3 Wochen sind rum! Meine Reha Erfahrungen.

  • Servus zusammen!
    Ich habe vor einiger Zeit geschrieben, dass ich mich auf eigenen Wunsch hin, zu einer Reha-Maßnahme entschlossen habe. Ich habe den Antrag über die Rentenversicherung gestellt und dann ging eigentlich alles ganz fix. Innerhalb kürzester Zeit habe ich zwei Terminvorschläge erhalten von denen ich den Zweiten nutzte, da der erste dann doch etwas verfrüht kam.

    Als Grund habe ich natürlich mein Diabetes angegeben aber ich hätte genau so gut eine Reha für Burn Out oder Depressionen beantragen können. Ich habe mir sagen lassen, das alles zusammen hängen kann und dass bei einer Reha bei Stoffwechselerkrankten alles wohl so ein wenig mitbehandelt wird.
    Vorrangig ging es mir darum, einfach mal rauszukommen, einfach mal zu entspannen. Das man die Erkrankung nicht heilen würde, war mir schon klar (oder doch? - dazu später mehr!)
    Ich habe den Vorschlag der RV, die Reha in Passau zu machen, angenommen. Warum sollte ich auch andere Wünsche haben ?! Schließlich war ich noch bei keiner Reha und habe da keine Vergleiche. Als los gings vor drei Wochen ab in die Klinik Passau Kohlbruck.

    Mein erster Eindruck war eher ernüchternd. Voll die Klinik! Ich hatte da die Mutter-Kind Kur meiner Frau im Kopf, welcher ich auch eine Woche beiwohnen konnte aber das lässt sich wohl nicht vergleichen. Klar, völlig anderes Krankheitsbild.
    Die Zimmer sind voll alt eingerichtet, alter Fernseher, alte Möbel, Krankenhausbetten usw.. Naja, damit kann man leben. Wie ich im Willkommensvortrag erfuhr, ist die Modernisierungsphase wohl noch nicht abgeschlossen und die Zimmer wären auch bald dran.
    Auf den zweiten Blick war dann alles ganz ok bzw. modern.
    Ich hatte mich im Vorfeld auch auf der Homepage der Klinik informiert, diese gab aber leider nicht viel her. Einzelzimmer wurde jedenfalls zugesichert und das war dann auch so. Möcht schon sein bei drei Wochen Aufenthalt.
    Es ist keine Klinik speziell für Diabetologie aber auch spezialisiert darauf. Onkologie und ein paar andere Geschichten sind auch mit drin. Das schreckte micht im Vorfeld etwas ab, macht aber eigentlich keinen Unterschied mehr, wenn man da ist. Alle haben schließlich das selbe Ziel: wieder gesund werden und etwas über seine Krankheit erfahren.

    Beim Aufnahmegespräch mit dem Stationsarzt wurde alles zum Thema Krankheitsverlauf, sonstige Beschwerden, Therapieziele usw. besprochen. Einzelheiten wie ICT, Insulin, BZ-Werte usw. wurden dann seperat mit dem Diabetologen-Team auf der Station besprochen. Das ganze Personal, soviel kann ich vorwegnehmen, war sehr freundlich und kompetent. Es wurde sich sehr viel Zeit genommen und ich wurde sehr individuell beraten.
    Es gibt drei Zeiten am Tag, zu denen das "Zucker-Zimmer" offen für jedermann war und so konnte man hingehen, wenns Probleme gab. Patienten wie ich, die selbst spritzen und im Prinzip schon alles gelernt haben, brauchen nur täglich die BZ-Werte in die Kurve eintragen und das wars. Arztgespräche kann man je nach Bedarf erfragen.
    Neumanifestationen werden, soweit ich es beurteilen kann, auch sehr gut beraten. Pumpentherapie wurde ebenfalls sehr professionell eingestellt und überwacht.

    Der Arzt erstellt nach dem Aufnahmegespräch praktisch den Terminplan und dann gehts am nächsten Tag gleich los.
    Anwendungen, Sport, Vorträge zur jeweiligen Erkrankung usw..
    Essen ist sehr gut und reichhaltig. Habe auch andere Meinungen vernommen aber mir hats geschmeckt. Ist schließlich kein 5-Sterne Club-Urlaub. Frühs und abends reichhaltiges Buffet und Mittags 3 Menüs zur Wahl. Für Diabetiker sehr geeignet wenn auch die Beratung direkt am Buffet durch das Ernährungsteam verbesserungswürdig ist. Ich habe kein Übergewicht und bin soweit fit aber wenn sich so mancher TYP2 Diabetiker mit 200 kg Körpergewicht drei mal Nachschlag holt und keiner sagt was, dann finde ich es etwas merkwürdig. Aber das soll nicht mein Problem sein.

    Ich habe viel Sport gemacht (tolles Schwimmbad mit Sauna & Dampfbad, Fitness usw.) und habe viele Anwendungen wie Massagen, Elektrotherapie für den Rücken, Inhalation, Wannenbad usw. genossen.
    Auch Walken, Nordic Walking, Bogenschießen und so Sachen werden angeboten.
    Ich habe hier auch das Spazierengehen bzw. Walken für mich entdeckt und ich muss sagen, es tut dem BZ echt gut.
    gleich nach dem Essen 20-60min. Gehen und man fühlt sich einfach toll. Geht daheim natürlich so nicht immer.
    Wenn einem etwas nicht bekommt oder man möchte etwas dazu heben, muss man nur mit dem Arzt sprechen und er veranlasst dies dann dementsprechend. Er schätzt natürlich dann ab, ob es einem auch guttut. Es waren viele Leute da, die größere Operationen hatten, gerade im Onkologie-Bereich, die können natürlich nicht alles machen. Für TYP2 Diabetiker mit deutlichem Übergewicht gibt es natürlich auch Einschränkungen.

    Die Reha für Typ1 Diabetikern, für die ich mich bis dato auch hielt, beinhaltet auch viele Vorträge: Spritzen, Ernährung, Unterzucker, Verhalten in diversen Situationen usw.
    Dies wollte ich erst absagen, habe mich dann doch dafür entschieden und ich muß sagen, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Ich habe selbst noch keine Schulung bei meinem Diabetologen oder irgendwo anders mitgemacht, habe mir praktisch alles selbst angelesen und angelernt. Lediglich damals zur Erstmanifestation habe ich die "Basics" erlernt. Jedenfalls habe ich viel Neues erfahren, konnte mich austauschen und konnte auch mit meinen Erfahrungen "frischen Diabetikern"weiterhelfen. Es sind in dem Sinne keine Gruppengespräche, die Diabetologen sind aber sehr offen und gestalten die "Vorträge" sehr individuell und interessant. Da hat es förmlich Spass gemacht, nochmal die Schulbank zu drücken. Es gibt schließlich ständig Neuerungen auf dem Gebiet der Diabetologie und das Team ist immer durch Schulungen und Weiterbildungen auf dem neuesten Stand. Echt TOP !
    Meine Diabetologin daheim hält mich für sehr gut eingestellt und sagt auch, dass ich viel weiß und ein gutes Gefühl für meinen Körper und die ICT habe. Sie meinte, ich werde warscheinlich nicht viel dazulernen aber das erwies sich als falsch. Fachlich & inhaltlich kann ich die Reha hier nur empfehlen. Nicht von schlimmeren Krankheitsbildern oder der Klinik-Aufmachung abschrecken lassen. Sicher gibt es auch Reha-Kliniken, die nur auf Diabetologie spezialisiert sind und da werde ich sicher auch nochmal was ausprobieren aber für den Anfang reichts, sag ich mal.
    Es war auch schön, endlich mal mit anderen TYP1 Diabetikern in Kontakt zu kommen. Habe bis jetzt noch keinen weiteren in meinem Umfeld kennen gelernt. Ich kannte sie nur von Bildern. HaHa

    Nun zu meinem speziellen Fall:
    Ich bin seit fast genau einem Jahr Typ1, so der Befund. Habe Insulin gespritzt und wähnte mich in der gerade so abklingenden Remissionsphase. Ich hatte beruflich und privat viel Stress und ich wollte die Reha vor allem nutzen, um mal raus zu kommen und um mal Zeit für mich zu haben. Die Ersten Tage liefen ganz normal ab, ich spritzte und aß und alles war so, wie ich es seit einem Jahr mehr oder weniger optimal betreibe mit dem Diabetes. Schnell merkte ich jedoch, dass ich immer weniger Insulin brauchte und nach dem 5. Tag ließ ich es ganz weg. Erst das Mahlzeiten-Insulin und dann auch Basal. Grund war, dass ich auch bei kleinsten Mengen Insulin unterzuckerte und dass der BZ plötzlich auch nach Mahlzeiten mit weit mehr als 5 BE nicht über 120 stieg.
    Ich besprach das mit dem Arzt und er konnte mir leider keine Erklärung dafür geben. Remmisionsphase ist nach einem Jahr eher unwarscheinlich und wenn dann nicht mit dieser fast perfekten BZ-Regulierung. (eine Abendbrot mit 9 BE!s und der BZ blieb konstant!)
    Nur die Regulierung nach unten stimmt noch nicht ganz, ich unterzuckere sehr schnell, vor allem beim Sport, obwohl ich eigentlich trainiert bin. Der Arzt meint, ich komme ihm wie ein Nicht-Diabetiker vor! Was ist da los ??!??
    Es wurde dann nochmal Blut abgenommen und es stellte sich heraus, das dieses C-Peptid, oder wie das heist, welches beim Typ2 noch den BZ teilweise regelt, bei mir noch verringert vorhanden ist. Wie kann das sein ?!
    Der Antikörpertest wurde auch nochmal gemacht, das Ergebnis steht allerdings noch aus. Darauf kommt es dann warscheinlich an.
    Ich fasse es nicht. Wurde ich geheilt? Ich kann mit dieser Situation noch gar nicht umgehen. Ich stellte mein Leben total auf den Kopf (was blieb einem schon anderes übrig?) und habe mich praktisch damit abgefunden, dass ich mein Leben lang spritzen muss und nun das!
    Heute ist mein vorletzter Tag hier in Passau ( Ach ja, Internet gibts hier auch !) und ich hoffe, daß das Testergebnis morgen da ist. Wenn ich diesen Verlauf meiner Diabetologin schildere wird sie, denke ich , nicht schlecht schauen.
    Kurz: mein BZ reguliert sich wieder fast von selbst. Was soll oder darf ich davon halten?
    Der Arzt vermutet eine eventuelle Bauchspeicheldrüsenentzündung als damaligen Auslöser.
    Mittlerweile ist es so, das mir selbst bei kleinen Naschereien, sehr schnell übel wird. Ein Hand voll Leibnitz-Kekse oder ein paar Stück Schokolade abends und mir ist die ganze Nacht übel, selbst am Morgen noch. Kennt das jemand? Selbst als ich schon Diabetiker war, konnte ich eigentlich eine Menge Süßes essen, ohne das mir übel wurde.

    Meine Theorie zu der ganzen Sache ist, dass einfach durch den Stress, der mir in letzter Zeit daheim und im Job mit solcher Intensität entgegenschlug, mein BZ entgleist ist und jetzt, nachdem ich mal wieder zur Ruhe kam, ich mal Zeit für mich hatte, sich langsam wieder einstellt. Das wäre schön.
    Auf der anderen Seite kann es nächste Woche am ersten Arbeitstag wieder von vorn losgehn und da habe ich echt Angst davor. Das würde bedeuten, dass mein Alltag mich einfach nur krank macht und das im wahrsten Sinne des Wortes. Soll ich etwa den Rest meines Lebens Reha machen, nur dass mein BZ nicht entgleist? Ok, ich würds machen ber wer bezahlt das Ganze?
    Nein, Scherz. Ich weiß nicht wie es weitergeht. Hat jemand Erfahrungen mit so etwas gemacht?

    Es ist ja auch so, das der Antikörpertest damals zur Erstmanifestation positiv war, ebenso wie der Glucosetest und alles war so wie bei einem "normalen" TYP1 .

    Naja ich halt euch mal auf dem Laufenden. Bis dahin euch ne gute Zeit.
    P.S. Ich werde jetzt ersteinmal ne schöne Banane essen und ich weiß: mein BZ wird nicht steigen! Aber wie lange noch?

  • Zu deiner c-Peptit Frage.
    Bei mir wurde das 2003 nochmal gemessen (also 10 Jahre nach der Erst-Diagnose) und ich hatte auch noch C-Peptit. Nicht viel, aber doch genügend dass mein BZ das manchmal gespürt hat.

  • Kommt mir bekannt vor ;-)


    Bin auch unetrzuckert und das sogar ohne Insulin und die Ärztin auf der reha war sich zuerst auch nicht sicher was ich denn genau für ein Typ bin.


    Ich bin ein LADA, vermutlich bist du auch einer.

  • Antikörper positiv ist sowas von Autoimmunerkrankung = Typ1. C-Peptid ist (vereinfacht gesagt) ein Abbauprodukt von Insulin, das ausschliesslich vom Körper gebildet werden kann. Der Nachweis des C-Peptid sagt nur, dass die BSP noch produziert.


    Diese Eigenart, bei Reha-Aufenthalten das Insulin reduzieren zu müssen kenne ich selbst. Du bewegst dich anders, das Essen ist unterschiedlich zu dem, was du isst - oftmals isst du zu Hause noch unbewusst, was dann in der Reha auch wegfällt.


    Die Remissionsphase kann auch mehrere Jahre anhalten, wird von vielen begrüsst (die sie nicht haben) und von vielen gehasst (die sie haben). Für mein Empfinden hat sie mir die BZ-Regulierung erschwert. Ich wusste nie, ob sie noch reinhaut oder grade Überstunden abbummelt.


    Ob du jetzt ein klassischer Typ1 oder ein LADA (also spätberufener Junkie) bist, ist für die grundsätzliche Therapie irrelevant. Du wirst Insulin nach Bedarf spritzen müssen. Momentan eben nur sehr sehr wenig - irgendwann wieder mehr.

  • Die Remissionsphase kann auch mehrere Jahre anhalten, wird von vielen begrüsst (die sie nicht haben) und von vielen gehasst (die sie haben). Für mein Empfinden hat sie mir die BZ-Regulierung erschwert. Ich wusste nie, ob sie noch reinhaut oder grade Überstunden abbummelt.
    dem kann ich vollstens zustimmen


    Germeringer
    danke für deinen ausführlichen bericht. und dir wünsche ich noch lange gute bz- werte.

    Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, war es noch nicht das Ende.