Insulineinstellung stationär oder ambulant?

  • Bei meinem stationären Klinikaufenthalt nahm ich zwar an einer Dia-Schulung teil. Allerdings gab es in dieser Woche nur eine für Typ 2er. Die Dia-Beraterin suchte die relevanten Themen für mich heraus, wie Ernährung, Insulin-Abstimmung usw.


    Ich habe dann gleich vier Wochen später in der angeschlossenen ambulanten Tagesklinik eine Typ 1 Schulung absolviert - also sogar etwas doppelt gemoppelt. Das von Ikebana empfohlende Buch habe ich auch. Aber wirklich Neues steht für mich (nach der intensiven Schulung) nicht drin. Auch der Insulinclub hilft natürlich sehr :)

  • Hallo Frank77,


    wie du siehst gehen die Meinungen darüber, was besser ist hier auseinander, wenn auch ein leichter Überhang zu stationärer Einstellung vorherrscht. Was wirklich für dich das Beste ist, hängt von dir selbst. bzw. deinen persönlichen Umständen ab. Folgende Fragen könnten bei der Entscheidung helfen.


    Ambulant:
    - Kannst du schnell und ohne Auto deine Dia-Praxis erreichen? Oder liegt diese vielleicht 20-30km weg?
    - Ist dein Arzt oder Dia-Berater/in denn gut für Fragen erreichbar (Abends, Wochende)?
    - Findet paralell zur Einstellung auch eine entsprechende Schulung statt?


    Stationär:
    - Wenn es eine längere Wartezeit gibt, bevor du aufgenommen werden kannst (ist bei manchen Kliniken/Stationen der Fall, weil sie wirklich nur die absoluten Notfälle akut aufnehmen) - würde dir das was ausmachen? (Wohlgemerkt: eine grundsätzliche Einstellung würde dann natürlich vorher ambulant ablaufen)
    - Wie wichtig sind dir begleitende Untersuchungen (Augen, Nieren, Schildrüse, Füße etc.) - wofür du bei ambulater Einstellung jeweils weitere Fachärzte aufsuchen müsstest?
    - Ist es für dich persönlich besser erst mal quasi unter Laborbedigungen eingestellt zu werden (wissend, dass es im Alltag anders läuft), dafür aber ein gutes Basiswissen zu erwerben, mit dem du die nötigen Anpassungen nach dem Aufenthalt selber durchführen kannst?


    Bei Werten jenseits der 300 mit Eigenproduktion ist die Frage nach einem wirklichen Notfall etwas grenzwertig, würde ich sagen. Sicher kann man mit einem Spritzschema und ambulanter Betreuung hier schon eniges wieder in halbwegs normale Bahnen bringen. Eine Fein-Einstellung mit richtiger Schulung kann dann stationär erfolgen.


    Ich selbst habe alle meine Einstellungen (Ersteinstellung, Neu-Einstellung nach Keto, Umstellung auf Pumpe) stationär gemacht und es war jedes Mal gut, aus dem Alltag raus sich mal ein/zwei Wochen komplett dem DM zu widmen. In den Schulungen lernt man sehr viel. Bei einer Auffrischungs-Schulung in der Dia-Praxis (1 Woche abends jeweils 2 Std), war zwar auch Neues und Interessantes dabei, jedoch war ich abends nach der Arbeit nicht mehr so aufnahmefähig...


    Gruß,
    Veri

    *****
    "Bevor du dir selbst eine Depression oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostizierst, stelle sicher, dass du nicht einfach nur von Arschlöchern umgeben bist." Prof. Dr. Sigmund Freud

    2 Mal editiert, zuletzt von Veri183 ()

  • Na, da haben ja meine Vorschreiber schon vieles gesagt, bzw. geschrieben.....An vieles kann ich anknüpfen.
    Als alter Hase mit langer Zuckererfahrung muss ich aber ergänzen, dass stationäre Zuckereinstellung oftmals im täglichen Leben mit Arbeit, Familie, etc. nicht mithalten kann. Auch ich wurde stationär in einer guten Zuckerburg eingestellt ( feste Eß-und Spritzzeiten, unflexibler Speiseplan...). Später musste im normalen Leben immer wieder korrigiert werden. Auch, da sich die Bedingungen ständig änderten...deshalb denke ich heute, dass, wenn die ambulante Einstellung( wenn sie qualitativ hochwertig ist) durch nichts zu ersetzen ist, da diese doch dem natürlichen Lebensrhythmus am nächsten kommt. Eigenes Engagement vorausgesetzt. :)

  • Vielleicht sollten wir unterscheiden zwischen einer Einstellung mit Schulung und einer Einstellung ohne Schulung.
    Denn: Wenn man nach dem Klinikaufenthalt nicht in der Lage ist, seine Therapie an den Alltag anzupassen, dann hat die Schulung dort wohl nix getaugt.


    Bad Mergentheim z.B. ist ein sehr gutes Akut-Krankenhaus. Hier bringen sie einen selbst nach einer Super-Keto und depressiven Epidode wieder zurück in die Spur. Nur, ehrlich gesagt sind die Schulungsinhalte teilweise einfach lachaft. Ich war damals froh, dass ich schon ne Zeit lang DM hatte - als Newbie hätte ich mich danach verloren gefühlt....


    Was gar nicht geht:
    - ambulante Einstellung, aber Doc/Berater kaum ansprechbar, keine richtigen Erklärungen, Probleme mit den Termin während der Arbeitszeit (oder, krank geschrieben zu Hause, was auch nicht dem Alltag entspricht)
    - stationäre Massenabfertigung ohne hinreichende Erklärungen, keine Möglichkeit Sport und andere Alltagssituationen auszutesten, buchstäbliches Herumsitzen und warten auf's Essenfassen


    Es gibt zwei "Königswege", würde ich sagen:
    - "Learning on the Job" oder "Learning by Doing" in der ambulanten Einstellung - alltagsnah, im vertrauten Umfeld
    - Intensiv-Schulung als Blockunterricht bei stationärer Betreuung - einmal richtig eingestellt statt monatelanges Basteln


    Was "am Besten" ist, muss aber jeder DMler für sich selbst entscheiden.



    Gruß,
    Veri

    *****
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    Einmal editiert, zuletzt von Veri183 ()

  • ...hatte im Bluttest ...[]... einen HbA1c Wert von 10,3.

    Ich hatte damals 14,7 u. mir ging es schon monatelang dreckig. Im KH war ich nicht. Mein erster Diabetologe gab mir seine private Handynummer u. sagte, daß ich ihn bei Problemen zu jeder Tages- u. Nachtzeit anrufen könne.

    "Was mich nicht umbringt, macht mich stärker." (Nietzsche)

  • Ich wurde auch ambulant eingestellt. Hba1c bei Diagnose durch den Hausarzt 12,8. BZ um die 350. Ich habe dann Tabletten vom Hausarzt bekommen. Eine Woche später hatte ich einen Termin beim Diabetologen und wurde ambulant eingestellt.


    Ich sehe das ganze von zwei Seiten. Ich hätte mir damals bei dir Diagnose sicherlich ein paar Tage Ruhe gewünscht (war am selben Tag noch arbeiten) um das erstmal psychisch ein bisschen zu verarbeiten. Das war schon extrem schwer für mich.


    Auf der anderen Seite war ich durch die ambulante Einstellung mehr oder weniger von Anfang an auf mich selbst gestellt. Ich hatte somit auch nicht die Probleme wie viele andere die aus dem Krankenhaus kommen und auf einmal passt die Einstellung nicht mehr. Außerdem musste ich mich bis auf ein paar Vorgaben vom Diabetologen, selbst ran tasten. Das war am Anfang extrem schwer, jetzt sehe ich das allerdings als Vorteil. Ich habe vom Anfang an meine Therapie selbst übernommen. Traue mich also auch selbständig meine Faktoren usw zu ändern ohne das ich jedes mal einen Arzt fragen muss.


    Mein Diabetologe hat sich damals auch viel Zeit genommen und mir alles genau erklärt. Pro Termin sicher 1 - 2 Stunden / Woche. Würde also sagen, dass ich damals eine Einzelschulung bekommen habe ;).


    Wie auch immer wichtig ist, dass du eine Schulung bekommst. ABER viel wichtiger ist das du dich selbst mit dem Thema beschäftigst. Um so mehr Wissen du hast um so einfacher wird es für dich gut mit dem DM auszukommen.

  • Mich hat ein todesbleicher Hausarzt nach einer "Hi"-BZ-Messung ins Krankenhaus geschickt. Dort wurde ich (im Nachhinein: völlig zu Recht!!!) mit >800mg/dl und >14%-igem HbA1c erstmal notfallmäßig versorgt, dabehalten und geschult. Ich fand das sehr gut. Ich war knapp 2 Wochen einkaserniert. Anfangs wurde logischerweise geschaut, dass mein Körper wieder ins Gleichgewicht kommt. Da waren so ziemlich alle Werte schon ziemlich extrem durcheinander. Nach einigen Tagen haben zum Einen die Ärzte geschaut, dass ich mich stabilisiere und zum Anderen wurde mir auch klar gemacht: "So schaut jetzt dein neues Leben aus, gewöhn dich schnell dran!" Das war keine schlechte Motivation, um selber aktiv zu sein, das Insulin selber zu spritzen und alles an Lernstoff mitzunehmen, was geht. Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese ganze Erstversorgung ziemlich gut war.
    Mit ICT (ich nehme mal an, das ist die Standardvorgehensweise bei Neumanifestationen) hat man ja ein paar Stellschrauben und Freiheiten. Darauf aufbauend wurde mir erklärt, was ich alles selber machen kann (Dosisanpassung!) und unter welchen Bedingungen ich reagieren sollte (Bewegung, Autofahren, alles mögliche was in der "Welt" so passieren kann). Ich habe den Aufenthalt im Krankenhaus dann sehr schnell als überwachten Test unter "Laborbedingungen" verstanden. Mir war also ungefähr klar, was der BZ in der freien Wildbahn alles veranstaltet und wie ich mich daraufhin verhalten soll, um ihn im Zaum zu halten. Fand ich gut. Drei Tage nach Entlassung war ich selbstbewusst genug um Skifahren (und Schnapseln) zu gehen. Hat geklappt.
    Mit kurzen ambulanten Aufenthalten wäre ich vielleicht eher überfordert gewesen. So konnte ich zunächst mal im Krankenhaus und unter Ausschluss der Öffentlichkeit verstehen, was so alles abgeht.

  • Hallo Frank77,


    ich würde mich auf jeden Fall in einer Diabetesklinik einstellen lassen. Dort kannst Du Dich mit Fach-
    ärzten (Diabetologen) unterhalten und Erfahrungsaustausch mit anderen Diabetikern machen.
    Als Neuling ist man mit vielen Dingen völlig überfordert und Du hast wahrscheinlich niemanden dem
    Du Deine täglich neu auftauchenden speziellen Fragen stellen kannst.
    Nimm jede Schulung mit, die Dir geboten wird. Mein Diabetes ist seit 23 Jahren mein ständiger Begleiter.
    Am Anfang meiner Diabeteserkrankung hatte ich auch viele Probleme, aber Du lernst mit der Zeit immer
    besser damit umzugehen. "Kopf nicht hängen lassen".
    LG
    sigi

    "Die Zukunft wird nicht besser wenn man negativ eingestellt ist"

  • Mit ICT (ich nehme mal an, das ist die Standardvorgehensweise bei Neumanifestationen)...

    Aus der Erinnerung heraus würde ich sagen, daß ich ungefähr das erste Jahr nur CT hatte.

    "Was mich nicht umbringt, macht mich stärker." (Nietzsche)

  • Ja klar: weil du ALT bist. :P :P :P
    Sorry, ich meinte natürlich eher, dass die HEUTIGEN Neumanifestationen vermutlich auf ICT gesetzt werden und somit diese von mir genannten Gestaltungsmöglichkeiten haben. Bei mir, 2004, war es (auch schon) so.


    Das ist ja auch gut für die Volkswirtschaft: Der Patient bekommt evtl Insuline von zwei unterschiedlichen Konzernen (Humalog von Lilly und Lantus von Sanofi), so dass der verschreibende Arzt von zwei Firmen Schmiergeld absahnen kann. :D:urlaub:smoker:8):thumbsup:

  • Ich bin der Meinung, das es auf den Menschen drauf an kommt und wie der Zustand bei Diagnose ist, ob eine stationäre oder ambulante Ersteinstellung sinvoll ist. Ich habe heute vor 4 Jahren die Diagnose erhalten, saß mit einem BZ von 29,8 mmol und Blutketone 3,5 mmol vor meinem damaligen Dia Doc und stand vor der Entscheidung Krankenhaus ja oder nein. Ich habe mich gegen das Krankenhaus entschieden, weil ich mich sobald es mir besser gegangen wäre, wieder selber entlassen hätte. Ich hab einfach Horror vor Krakenhäusern und mir hätte es damals gar nichts gebracht, außer das es mir noch schlechter gegangen wäre. Ich musste damals noch unterschreiben, das ich bei Übelkeit und erbrechen ins Krankenhaus gehe. Der Fall ist nicht eingetroffen und mir gings Tag für Tag besser, der BZ wurde auch langsam gesenkt so, dass ich kurz vor Weihnachten die ersten normalen Werte hatte.

    LG Heike
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    Der Kluge läßt sich belehren, der Unkluge weiß alles besser.