Case Study: LCHF bei einem 6-jährigen Kind mit T1

  • Zitat

    LCHF nach dem Protokoll nach Dr. Bernstein ernährt


    Nur der Form halber ;-):


    Dr. Bernstein hält LCHF für Humbug von selbsternannten Internet-Gurus.


    Dr. Bernstein propagiert weder Low Carb High Fat noch Low Carb High Protein. Er selbst bezeichnet seine Ernährung als Low Carb Normal Protein, da das seiner Meinung (und auch meiner Meinung) nach die „normale“ Ernährung der Menschen vor Einführung des Ackerbaus war. Je nach körperlicher Aktivität wird man zwischen 1 bis 1,5 g EW pro Kilo Körpergewicht landen, als Spitzensportler bei bis zu 4 g.


    Aber das alles ist natürlich Definitionssache. Wen ich heute eine Dose Pan do Mar Sardinenfilets in Olivenöl esse, habe ich mir noch nie überlegt, ob das jetzt LCHF oder LCHP ist...

  • Verglichen mit der DGE Empfehlung ists schon High Fat, aber im Grunde ists Wortklauberei :-)Ich schau mittlerweile auch nicht mehr auf die Makros und ernähre mit instinktiv, bin satt und glücklich. Alles andere macht einen mit der Zeit nur verrückt.

  • Da muss ich doch mal ein bisschen provozieren:
    Da ist der Junge schon ein "Alien" aufgrund seiner komischen Krankheit und den Apparaten die er mitführt ...und dann darf er auf Kindergeburtstagen nicht mal mehr Pizza, Gummibärchen und Mohrenköpfe essen. Die anderen Jungs schauen ihn schon ganz komisch an und wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben
    :D


    Die Therapieerfolge will ich überhaupt nicht bestreiten. Aber gerade bei Heranwachsenden sollte man schon auch einen Blick auf die "Sozialverträglichkeit" werfen, finde ich. Ich persönlich finde, man mutet dem Kind nicht gerade wenig zu, wenn man ihn zusätzlich zum Diabetes auch noch in so eine strenge Diät zwängt. Wenn es wirklich radikales LowCarb is(s)t, finde ich es "too much", auch mit Bezug auf sein Umfeld.
    Was ich über LowCarb gelesen habe, darf man ab und zu auch ein kleines bisschen cheaten. Ich hoffe, man gibt dem Kind ein paar Freiheiten.

  • Du hast sicher recht.


    LCHF oder wie auch immer LC geht nur ganz gut, wenn man damit den Alltag abdecken kann.
    Sobald man auf die Schulverpflegung oder generell auf "Fremdquellen" angewiesen ist, hast du eh ein Problem, das ist dann schier unmöglich.


    Was dann natürlich auch fehlt, ist die Erfahrung, KH-Mengen korrekt abschätzen zu können.

  • Angeblich haben sie "good quality substitutes" für fast alles und bringen es ggf bei Parties usw vorher mit. In dem Alter geht das vielleicht.
    Die Bilder der Mahlzeiten sehen ja gut aus aber das jeden Tag für eine 5-köpfige Familie kochen zu müssen, erscheint sehr zeitraubend.


    Seltsam fand ich:
    Vorher hatten sie just 5 glucose readings from finger-sticks a day. Kann mir irgendwie schwer vorstellen wie das mit 5 Messungen/Tag funktioniert haben soll, bei einem Kind im ersten Jahr nach Diagnose.
    Die Ernährungsumstellung kam ziemlich gleichzeitig mit Anschaffung eines CGM. Finde man kann schwer sagen wie sehr es an der Ernährung lag oder auch am CGM und allgemein der genaueren Beschäftigung mit dem Thema.

  • So lange dein Stoffwechsel auf Glucoseumsatz basiert, kommst du aus dem "Jojo" nicht raus. Du brauchst KH, hast dann immer den Wettkampf zwischen Aufnahmekinetik der Glucose und Wirkkurve des Insulins samt Schätzfehlern und veränderlicher Sensitivität. Die dann je nach körperlicher Belastung noch variiert.


    Ich kanns nur bestätigen -. mit stark reduzierten KH kommt Stabilität in den BZ. Scheinbar auch bei Kids und es sieht nicht aus, als wäre der ein Stubenhocker mit einem beamtenähnlichen Tagesablauf.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Zitat

    Aber gerade bei Heranwachsenden sollte man schon auch einen Blick auf die "Sozialverträglichkeit" werfen, finde ich.


    Das ist kein Spezifikum von T1 und Low Carb. Bekannte von mir haben Kinder mit Zöliakie. Die nehmen sich auch ihr eigenes Essen auf Kindergeburtstage mit.


    Das ist immer das gleiche Dilemma: diejenigen, die Low Carb praktizieren, erkennen, dass es sie frei macht und diejenigen, die es nicht machen, sehen diese Ernährung als Einschränkung.


    Dr. Dikeman erzählt in einem Vortrag auf der Low Carb US Konferenz, wie seine Familie das umsetzt (sein Sohn ist T1). Er erwähnt auch, dass Kinder, die mit 3 Jahren diagnostiziert worden sind, mit bestimmter Wahrscheinlichkeit nach 10 Jahren im Alter von 13 die ersten Nierenschäden aufweisen und wie sehr gerade das sich entwickelnde Gehirn von Kindern unter BZ-Schwankungen leidet.


    Das ist dann auch nicht sehr sozialverträglich…


    How to Avoid Complications of Type 1 Diabetes

    Zitat

    Was ich über LowCarb gelesen habe, darf man ab und zu auch ein kleines bisschen cheaten.


    Das Problem ist nicht der u. U. kurze BZ-Anstieg, den kann man mit Erfahrung glätten. Das Problem ist, dass die meisten Menschen die Suchtwirkung von schnell wirkenden KH maßlos unterschätzen.


    Typeonegrit hat Dr. Bernstein zu seinem 83. Geburtstag ein Video geschenkt, da kann man sich auch viele Kinder anschauen: 83rd Birthday Testimonial Tribute to Dr. Bernstein from TYPEONEGRIT

  • Zitat

    Vorher hatten sie just 5 glucose readings from finger-sticks a day. Kann mir irgendwie schwer vorstellen wie das mit 5 Messungen/Tag funktioniert haben soll.


    Ich brauche im Schnitt 3 (maximal 4) Messungen täglich (ohne CGM), um meinen HbA1C von unter 5 % zu realisieren.


    Es ist einfach so, dass mit dem Weglassen der KH auch alle Einstellungsprobleme wegfallen, sofern man es richtig macht (und das heißt für mich nach ‚Diabetes Solution von Dr. Bernstein). Das Resultat sind dann absolut glatte BZ-Verläufe. Ich kann mich in den letzten Monaten an keinen stichprobenartig gemessenen postprandialen Wert von über 95 mg/dl erinnern.

  • Tja, ist man jetzt KH-"süchtig" (Beinahe-Zitat) und braucht seinen Zucker oder hat man einfach nur Lust, bspw mal einen kleinen Nudelsalat zu essen und sich ein paar mehr Ernährungsoptionen zu gönnen? :rolleyes:

  • Zitat

    Tja, ist man jetzt KH-süchtig (Zitat) und braucht seinen Zucker oder hat man einfach nur Lust, bspw mal einen kleinen Nudelsalat zu essen und sich ein paar mehr Ernährungsoptionen zu gönnen?


    Ich weiß schon, wie Du das meinst. Aber Nudeln sind nichts anderes als Glukose, mögen die KH auch noch so komplex sein. Man sollte sich nur nichts vormachen. Wenn Du es nicht glaubst: beim nächsten Nudelsalat ein bisschen was vom Mund auf einen Harnzuckerteststreifen spucken. Der zeigt Dir, wieviel Glukose drin ist.

  • Ich brauche im Schnitt 3 (maximal 4) Messungen täglich (ohne CGM), um meinen HbA1C von unter 5 % zu realisieren.

    Die 5 Messungen/Tag waren während der "normalen" Ernährung, vor Umstellung auf low carb.
    Dann muss man bedenken dass man nicht den eigenen BZ steuert, sondern den einer fremden Person. Ich denke das ist nochmal schwieriger weil man nicht immer weiss immer wie viel das Kind gegessen hat, wie viel Bewegung war usw. Auch eventuell warnende Symptome fühlt man nicht selbst.
    Bei drei Mahlzeiten plus bei Schlafenszeit bleibt nur eine extra Messung pro Tag und pp-Messungen gehen quasi gar nicht. Zum Beispiel reicht es kaum das eine Aufsichtsperson im Kindergarten oder so mal absichern könnte wenn etwas auffällig scheint. Das erscheint mir im ersten Jahr halt wenig.


    Auch werden bei Ernährungsumstellungen immer (mehr oder weniger ausführlich) die neuen Mahlzeiten vorgestellt, aber nie erzählt wie vorher gegessen wurde.

  • LocMa


    Das bestreite ich auch gar nicht. Nur, das ist mir völlig egal.
    Ich esse das "Zeug" einfach gern, es geht [für mich] wenig über eine ordentliche Pfanne Bratkartoffeln. :)


    Aus deiner Sicht bin ich also vermutlich vollkommen süchtig, ein Junkie (der nicht mit seiner Ernährung klar kommt).


    Aber genauso esse ich auch gerne kh-frei und statt der abendlichen zwei Tüten Chips darf es gerne mal auch mal ein Kilo Erdnüsse sein. :D:essen:
    Deine These ist ja, dass erhöhter KH-Konsum auch die BZ-Schwankungen erhöht. Lgisch und sicher auch nicht falsch. Allerdings finde ich "Süchtling" der gelegentlich auch mal einen 180er-Wert nach dem Essen hat trotzdem, dass man seinen Diabetes auch mit einer Nicht-Low-Carb-Diät (und gelegentlich mal einer 180) "unendlich lange" überlebt. Was ich meine: Die Wahrscheinlichkeit für Langzeitfolgeschäden sehe ich durch meinen KH-Konsum im Vergleich zu deiner LowCarb-Diät NICHT erhöht. Somit kann ich "Süchtling" ein paar mehr Nahrungsmittel in mein Portfolio aufnehmen (edit: ja, hier unterscheidet sich unsere Sichtweise wieder deutlich: Stand jetzt würde ich mich in meiner Ernährung eingeschränkt fühlen, wenn ich auf KH verzichte).
    Und diesem letzten Punkt messe ich halt bei der Kindererziehung einen hohen Wert zu. Ich sehe es als harte Einschränkung, seinem Kind zu sagen, dass es auf KH zu verzichten hat; hart gesagt: es zu LowCarb zu ZWINGEN.
    Aber Nochmal: Die Werte müssen stimmen. Tun sie das nicht, ist eine Komplett-Umstellung auf LowCarb eine Möglichkeit. Aber vielleicht tut's auch eine leichte Eingrenzung der KH (nur noch eine Tüte Gummibärchen pro Tag anstelle von 3) und ein (noch besseres) Erlernen der BE-Faktoren und GI.

    3 Mal editiert, zuletzt von Hobbit ()

  • Ich bin in meiner Ernährung durch Unverträglichkeiten bedingt nun wirklich eingeschränkt. Ist aber weitgehend okay, ich empfinde das nicht als großen Verlust, was ich im Gegensatz zu anderen Leuten alles nicht mehr esse.
    Aber das ist meine Entscheidung und ich halte mich daran, weil es mir dadurch wesentlich besser geht.


    Auf den Diabetes bezogen habe ich echt Bauchschmerzen, eine eingeschränkte Ernährung, zumal für Kinder, zu befürworten. Haben nicht gerade Generationen von Diabetikern vor uns dafür gekämpft, normal essen zu dürfen?
    Ja klar, normal heißt nicht für jeden das gleiche und für manche fängt Zuckersucht schon bei geringen Mengen an.


    Stabilität im Verlauf ist was Feines, auch keine Frage. Na ja, ich finde ja auch Analoginsuline in Ordnung und sehe in den Turboinsulinen einen Vorteil gerade bei den pp-Spitzen. Für mich ginge es eher in Richtung bessere Insuline entwickeln statt wieder zurück zu den Zeiten der strengen Kostpläne für diabetische Kinder.


    Soll kein Streit werden, waren jetzt nur mal meine Gedanken kurz vorm Abendbrot. :)

    Tresiba ist zurück! :thumbsup:

  • Ich persönlich finde, man mutet dem Kind nicht gerade wenig zu, wenn man ihn zusätzlich zum Diabetes auch noch in so eine strenge Diät zwängt. Wenn es wirklich radikales LowCarb is(s)t, finde ich es "too much", auch mit Bezug auf sein Umfeld.


    Das stimme ich voll und ganz zu, hobbit! Als Erwachsener ist es ja auch soo einfach, den Kindern solche Verbote best. Lebensmittel zu erteilen und die sind mal ganz schnell weg vom Fenster (werden zum Außenseiter unter Gleichaltrigen). Ob sie sich selbst als Kind so toll gefühlt hätten?


    Als Kind musste ich gottseidank nicht immer den Teller aufessen wie so viele meiner Freundinnen, aber gekämpft habe ich schon mit Rosenkohl, Spinat, rote Beete, u.s.w.. Von einer Backe in die andere geschoben und wie es nicht runter zu schlucken war, mußte man mal plötzlich auf´s Klo :rofl


    Heute esse ich bis auf rote Beete und Stachelbeeren alles :whistling: . Ich habe den Typ1 erst mit 24 Jahren bekommen und bin froh, aber kann schon nachvollziehen, dass es für Kinder schrecklich sein muss, auch auf Süßigkeiten in großen Mengen verzichten zu müssen. Klar, alles eine Sache der Gewöhnung, aber Essen hat heute trotz DM für mich auch etwas mit "gut gehen lassen", Freunde und Freundinnen treffen, Glücksgefühl zu tun!


    Jaa, auch wenn dann die Werte mal kurz hochknallen, aber schließlich haben wir doch gelernt, den hohen BZ wieder ein zu fangen.


    Möchte jetzt auch hier nicht einen Streit vom Zaun brechen, beziehe das alles mal nur auf mich und stimme hakaru in der Hinsicht auch voll zu

    Den Sinn des Lebens zu suchen ist legitim, doch sollte man damit nicht zu viel Zeit verbrauchen,
    sonst zieht das Leben an einem vorbei :urlaub

  • Haben nicht gerade Generationen von Diabetikern vor uns dafür gekämpft, normal essen zu dürfen?


    Dürfen ja. Nur ist die Frage ob das intelligent ist. Zudem gewöhnt man sich sehr schnell an Nahrungsmittel. Es gibt nur wenig, was man wirklich nicht isst. Bei mir z.B. Spargel.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

    Einmal editiert, zuletzt von Grounded ()

  • Dann esse ich mich eben dumm und dämlich an Hafer, Quinoa & Co.. :D (Brot, Backwaren, Kuchen, Nudeln seit Jahren nicht)
    Ich bin mir aber nicht sicher, ob steakreiche Ernährung so wesentlich intelligenter ist. :evil:

    Tresiba ist zurück! :thumbsup:

  • Dürfen ja. Nur ist die Frage ob das intelligent ist.

    Und was soll daran nicht intelligent sein, "normales" Essen richtig zu insulinieren, zu lernen wie Nahrung und Insulin zusammenspielen und dabei immer besser zu werden...


    Ich habe zu den Kindern gehört, die man in die Diabetes-Diät der 1980er Jahre gezwängt hat... nicht lustig, gar nicht lustig und ganz sicher nicht intelligent...


    Ich hoffe, dass die Eltern auf ihr Kind hören, wenn es einmal sagt, dass es diese "Diät" nicht mehr will. Ohne Vorwürfe und ohne Drohungen...

  • Dürfen ja. Nur ist die Frage ob das intelligent ist.

    Das finde ich ehrlich gesagt einen richtigen sch*** Kommentar.
    Soweit ich weiß haben "normale" Typ1er bei "normaler" Ernährung und guter Einstellung keine Folgeschäden zu befürchten. Warum sollen sie dann dumm (beinahe deine Worte, Grounded) sein, wenn sie auch so leben?
    Die Nicht-LowCarb-"Fraktion" so dumm hinzustellen steht dir nicht zu.
    So, jetzt habe ich mich beruhigt. :) Grounded, wir sollten mal ein Kind zusammen erziehen und ihm Ernährungstipps geben. :urlaub:)


    Nochmal: Ich sehe auch, dass LowCarb bei Diabetes riesige Erleichterungen bringen kann und kann jeden verstehen, der sich selbst dafür entscheidet. Aber ein Kind mit diesem Ernährungsstil großzuziehen sehe ich im Gesamtpaket eben nicht nur "rosa-rot".

  • Hatte das Kind nicht auch noch eine andere Autoimmunerkrankung und sind die Antikörper da sogar unter die Nachweisgrenze gesunken?
    Dieser Aspekt ist auch nicht von der Hand zu weisen.


    Ich würde diese Sache sehr individuell sehen: es kommt sehr auf die Stärke des Kindes und der Familie an, sowas durchzuziehen. Es soll ja auch Haushalte ohne Fernsehen und so geben, da finde ich eine KH freie Ernährung zumindest im Alltag sogar einfacher umzusetzen. Jeder so wie er mag. Für mich persönlich ist es kein Verzicht, sondern ein Gewinn. In der Tat auch geschmacklich ein Gewinn da ich mich insgesamt mehr mit der Qualität von Nahrung auseinandersetze. Und jeden Tag mein eigenes Essen esse anstatt dem Kantinenfraß, auch wenns nur gemischtes TK Gemüse mit nem Stück Lachs und Butter ist. Gibt mir mehr als das transfettige SchniPoSa.