Gefährliches Halbwissen

  • War gestern morgen auf bei verschiedenen Haushaltsauflösungen (kauf halt zuuu gern alte Sachen ein ;) ) und bin da wohl etwas fahrlässig mit meiner Zwischenmahlzeit umgegangen.
    Bin auf dem Parkplatz ohnmächtig von zwei Menschen gefunden worden. Die haben meinen Rucksack durchsucht und sind dann auf einen älteren Diabetikerausweis gestossen. Offenbar waren dann mehrere Personen um mich rum dabei - laut einer Dame soll so gut wieder jeder der Anwesenden "fachmännische" Ratschläge gegeben haben. Gipfelte dann darin das mir ne vermeintliche *FAchfrau* 20 Einheiten Novorapid gespritzt hat :eek: Nur dank einer weiteren Person ist dann relativ schnell ein Notarzt zur Stelle gewesen und hat mir mit Glukoseinjektionen helfen können. Bin dann erst wieder im Krankenhaus aufgewacht - mein Wert soll bei Einlieferung trotz Glukose bei 2 mg/dl gelegen haben. :7no:


    Ich finds fatal wenn vermeintlich fachmännisch gebildete Personen von sich aus entscheiden einer ihnen völlig unbekannten Person Insulin zu verabreichen! In der Region kommt zu jedem Notfalleinsatz auch die Polizei mit dazu - Name der hilfreichen *Fachperson* ist mir bekannt. Polizist hat mir empfohlen ich soll die Person anzeigen wegen Körperverletzung.
    Bin wohl im Eifer des Einkaufgefechts, viel Hitze und Treppenlauferei sowei schweren Bücherkistenschleppen heftig in Unterzucker gekommen - bevor ich dort angekommen bin war mein Wert bei 114 mg/dl - und ich hab reichlich gut gefrühstückt: drei Vollkornsemmeln, Käse, Ei, Schinken, Tomaten und hinterher noch zwei Aprikosen. Dafür 14 E NovoRapid gegeben - so konnte ich bisher immer Anstieg über Gebühr nachem Frühstück vermeiden. Diesmal hats offenbar net gestimmt - bin dann um halb 12 zusammengeklappt. Hatte im Auto noch drei Äpfel und etwas Traubenzucker liegen - aber eben im Auto.


    Der Beamte hat gemeint das es doch üblich sei bei Unterzuckerungen mit Insulin der Person zu helfen - offenbar ist in weiten Kreisen der Bevölkerung ein mehr als gefährliches Halbwissen (gesammelt aus einschlägigen Fernsehserien) vorhanden. Hab dem Herren mal erklärt was ne Unterzuckerung bedeutet - der wusste das wirklich nicht genau.


    Habe mich vorher selber aus der Klinik entlassen - zuhause will mein Hund Futter bekommen und ich hab grad ne Masse Handwerker rund um Haus zu gange - da kann ich nicht in der Klink liegen.


    Weiss nicht ob ich die hilfswillige Person anzeigen soll - muss ich mir noch gut überlegen. Bin ja schon froh das ich rechtzeitig Hilfe bekommen hab - was für mich allerdings sehr nachteilig werden wird wenn der Vorfall der Führerscheinstelle bekannt werden soll.


    Grüsse Malte (grad mit 109 mg/dl)

  • Du machst ja Sachen, also nee :eek:.


    Wegen verklagen, ich mein, diese Person hats gut gemeint und ich sag mir immer wenn wir nicht "gezwungen" wären uns mit DM auszukennen dann wüssten wir höchstwahrscheinlich genauso viel, im Grunde also nix, wie andere auch und würden im Notfall evtl. genauso handeln, weil man es vielleicht mal so im Fernseh gesehen hat. Wenn Du Name von dieser Person hast, würd ich evtl. mal nen Brief schreiben was daran falsch war und aufklären.
    Er/sie wollte Dir sicher nix böses, sondern nur helfen, was andere nit mal probiert haben, dann dafür bestrafen? Ich weiss nicht. :o


    Musst Du aber für Dich selbst entscheiden.


    Sei das nächste Mal aber vorsichtiger. :6yes:

  • Ja schließ mich der Vorrednerin an.Aber du hast doch DM nicht seit gestern oder.?--Da muß man es doch rechtzeitig merken,wenn man in den Keller absackt.--Es ist ja auch einleuchtend wenn man Körperliche anstrengung hat und am werkeln ist,sofort absackt..Ich habe während der Arbeitszeit auch ratz fatz die Faktoren gesengt.--Na auf jeden Fall biste jetzt schlau draus geworden.--Hast ja Lehrgeld gezahlt..und weißt für die Zukunft bescheid...:6yes:

    LG: Christian...:rolleyes:

  • Klar war das dumm - aber ich merk immer weniger Anzeichen bei Unterzuckerung. Vor kurzem noch fröhlich auffem Dach rumgeturnt mit 38 mg/dl - zum Glück hatte ich genügend Traubenzucker in der Hosentasche.


    Und grad bei so heftigen Auflösungen ( nette Wohnung in bester Gegend, zig Leute (ca. 150 Interessenten), Gedrängel/Gewusel/Geschubse) versuch ich halt die besten Schnäppchen zu machen. Ich habs einfach überhaupt nicht gemerkt das ich schon wieder so tief runter war - schätz mal das ich um 30 mg/dl rum hatte. Kann ich wegen Ohnmacht net genau sagen - immerhin hab ich sehr gut eingekauft und kann mich über viele Bücher, feines Nymphenburger/Höchster und massig Weihnachtskram freuen :6yes: Vorher noch bissl gutes Silber gekauft und Sachen fürn Garten - war n typsiches Wochenende in den Schulferien wenn viele Menschen versuchen noch schnell Geld über Verkauf von Nachlassachen zu machen. Auto war hinterher mehr als voll - darf heut nochmals Sachen holen.


    Werd doch mal so ne Unterzuckerungsschulung anstrengen - leider bisher noch keine Person gefunden die mit Gehörlosigkeit zurecht kommt.


    Grüsse Malte

  • Noch überleg ich mirs was ich machen soll - Polizist hat halt gemeint das ich sie dafür belangen soll.
    Kann mir natürlich gut vorstellen das sie mir helfen wollte - aber gleich SO aktiv finds ich schon bissl eigenartig.
    Das ist ungefähr so wie wenn ich ne ohnmächtige Person ohne genaues Wissen um ihren Zustand mit Elektrostimulation zur Wiedererlangung der Herztätigkeit traktiere - für mich sehr wohl grenzwertig und deshalb bin ich beim überlegen.
    Versuche über einen Brief der eifrigen Helferin mal die Sachlage zu erklären - Frau ist im sozialen Bereich in der Kirchengemeinde tätig und sollte sich daher etwas besser mit so Sachen auskennen.


    Halbwissen halt :eek:

  • Ui..das ist wirklich heftig. Aber Tatsache ist, die Person wollte dir helfen. Das ist ihr hoch anzurechnen, auch wenn der Schuss nach hinten los ging.
    Was mir gleich als Gedanke kam....kann es sein, dass die Frau das Insulin mit der Glucagonspritze verwechselt hat? Ich weiß ja nicht, was du da für einen älteren Ausweis hast, steht da irgendwas vom Hypokit drauf?

    Ich gehe wirklich davon aus, dass sie es einfach verwechselt hat. Anzeigen würde ich die Frau nicht- zumal ich mir nicht denken kann, das es etwas bringt..im Gegenteil, in Zukunft würde diese Person niemandem mehr helfen wollen.

    Einen Brief an die Frau zu schreiben, finde ich eine gute Idee...

    Gruß,

    Jennifer

  • Glucagonspritze hab ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr dabei - meistens ist das MHD verfallen und ich habs entsorgt. :o Und im Ausweis steht nur das ich Diabetiker mit Insulinbehandlung bin - sonst nix weiter. Halt noch Rufnummer von meinem schon längst verflossenen Freund - Ausweis hab ich zu meinen Akten gelegt.


    Sicher wollte/will sie mir helfen - aber ich finds eigenartig das gleich zur Insulinspritze gegriffen wird. Und sie hat verwechslungsfrei das NovoRapid ausgesucht - Levemir war auch noch mit dabei. Daher geh ich davon aus das sie zumindest etwas Ahnung von der Sache hat - schreib heute abend ihr einen Brief und warte dann mal ab was sie dazu meint.
    Vielleicht war der Polizist auch etwas diensteifrig und "vorauseilend" - kann nicht sagen was ein österreichischer Gendarm für Dienstanweisung dazu hat.

  • Zitat von Silke9011;220629

    Ich bin mir nicht sicher, ob du diese Person überhaupt belangen kannst! Sie wollte "1. Hilfe leisten" ... hat aber dabei falsch gehandelt. Das zum einen. Zum anderen ist es so: Wenn jeder, der ne falsche 1. Hilfemaßnahme einleitet und den Patienten weiter schädigt, angezeigt wird, dann wundert es mich nicht mehr, das alle nur wegschauen! Ich möchte damit nur sagen: Es kann JEDEM Nichtmediziner passieren, das er (z. B. bei einem Unfall) das FALSCHE macht!!! Will man ihn dafür anklagen, das er überhaupt etwas gemacht und nicht weg gesehen hat?


    Eine Anzeigen wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) ist immer möglich, wenn jemand jemand anderen am Körper oder an der Gesundheit schädigt. Eine körperliche Misshandelung ist hier scheinbar nicht gegeben. Eine Gesundheitsbeschädigung ist das hervorrufen oder steigern eines pathologischen Zustands, dies scheint mir hier gegeben. Es handelte sich um eine Ohnmacht aufgrund niedriger Blutzuckerwerte und damit um eine Unterzuckerung. Wenn jemand dann noch Insulin injiziert, wird dieser pathologisch nachweisbare Zustand, gesteigert. Ergo die Gesundheitsverletzung wäre erfüllt. Die Tat muss allerdings auch rechtswidrig sein, bei einer fehlgeschlagenen Hilfeleistung ist laut Dreher/Tröndle (zugegeben sehr alte Auflage) eine fahrlässige Körperverletzung anzunehmen.


    Ergo ist eine Strafanzeige aufgrund von § 223 StGB möglich, allerdings würde ich mich nicht darauf verlassen, was Polizisten einem raten, das StGB kennen viele auch höchstens vom hören sagen.


    Ferner hast du noch einen zivilrechtlichen Anspruch nach § 823 BGB. Aufgrund dessen, kannst man materiellen und immateriellen Schaden verlangen. Selbstverständlich nur, wenn du einen materiellen Schaden hattest, der immaterielle wird, wenn der Richter ihn überhaupt zuspricht verschwindend gering sein.


    Allerdings finde ich es moralisch gesehen sehr fraglich, man möchte Bürger ja immer zum helfen überzeugen und wenn jeder sofort verklagt wird. Ist es natürlich eher eine abschreckung, andererseits kann es auch nicht sein, dass man alles verschlimmert.


    Nach der regelmäßigen Verjährung hast du 3 Jahre Bedenkzeit, ab Begehung der Tat.

  • Hallo Jan,


    Vorfall ist in österreichischen Raum (bei Salzburg) passiert und ich glaub mal das die Rechtsgrundlagen in Österreich ein wenig anders sind. Aber sicher ähnlich wie in D - wenn auch unter anderen Paragraphen abgelegt.


    Ich habe jetzt einen Brief für die Helferin ausformuliert und warte mal ab was sie dazu sagt.


    Grüsse Malte


  • Die Rechtsgrundlagen sind die selben, also das was ich geschrieben habe stimmt wahrscheinlich genauso. Ein Problem hast du nur, wenn die Österreicher sagen, dass bei einer fehlgeschlagenen Hilfeleistung keine Körperverletzung gegeben ist, aber das gibt der Sachverhalt nicht her, dafür war sie zu fahrlässig. Nur ist das dann eben nicht § 823 BGB, sondern irgendwas vor 500, weiß es aber nicht genau.

  • Zitat von Jan050986;220640

    dafür war sie zu fahrlässig.



    So fahrlässig kann sie gar nicht gehandelt haben.....
    Immerhin kannte sie sich mit dem Pen aus und wie kommt man auf 20 IE wenn man Fahrlässig handelt?

    Ralf

  • Zitat von RalfV;220641

    So fahrlässig kann sie gar nicht gehandelt haben.....
    Immerhin kannte sie sich mit dem Pen aus und wie kommt man auf 20 IE wenn man Fahrlässig handelt?


    Fahrlässig bedeutet ja nicht, nicht nachdenken.


    Nur wie berechnet man die IE's denn korrekt? Man misst den BZ und orientiert daran die IE's. Wenn man selber den Körper nicht kennt ist man eher noch ein wenig vorsichtiger, und 20 IE ist eine ganze Menge. Bei mir würde das den BZ, rein rechnerisch mit den Korrekturfaktoren um 1000 mg/dl senken. In dem Fall muss man auf jeden Fall Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar grobe Fahrlässigkeit annehmen. Dazu schweigt der Kommentar sich leider aus. Aber fahrlässig ist es in jedem Fall!!!

  • Zitat von RalfV;220641

    So fahrlässig kann sie gar nicht gehandelt haben.....
    Immerhin kannte sie sich mit dem Pen aus und wie kommt man auf 20 IE wenn man Fahrlässig handelt?


    Könnte mir das so erklären das Malte evtl. nit ganz weg war und vielleicht sowas gebrabbelt hat? Weiss man ja nicht genau?


    Oder er hat was bekommen das sie wollte und es war Absicht, kann man ohne Ende spekulieren denk ich mal.


    Wenn man mir aber wenn ich helfen wollte ne Klage anhängen würde, würd ich NIE wieder helfen, aber dann gibts ne Klage wegen unterlassener Hilfeleistung, also isses wohl wie man es macht immer falsch.

  • Zitat von Taube;220643

    Könnte mir das so erklären das Malte evtl. nit ganz weg war und vielleicht sowas gebrabbelt hat? Weiss man ja nicht genau?


    Oder er hat was bekommen das sie wollte und es war Absicht, kann man ohne Ende spekulieren denk ich mal.


    Wenn man mir aber wenn ich helfen wollte ne Klage anhängen würde, würd ich NIE wieder helfen, aber dann gibts ne Klage wegen unterlassener Hilfeleistung, also isses wohl wie man es macht immer falsch.


    Wir wollen der guten Dame mal nicht gleich Tötungsvorsatz unterstellen... das ist wohl ein bisschen hoch gegriffen. Das höchste was ich mir vorstellen könnte wäre, Dolus eventualis, also Eventualvorsatz.

  • Ich hab von der Sache nix weiter mitbekommen - kurz bevor ich zum Auto gelaufen bin fühlte ich mich wie in Watte gehüllt - und bin kurz darauf umgekippt. :o
    Sämtliche Sachen weiss ich von dem mich später besuchenden Beamten im Krankenhaus - der hat mir viel mitgeteilt. Unter anderem die Adresse der Helferin (wohnt im grenznahen Bereich auf der deutschen Seite) - und die Aussage der Helferin wird noch nachgereicht.


    Tötungsabsicht kann ich verneinen - kenne die Frau persönlich nicht. Am Rande bekannt weil in ihrer Region einige meiner Kunden leben und da sie ne "auffällige Erscheinung" ist...


    Werd zu gegebener Zeit berichten. Jetzt bring ich erstmal den Brief zur Post und dann seh ich weiter.


    Grüsse Malte

  • Eine Strafanzeige gegen diese Frau würde ich wohl auch nicht stellen, aber wenn ich mir Überlege, was gewesen wäre, wenn es eines meiner Kinder passiert wär, weiß ich nicht.
    Zum Glück ist ja nicht schlimmeres passiert.

    Habe mal im Krankenhaus von meinem Zimmerkollegen eine ähnliche Geschichte gehört.
    Er lag Ohnmächtig zuhause, seine frau rief den Notarzt und dieser sagte zu Sani: ziehen sie bitte Insulin auf....
    Seine Frau sagte ganz erschrocken: sie meinen doch wohl Glucagen???
    Achja.. natürlich.....

    nur wer mit einem Pen umgehen kann, sollte auch wissen was er damit anrichten kann.

    Ralf


  • In dem Fall wäre es auch sehr gut möglich, dass deutsches Recht anwendbar ist, neben dem österreichischen. Eine deutsche begeht eine Körperverletzung gegenüber einem deutschen.

  • Hallo Malte,


    blöde Geschichte!
    In erster Linie ist man immer für sich selbst verantwortlich.


    Ich würde, wenn möglich, mit der Frau ein persönliches Gespräch führen. Nur so ließe sich m. E. nach die Situation genau klären. Ausserdem könntest du auf diesem Wege Mißverständnisse über Diabetes aus der Welt räumen. Ich glaube schon auch, dass sie wahrscheinlich "nur" helfen wollte.
    Und sind wir doch mal ehrlich: Würden wir bei erster Hilfe echt alles richtig machen!?
    Sicher sollte man dann einfach nur kompetente Hilfe herbeiholen, aber in der entsprechenden Situation reagieren halt nicht alle richtig!

    Süsse Grüße von dolce!
    :love:




    "Ich kann, weil ich will, was ich muß"

    (Immanuel Kant)

  • Hi Malte , aus dieser Nummer kommste echt nicht ganz selbst raus . Wenn Du weist, dass Du Unterzuckerungsanzeichen nicht mehr so richtig merkst , müsstest Du noch grössere Vorsicht walten lassen . die hierfür geeigneten Massnahmen kannst /konntest Du ja nun wirkllich schon lesen .
    Auch wenn es natürlich bedauerlich ist , dass ein Gross unserer lieben Mitmenschen immer noch Diabetsmässig ungebildet ist,- sollte man selbst so informeiert sein , auch um diese Tatsache zu wissen und so dementsprechend zu re-agieren .
    Meiner Meinung nach kann natürlich jeder Fehler begehen , - es können jederzeit alle Fehler entstehen , doch sie sollten es in aller Regel nur einmal. Sonst wäre ja ein Lerneffekt nicht gegeben .
    Wir lernen aus unseren Fehlern ,- nicht lernen wir aus den Fehlern der Anderen . Konzentriere Dich doch einmal auf Dich selbst.
    Mut, Er-fahrungen und Willen wünsche ich Dir hierzu....
    LG
    Bodyguard


  • Da es sich hier nicht um einen theoretischen Lehrfall handelt, stellt sich mir die Frage, ob dieser Beitrag nicht schon in die Kategorie Rechtsberatung fällt?