Fluglizenz für Ultraleichtflugzeug mit Diabetes Typ 1 möglich ?

  • Hallo liebes Forum!
    ich würde sehr gerne mal eine Flüglizenz für ein Ultraleichtflugzeug machen, da es schon seit langem ein Kindheitstraum ist.
    Doch leider werde ich im Internet nicht schlau, denn die Meinungen dazu teilen sich.
    Kennt sich jemand mit dem Thema aus oder hatte sich schon mal damit befasst ?
    Besteht denn die Möglichkeit in Deutschland überhaupt eine Fluglizenz erwerben zu können ?
    Vielen Dank für die Antworten im Voraus :)

  • Nicht für die "richtigen" Ultraleichtflugzeuge bis 472 kg Abfluggewicht, es sei denn du ziehst nach Frankreich. In FR ist KEIN medizinisches Tauglichkeitszeugnis für den UL Bereich erforderlich, in DE muss das LAPL Medical abgelegt werden und bei diesem ist jegliche Form insulinpflichtiger Diabetes ein KO Kriterium. UL ist national geregelt und nicht wirklich "einheitlich". Gegen das Luftfahrtbundesamt und dessen Einstellung zu Änderungen gebenchmarkt war Franz Josef Strauß übrigens ein linksradikaler Punker. Gibt Leute, die das LBA als größtes unbeleuchtetes Luftfahrthindernis in DE bezeichnen und ich werd dem sicher nicht widersprechen.


    Was du in DE legal machen kannst:
    (A) Gleitschirm bzw. Motorgleitschirm
    (B) Drache bzw. das "Trike" als "Motordrache"
    (c) 120 kg Dreiachser. Siehe http://ultraleicht120.de/


    In allen Luftsportarten wird eine medizinische Tauglichkeit luftrechtlich gefordert. Siehe §16 LuftPersV. Nur der NACHWEIS über ein Medical wird unter 120kg nicht verlangt. Du solltest dich zur Sicherheit (u.a. falls doch mal was passiert und eine Versicherung zahlen müsste) von einem Flugmediziner einmalig mit "Attest" untersuchen lassen, für die aktuellen BZ Werte bist du dann selbst verantwortlich. Und könntest dich u.a. an http://www.caa.co.uk/default.a…&pagetype=90&pageid=13717 orientieren um deine BZ Werte entsprechend zu dokumentieren.


    Alle "120kg und leichter" Flieger sind aus der Kategorie "langsam, aber gemütlich". Bei deutlich Gegenwind wie üblich nicht zu gebrauchen, alleine weil man mit Airspeed von typisch 80-90 (maximum) kaum gegen 30 Knoten Gegenwind in nennenswerter Höhe ankommt. Aber um sich bei wenig Wind und Sonne die Gegend ne Weile anzugucken gibts kaum was besseres denk ich. Sprit reicht übrigens für maximal 3h, so lange sollte jeder Diabetiker mit halbwegs passabler Einstellung wenigstens "stabil" sein. Mit FGM/CGM ist den BZ zu überwachen zudem eh kein Thema. Gleitschirm ist das günstigste und flexibelste (aber schwer zu landen), Trikes sind bei Preis/Leistung ziemlich vorne und die 120kg Dreiachser sind mit max 30k€ und typisch 90 km/h Reisespeed die Einäugigen unter den Blinden ;) Ich find die fliegen sehr schön.


    Ich bevorzuge die Dreiachser, ist am wenigsten körperliche Arbeit (Drachen verursachen als Gewichtskraftgesteuerte gerne mal Muskelkater), fliegt sich sehr harmonisch, zudem sind die relativ leicht zu landen und aerodynamisch "unkritisch" mit wenig Zicken. Gelegenheit sich den BZ anzusehen hat man auch genug, man hängst schließlich nicht wie eine Mumie eingepackt in Overall nebst Gurtzeug.


    PS: Ende 2014 wollten 11 von 13 Bundesländern die Medicalpflicht im UL Bereich abschaffen. Incl. Luftfahrtmediziner. U.a. mit dem Argument, dass auch in FR ohne jedes Medical nicht wirklich mehr passiert. Zwei Bundesländer waren dagegen, also hat man sich drauf geeinigt diese Medicalpflicht beizubehalten. Gratulation an die Demokratie, so funktioniert das.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

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  • Vielen Dank für die schnellen Antworten.
    Dann kann ich ja erst mal keine UL fliegen, aber hoffentlich ändert sich die nächsten Jahre etwas und es ist auch einem Diabetiker möglich zu fliegen.
    Werde mich dann mal bei den "120kg und leichter" Fliegern etwas näher erkundigen.

  • Das schöne und zugleich blöde an diesem "kleinen Schein" ist, dass die Theorie im Vergleich zu den großen 472 kg ULs nahezu gleich ist. Viel Arbeit, aber diese Arbeit kannst du im Fall der Fälle anerkennen lassen und musst nur noch wenig "nacharbeiten".


    Wenn du im Gebirge bzw. nahe an einem wohnst würde ich dir Gleitschirm oder Delta (motorlos) nahelegen. Gebirge haben meist starke Thermik und Hangaufwinde, beides tritt recht häufig auf. Beide Sportgeräte haben übersichtliche Gleitzahlen, aber viel dichter am Gefühl "Vogel" kann man nicht sein. Zudem ist es eher sportlich orientiert und erfordert auch Hirnschmalz gepaart mit "Gefühl" und guter 3D Orientierung im Raum sich die Aufwinde zu suchen zwecks "oben bleiben". Der Weg ist das Ziel, mit Motor oben bleiben kann jeder ;)


    Im Flachland sind die Trikes bzw. 120 kg Dreiachser empfehlenswerter, da diese auch ohne Thermik und Hangaufwind fliegen können. Zudem sind diese aus dem ganzen 120kg Haufen die "Schnellsten", was dich auch mittlere Gegenwinde überstehen lässt. Ein Motorgleitschirm fliegt ab etwa 40 km/h Wind auf der Nase effektiv rückwärts. Alle 120kg Motorteile sind mangels Masse relativ schwach motorisiert. Im Gebirge ist sowas nicht "ohne", da die typischen vertikalen Windbewegungen weit stärker sind als die Steigleistung dieser Dinger. Da kanns dich ohne Probleme auf Ameisenkniehöhe "runterspülen" und in einen Lee-Rotor möchtest du mit diesen "filigranen" Konstruktionen definitiv nicht kommen. Man kann von A nach B fliegen, muss aber Zeit mitbringen. Genussfliegerei halt.


    Wenn du wirklich fliegen willst fang an. Beim Gleitschirm gibts Tandem-Flüge um reinzuschnuppern und bei einem kleinen UL kannst du nach einer 120kg Dreiachser Flugschule schauen, aber such dir was "offenes, langsames". Schnelles Plastik wirst du absehbar nicht selbst fliegen dürfen. Sofern du nicht schnell von A nach B willst ist das find ich kein Verlust.

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