Diabetiker Warnhund

  • Hallo ich stelle euch mal kurz meinen Hypohund vor.
    Nach einer Serie von tiefen Hypos inklusive Bewußtlosigkeit und Rettungsdienst. war kaum noch ein Tag ohne Angst zu meistern.
    Ich habe mehrere Jahre meinen Diabetes nur mit Insulin auf Rezept und ein paar Sporadischen Untersuchungen ganz gut in Eigenregie gemeistert. Die BZ-Werte paßten im großen und ganzen und Spätschäden hatte ich auch keine.
    Dann passierte es immer häufiger, daß ich in tiefe Unterzuckerungen reinrutschte und teilweise ohne Bewußtsein war.
    Zunächst nahm ich mir vor besser auf mich aufzupassen, doch meine Wahrnehmung war im Bezug auf Hypos immer weiter gegen Null geschlichen, so daß Exeltabellen Programmieren bei Werten um die 35mg/dl kein Problem mehr waren.
    Ich wurde mal auf sogenannte Diabetikerwarnhunde aufmerksam hielt es aber erstmal für mich nicht praktikabel und finanzierbar.
    Da wurde es immer schlimmer und ich rutsche schon fast täglich in die Bewußtllosigkeit und Fragen wie:"Hallo können sie mich hören?" im Rettungswagen gestellt, waren schon fast die Regel. Kein Korekturfaktor, kein BE-Faktor schien mehr zu passen und auf der anderen Seite waren auch Werte um die 400 fast täglich dabei.
    So konnte es nicht weitergehen.
    Also doch so einen Hund besorgen? Erstmal zum Diabetologen.
    Da bin ich ich dann hin und habe ihm mein Leid geklagt und um eine schleunige Behandlung in eine Diabetesklinik mit Schulung gebeten.
    Das klappte tatsächlich schnell und ich wurde erstmal komplett neu eingestellt und auf Hypowahrnehmung geschult, sowie auf die vermutliche Hauptursache Spritzstellen aufmerksam gemacht.
    Da war schonmal die Basis für ein ruhigeres Leben geschaffen.
    Ganz loslassen wollte mich die Idee mit einem Hypohund aber dennoch nicht.
    Und ich recherchierte weiter. Von Ärzten und Diabetesassistenten kam da eher wenig Zuspruch.
    Dann hörte ich von einer Studie, wo zwei drittel der Hunde von diabetischen Hundehaltern bei deren Unterzuckerungen Verhaltensauffälligkeiten zeigten.
    Das hat mich schon faziniert und fragte darauf meinen Zimmernachbarn im Krankenhaus, der schon drei verschiedene Hunde hatte und bei zweien mir berichten konnte, daß sie bei ihm im Falle einer Hypo aufgeregt gebellt hätten und und aufgeregt gesprungen sind.
    Und das hat bis jetzt keinen Mediziner sonderlich interssiert?
    Mich ja und das ok vom Arbeitgeber kam auch recht schnell.
    Also mal diverse Ausbildungsangebote mir angeschaut und bei www.hypo-hund.de angerufen.
    Hier fühlte ich mich recht schnell gut aufgehoben. Habe mir ein paar Instruktionen für die Welpenauswahl geholt und schon ging die Suche los.
    Bei einer Anzeige traf ich dann auf einen interessanten Wurf von einer Malinoishündin und einem Benner Sennen-Münsterländermixrüden.
    Ich habe mir die noch nicht vergebenen Welpen aussortieren lassen um mit ihnen ein paar Tests zu machen.
    So sollten sie versteckte Leckerchen finden, Lernwille zeigen und natürlich Interesse an mir als Person haben.
    Von denen zeigten drei von fünf im großen und ganzen ähnlich gute Fähigkeiten.
    Der eine von denen kam aber immer wieder zu mir und sprang zu mir hoch und gab Küßchen wenn ich mich runterbäugte.
    "Der mag sie, den müssen sie nehmen", weiß ich noch wie heute, wie die Besitzerin des Wurfes zu mir sagte.
    Da gab es eigentlich auch nicht mehr viel zu überlegen, denn einen Hund wollte ich und dieser Hund erfüllte alles was ich für die Ausbildung brauchte.
    Bevor ich ihn nach Weihnachten 2010 abholte, habe ich ihn davor noch viele Male besucht, was sich immer noch durch eine gute Bindung bezahlt gemacht hat.
    Wichtig ist gerade für diese Ausbildung mit einem Welpen anzufangen und ihn selber auszubilden.
    Mein Hund Max hat gleich in mit drei Monaten meinen Arbeitsalltag kennengelernt und auch sonst alles was ich im Alltag mache mitbekommen.
    Die wichtige Bindung die ein Hypohund zu seinem Halter braucht, habe ich auf diese Weise sehr gut hinbekommen.
    Noch bevor die eigentliche Hypohundeschule im Sommer 2011 losging, fiel auch bei Max vorher schon auf, daß er bei Unterzuckerungen durch Winseln und aufgeregten rumspringen auf sich aufmerksam machte.
    Das muß sofort belohnt werden, denn darauf kommt es später an.
    Dann ging es in der Hypohundschule zwischen Schleswig und Flensburg endlich los.
    Hier traf ich dann von Schulkindern bis Rentnern auf die verschiedensten Personen mit den verschiedensten Hunden.
    Die Basis ist erstmal den Hunden den Geruch einer Hypo beizubringen, was mit einem während einer Hypo getragenen Kleidungsstück passiert.
    Max kannte das schon.
    Zu weiteren Ausbildung hier gehören auch Grundgehorsam, Hundeernährung,
    , erste Hilfe am Hund und natürlich immer wieder Hypos Anzeigen lernen in den verschiedensten Allttagssituationen.
    Mittlerweile haben fast alle mit ihren Hunden den Prüfungstermin zum August erreicht und werden es sicher alle schaffen.
    Jeder Teilnehmer hat seinen Hund je nach seinem Alltag soweit, daß der Hund sich auf mögliche Hypos abfragen läßt, selbständig vom Hund einen bevorstehenden Sinkflug anzeigen kann, im Notfall Hilfsmittel wie Saftflaschen, Zuckertaschen holen läßt, Hilfe durch Knopfdrücken holen kann und einiges mehr.
    Gerade bei Gartenarbeiten, wo ich meinen Schweinehund nicht immer überwinde öfters zu messen ist eine kurze Abfrage durch ein Riechen von Max ein sehr bequemer Weg eine Hypo zu vermeiden.
    Ich habe schon oft von Max eine Hypoanzeige bekommen, zwar einen Wert von 124mg/dl gemessen 3BE Saft getrunken und nach ein Stunde 151mg/dl gemessen, woraus folgt, daß eine schwere Hypo vermieden worden sein muß.
    Ich habe also mittlerweile einen sehr zuverlässigen stets motivierten Partner an meiner Seite und "Hallo können sie mich hören?", habe ich schon lange nicht mehr von einem Rettungssanitäter hören müssen.
    Ich fühle mich dank Max im Alltag deutlich sicherer.
    Wer also einen Hund mitführen kann, wie ich das Glück durch Arbeitgeber, Haus mit Garten und verständnisvolle Menschen habe und gerne mit Hunden umgeht, dem kann ich diesen Helfer Hund nur weiter empfehlen.
    Er ersetzt nicht eine disziplinierte Blutzuckereinstellung, aber er ist ein wichtiger Helfer, den ich nicht mehr missen möchte.

  • Hallo Karsten,


    faszinierende Geschichte. Danke dafür.
    Ein so aufmerksamer und geschulter Gefährte müsste doch auch Hyperglykämie-Symptome erkennen, gerade wenn es in Richtung Ketoacidose geht.


    Viele Grüße aus München

    Easy come, easy go.

  • Hallo Karsten,

    vielen Dank für Deinen Bericht.

    Im Insuliner 91 (Juni 2010) haben wir einige Artikel zum Thema Hypo-Hund veröffentlicht.

    Gruss,
    Surferin

  • Bei einem Hund im Lehrgang vermuten wir, daß er das schon macht, da er bei der Halterin bei extrem hohen Werten schon angezeigt hat.
    Nun muß man aber bedenken, daß wir erstmal die für die betroffenen Menschen, deren Hunde nur auf deutlich gefährlichere Unterzuckerung geschult wurden.
    Hierfür haben die Hunde ein komplexe Verhaltenskette gelernt, die den Hund schon sehr in Anspruch nimmt.
    Hierzu zählen 1. Riechen -> 2. Anzeigen (z.B bei mir Anspringen) -> 3. Hilfsmittel holen(bei Saftflasche von bekannten Ort holen) -> 4.Hilfe Holen( Freundin oder bekannte Person anstustupsen) - > 5. Intelligent Ungehorsam sein um Aufmerksamkeit zu kriegen.
    Bei einer Hyperglokämie wäre ein ganz anderes Verhalten gefragt.
    Das könnte den einen oder anderen Hund durcheinander bringen und ein Fehler hier wäre natürlich fatal.
    So kann zum Beispiel ein Leichenspürhund bei der Polizei nicht auch gleich automatisch als Drogenhund eingesetzt werden.
    Hinzu kommt noch, daß diese Hunde natürlich sehr sozialverträglich gegenüber Menschen, Artgenossen und natürlich bei allen für Hunden schwierigen Situationen wie läufige Hündinnen, vorbeilaufende Katzen, Kanninchen, Kleinkinder immer noch zuverlässig funktionieren sollen. Das ist für einen Hund auch sehr anspruchsvoll!!
    Natürlich gibt es Hunde die beide BZ-Extreme richtig reagieren können, richtiger ist ab erstmal den Hund auf Unterzuckerung gut zu konditionieren, damit er da erfolgreich ist und bleibt.

  • Hi Blackmax,


    danke für deinen Bericht. :)


    Obwohl ich nicht wirklich überzeugt bin von der Hypohund-Idee. Es gibt CGM-Systeme, die einen nicht nur bei Hypos warnen, sondern auch bei Hypers, den jeweils aktuellen BZ-Wert anzeigen, den Trend, den Verlauf der letzten Stunden usw. Und mit so einem System muss man nicht Gassi gehen, es nicht füttern, nicht zum Tierarzt bringen etc. Wenn man natürlich sowieso einen Hund will, spricht nichts dagegen, ihn in die Richtung auszubilden. Sich aber nur einen Hund anzuschaffen, damit er einen bei Hypos warnt, finde ich nicht sinnvoll und auch unfair dem Hund gegenüber.


    Aber ihr beide scheint ja wirklich Spaß miteinander zu haben. Darf ich fragen, wieviel so eine Ausbildung, wenn man sie selbst macht, kostet?

    „Soll ich den Notarzt rufen?“ – „Nein, das ist ein Fall für Spezialisten, rufen Sie die Gummibärenbande!“ (diabetes-leben.com)


  • Erstmal zu deinen Bedenken, natürlich sol nur der sich für so einen Hund entscheiden, der auch wirklich spaß mit Hunden hat. Es macht sehr viel Arbeit kostet neben der Ausbildung an sich natürlich auch Unterhalt und Tierarzt.
    Wenn man also das nicht leisten mag und kann ist es natürlich nicht der richtige Weg.
    Bei mir sind alle wichtigen Komponenten für eine erfolgreiche Ausbildung Spaß an der Sache(sehr wichtig), Auslauf und natürlich das Liebe Geld vorhanden, so daß ich mich dafür entschieden habe, und habe es bis jetzt nicht bereut.
    Die aktuellen Preise findest du www.hypo-hund.eu .
    Ich bin hier sehr zufrieden und fühlte mich bis jetzt alles andere als über den Tisch gezogen.
    Dieses Gebiet ist aber voll von schwarzen Schafen, daher gut aufpassen und auf alle Fälle nirgendwo in Vorkasse gehen und dann auf einen fertigausgebildeten Hund warten!!
    Es klappt nach meiner Meinung am besten mit einem Welpen, den man selber aussucht und groß zieht.
    Ihr könnt mich hierzu aber gerne fragen.

  • Danke für Deinen tollen Einstand hier. Habe den Bericht mit freude gelesen, Super :6yes:


    Tja, mit so einer UZ ist eben nicht zu spassen und den Satz " Hallo können sie mich hören?" habe ich erst einmal gehört. Schön das Du für Dich einen Weg gefunden hast der dein Leben wieder lebenswerter macht :6yes:

    Gruß Hans :hihi:


    Pumpe seit über 39 Jahren und es ist erst die siebte.....

    Und seit 5 Jahren E-Auto Fahrer

  • Hier mal wieder ein Beispiel aus der Praxis.
    Im Beruf klingelt mal wieder pausenlos das Handy.
    Ich latsche x km auf meinen verschiedenen Baustellen auf und ab.
    Und mein Hund läuft mit und braucht auch seine Aufmerksamkeit.
    Beruflich läuft mal wieder alles zusammen und man hat Streß pur.
    Dann werde ich durch das ständige Anspringen von Max endlich aufmerksam und registriere endlich, daß ich mal wieder 'ne Flasche Saft vertragen könnte.
    Eine Messung von 34mg/dl war eine deutliche Sprache.
    Hätte ich früher auf Max gehört und hätte ihn mal gefragt(Kontrollschnüffeln fordern) wäre ich wohl noch im normalen Bereich geblieben.
    Aberwenigstens noch in letzter Minute reagiert.
    Ohne meinen Hund wäre ich wahrscheinlich gnadenlos abgeschmiert.
    Das Praktische am Hypohund ist, daß ich ihn gerade, wenn ich in irgendwelche Arbeiten vertieft bin, ihn immer mal kurz "fragen" kann ob alles in Ordnung ist ohne gleich immer den BZ messen zu müssen. Denn das ist ja irgendwie immer eine lästige Unterbrechung(schäm).
    Da sehe ich dann immer, daß Kosten und Mühe sich lohnen.:6yes:

  • Hallo Blackmax,
    was kostet so eine Ausbildung zum Hypohund ? Und kann man das nur mit Welpen machen ? Wie lange dauert die Ausbildung und hast du dir in der Zeit Urlaub genommen, oder muss man nicht dabei sein ?
    Danke für die Tipps.
    Dirk

    Viele Grüße
    Dirk


    typ1sch leben

  • Hallo Dirk,
    der Wolfsspitz Pepsi ist eine Kursteilnehmerin von mir.
    Da Welpen vom Alter her am besten lernen, empfiehlt es sich mit einem Welpen zu beginnen.
    Den Hund behält man am besten die ganze Zeit bei sich und fährt über den Lehrgang hinweg an verschiedenen Wochenendterminen zu dieser Hypohundschule hin.
    Ein Hund, der bei seinem Halter bleibt kann natürlich eine bessere Bindung zu ihm aufbauen, als wenn ein Hund, hierfür weggegeben wird.
    Und eine gute Bindung ist das a und o!!
    Ich konnte meinen Hund so gut an meinem Alltag anpassen.
    Am 11-12.08.12 hat er dann seine Prüfung und gilt als Behindertenassistenzhund und ist mit Schwerbehindertenausweis zusammen vom Status her einem Blindenhund gleichgestellt.
    Wenn du mehr Interesse hast Bargfeld liegt ja nicht weit von dir.:)




    P.S Sollte man so einen Hund ausbilden wollen(lassen) unbedingt die vorhandenen Angebote prüfen!
    Der Markt ist voll von schwarzen Schafen!!!
    Jede Schule sollte vernünftige Ansprechpartner haben mit Tel.
    und Vorkasse schonmal gar nicht!!

  • hallo - das ist ja total spannend. als hundebesitzerin (rumänischer straßenhund) habe ich schon einige beiträge über hypohunde im fernsehen gesehen. ich habe zwar nicht solche extremen hypoprobleme wie du, aber der gedanke, ob mein nächster hund ein welpe mit hypoausbildung werden könnte, kursiert schon unterschwellig in meinem kopf.
    eine frage: wie kannst du das kontrollschnüffeln abfragen? denn da bist du ja nicht unbedingt unterzuckert.....spannend.
    kann man beim prüfungstermin als zuschauer dabei sein? ich bin gebürtige riesebyerin, das ist ja quasi um die ecke.

    Es ist wie es ist

  • Na, zum Prüfungstermin möchten wir das nicht so gerne, auch wenn das jeder sicher gut schaffen wird, sind wir doch ziemlich unter Anspannung.
    Es kann aber jeder interessierte gerne so mal zum Unterricht dort vorbeischauen oder wer möchte kann sich gerne mal meinen Hund anschauen.
    Das kann ich beides nach Absprache arrangieren.

  • das kann ich gut verstehen - vielleicht meldest du dich mal, wenn die prüfung vorbei ist - good luck!
    nochmal die frage nach dem "kontrollschnüffeln", wie geht das?

    Es ist wie es ist

  • Na,
    ranrufen, zum schnüffeln auffordern und warten ob er auf den gelernten "Hypogeruch" reagiert.
    Das ganze läuft natürlich wesentlich komplexer ab, aber so kann man sich das in etwa vorstellen.

  • Hallo Blackmax, gern komm ich mal bei dir vorbei wenn es dir passt. Interessiert mich alles mit dem Hund.

    Viele Grüße
    Dirk


    typ1sch leben

  • So jetzt ist es geschafft, die Prüfung ist bestanden und
    Max ist jetzt ein Assistenzhund für Diabetiker sprich Hypohund und mein Versprechen, daß jeder interessierte ihn sich anschauen darf gilt immer noch.
    Viele Grüße
    Karsten und Max