BZ-Einstellung vor und während der Schwangerschaft

  • Hallo allerseits!


    Ich benötige mal Rat, Ideen und/oder gerne eure Erfahrungen zum Thema BZ-Einstellung während der Schwangerschaft und auch in der Phase der Schwangerschaftsplanung. Es wäre toll, wenn mir da jemand ein wenig helfen könnte.
    Sorry schon mal, dass das jetzt ein langer Beitrag wird. Ich hoffe, es nimmt sich trotzdem jemand die Zeit.



    Folgende Situation:
    Mein Mann und ich wünschen uns ein Kind. :love:
    Ich bin jetzt 32 Jahre und möchte auch wirklich nicht mehr lange warten, weil man ja nie weiß, wie leicht/schwer man schwanger wird und weil wir uns auch eigentlich noch ein 2. Kind wünschen würden, wenn es klappt. Ich bin schon jetzt voller Vorfreude auf die Zeit. :love:



    Meine Schwierigkeit ist:
    Ich bin erst seit Juni 2016 T1-Diabetikerin und noch in der Remissionsphase. Außerdem ist mein Körper ein totales Sensibelchen und reagiert auf viele Faktoren wie Bewegung, Temperatur etc. immer eher stark. Das macht mir die BZ-Einstellung schwer, vor allem in Bezug auf die Zielwerte in der Schwangerschaft.


    Ich spritze nur 2 IE Basalinsulin (Toujeo) und selbst wenn ich gar keinen Bolus spritze, lande ich vor der nächsten Mahlzeit bei einem guten BZ zwischen 80 und 120. Mein Nüchternwert liegt (je nach Aufstehzeit) zwischen 85 und 120 md/dl. ABER die 2 – 3 Stunden direkt nach der Mahlzeit sind zu hoch.
    Ohne Bolus ist der Peak ca. bei 250 mg/dl bei einer ausgewogenen Kost, also schon gesund und mit eingeschränktem KH-Anteil (3 – 4 KE).


    Mit Bolus sieht es so aus:
    - Ich spritze Novorapid und probiere mit Spritz-Ess-Abständen rum (so bis 20 Minuten)
    - KE-Faktoren: morgens 1,8; mittags 1,0; abends 1,5
    - Dennoch sind die pp-Werte nach 1 und 2 Stunden noch zu hoch (oft so um die 170 mg/dl), und danach rausche ich dann die nächsten 2 – 3 Stunden relativ stark ab, je nach Bewegung meistens auf um die 70 mg/dl oder tiefer, wobei ich nicht „ausgetestet“ habe, wie tief, weil ich
    dann meistens 1 - 2 Traubenzucker esse.



    In der Dia-Praxis sagen sie, die Spitzen wären nicht so schlimm und ich könne ruhig schwanger werden (HbA1c = 6,5 und das Quartal davor 6,8 ), aber ich sehe das nicht so und möchte das erst noch besser in den Griff bekommen.
    Daraufhin wurde mir geraten, den Bolus noch weiter zu erhöhen und das Basalinsulin so zu belassen, weil die Gefahr von Unterzuckerungen sonst zu hoch werden würde.



    Fragen:
    Wie würdet ihr das handhaben? Weiter den Bolus erhöhen, auch wenn das Verhältnis zwischen Basal und Bolus ungewöhnlich ist (wahrscheinlich aufgrund der Remissionsphase) und auch dadurch Unterzuckerungen drohen?


    Habt ihr in der Schwangerschaft bei zu hohen pp-Werten dann bereits 1 bzw. 2 Stunde nach der Mahlzeit korrigiert, auch wenn dann ggf. eine Doppelwirkung auftritt?


    Habt ihr längere SEA angewendet? (Davon wurde mir abgeraten wegen UZ-Gefahr, aber auch weil das Wirkmaximum dann zu schnell vorbei ist.)


    Könnte es was bringen, den Bolus zu splitten?



    Leider wird mir derzeit keine Pumpe genehmigt, da meine Werte zu gut sind (immerhin habe ich neuerdings das Freestyle Libre). Wir wollen dann aber den Antrag für eine Pumpe stellen, sobald ich schwanger bin. Ich weiß aber gar nicht, ob ich mich traue die Verhütung abzusetzen, solange ich die Werte nicht entsprechend gesteuert bekomme.


    Vielleicht mach ich mich zu verrückt, keine Ahnung… ich möchte einfach alles dafür tun, mein hoffentlich zukünftiges Würmchen zu schützen.


    Ich wäre wirklich dankbar für Erfahrungen, Tipps und Ideen!



    Viele liebe Grüße von der noch nicht ganz hibbelnden Haferflocke :)

  • Zuerst kurz wegen der Pumpe: mir wurde beim Antrag gesagt letztes Jahr, dass ich angeben soll eine Schwangerschaft zu planen, obwohl das damals nicht anstand, weil die Chancen einer Ablehnung dann wesentlich geringer sind. Was spricht dagegen es trotzdem zu versuchen, mit genau dem Kinderplanungsargument? Mehr als "nein" werden die nicht sagen..


    Meine Remissionsphase ist schon Ewigkeiten her, deshalb halten sich meine "Erfahrungen" damit in Grenzen, dass eine Einstellung da schwierig ist, ist aber logisch. In der Schwangerschaft ändert sich das allerdings auch andauernd wieder, ich hantiere gerade etwa jeden zweiten Tag an meiner BR rum und passe meine Boli an die Mahlzeiten an, kann auch sein dass die zum gleichen Zeitpunkt bei anderen Lebensmitteln höher oder tiefer sind, außerhalb der ** mache ich das auch nicht.. :whistling:


    Mit den Korrekturen nach dem Essen mache ich auch unterschiedlich, ich lasse da die Lebensmittel und den Tagesverlauf (viel oder wenig Bewegung, Hypos etc) in die Entscheidung mit einfließen. Manchmal klappt es, manchmal nicht :S Leider sind das Dinge die man auch schon mal ausprobieren muss, auch wenn es nicht einfach ist, tue ich mich auch sehr schwer mit..


    Wenn dein BZ erst ansteigt und dann sinkt nach dem Essen, ist das normalerweise ein Zeichen dafür dass erst die KH und später die Insulinwirkung "kommt". Hast du mal probiert den SEA zu verkürzen? Es ist auch hier leider erstmal ein Probieren.


    Grundsätzlich musst du es für Dich entscheiden, ob du meinst dass du dich mit dem DM schon sicher genug fühlst dich in eine ** zu stürzen, denn einfacher wird das nicht, im Gegenteil. Der BZ macht sehr häufig das was er will und fast nie das, was du eigentlich erwartest. Ich habe manchmal das Gefühl ich verzweifel, wenn es wieder nicht läuft wie es sollte.


    Auf der anderen Seite bekommen auch T1 Patientinnen ungeplant gesunde Kinder, wo die Einstellung vorher und während vielleicht nicht gepasst hat, auch da steckt man nicht drin. Vielleicht machst du dich zusätzlich im Netz und im Gespräch mit DiaDoc und Gyn einfach schon mal schlau was dich da wahrscheinlich erwartet. Je mehr Du weißt, desto mehr kannst du in deinen Entscheidungsprozess einfließen lassen.

  • Habt ihr in der Schwangerschaft bei zu hohen pp-Werten dann bereits 1 bzw. 2 Stunde nach der Mahlzeit korrigiert, auch wenn dann ggf. eine Doppelwirkung auftritt?

    Ja, soweit ich mich erinnere hab ich das schon gemacht und dann bei Bedarf noch nachgegessen.

    Habt ihr längere SEA angewendet? (Davon wurde mir abgeraten wegen UZ-Gefahr, aber auch weil das Wirkmaximum dann zu schnell vorbei ist.)

    Ja hab ich, ev. könntest du das vorsichtig probieren - wenn die pp-Werte erst zu hoch sind und du dann nach unten rauscht sieht es schon so aus als würde das Insulin etwas zu spät wirken.

    Leider wird mir derzeit keine Pumpe genehmigt, da meine Werte zu gut sind (immerhin habe ich neuerdings das Freestyle Libre). Wir wollen dann aber den Antrag für eine Pumpe stellen, sobald ich schwanger bin. Ich weiß aber gar nicht, ob ich mich traue die Verhütung abzusetzen, solange ich die Werte nicht entsprechend gesteuert bekomme.

    Ich habs auch so gemacht wie Scarlett - die Indikation für die Pumpe war "Kinderwunsch" obwohl der zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so konkret war, ich hatte damals aber einen grottigen HbA1c und es war klar dass wir nicht sofort starten werden.
    Und sobald du dann weißt dass du schwanger bist ist die Motivation nochmal ein Stück größer und der HbA1c sinkt quasi automatisch, und du klingst jetzt schon sehr diszipliniert im Umgang mit deinem DM. (Spitzen von 170 pp finde ich unschwanger nicht unbedingt soo schlimm.) Also ich würd jetzt die Pumpe beantragen und über die Beendigung der Verhütung nachdenken.


    Auch meine Remission ist schon lange her - ich könnte mir vorstellen dass dir durch die noch vorhandene BSD-Restaktivität schlimme Berg- und Talfahrten des BZ erspart bleiben, könnte in der Schwangerschaft ein Vorteil sein.
    Versuch aber bitte dich nicht schon jetzt bzw. dann in den ersten Schwangerschaftswochen verrückt zu machen (ich weiß, das sagt sich so leicht...), denn gerade am Anfang ist oft das Werte- und Unterzuckerungschaos groß, wie sehr man sich auch bemüht.
    Also, ich wünsche fröhliches Planen :blush: !

  • Hallo ihr 2!
    Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten!


    Ich werde mir mal für Januar einen Termin bei der Dia-Ärztin vereinbaren und sie nochmal auf den Antrag für die Pumpe ansprechen. Den letzten Termin hatte ich bei der Beraterin, die hat dann kurz mit der Ärztin Rücksprache gehalten und mir ausrichten lassen, dass das momentan aussichtslos sei, weil die Werte zu gut seien. Ich hab halt auch zum Glück (bisher noch) kein Dawn-Phänomen, auch keine nächtlichen Unterzuckerungen, die einzige Schwierigkeit sind tatsächlich die pp-Werte.
    Aber ich werde trotzdem nochmal nachfragen.


    Normalerweise würde ich pp-Werte um die 170 mg/dl jetzt auch nicht dramatisch finden (nicht gut, aber halt auch nicht dramatisch), aber ich versuche halt zu simulieren, wie ich mich in einer Schwangerschaft verhalten müsste. Auch wenn sich da ja offensichtlich sehr vieles immer wieder ändert. Ich denke auch, mit Absetzen des Nuvarings ändert sich wahrscheinlich auch nochmal was. Das wird eine spannende Zeit.



    Mit den Korrekturen nach dem Essen mache ich auch unterschiedlich, ich lasse da die Lebensmittel und den Tagesverlauf (viel oder wenig Bewegung, Hypos etc) in die Entscheidung mit einfließen. Manchmal klappt es, manchmal nicht Leider sind das Dinge die man auch schon mal ausprobieren muss, auch wenn es nicht einfach ist, tue ich mich auch sehr schwer mit..

    Ja, ums Ausprobieren kommt man tatsächlich nicht herum. Leider habe ich oft den Eindruck, dass sich da nicht zwangsläufig irgendwelche Regelmäßigkeiten feststellen lassen. Teilweise natürlich schon, ich protokolliere auch sehr viel, um Muster zu erkennen, aber ich finde die Ergebnisse oft nicht eindeutig.


    Vermutlich muss ich mich da "einfach" dran gewöhnen und gelassener werden. Und im Zweifel mal mehr spritzen und - wenn nötig - eine kleine Zwischenmahlzeit einschieben. Ist ja - sachlich betrachtet - eigentlich nicht das Thema. Ich denke, mir spielen da eher die Emotionen einen großen Streich: die Angst, etwas falsch zu machen und vor Kontrollverlust... :S



    Wenn dein BZ erst ansteigt und dann sinkt nach dem Essen, ist das normalerweise ein Zeichen dafür dass erst die KH und später die Insulinwirkung "kommt". Hast du mal probiert den SEA zu verkürzen? Es ist auch hier leider erstmal ein Probieren.

    Also, bisher habe ich eigentlich fast alles von gar kein SEA bis 1,5 Stunden SEA ausprobiert. Allerdings vor allem morgens. Auch da hat sich der BZ-Verlauf bei gleichen Gegebenheiten oft unterschiedlich verhalten. Die Dia-Praxis sagte, diese sehr langen Abstände soll ich besser lassen, ich würde mich damit zu sehr an niedrige Werte gewöhnen. Im Endeffekt hat sich der Anstieg auch nur verschoben, ging also niedriger los, aber der eigentliche Anstieg war fast identisch und das Loch ein paar Stunden später kam trotzdem. Ich vermute, da setzt leider die Restproduktion verspätet ein.



    Grundsätzlich musst du es für Dich entscheiden, ob du meinst dass du dich mit dem DM schon sicher genug fühlst dich in eine ** zu stürzen, denn einfacher wird das nicht, im Gegenteil. Der BZ macht sehr häufig das was er will und fast nie das, was du eigentlich erwartest. Ich habe manchmal das Gefühl ich verzweifel, wenn es wieder nicht läuft wie es sollte.

    Das glaub ich dir. Es ist ja die eine Sache, wenn sich die Einstellung unberechenbar anfühlt, wenn man das nur mit sich selbst ausmacht, und eine andere, wenn du dann Sorgen um dein Baby hast. Man liest zwar überall, dass das in der SS "normal" ist und dem Kind kurzfristige Spitzen nicht schaden, aber deine Sorge/Verzweiflung kann ich trotzdem verstehen. Ich wünsche dir da echt ganz viel Kraft und vor allem, dass du die Schwangerschaft auch genießen kannst und natürlich ein gesundes Baby zur Welt bringst.



    Zitat von »Haferflocke«




    Habt ihr in der Schwangerschaft bei zu hohen pp-Werten dann bereits 1 bzw. 2 Stunde nach der Mahlzeit korrigiert, auch wenn dann ggf. eine Doppelwirkung auftritt?
    Ja, soweit ich mich erinnere hab ich das schon gemacht und dann bei Bedarf noch nachgegessen.

    Ok, das ist gut zu wissen, danke!


    Und sobald du dann weißt dass du schwanger bist ist die Motivation nochmal ein Stück größer und der HbA1c sinkt quasi automatisch, und du klingst jetzt schon sehr diszipliniert im Umgang mit deinem DM. (Spitzen von 170 pp finde ich unschwanger nicht unbedingt soo schlimm.) Also ich würd jetzt die Pumpe beantragen und über die Beendigung der Verhütung nachdenken.

    Darauf hoffe ich auch. Ich finde auch, dass ich schon relativ diszipliniert bin. Ich möchte mich einfach einigermaßen sicher fühlen, um dann auf die Schwankungen und auch die straffen Zielbereiche in der Schwangerschaft nicht mit totaler Panik zu reagieren. Aber natürlich ist da noch Luft nach oben.


    Auch meine Remission ist schon lange her - ich könnte mir vorstellen dass dir durch die noch vorhandene BSD-Restaktivität schlimme Berg- und Talfahrten des BZ erspart bleiben, könnte in der Schwangerschaft ein Vorteil sein.
    Versuch aber bitte dich nicht schon jetzt bzw. dann in den ersten Schwangerschaftswochen verrückt zu machen (ich weiß, das sagt sich so leicht...), denn gerade am Anfang ist oft das Werte- und Unterzuckerungschaos groß, wie sehr man sich auch bemüht.
    Also, ich wünsche fröhliches Planen !

    So habe ich das noch gar nicht gesehen. Es kann natürlich tatsächlich sein, dass die Restaktivität dann ein wenig ausgleichend wirkt. Das wäre ja sehr schön.
    Aber ja, im Endeffekt ist mir klar, es ist nicht alles planbar und kontrollierbar. Ich muss mich davon noch etwas frei machen.



    Ein bisschen Vorlauf und Vorbereitung steht noch an. Ich werde diese Woche noch geimpft und soll danach dann eh noch mindestens 4 Wochen warten bis ich die Verhütung absetze. In der Zeit wird noch ein bisschen gelesen (hab mir gestern noch ein E-Book zu dem Thema gekauft) und hoffentlich bekomme ich auch noch ein bisschen Beratung (in der Dia-Praxis und beim Gyn). Ich bin auch noch unsicher wegen der Jod-Einnahme, weil ich eine Schilddrüsenunterfunktion habe und damit Probleme habe, aber das ist ein anderes Thema.
    Ein bisschen was ist noch zu klären und dann darf es hoffentlich bald losgehen. :love: