben ein Jahr nach der Transplantation im Körper aktiv und produzieren Insulin. Experten sprechen von einem Meilenstein der Forschung mit embryonalen Stammzellen.

    Von Michael Lange | 03.12.2021



    Von einem Meilenstein spricht Eelco de Koning, Diabetes-Experte vom Medical Center der Universität Leiden in den Niederlanden. In einer Phase-1 und Phase-2-Studie erhielten 26 Patientinnen und Patienten insulinproduzierende Zellen, gezüchtet im Labor, aus menschlichen embryonalen Stammzellen.

    Die Forschung hatte bereits vor 20 Jahren begonnen, bei der Firma Novocell in San Diego. 2006 entstanden dort aus embryonalen Stammzellen des Menschen Schritt für Schritt insulinproduzierende Zellen. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis die ersten klinischen Experimente begannen. Heute heißt die Firma ViaCyte und arbeitet mit mehreren Kliniken zusammen – in den USA, Kanada und Europa.

    Um die Zellen zu schützen und um deren Aktivität besser zu überprüften, entwickelte die Firma eine Art Verpackung, erklärt Eelco de Koning.
    Mehr zu Diabetes-Erkrankungen:

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    Zellen produzierten ein Jahr lang Insulin

    Die Tasche ist an den Blutkreislauf angeschlossen. Sie besteht aus einer künstlichen Membran und ist durchlässig für verschiedene Substanzen. Nach einem Jahr schauten die Ärzte nach, ob die Zellen aktiv waren und ihren Job taten. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Die Zellen reagierten auf eine zuckerhaltige Flüssigmahlzeit mit erhöhter Insulinproduktion.

    „Insgesamt ist das ein bedeutender Schritt, tatsächlich einer der ersten Berichte, der ein funktionelles Überleben der aus Stammzellen generierten Inseln über ein Jahr beschreibt.“
    Barbara Ludwig vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden forscht selbst mit insulinproduzierenden Stammzellen. Sie sieht in den neuen Ergebnissen einen wichtigen Fortschritt.
    „Auch wenn der klinische Effekt dieser Transplantation für den einzelnen Patienten noch nicht sehr ausgeprägt war, so zeigt es auf jeden Fall das hohe Potential dieser Forschungsrichtung.“

    Die behandelten Patientinnen und Patienten brauchten 20 Prozent weniger Insulin. Und ihr Zuckerspiegel blieb etwas länger im Zielbereich als ohne transplantierte Zellen. Weniger Insulin und eine kontrollierte Zuckerkonzentration im Blut bedeuten immer auch weniger Langzeitschäden und ein längeres Leben.

    Von einer wirklichen klinischen Verbesserung will Eelco de Koning allerdings noch nicht sprechen. Die komme erst im nächsten Schritt, in einer Phase 3-Studie:
    „Dann lautet die Frage: Wie viele Zellen müssen wir implantieren, um einen klinischen Effekt zu erzielen, so dass Patienten ihren Insulinbedarf deutlich reduzieren können oder vielleicht sogar ganz ohne Insulin auskommen?“

    Weitere Studie soll die Zellen reif für die Klinik machen

    Kurz bevor ViaCyte aus San Diego diese Zwischenergebnisse vorstellte, überraschte die Konkurrenzfirma Vertex aus Boston mit einer Mitteilung über einen spektakulären Einzelfall. Der 64-jährige Brian Shelton erhielt im Rahmen einer Studie insulinproduzierende Zellen direkt in die Leber gespritzt. Angeblich produzierten die Zellen ausreichend Insulin, um den Blutzuckerhaushalt des Mannes allein zu kontrollieren.

    Auch wenn dies nur eine Momentaufnahme ist, die einen einzigen Fall beschreibt: Die Fortschritte machen Hoffnung für Menschen mit Diabetes Typ 1.

    Herausforderung: Abwehrreaktionen durch das Immunsystem

    Aber eine wichtige Frage ist ungeklärt. Bei beiden Zelltherapien muss das Immunsystem der Zellempfänger gebremst werden, wie bei einer Organtransplantation. Ohne diese Immunsuppression würde die körpereigene Abwehr die insulinproduzierenden Zellen bekämpfen und zerstören.

    „Grundsätzlich gibt es zwei Wege, um das zu umgehen. Entweder es gelingt, die Zellen in einer Weise zu verändern, dass sie vom Immunsystem gar nicht erst erkannt werden, oder aber die Option der so genannten Zell-Verkapselung, wobei die Zellen – wie auch in diesem Falle – in eine Art Kammer verpackt werden, die allerdings für Komponenten des Immunsystems – anders als in dieser Studie – nicht zugänglich sind.“

    Am Universitätsklinikum in Dresden forschen Barbara Ludwig und ihr Team an einer solchen gut verträglichen Therapie gegen Diabetes Typ 1. Der Weg dorthin ist auch nach dem nun erreichten Meilenstein noch weit, aber das Ziel scheint erreichbar.