Ohne Insulin

  • Moin moin... ein langer Thread.


    Vorweg: Ich habe Zucker seit meinem 5. Lebensjahr und irgendwann begann ich, ihn zu vernachlässigen.
    Ich habe meine Insulinproduktion Ende letzten Jahres noch mehr eingeschränkt, als jeder DM es tun sollte... Ich kann sagen, ich habe monatelang mal aufs Essen gespritzt oder auch nicht. Lediglich mein Basal kam 2 Mal am Tag unter die Haut. Durch diese Abgewöhnung hat mein Körper den Abbau von Kohlehydraten eingestellt und nur noch Fettgewebe verbrannt. Es sollte einem zu denken geben, wenn man an Weihnachten mehr als sonst ist und kontinuierlich abnimmt.... Mit dem nur Basal spritzen bin ich sogar noch bis Ende Januar ganz gut gefahren. Und dann kam die Keto. Ich hatte mein Messgerät zu allem vergessen und hab durch Cola versucht, meine Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen. Schlecht, wenn man nicht misst und sich der Keto noch entgegentreibt. Nach eineinhalb Tagen durchgängier Übelkeit und man kann wohl sagen, halb komatösem Zustand (ich war furchtbar schlapp und müde), haben wir einen Notarzt gerufen. Zu diesem Zeitpunkt war ich bei meinem jetzigen Partner, den ich allerdings erst seit 4 Wochen fest an meiner Seite hatte und der keine Ahnung in Bezug auf die Kontrollmaßnahmen etc. des DM hatte. Daraus mache ich ihm keinerlei Vorwurf, schließlich hab ichs grundlegend versaut.
    Die Notärztin machte mir im Dilemma schlimme Vorhaltungen, wies mich dann ein und ja... da war ich. Einen Venenkatheter bis zum Herzen, zahlreiche Infusionen, viertägiges Koma und furchtbares Bangen seitens meiner Angehörigen wachte ich dann wieder auf. Ich habe in den nächsten 3 Wochen noch zwei weitere Krankenhäuser gesehen. Erst Keto, dann Verlust von Temperaturgefühl und Schmerzempfinden. Ein Katheter brachte mir eine Niereninfektion ein. Das Allergikum dagegen führte zu Ausschlag am ganzen Körper. Dann konnte ich nicht mehr laufen, weil meine Beine durch die neue Energiezufuhr überreizt wurden. An einem anderen Morgen hab ich mich gewundert, dass ich mein Brötchen nicht beißen konnte: periphere Fazialisparese; halbseitige Gesichtslähmung. Später Verdacht auf Venenthrombose im Oberarm. Ich will hier nicht ausführen, was man so über sich ergehen lässt, um Symptome zu überprüfen und danach zu behandeln.
    Infolge meiner langen Schlamperei lag mein HBA1C über 13. Zwei Monate später war ich bei 9. Im September kann ich 8,2 aufweisen.
    Was ich damit sagen will: ich denke, mein Organismus hat sich nur damit "abgekämpft", weil ich lange so nachlässig war. Ich gehe davon aus, dass Insulinabsenz sich heute deutlich anders bemerkbar machen würde. Mein Wert während der Keto lag zwischen 800 und 1000 mg/dl. "Eine halbe Std. später und das wäre es gewesen", so die Oberärztin.


    Ich will nun noch was Positives dazu sagen:
    Ich bin mir meiner Krankheit mehr als bewusst. Ich weiß, es gibt viel schlimmeres und hey, DM tut nicht weh... stimmt definitiv nicht! Ich bin wieder viel fröhlicher, hab keine Stimmungsschwankungen mehr und auch abgenommen seit dem Drama. Mein Freund weiß nun genau, wie er agieren muss. Er informiert sich ebenso wie ich kontinuierlich im Netz und will auch mit zur Diabetestour. Mir gings nie besser. Also Leute, spritzt verdammt nochmal ;)

    LG von MM86

  • Kurzer Nachtrag: ich habe keinerlei Folgeerkrankungen davon getragen und alle Symptome sind zurück gegangen. =) (liegt größtenteils am noch jungen Alter)

    LG von MM86

  • Eine Ketose ist für sich genommen, nicht einmal besonders negativ. Es bedeutet nur, dass aktuell mehr Fett als Glucose verbrannt wird. Das tritt bei so ziemlich jeder Diät auf.


    Eine Ketoazidose kann nur entstehen, wenn kein Insulin mehr wirksam ist. Bei Kandidaten mit Restproduktion muss schon eine gravierende Erkrankung vorliegen. Bei Kandidaten ohne Restproduktion und mit Insulinpumpe ist das m. W. eine der hauptsächlichen Komplikationen, die aber fast immer wohl rechtzeitig erkannt wird.


    (Pumpis dürfen mich gerne korrigieren, wenn ich hier falsch liegen sollte...)

  • Zitat von Niederrheiner;311781


    Eine Ketoazidose kann nur entstehen, wenn kein Insulin mehr wirksam ist.


    besser wäre es zu sagen, "basal nicht mehr ausreichendes Insulin".


    Zitat

    Bei Kandidaten ohne Restproduktion und mit Insulinpumpe ist das m. W. eine der hauptsächlichen Komplikationen, die aber fast immer wohl rechtzeitig erkannt wird.


    Zumindest sollte jede ordentliche Pumpenschulung das Thema Ketoazidose und ihrer Vorstufe, der Fettsäurenresistenz (Lipolyse), eingehend behandeln und ein brauchbares Korrekturschema für solche Situtationen vermitteln.


    Was in der Regel auch der Fall ist, so dass Pumpenträger meist recht gut vorbereitet sind, und wissen (sollten) wohin der Hase läuft. Daher kommt es bei Pumpenträgern eher seltener zu wirklich kritischen Situationen, weil früher reagiert wird.


    Diabetiker mit ICT werden leider noch zu oft nicht ausreichend auf diese Gefahrenquelle hin geschult, und tappen, vielleicht sogar öfter als Pumpenträger, in eine lebensbedrohliche Falle hinein.

    Zitat

    (Pumpis dürfen mich gerne korrigieren, wenn ich hier falsch liegen sollte...)


    Keine Korrektur, sondern Ergänzung. ;)


    Gruß
    Joa