Trainingsbedingte Anstiege unter Levemir?

  • Anfang letzter Woche bin ich von Protaphane auf Levemir umgestellt worden.
    Nach 1,5 Tagen Hypo und einer reduzierung der vorgeschlagenen Einstiegsdosen klappt es seit letzter Woche Mittwoch eigentlich mit den Werten gut. Die nüchternen Werte liegen zwischen 5 und 6,5 mmol/l (nachts 4-5) aber mit Sport bin ich jetzt doch etwas verunsichert.


    Ich habe seit Mitwoch dreimal trainiert, 1 bis 1,5 Stunden, so wie sonst auch. Laut Pulsuhr verbrauche ich 500-650 kCal pro Training.
    Unter Protaphane musste ich eigentlich immer 2 KE nur für das Training einplanen (eine davor eine danach), weil ich beim Training bis auf wenige Ausnahmen immer abgesackt bin. Bis jetzt unter Levemir steigt mein Blutzucker immer an, gestern von 6 auf 10,2.
    Eigentlich ist es ja praktisch, dass mein Blutzucker nicht absinkt, aber bisher mußte ich noch nie(!) Extra Insulin nach dem Training spritzen.
    Wie geht/ging es Euch so mit Levemirbeim Sport?


    Da ich letze Woche meine Protaphane Dosis 1:1 gegen Levemir wechseln sollte, bin ich mir nicht sicher ob die Basis 100% hinhaut. Aber als ich die ersten Dosen Levemir gespritzt hatte, waren meiner Werte zwischen 1,8 und 3, da dass ja nicht das Ziel sein kann, habe ich meine beiden Levemir Dosen um 3 Einheiten reduziert, damit liege ich jetzt aber unter der Menge die ich an Protaphane gebraucht habe um die Basis zu regulieren. eigentlich ist der Bedarf unter Levemir aber bei den meisten ja höher? Aber bei werten um 5,5 müßte die Basis ja eigentlich stimmen. Grübel. Hat hier irgendjemand Erfahrungen?

  • Vorab: Ich hab keine Ahnung ob meine Erfahrungen hier überhaupt was zählen (Remission und so). Bei mir war es allerdings so, dass ich sehr wohl beim Sport essen musste, solange ich das Levimir gebraucht hab (inzwischen fahre ich dank der Remission komplett ohne Basal wunderbar). Das kann bei mir aber auch an der Eigenproduktion gelegen haben.

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  • Ich brauchte auch weniger Levimir als Protaphane. Beim Sport musste ich jenachdem was ich gemacht habe (Ausdauer oder Kraftsport) was Essen oder Spritzen. Aber bei dir ist das wahrscheinlich der gleiche Sport wie vorher, oder?

  • Zitat von Miah;300681


    Laut Pulsuhr verbrauche ich 500-650 kCal pro Training.


    Das wären wohl, energiemäßig und in KE ausgedrückt, 12,5 bis >15?
    Anders gerechnet, bis zu 72g Fett?
    Das wären dann schon recht anspruchsvolle Trainingseinheiten, glaube ich. :yes:

    Zitat

    Unter Protaphane musste ich eigentlich immer 2 KE nur für das Training einplanen (eine davor eine danach), weil ich beim Training bis auf wenige Ausnahmen immer abgesackt bin.


    Da wäre wohl die Frage der jeweiligen Insulinwirkkurven zu sichten. Und nun. Bei Levemir musstest Du ja auch Insulin rausnehmen.
    Somit dürfte die Basis unter NPH wohl ziemlich vollfett gewesen sein? Haben sich die BE-Faktoren unter Levemir auch geändert?

    Zitat

    Eigentlich ist es ja praktisch, dass mein Blutzucker nicht absinkt, aber bisher mußte ich noch nie(!) Extra Insulin nach dem Training spritzen.


    Mache Dir mal klar, wieviel Insulinwirkung zu den Sportzeiten unter Protaphane im System war und wieviel nun unter Levemir. Also Wirkkurven abschätzen und bei Levemir vor allem auch die Bolus(rest)wirkungen beachten.

    Zitat

    Wie geht/ging es Euch so mit Levemir beim Sport?


    Das ist wohl weniger die Frage von Levemir, sondern mehr die Frage verfügbarer Insulinwirkung an Rezeptoren, bzw. in den Zellen.

    Zitat

    Aber bei werten um 5,5 müßte die Basis ja eigentlich stimmen. Grübel.


    Aber sie muss unter Levemir (=abgesenkte Insulinmenge) nicht mehr ausreichend sein, um Stressfaktoren auch noch abzufangen.

    Zitat von elada80;300687

    Ich brauchte auch weniger Levimir als Protaphane. Beim Sport musste ich jenachdem was ich gemacht habe (Ausdauer oder Kraftsport) was Essen oder Spritzen.


    Ausdauer = aerobe Belastung. Energie wird bevorzugt aus Glucoseverbrennung gewonnen.
    Krafttraining = anaerobe Belastung
    Es kommt zu einer säurelastigen Energiegewinnung (hier insbesondere Lactat). Da im sauren Milljöh dann auch die Glucoseutilisation gehemmt wird (z.B. elektr. Polung der Hexokinase), gibt es nachher erst mal eine Resistenzauswirkung.
    Insbesondere, wenn das Lactat nicht mit einer ausreichenden, aeroben Schlusssequenz des Trainings weggeputzt wird (Auslaufphase).


    Teupe meinte da noch, dass Lactat WH (Wachstumshorm) triggert, so dass es im ungünstigen (Insulinmangel)Fall auch noch zu einer relativ nachhaltigen WH-Resistenz kommen könne. Na ja. Soweit zu finden, triggert WH ja selbst Insulin, wenn das (noch) möglich ist. Insulin triggert IGF-1. Stellt sich die Frage, ob eine WH-Resistenz durch WH alleine oder durch WH + IGF-1 Mangel produziert wird.
    Das ist wohl eher eine Frage an die medizinische Fachabteilung, Abteilung Endo, Unterabteilung Sportmedizin?


    Gruß
    Joa

  • Hallo Joa,


    vielen Dank für die schnelle, detaillierte und informative Antowrt.
    Du hast Recht, ich habe die ganze Biochemie beim Sport völlig außer Acht gelassen, und nur über das neue Insulin nachgedacht...

    Zitat

    Somit dürfte die Basis unter NPH wohl ziemlich vollfett gewesen sein? Haben sich die BE-Faktoren unter Levemir auch geändert?



    Yepp, war sie. Hatte mit Protaphane aber immer große Probleme mit den Schwankungen. Auch mit verschiedenen Versuchen das Spritzschema zu optimieren und drei (vier mit Extra NR am Morgen...) Injektionen wars Morgens zuwenig Insulin, Mittags zuviel, Nachmittags und Abends einigermassen ok und Nachts wieder zuviel... Die BE Faktoren habe ich erstmal beibehalten, und die scheinen auch noch einigermaßen hinzukommen, aber es dauert länger, bis die Werte wieder im Normbereich sind, allerding kommt manchmal trotzdem nach vier Stunden ne Hypo. Hatte ich unter Protaphane so nicht, aber da ich dass ja nicht zu den Essenszeiten gespritzt habe, war es ja auch oft nicht besonders doll am wirken, außer Mittags, wo ich dann 1-2 KE in die Basis futtern konnte. Da machen sich die unterschiedlichen Wirkprofile auch bemerkbar. Was auf jeden Fall nicht mehr stimmt sind die Korrekturfaktoren. Habe aber noch nicht genau raus, wie stark sie sich verändert haben, da ich mich glaube ich erst noch ein bischen auf meine neuen Basaldosen einpendeln muß und ich letzte Woche als ich ein CGM hatte zweimal die Dosis ändern mußte...

    Zitat

    Laut Pulsuhr verbrauche ich 500-650 kCal pro Training.
    Das wären wohl, energiemäßig und in KE ausgedrückt, 12,5 bis >15?
    Anders gerechnet, bis zu 72g Fett?
    Das wären dann schon recht anspruchsvolle Trainingseinheiten, glaube ich. :yes:



    Ich hoffe! Ich schaffe es nur dreimal in der Woche zu trainieren, und dann soll es sich ja auch lohnen :D
    Also im Schnitt verbrauche ich so 25% der Energie aus Fett (laut Pulsuhr...).
    Das währen also so 14- 18g Fett, der Rest kommt also woanders her. Die Belastungsintensität kann ich nicht so genau einschätzen, aber einige Abschnitte des Trainings absolviere ich auf jeden Fall über 80% der maximalen Pulsrate, also anaerob).
    Da ich keine Extra BEs futtere, kann der Blutzuckeranstieg also auch zum Teil von einer verstärkten hepatischen Glykogenolyse kommen, die unter Protaphane so nicht zu sehen war, wegen dem anderen Wirkungsprofil.

    Zitat

    Es kommt zu einer säurelastigen Energiegewinnung (hier insbesondere Lactat). Da im sauren Milljöh dann auch die Glucoseutilisation gehemmt wird (z.B. elektr. Polung der Hexokinase), gibt es nachher erst mal eine Resistenzauswirkung.
    Insbesondere, wenn das Lactat nicht mit einer ausreichenden, aeroben Schlusssequenz des Trainings weggeputzt wird (Auslaufphase).



    Die gehemmte Hexokinaseaktivität durch den gesteigerten intrazellulären Gkykogenabbau kann diesen Effekt scheinbar verstärken, da die freie Glukose aus den Zellen austreten kann, wenn sie nicht phosphoyliert werden kann. Mmmh, ich sollte wirklich noch mal meine Stoffwechsel- und Biochemie-Bücher rauskramen... Naja, aber auch ein Cool-Down wird dies wahrscheinlich nicht so schnell kompensieren (und leider habe ich nicht genug Zeit die Phase noch zu verlängern...).

    Vielen Dank auf jeden Fall, jetzt fängt das an Sinn zu machen...

  • Hi,

    Zitat von Miah;301099

    Vielen Dank auf jeden Fall, jetzt fängt das an Sinn zu machen...


    Kein Grund zur Ursache... ;)


    Bevor man sich da in ein biochemisches Studium stürzt, denke ich, dass einfaches Beobachten und entsprechende Reaktion unaufwenig und effektiv ist.
    Wenn sich die Verläufe so reproduziert einstellen, wäre halt eine entsprechende Insulindosis vorgehend dem Sport eine der Möglichkeiten.
    Alternativ halt die nachgehende Korrektur.


    Das kannst Du davon abhängig machen, ob Du denkst, unter der etwas knappen Basalwirkung gut leistungsfähig zu sein. Ich vermute mal, dass Dich der Mangel nicht erkennbar beeinträchtigt hat? Falls Du auch noch am Körpergewicht arbeitest, dann wäre wohl die nachgehende Korrektur das zweckdienliche Verfahren (je knapper das Insulin, desto höher der Energieanteil aus Fettverbrennung)? Solange keine nachhaltigen Resistenzen entstehen, sollte das auch keine Probleme machen.
    Falls die Resistenzen (zähe Insulinwirkung) nachgehend so 6-9 Stündchen wirken, wäre über einen Insulinmangel für lactatgetriggertes WH zu spekulieren. Das wäre dann vorher zusätzlich zu insulinieren, sollte aber kaum auf den Glucoseverbrauch durchschlagen. Zumindest in der von mir gebastelten, natürlich grauen Theorie. :p


    Gruß
    Joa

  • Nach dem Training hatte ich kein Problem mit einer Insulinresistenz, die Korrektur hat zumindest beim letzten Mal gut angeschlagen. Auch Nachts waren die Werte etwas niedriger als an meinen Trainigsfreien Tagen, zumindest sieht es vorerst so aus. Mit den acht Datensätzen, die ich bis jetzt habe, ist die Auswertung ja nur bedingt zuverlässig.
    Ein Problem mit der Leistungsfähigkeit unter dem ja wahrscheinlich geringeren Insulinspiegel hatte ich auch nicht, im Gegenteil, eigentlich haben sich die letzten Trainingseinheiten in der Hinsicht sehr gut angefühlt, eigentlich hatte ich seit Diagnose nicht mehr so viel Energie beim Training :9engel_3:


    Das einzige Problem ist dann nur mein innerer Schweinehund, nämlich das ich ihn nicht bei jedem Training zuverlässig in die Knie zwingen kann. Eine Extra Dosis Insulin zu Begin des Trainings ist also so eine Sache, falls ich nicht intensiv genug trainiere um in anaeroben Bereich zu liegen, wäre das wieder Kontraproduktiv.
    Naja, erstmal noch zwei drei Einheiten beobachten und sehen wie stark die Werte tatsächlich im Durchschnitt steigen. Zum Glück bekommen ich übernächste Woche noch einmal ein CGM für acht Tage, da kann ich dann die Entwicklung im Training besser sehen und vielleicht noch einmal ein paar Sachen ausprobieren, wie zum Beispiel eine vorsichtig bemessene Insulingabe (um zumindest nicht von 6 auf 11 zu steigen ohne KEs zu futtern...).

  • Zitat von Miah;301140

    Nach dem Training hatte ich kein Problem mit einer Insulinresistenz, die Korrektur hat zumindest beim letzten Mal gut angeschlagen. Auch Nachts waren die Werte etwas niedriger als an meinen Trainigsfreien Tagen ...


    Na, ist doch alles in bester Butter vorerst. :D

    Zitat

    Ein Problem mit der Leistungsfähigkeit unter dem ja wahrscheinlich geringeren Insulinspiegel hatte ich auch nicht, im Gegenteil, eigentlich haben sich die letzten Trainingseinheiten in der Hinsicht sehr gut angefühlt, eigentlich hatte ich seit Diagnose nicht mehr so viel Energie beim Training :9engel_3:


    Könnte daran liegen, dass die Energiegewinnung aus Fettsäuren durch den niedrigeren Insulinspiegel deutlich effektiver war.

    Zitat

    Eine Extra Dosis Insulind zu Begin des Trainings ist also so eine Sache, falls ich nicht intensiv genug trainiere um in anaeroben Bereich zu liegen, wäre das wieder Kontraproduktiv.


    Nu, lass sie einfach weg und denke erst dann drüber nach, wenn der BZ nach dem Training schwer zu bändigen ist.

    Zitat

    Naja, erstmal noch zwei drei Einheiten beobachten und sehen wie stark die Werte tatsächlich im Durchschnitt steigen ... und vielleicht noch einmal ein paar Sachen ausprobieren ...


    Mach mal.

    Zitat

    ... wie zum Beispiel eine vorsichtig bemessene Insulingabe (um zumindest nicht von 6 auf 11 ohne KEs zu steigen ohne zu futtern...).


    Nun ja, aber so eine temporäre 11(mmol/l) auf dem Tacho ist ja kein wirkliches Problem, wenn das Training top war. :6yes:


    Gruß
    Joa