Diabetiker wegen fahrlässiger Tötung freigesprochen

  • Aus SWR Studio Friedrichshafen Regionalnachrichten:

    Diabetiker wegen fahrlässiger Tötung freigesprochen

    Ravensburg. Das Landgericht Ravensburg hat heute einen 22jährigen Paketdienstfahrer vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Der Diabetiker hatte im Februar vergangenen Jahres einen Verkehrsunfall auf der B 12 zwischen Lindau und Isny verursacht, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen. Der Diabetiker hatte immer wieder beteuert, ihm sei aufgrund eines Unterzuckers am Steuer schwarz vor Augen geworden. Das Landgericht Ravensburg bestätigte ein erstinstanzliches Urteil des Amtsgerichts Wangen.

    Hier noch der Link dazu:http://www.swr.de/nachrichten/…id=1542/maq517/index.html

  • Zitat von Milchstraße;234906

    Heftig :eek:!


    Nein, die logische Konsequenz. In einem Rechtsstaat darf man nur bestraft werden, wenn ein Straftatbestand vor der Tat gesetzlich, schriftlich niedergelegt. So steht es in der Bundesdeutschenverfassung (Art. 103 Abs. 2 GG - ne bis in idem-Grundsatz).


    § 222 StGB selber verlangt ein "Tun" für die Begehung, das Tun ist dem Unterlassen ungleich. Ein Reflex beispielsweise ist auch kein tun. Wenn er also unterzuckert ist, legt dies sehr stark nahe, dass dies auf ein Unterlassen zurückzuführen ist. Somit scheidet im Grundsatz eine Bestrafung wegen § 222 StGB aus! Anders ist dies nur, wenn es eine spezielle Beziehung zwischen Täter und Opfer gibt, gemäß § 13 StGB muss eine "Garantenpflicht" bestehen. Das wäre der Fall, wenn Täter und Opfer, verwandt, befreundet, vorlebt, liiert, verheiratet, WG-Bewohner, etc. pp. wären. Dies wird hier auch sehr wahrscheinlich ausscheiden.


    Insofern war es dem Gericht unmöglich, den Beschuldigten wegen § 222 StGB zu verurteilen.


    Finde ich also nur gerechtfertigt!

  • Zitat von sera;234939

    Der Führerschein ist aber unwiderruflich weg oder?


    Ist sehr wahrscheinlich, es ist einem nicht erlaubt ein KFZ zu führen ohne fahrtüchtig zu sein. Wenn dies objektiv gesehen nicht der Fall war, dann hat das selbstverständlich Konsequenzen. Wobei unwiderruflich geht natürlich nicht.


    Lebenslange Strafen sind in Deutschland nicht zulässig, so das BVerfG (BVerfGE 45, 187), dies verstoße gegen die Verfassung. Es muss immer eine Möglichkeit geben, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen zu werden (darum ging es in der Entscheidung) und das lässt sich, zumindest ist das meine Auffassung, sehr gut auf den Fall übertragen. Nur muss der Schädiger dann nachweisen, dass eine derartige Schädigung nicht wieder auftreten kann.



    Zitat von Fünfuhrtee;234956

    Das hoffe ich und sage es als Betroffener mit voller Überzeugung!


    Naja man muss das mal relativ sehen. Alkoholikern, die ja ohne Frage nicht fahrtüchtig sind, wird der Führerschein immer nur für eine sehr kurze Zeit entzogen. Selbst bei Wiederholungstätern ist der Entzug nicht sonderlich lange.


    Sicherlich muss man die Bevölkerung vor Schädigungen durch andere schützen, aber dann eben gleiches Recht für alle.

  • Zitat

    Ist sehr wahrscheinlich, es ist einem nicht erlaubt ein KFZ zu führen ohne fahrtüchtig zu sein. Wenn dies objektiv gesehen nicht der Fall war, dann hat das selbstverständlich Konsequenzen. Wobei unwiderruflich geht natürlich nicht.



    Danke Jan, für Deine Ausführungen.

    Zum Glück ist hier der Staat ein wenig mehr gerecht als mancher User hier. Wie kann man sich denn nur wünschen, dass ein 22jähriger Berufsfahrer wegen einer Hypo unwiderruflich seinen Führerschein verliert, während Alkoholiker vielleicht gerade mal ein Jahr aussetzen müssen? Weiß jemand von Euch, wie der junge Mann mit seinem Diabetes in 5 Jahren umgeht? Oder wie eine Diabetesbehandlung in 10 oder 20 Jahren aussieht? Geurteilt ist schnell, das Nachdenken dauert immer ein wenig länger.

    Es ist schlimm was passiert ist. Ich habe auch schon bei einem Verkehrsunfall einen Menschen wegen einer dummen Unachtsamkeit verletzt und weiss deshalb, wie schnell ein Fahrfehler im Raum steht. Soll ich deshalb auch eine lebenslange Strafe bekommen?

  • Ich denke mal die Schuld die er durch den Tod zweier Menschen auf sich geladen hat wird ihm sein ganzen Leben wohl nachhängen. Es ist, wie Jan schon richtig auführte, klar das er nicht wg. fahrlässiger Tötung verurteilt werden konnte.

    Was seinen Führerschein betrifft wirds komplizierter. Mit Sicherheit ist der geraume Zeit weg, und wenn er ihn wiederbekommt wird das wohl einschneidende Einschränkungen mit sich bringen (engmaschige Überwachung seines Gesundheitszustandes mit Führen von entsprechenen medizinischen Nachweisen). Das "dauerhaft für die Teilnahme am Strassenverkehr ungeeignet" sehe ich eigentlich nur bei Mehrfachtätern die Verkehrsstraftaten mit Vorsatz begehen. Da ist der Schein allerdings auch ganz weg, für immer.

    Life's too short not to live it as a Texan...

  • Moin,

    auch wenn der junge Mann wegen der fahrlässigen Tötung freigesprochen wurde, wird ihm die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis mit Sicherheit entziehen, da er wegen des DM mit schwerer Hypo ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist.
    Es kann dann für ihn ein sehr langer, steiniger und auch teurer Weg werden, nachzuweisen daß diese Problematik nicht mehr besteht (lange genaue Blutzuckerführung und Gutachten durch einen Verkehrsmediziner).

    Auch Alkoholtäter bekommen die Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist durch das Gericht (z.B. 1 Jahr) ja nicht wieder sonder müssen dann durch die berühmte MPU (Idiotentest) nachweisen, dass dieses Problem nicht mehr besteht, was sehr schwierig ist und vielen nicht gelingt (ich hab meinen Führerschein noch).

    Lg Jens-Peter

    Lg Jens-Peter