Case Study: LCHF bei einem 6-jährigen Kind mit T1

  • Bei dem Beispiel mit den 60/30/10 %: wenn Du 30 % der täglichen Kalorien einsparst, sind 30 % von 60 % KH der größte Brocken. In den 10 % der täglichen Kalorien als Fett ist schon berücksichtigt, dass Fett 9 kcal pro g hat. Aber das ist nur ein idealtypisches Rechenbeispiel.


    Die Frage ist auch, wie lange Du die Reduktion von Fett und EW durchhältst. Das sind immerhin essentielle Fett- und Aminosäuren. KH kann man dauerhaft minimieren, weil sie in Wirklichkeit nicht satt machen (Fett und EW hingegen schon).

  • Danke erstmal!
    Ich werde dazu vielleicht mal ein eigenes Thema starten, sonst wird's hier zu viel für den 6-Jährigen Bua. Dem bürden wir hier ganz schön viel auf ;)

  • Zitat

    Gleiche Erfahrung hat Dr. Bernstein mit Patienten gemacht, denen er aus Gründen der Gewichtszunahme 100 ml Olivenöl täglich verordnet hat. Gewichtszuname ebenfalls null.

    Anderseits hat man in Deutschland untergewichtigen Kindern Lebertran als Nahrungsergänzung gegeben. War das dann gar nicht effektiv?


    Je mehr ich darüber nachdenke umso weniger klar wird mir, wie der Körper überhaupt sein Gewicht reguliert.

  • Ich weiß jetzt nicht, mit welcher Intuition man untergewichtigen Kindern Lebertran gegeben hat. Möglicherweise um Vitamin A zu substituieren? Paul Pitchford zitiert in Healing with Whole Foods eine Studie, in welche man untergewichtigen Kindern Spirulina verabreicht hat. Das Problem bei untergewichtigen Kindern ist, dass ab einem bestimmten Punkt auch der Hunger verschwindet und Spirulina hat sich als das kostengünstigste Mittel erwiesen, wieder Hunger zu fördern. Vielleicht ging das mit Lebertran in die gleiche Richtung...


    Bei gleichbleibenden KH (in Prozent der täglichen Kalorienaufnahme) hat sich das Körpergewicht als überraschend konstante Größe erwiesen. Man kann durch Intervention (zwangsweiser Bewegung, Kalorienrestriktion, zwangsweise Überfütterung etc.) das Körpergewicht kurzfristig verändern, aber sobald diese Intervention ausbleibt, tendiert das Körpergewicht relativ rasch wieder zum Ausgangswert zurück (ich beziehe mich jetzt auf die in von Gary Taubes in Why We Get Fat referenzierten Tierversuche).


    Eine dauerhafte Veränderung des Körpergewichts ist lt. Gary Taubes nur durch eine Veränderung des KH-Anteils möglich (sowohl nach oben als auch nach unten). Auf eine vermehrte Zufuhr von EW zur Gewichtssteigerung, was im Endeffekt auch Glukose in den Körper bringt, geht er - soweit ich mich jetzt erinnere - nicht ein. Ist halt kein Buch für Diabetiker - Dr. Bernstein behandelt das in Diabetes Solution und in seinen Teleseminaren ausführlicher.


    Gary Taubes selbst empfiehlt ja eine Low Carb Ernährung. Insofern besteht natürlich die Gefahr, dass die Studien in seinen Büchern selektiv gewählt wurden. Aber allgemeingilt Gary Taubes schon als renommierter Wissenschaftsjournalist.

  • Der Trugschluss - und das ist auch der Grund, warum Dr. Bernstein LCHF für eine Masche von Internet Gurus hält - ist, dass der Körper bei eingeschränkten KH eine relativ konstante Menge an Protein benötigt, um den Glukose spiegel im Gehirn aufrecht zu erhalten. Wird diese Menge an Protein nicht über die Nahrung aufgenommen, muss der Körper dafür Muskeleiweiß verwenden (abbauen). Man wird nicht zunehmen, aber verfetten - der Anteil an Muskelmasse schwindet und das sollte man tunlichst vermeiden.

    Ich denke nicht, dass "HF" ein Internet-Hype ist.
    Der Unterschied zu "HP" ist der, dass bei HF auch das Gehirn gezwungen wird, mit Ketonen zu laufen. Zu viel Protein schießt einen aus einer stabilen Ketose und verhindert die Adaption.


    LCHF wird ja oft als "Wunderdiät" empfohlen, weil das Fett, gerne eben das Kokosfett, satt macht und nicht ansetzen soll.
    Das ist aber nur die halbe Wahrheit.


    Am Anfang einer LCHF-Ernährung ist der Körper nicht adaptiert. Er produziert eben nach ein paar Tagen Kohlenhydratfasten Ketonkörper aus den Fettsäuren um nicht zu verhungern. Doch weder Muskeln noch Gehirn wissen nicht, was sie damit anfangen können weil erst noch Enzyme gebildet werden müssen. Das Ende vom Lied: die Ketone werden über den Urin ausgeschieden und sind da messbar. Das ist pure Energie die da vernichtet wird. Mit der Zeit kann man aber Ketone verwerten und man kann plötzlich nichts mehr auf den Teststreifen messen, sondern nur noch im Blut. Und selbst dies wird immer weniger, der Körper produziert dann nur noch so viel Ketone, wie gerade benötigt werden und das Ketonsystem kommt in ein Gleichgewicht. Gleichzeitig sinkt auch die Gewichtsreduktion und man kommt an einem Gewichtsplateau an.
    Kokosfett besteht zu etwa 50% aus Mittelkettigen Fettsäuren (MCT). Diese werden anscheinend ganz einfach in Ketone umgewandelt ohne irgendwelche Zwischenschritte. Diese werden einfach über den Urin ausgeschieden wenn sie energetisch nicht gebraucht werden.



    Dieses Gewichtsplateau kann dann wieder durchbrochen werden, wenn man die Ketose stört, z.B. ein paar Tage wieder HighCarb essen, dann geht das Spiel wieder von Vorne los. (So nehmen Bodybuilder ab - nennt sich Anabole Diät) Doch je besser und länger man adaptiert ist, desto schwieriger wird das. Ich bin jetzt seit 2 Jahren dabei, anfänglich "High Fat" und habe abgenommen ohne Ende, irgendwann musste ich anfangen, das Fett zu reduzieren und bin jetzt am Ende quasi bei LC-Normal Protein und bisschen mehr Fett angelangt.


    Eine stabile ketogene Adaption erachte ich als langfristig sinnvoller als eine LCHP Ernährung. Denn ohne Adaption des Gehirnes muss der Carb-Bedarf aus Protein glucogenisiert werden, unter Einsatz von Adrenalhormonen. Und das ist langfristig Stress für die Nebennieren und kann bis zur Nebennierenschwäche führen.


    Vielleicht revidiere ich das ganze nochmals: LCHF zum Einstieg und zum Erreichen der ketogenen Adaption, und dann umschwenken in LCHP, jedoch mit ketogenen Phasen oder intermittierendem Fasten.

  • Zitat

    Der Unterschied zu "HP" ist der, dass bei HF auch das Gehirn gezwungen wird, mit Ketonen zu laufen. Zu viel Protein schießt einen aus einer stabilen Ketose und verhindert die Adaption.


    Weil Du im Eingangspost geschrieben hast:

    Zitat

    anbei ein Link zu einer Case Study über ein 6-jähriges Kind mit T1, das sich LCHF nach dem Protokoll nach Dr. Bernstein ernährt.


    Ich wollte – für diejenigen, die das Buch Diabetes Solution nicht kennen – nur festhalten, dass Die Ernährung nach Dr. Bernstein weder LCHF noch LCHP ist.


    Das Wort Ketose kommt in diesem Buch kein einziges mal vor. Dr. Bernstein hat an einem seiner Meinung nach „normalen“ gesunden B>Z von im Schnitt 83 mg/dl Interesse, Ketose interessiert ihn nicht.


    Die von ihm empfohlene Ernährung ist eine Low Carb Ernährung mit maximal 30 g KH täglich (bei einem Erwachsenen) und einer „normalen“ EW-Menge. Mit der Menge an Fett, die mit dem EW „mitkommt“ ist man seiner Meinung nach auf der sicheren Seite. Wenn man es jetzt unbedingt klassifizieren will, wäre es LCNP (Low Carb Normal Protein).


    Für mich heißt das jetzt im Sommer in der praktischen Umsetzung:


    1 bis maximal 1,5 g Protein pro Kilo Körpergewicht, 10 bis maximal 30 g KH und eine Menge Fett, mit der man halt „normal“ kocht.


    Als Beispiel:

    • Frühstück ist eine Dose Sardinen (90 g Sardinen, 30 g Olivenöl) mit Zwiebel, Champignons und grünem Paprika im Öl angebraten
    • Mittagessen ist ein Salat mit 180 g (roh) Sparerips
    • Abendessen ist ein Salat mit Thunfisch, Speck, Feta und einem Ei (in Summe 180 g EW)


    Für meine 70 kg Körpergewicht sind das in Summe 90 g Protein. Auch ein „klassischer“ Diabetologe hat meine Ernährung noch nie als unausgewogen oder extrem eiweißlastig bezeichnet. In einem Gespräch fallen die fehlenden KH auf den ersten Blick meistens gar nicht auf.


    Bei einer stichprobenartigen Messung waren meine Ketone im Blut bei 0,6 Mmol (gemessen mit einem Abbot FreeStyle Precision). Ich persönlich kann mit diesem Wert auch nicht viel anfangen. Auch mein Interesse gilt – große Überraschung – einem durchschnittlichen BZ von 83 mg/dl.

  • An Locma :
    Danke für das Beispiel aus Deinem Alltag, da wird mir anschaulicher, wie Du es umsetzt und wie die Verhältnisse KH zu Protein zu Fett in Zahlen bezogen aufs Körpergewicht real aussehen - und kann mich “vergleichsgegenchecken“.


    Mich würde interessieren, wie man den Aspekt der Gewichtsabnahme dort “einbauen“ kann, das ist ja nicht Dein Thema.
    Für mich wäre es von Bedeutung, denn in dem Bezug stecke ich in Ratlosigkeit und es funktioniert nicht viel nach Theorie. Habe jetzt wirklich mit viel Mühe ca. 8 kg in ca. 5 Monaten verloren, Miniabweichen endet direkt in Zunahme. War bei mehreren Ärzten und Ernährungsberaterinnen, im KH - bisher gibt es keinen gescheiten Ansatzpunkt.


    Hast Du dazu Lektüre o.Ä. ?

  • Dann ist das reine Wortklauberei. 30g Fett und etwa 1-1.5g Protein /kg entspricht auch der Empfehlung für eine stabile Ketose. Wobei man die 30g eher in 5-10% Carbanteil am Tagesumsatz festmachen kann, dann klappts auch bei Sportlern.
    LCHF Deutschland übersetzt mittlerweile das als Low Carb Healthy Fat :-) na dann.

  • @ Nine.
    Ich werde in Deinem Low Carb Thread antworten – da passt es IMO besser hin als zu dieser Case Study. Liest Du auch englisch?

  • Zitat

    Dann ist das reine Wortklauberei. 30g Fett und etwa 1-1.5g Protein /kg entspricht auch der Empfehlung für eine stabile Ketose.


    Ja, für Informierte ist das reine Wortklauberei. Wenn man neu in der Thematik ist, findet man aber auch LCHF, wo Fett zum Hauptbestandteil der Nahrung wird und EW wegen der Glukoneogenese mit KH gleichgestellt wird.


    Und Dr. Bernstein erwähnt in seinen Teleseminaren immer wieder, in welch schlechtem Allgemeinzustand Patienten zu ihm unter EW-Reduktion kommen. Wenn der Körper eigenes Muskeleiweiß abbaut und die Patienten keine einzige Liegestütze oder keinen einzigen Klimmzug mehr schaffen…

  • Ich habe mir kurz vor meinem Urlaub in den USA die beiden Bücher von Dr. Bernstein besorgt: Diabetes Solution und The Diabetes Diet.
    Mein Sohn lebt ja in Alaska und da gab es die beiden Bücher auch zum Kombipreis - gebraucht für 20 $. Beim großen Fluss in D - war es das doppelte - wenn ich das nur gewusst hätte!


    Da ich auf Urlaub für 14 Tage in Alaska war, konnte ich die beiden Bücher ziemlich schnell lesen und auch durcharbeiten. Für mich relevante Themen habe ich mit Fähnchen markiert und zuhause umgesetzt. Das Buch Diabetes Solution ist ja für Typ 1 und auch Typ2 ausgelegt. Im Urlaub selbst habe ich nur teilweise das low carb umsetzen können. Ich war ja auf Familienbesuch und da war das Essen auch für alle gleich. Gott sei Dank ist mein Sohn noch kein Diabetiker und auch die drei Kinder nicht. Jedoch hat die älteste meiner Enkel sehr viele Lebensmittel-Allergien, die das Kochen auch nicht leicht machen. Aber kein Gluten, Milch, Soja schaden mir ja auch nicht. Ich fühle mich da immer sehr entspannt und ohne jegliches Bauchweh, was daheim oft anders ist.


    Fazit: Ich bin nun seit 2 Wochen wieder daheim. Meine BZ-Werte bewegen sich zwischen 90 und 160. Die besten Werte die ich seit Jahrzehnten hatte und keine Unterzuckerungen und nur sehr selten Ausreißer Richtung 200. Gesamtbedarf Insulin um 25 % reduziert und Basal um 20 % weniger. Gewicht: 2 kg weniger -vorher null Gewichtsverlust seit über 3 Jahren - nur Gewichtszunahme verhindert!


    Die wenigen Kh sind teilweise schwer umsetzbar im Berufsalltag. Da muss ich täglich selbst kochen aber mein Wohlbefinden dankt mir das täglich. Mal sehen wie lange ich das umsetzen kann. Ich habe Ende September meinen jährlichen Besuch bei der Diabetologin - mal sehen was mein HbA1c berichtet. Besser als im letzten Quartal wird der auf jeden Fall.


    Ich hoffe ich bleibe weiterhin motiviert und mein Gewicht geht langsam runter.


    LG Birgit

  • Birgit1962
    Ich kenne kein Ernährungsbuch, in welchem auf die praktische Umsetzung im täglichen Arbeitsalltag wirklich ausreichend eingegangen wird.


    Aus meiner eigenen praktischen Erfahrung kann ich Dir sagen, dass sich IMO alles um das Eiweiß dreht (jetzt nicht so sehr von der Ernährung her, sondern von der praktischen Umsetzung). Wenn Du immer fertig zubereitetes Eiweiß im Kühlschrank vorrätig hast, hast Du schon gewonnen.


    Ich bereite mir mein Eiweiß (bspw. Hühnerteile, Schweinebauch, Lammschlögel etc.) Mit einem Crock-Pot Schongarer am Wochenende über Nacht zu (das ist wirklich nur ein minimaler Aufwand). Eier koche ich mir auch am Wochenende vor und wenn man Fisch mag, schaden ein paar Fischkonserven auf Vorrat sicher auch nicht.


    Zu dem Eiweiß aus dem Slow Cooker bereite ich mir auch am Wochenende gleich mehrere Portionen Gemüse (bspw. Diese Woche ein Indian Curry mit ein bisschen Zwiebeln, Speck, Tiefkühl-Mischgemüse, Karfiol, Kohlrabi, rotem Paprika und Creme Fraiche) vor, das dann im Büro mit einem Genius Aufwärmer Hot Pot aufgewärmt wird.


    Mit dem restlichen Eiweiß aus dem Slow Cooker kann man sich am Abend einfach eine Suppe oder einen Salat (zusätzlich mit ein bisschen Speck, Feta, Oliven etc.) zubereiten oder man isst es einfach mit Eiweiß-Brot…


    Ich kann für mich ehrlich behaupten, dass – wenn man gut organisiert ist – eine Low Carb Ernährung nicht zwangsweise mit einem Mehraufwand in der Küche verbunden sein muss (verglichen jetzt natürlich mit jemandem, der auch selbst kocht).

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  • @Birgit1962
    Gratulation! Und du wirst sehen, je länger du der KH-Begrenzung folgst, desto weniger Basal brauchst du.
    Ich finde, das schwierigste ist, Rezepte zu finden die man schnell umsetzen kann ohne dass es langweilig wird. Klar, so Slowcooker-Sachen sind schon lecker, es bedarf aber einer gewissen Planung.


    Was ich gerne als "Notnagel" zur Arbeit mitnehme, ist TK-Gemüse und Stremel-Lachs. Den Abend vorher einfach aus dem Kühler und etwas Kokosfett, Salz, Pfeffer dazu. Und dazu so eine Lachsscheibe, die gibts ja in jedem Supermarkt. Blattspinat, Brokkoli, Blumenkohl, paar Erbsen, grüne Bohnen. Immer wieder lecker. Bei der Arbeit dann kurz in die Mikro.
    Oder einfach einen Salat, aber dann gepimpt mit Eiern, Nüssen und weißem Käse und einem selbst gemachten Dressing (das bleibt bis zu 3 Wochen im Kühlschrank frisch und schmeckt besser als jedes Fertigdressing).
    Mit der Zeit bekommt man Routine - ich freu mich jeden Tag auf mein Essen, und die Kollegen schauen mittlerweile auch schon recht neidisch und sitzen vor ihrem labbrigen Pressschnitzel aus der Kantine. .-)