Kurze, Intensive Sporteinheit ohne Zuessen möglich?

  • Hallo zusammen,


    nachdem ich mir jetzt zwei Stunden lang alte Freds zum Thema angeguckt habe, habe ich zwar immer noch nicht die Antwort auf meine Frage, dafür aber jede Menge kompetenter Menschen mit viel Fachwissen gefunden. Daher wage ich jetzt doch mal einen Post.


    Ich versuche jetzt schon zum wiederholten Male, meine Einstellung für's Joggen klar zu kriegen, ende aber fast immer in einer Hypo. Hier mal ein paar Infos:


    - Typ 1 mit Pumpe, relativ untrainiert
    - leichtes bis intensives joggen (Freizeitsport zum mal Auspowern), etwa 7,5 min/km schnell
    - Dauer 45 - 55 min
    - spätnachmittags, d.h. letzter Bolus > 4 Std. zurück, kein aktives Insulin (damit wäre alles noch schlimmer...)
    - Körpergewicht knapp über 60 kg, daher kein sooo hoher Energieverbrauch
    - Tagesinsulinbedarf im Duchschnitt etwa 23 I.E., d.h. relativ hohe Insulinsensitivität


    Ich habe schon mit meiner Basalrate rumexperimentiert, z.B. heute:


    2 Std. vor dem Sport für 1,5 Std. auf 50% gesenkt und beim Sport abgelegt.
    Eine Stunde vor dem Sport habe ich noch einen Apfel gegessen, vor dem Sport war der BZ dann (trotzdem erst!) bei 150, habe dann noch eine halbe BE gegessen (Trockenobst) und musste nach 35 Minuten Laufen mit einer Hypo (54) abbrechen.


    Ein anderes Beispiel war vor zwei Tagen:
    2,5 Std. vor dem Sport Basalrate für 1,5 Std. auf 50% gesenkt, BZ war dann vor dem Sport bei 250 - trotzdem habe ich nach 35 MInuten mit einem Wert von 68 aufgehört.

    Auch andere Experimente in der HInsicht waren noch nicht erfolgreich, ich habe sowohl an der Prozentzahl wie auch am timing schon viel herumprobiert, aber den krassen BZ-Abfall kann die Pumpe anscheinend nicht abfangen. (Setzte ich die Basalrate später herunter, habe ich nicht das Gefühl, dass ich schon was von dem Effekt merke, wenn ich loslaufe. Dann habe ich eher später Schwierigkeiten mit hohen Werten.)


    Mir vorher jede Menge Sport-BE reinhauen möchte ich eigentlich aber auch nicht. Ich mache das ganze zwar nicht direkt zum Abnehmen, aber entgegenwirken soll es dem ja bitte auch nicht. (Meine Kalorientabelle sagt mir, dass ich beim Sport heute 190 kcal verbraucht und für Sport-BEs und die Hypo 180 kcal gegessen habe. Also +-0, ok, naja.) Außerdem habe ich auch einfach noch gar keinen Hunger um die Uhrzeit und dann will ich halt nichts essen.


    Das frustrierendste daran ist für mich, wenn ich mit einer Hypo abbrechen muss - ich will doch einfach nur laufen!! Stattdessen muss ich essen. :arghs:
    Wer weiß Rat oder hat Tipps, was ich noch ausprobieren könnte?


    Schöne Grüße
    Tyto

  • Ich lege meinen Sport eher in die Zeit nach dem Essen. Also Bolus beim Essen nur 40-45% und nach 2 Stunden bin ich dann mindestens zwischen 200-300. Wenn ich sehr hoch bin, reduziere ich die Basalrate nicht, sonst meistens auf 70%. Dann komme ich fast immer ohne Hypo durch. Ich bin genauso insulinempfindlich. Tagesbedarf auch zwischen 22 und 25 IE.
    Wenn ich sehr schnell nach dem Essen Sport machen will, spritze ich das Insulin erst nach 30 min. und verzögert. Dann kann ich schon kurz nach dem Essen z.B. joggen gehen. Wenn kein Bolus mehr aktiv ist, komme ich ohne Essen nicht aus. Das bisschen Basalrate reduzieren reicht dann auf keinen Fall.

    Wenn dr oiner domm kommt, dann lass ihn au wiedr domm ganga!

  • Ach, heißt das, dass du dann teilweise sogar erst nach dem Sport den Bolus für die Mahlzeit geben würdest? (Also bei einer kurzen Trainingseinheit direkt nach dem Essen.) Reduzierst du den dann auch noch?


    Auf jeden Fall finde ich schonmal gut zu hören, dass ich da kein Einzelfall bin! Vielleicht versuche ich dann den Sport mal testweise nach dem Abendessen. Aktives Insulin haut bei mir aber immer echt rein, sodass ich das mit dem Sport zu bald nach Mahlzeiten ziemlich schnell aufgegeben hatte. Aber vielleicht muss ich da einfach nochmal mit Drück-Ess-Abstand und mit genügend kleinen Boli experimentieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Tyto ()

  • Hallo Tyto,


    also ich schreib mal, was mir so beim Durchlesen eingefallen ist. Dramatisch finde ich das bei Dir alles gar nicht. Mit dem Absenken der Basalrate wird eher das Stoffwechselverhalten eines Nicht - Diabetikers simuliert. Vor ergänzenden BE's alleine schützt das noch nicht. Das wäre eher Zufall, wenn so etwas genau klappt. Bei mir wirkt das Absenken, wenn ich lange Sport mache. Ich senke die Basalrate auf 35% und denke, dass sich das nach 1.5h bemerkbar macht. Ehrlich gesagt bin ich kein Fan vom Ablegen der Pumpe, ganz im Gegenteil. Insulin wird vom Körper schon immer benötigt, auch beim Sport. In meinen Augen isst Du wenig für Deine Bewegung, 2 BE vorher und 1 BE nachher. Gerade bei Sport finde ich, wird Obst sehr schnell verdaut, erzeugt einen hohen Spitzenwert und ist dann auch sehr schnell verbraucht, ähnlich wie Traubenzucker. Ich denke, wichtig ist nicht ein besonders hoher Blutzucker Wert bei Beginn, sondern eine Zeitspanne lang genügend BE über das Essen bereit zu stellen. Ein wenig Eiweiß und fetthaltiges Essen wird langsamer verdaut. Ein Stichwort hierzu ist glykämischer Index. Das wäre so die Richtung, die ich einschlagen würde, etwas mehr als 3 BE's wie eben beschrieben vorher essen. (Wenn ich mich nicht verschätze, haben ein bisschen mehr als 3 BE Apfel ca. 180 Kcal). Du setzt den Kalorienverbrauch für die Bewegung eh sehr gering an. Stimmt der denn? Die Idee von Sonntagskind, die benötigten BE zum Sport vom Abendessen zu nehmen finde ich gar nicht schlecht. Ich vermute mal, dass Du dann den Bolus reduzieren kannst. Auf so eine Idee, den Bolus verzögert zu spritzen wäre ich nicht gekommen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das funktioniert. Sonntagskind, bekommst Du dann nach dem Sport nicht eine Unterzuckerung?


    Wenn Du öfters läufst, bekommst Du mehr Kondition. Der Stoffwechsel reagiert dann viel gelassener auf Dein Laufen. Dann brauchst Du auch weniger zusätzlichen BE's. Mit mehr Kondition wirst Du aber schneller und weiter laufen, und wieder ein paar zusätzliche BE's benötigen. So ist das, leider. Ich glaube alle Diabetiker möchten gerne Sport machen, ohne etwas dazu essen zu müssen. Täusche ich mich, wenn ich ich den Eindruck habe, dass das Gewicht Abnehmen Dir doch gar nicht so unwichtig ist. Gewicht dürftest Du trotz des Zusätzlichen Essens langsam ein bisschen verlieren. Die Kohlenhydrate, die Du zusätzlich isst, benötigt die Muskulatur. Das körpereigene Fettreservoir bekommt davon nicht all zu viel mit.


    Gruß thomas

  • Und der Nachteil: 0,5l Cola muss man erstens mögen und zweitens blubberts da schon. Bei mir geht das gut - es soll Menschen geben die können mit derart vollem Bauch nicht loslaufen (und 60kg ist weit weg von meiner Gewichtsklasse - in der richtigen Richtung ). Dann bliebe natürlich noch das Ganze zu verteilen (und eine kleine Flasche mitzunehmen) oder halt Hälfte Cola und 2,5BE Traubenzucker.


    Wodka-Orangensaft vor dem Sport würde weniger "blubbern" :D :D :D

  • Danke für die vielen Antworten!


    Das Ablegen der Pumpe beim Sport finde ich von der Logik her auch nie so richtig überzeugend. Ich denke immer, dass man den Effekt ja einfach erst zwei Stunden später merkt. Das kann natürlich sinnvoll sein bei längeren Aktivitäten, aber nicht bei < 1Std.
    Ja, abnehmen wäre schon nett, aber den Sport mache ich nicht in erster Linie deswegen. (Aber wenn die Kaloriebilanz in der falschen Richtung positiv wäre, wär halt nich so nett.) Low Carb betreibe ich auch nicht, aber ich esse selten mehr als 5 BE zu einer Mahlzeit. Daher finde ich es zumindest unintuitiv, soviel vorm Sport zu mir zu nehmen. Egal ob als Cola oder in anderer Form. Aber eure Rechnungen bezüglich des Bedarfs decken sich definitiv mehr mit meiner Erfahrung als die "1-2 Sport-BE"-Empfehlungen, die ich von Schulungen so im Kopf habe.


    Uah, ein halber Liter Cola ist ja Verschwendung... also wenn schon Zucker, dann bitte auch als Kuchen :essen:


    Ach so, noch zu Sonntagskinds Vorschlag mit dem verspäteten Bolus: Ich kann mir schon vorstellen, dass es funktioniert, einen längeren DEA zu nutzen, um zum richtigen Zeitpunkt einen guten Sport-Startwert zu haben. Aber den Bolus reduzieren muss man dann natürlich trotzdem noch. Ich denke, dass hilft nur für's timing, ändert aber nichts an den sonstigen Anpassungen.


    Was mich noch interessieren würde: Wie macht das denn bitteschön ein normaler Körper? Unter null kann der seine Insulinproduktion ja auch nicht senken. Geht das alles nur über Leberzucker und Muskelspeicher? Warum kann man die als Diabetiker denn dann nicht genauso nutzen?


    Und in diesem Zusammenhang: Merkt ihr einen großen Unterschied bei den BZ-Verläufen beim Sport in Abhänigkeit davon, ob ihr in den 1-2 Tagen davor eine Hypo hattet (mit/ohne Gegenregulation)? Ich habe nämlich manchmal das Gefühl, dass ein "leerer" Leberspeicher (also nach Hypo mit Gegenregulation) beim Sport auch deutlich schneller zu weiteren Hypos führt (neigt man ja dann eh zu).

  • Ich finde es immer blöd, wenn ich essen muss, ohne Hunger zu haben. Deshalb versuche ich, die KHs, die ich sowieso esse für den Sport zu benützen. Wenn ich Zeit habe gehe ich erst 1,5-2 Stunden nach dem Essen z.B. joggen. Wenn es knapp ist esse ich und warte ca. 30 min. Dann spritze ich den reduzierten Bolus verzögert über die Dauer des Sports. Das funktioniert ziemlich gut. Dass ich erst nach dem Sport spritze geht nur, wenn ich stundenlang z.B: wandere. Da kann es sein, dass die Basalrate ausreicht und ich den ganzen Tag keinen Bolus brauche. Bei kurzen Sporteinheiten (max. 1h) gebe ich den Bolus während des Sports ab, wenn ich relativ schnell nach dem Essen gehen will.

    Wenn dr oiner domm kommt, dann lass ihn au wiedr domm ganga!

  • hallo,



    ich denkeich bin dir recht ähnlich. Gewicht knapp über60kg und Insulinbedarf ca.20E pro Tag. Bin nur andres geschlecht :-). Ich mache low carb und versuche mit Hilfe von Sport abzunehmen.Ich denke deine 1,5 h Basalratensenkung ist zu kurz. Ich senke die Basalrate um 50% für 3 Stunden bis direkt vor dem Sport. Während des Sports bzw. halbe Stunde vor dem Ende ist die Basalrate wieder normal. Ansonsten ist bei mir 2 h nach dem Sport der Zucker gestiegen. Bei 30 min Joggen/ Schwimmen/ Rad im Fitnessstudio reichen die 3 Stunden Basalsenkung (= 0,75 E Insulin weniger) zum ausgleichen.Manchmal hab ich doch ne hypo oder esse vorher noch nen Apfel wenn der wert nicht hoch genug ist vor dem sport. Hoffe das hilft. Nach dem essen Sport geht natürlich auch gut! :essen:

  • Hallo Tyto,


    ... antworte ich wieder so, dass ich das schreibe, was mir spontan zu dem von Dir geschriebenen einfällt.


    Das gefährliche beim Ablegen der Pumpe in meinen Augen ist, zumindest, wenn Analog Insulin drinnen ist, dass die Insulinwirkung beim Sport scheinbar von einem auf den anderen Augenblick abreist, der Blutzucker in die Höhe schießt und man sich plötzlich ganz übel fühlt vor allem ab der zweiten Stunde laufen, kann so etwas passieren. Ich habe eher Angst davor, dass das Insulin nicht nicht ausreichend ist.


    Die 1 bis 2 BE Empfehlung kenne ich gut. Die stammt irgendwie noch aus den 70'er Jahren, einer Zeit vor dem Jogging und Aerobic und alles was so an Fitness in den 80'ern kam. Damals galt den Rasen im Garten mähen schon als Sport. Ich denke heute machen alle anders Sport auch wir Diabetiker. Eigentlich ohne Unterschied zu einem Nicht – Diabetiker auch im Ergebnis/Erfolg. Wie lange hast Du eigentlich Diabetes.


    Ein „normaler Körper“ benötigt zum Sport auch Kohlenhydrate. Diese werden bei jedem, ob Diabetes oder nicht, vom Darm, der Leber und den eigenen Fettreserven (Kenton) bereitgestellt. Die Kohlenhydrate werden vom Muskel und ein kein wenig auch vom Gehirn benötigt. Wenn die Energie nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht, erreicht der Nicht Diabetiker den Zustand „schlapp machen“. Auch wir Diabetiker können diesen Punkt locker erreichen. Dadurch, dass bei uns kein Insulin mehr produziert wird, kann der Körper den Blutzucker nicht mehr mit dem Glucagon der Leber ausgewogen ausregeln, so dass wir das übernehmen müssen. Der Unterschied beim Sport ist nicht groß, wir müssen es halt hinbekommen, den Blutzucker einigermaßen im Rahmen auszuregeln, mit Basalrate, Bolus, Cola, Kuchen und allem was wir hier im Forum unter Sport so diskutieren.


    Jeder, ob Diabetiker oder nicht, bekommt beim längeren Laufen einen Leistungsschub, durch 'ne Cola oder zusätzliche Kohlenhydrate. Vieles, wie der glykämischer Index ist vom Leistungsport in den Diabetes gewandert.


    Gewöhnlich merke ich Unterzuckerzungen schon, und esse selbst dagegen an. Dabei habe ich nicht das Gefühl, dass vermehrt Glucagon abgegeben wird, auch beim Sport danach merke ich von einer solchen vorhergehenden Unterzuckerung nichts.


    Wenn ich unterzuckere und mein Körper die Gegenreglung in die Hand genommen hat, bin ich schon ziemlich lange platt, gut 2 bis 3 Tage. Also 2-3 Tage sehr bescheidenen Blutzucker Werte und ein Gefühl, dass man breit ist. Ich denke vor allem Cortisol mindert die Insulinwirkung sehr lange. Glucagon erzeugt erst mal eine rasche Blutzuckerspitze und Adrenalin Zittern, Herzrasen und einen Schweißausbruch. Sport mache ich in der Zeit nicht. Das Gegenregeln finde ich ist eh eines der größten Ärgernisse am Diabetes. Es sind immer gleich ganze Tage kaputt. Ich denke ich brauch schon 3 Tage bis alle Speicher wieder ordentlich gefüllt sind und sich alles wieder eingerenkt hat.


    Dein Eindruck stimmt schon. Nach einer Gegenregulation aber auch nach dem dem Sport kann das Glugagon Lager geplündert sein. Wenn der Glucagon - Speicher leer ist, kann man stärker unterzuckern. Die Gegenregulierung ist eingeschränkt. Aber nicht nur das, ein Teil der Basalrate fällt weg. Es ist sinnvoll nach dem Laufen etwas zu essen, um den Speicher ein wenig aufzufüllen und/oder die Basalrate noch eine Weile gesenkt zu lassen, deshalb wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen den Bolus zu verschieben. Die Hauptwirkung des Bolus wandert dann mehr in dem Bereich nach den Sport, in dem der Blutzucker eh niedrig ist.


    Soviel, was mir spontan zu dem von Dir geschriebenen einfällt. Gute Nacht


    thomas

  • Hallo Sonntagskind,


    ... das klingt sehr kompliziert und verwirrend und auch ein wenig chaotisch, aber wenn es funktioniert, warum nicht.


    Das einzige, was ich machen und überschauen würde, wäre ein Essen zu nutzen, um danach zu Laufen. Dazu würde ich den Bolus für das Essen deutlich reduzieren.


    Gruß thomas

  • Ich habe jetzt seit knapp 20 Jahren Diabetes. Aber wie viel Einfluss so eine Gegenregulation haben kann, weiß ich erst so ungefähr seit 1-2 Jahren. Davor habe ich meine Blutzuckerschwankungen nämlich auf alles mögliche geschoben. Inzwischen merke ich, dass ich den rollercoaster eingentlich nur in den zwei Tagen nach einer Hypo habe. Und der ist dann oft auch echt schwer einzufangen. Passt insofern zu dem was du, nemo, geschrieben hast, aber ich glaube, dass ist ein Thema für einen ganzen eigenen Thread.

    Ein „normaler Körper“ benötigt zum Sport auch Kohlenhydrate. Diese werden bei jedem, ob Diabetes oder nicht, vom Darm, der Leber und den eigenen Fettreserven (Kenton) bereitgestellt. Die Kohlenhydrate werden vom Muskel und ein kein wenig auch vom Gehirn benötigt. Wenn die Energie nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht, erreicht der Nicht Diabetiker den Zustand „schlapp machen“. Auch wir Diabetiker können diesen Punkt locker erreichen. Dadurch, dass bei uns kein Insulin mehr produziert wird, kann der Körper den Blutzucker nicht mehr mit dem Glucagon der Leber ausgewogen ausregeln, so dass wir das übernehmen müssen. Der Unterschied beim Sport ist nicht groß, wir müssen es halt hinbekommen, den Blutzucker einigermaßen im Rahmen auszuregeln, mit Basalrate, Bolus, Cola, Kuchen und allem was wir hier im Forum unter Sport so diskutieren.

    Du meinst also, dass wir als Diabetiker durch die fehlende Insulinproduktion auch eine grundsätzlich eingeschränkte Glucagonproduktion haben und unser Körper deswegen bei Sport nicht in dem Maße Leberzucker ausschütten kann, wie bei einem Nicht-Diabetiker? Aber grundsätzlich haben wir doch den gleichen Leberspeicher, wie man an den Gegenregulationen bei Hypos ja sehen kann, oder manchmal auch an den unerwarteten hohen BZ-Werten nach wirklich intensivem Sport.
    Das heißt, wir hätten nur ein Zugriffsproblem... *wildspekulier*


    (Von der Beobachtung her würde das quasi passen zu einer Glucagonproduktion, die zwar funktioniert, aber nicht richtig geregelt ist, sondern nur an/aus kann. Da ist mir aber nicht klar, warum das so sein sollte.)


    Wenn ich morgens vor dem ersten Bolus des Tages laufe, sind meine Werte übrigens deutlich stabiler. Oft macht der Sport da überhaupt nichts aus. Weiß jemand, warum das so ist? (Habe auch schon mal überlegt, ob vielleicht doch tagsüber immer noch etwas Restinsulin von den Mahlzeiten im Körper ist, auch wenn der letzte Bolus länger her ist als 3/4 Stunden. Finde das allein aber nicht ausreichend überzeugend.)


    Hm, auch ein Ansatz. Hat natürlich den Nachteil, dass man noch länger vorher planen muss, aber gut.


  • Du meinst also, dass wir als Diabetiker durch die fehlende Insulinproduktion auch eine grundsätzlich eingeschränkte Glucagonproduktion haben und unser Körper deswegen bei Sport nicht in dem Maße Leberzucker ausschütten kann, wie bei einem Nicht-Diabetiker? .


    Ja, einige verlieren das sogar ganz und können dann bewustlos werden.


    lg
    Adrian

  • Ja, einige verlieren das sogar ganz und können dann bewustlos werden.

    Ist ja mal wieder gemein. :huh:


    Aber. Wenn ich eine Gegenregulation bei einer Hypo haben kann - oder bei intensivem Sport - dann wird ja offensichtlich noch Glucagon produziert. Und man kann nach so eine Aktion ja gerne auch mal 300er Werte haben, in diesem Fall kann es ja dann also auch gar nicht so wenig Glucagon sein, dass zur Verfügung gestellt wird. Wieso kann es dann aber nicht nur in geringem Maße zur Verfügung gestellt werden?


    (Falls ich zu penetrant werde, könnt ihr mich übrigens auch gerne mit einem "dann geh doch Medizin studieren, wenn du's so genau wissen willst" abwürgen. :whistling: )

  • Solche Fragen sind doch super. Gerne mehr davon.


    Was man beim Sport nicht unterschätzen sollte, ist die Ausschüttung von Cortisol und Wachstumshormonen. Die führen zwar nicht dazu, dass der BZ unmittelbar steigt, machen auch ziemlich Insulin-resistent. Dann reicht schon noch etwas Sport-BE das noch in der Verdauung hing und der BZ steigt sehr gut an.
    Bei uns in der Schulung haben wir dazu das folgende Paper besprochen: http://care.diabetesjournals.org/content/29/3/601.full.pdf


    lg
    Adrian

  • Cool, Volltext-pdf-paper \o/


    Ihr habt das in einer Schulung besprochen? Wie geil ist das denn. So eine Schulung will ich auch mal.


    Naja, heute werd' ich's aber nicht mehr lesen. ;-)

  • Wenn ich morgens vor dem ersten Bolus des Tages laufe, sind meine Werte übrigens deutlich stabiler. Oft macht der Sport da überhaupt nichts aus. Weiß jemand, warum das so ist?


    Vielleicht spielt die Hormon bedingte höhere Insulin-Resistenz am Morgen eine Rolle. Ich habe meine Zeit, in der ich gelaufen bin, im Frühjahr von frühen Abend auf den frühen Morgen verschoben und habe bei mir festgestellt, dass ich deutlich besser laufe und weniger Essen muss. Eine Erklärung dafür habe ich auch noch nicht gefunden. Habe aber ehrlich gesagt auch noch nicht ausführlicher danach gesucht. Wenn Du, oder jemand anders es weiß, das interessiert mich auch sehr. Ich denke ein Vorteil des morgendlichen Laufens ist auch, dass man danach noch ziemlich lange seinen Blutzucker beobachten kann. Es gab mal einen Thread, der so in die Richtung ging, zumindest von mir so ausgelegt wurde. Dieser hat mir allerdings auch keine neuen Erkenntnisse eingebracht.


    Unter null kann der seine Insulinproduktion ja auch nicht senken.


    +


    Das heißt, wir hätten nur ein Zugriffsproblem... *wildspekulier*


    Das Insulin wird ja in den Beta Zellen gebildet und gleich neben dran in den Alpha Zellen wird sein Gegenspieler, das Glucagon hergestellt.


    Genau, wir haben ein Zugriffs und Steuerproblem. Ist beim nicht Diabetiker zu viel Insulin vorhanden, wird für eine kurze Zeitdauer Glucagon abgegeben, das Glucose aus der Leber frei setzt.


    Die Leber als Speicher selbst, sie kann bis zu 10% ihres Gewichtes noch mal an Glucose aufnehmen, ist bei uns genauso wie beim Nicht Diabetiker. (Sagen wir mal die Leber wiegt 1.5Kg, dann kann sie bis zu 150g Glucose speichern) Das geregelte kurze Freisetzen von Glukose via Glucagen klappt nicht mehr. Dazu muss man sagen, dass der Nicht Diabetiker eine sehr ungenaue Insulindosierung hat und die stabile Einstellung nur über das zügige Bereitstellen von Glucagon hin bekommt. In diese Richtung gab es schon Pumpenversuche in den 80'er Jahren. Schrank große Dinger. Ich denke, dass in Zukunft eine Pumpe auch über beides verfügen wird, Glucagon und Insulin.


    Dann wünsch' ich Dir noch viel Spaß beim Medizin Studieren :D.


    Adrian


    Den Bericht kenn ich. In welcher Schulung werden solche Themen behandelt?


    Hobbet hatte mir den Artikel vor einigen Tagen zugeschickt. Da Du nicht verraten hast, was drin steht, will ich den Artikel mal kurz zusammenfassen, in der Hoffnung diesen auch richtig verstanden zu haben. Durch ein paar kurze Puls Sprints von 10 Sekunden Länge kann man am Ende des Laufs verhindern, im Folgenden eine Unterzuckerung zu bekommen. Durch die Pulse werden (neben Katecholamine und Lactate) Wachstumshormone und Cortisol (Cortison) erzeugt. Diese wirken einer Unteruckrung entgegen.


    Welche persönlichen Erfahrungen hast Du gemacht, Adrian? Meine Meinung dazu. Da kann was dran sein. Für einen kleinen Marathon vor 4 Wochen habe ich direkt nach meinem täglichen Laufen noch ein wenig den oberen anaeroben Bereich zu trainiert. Unterzuckert bin ich danach nicht.
    Gruß thomas

  • vielleicht noch ein Gedanke:
    die Zeitdauer kürzer zu beginnen z.B. 20min mit wechselnder Intensität, laufen /gehen - dabei Puls niedrig halten bzw. wieder absinken lassen,
    erst dann die Zeit steigern, wenn Puls bei z.b. <160 bleibt
    ich bin kein Profi, aber Sport mit zu hohem Puls bringt weniger und ist auch für den BZ Mist

    - Typ 1 mit Pumpe, relativ untrainiert
    - leichtes bis intensives joggen (Freizeitsport zum mal Auspowern), etwa 7,5 min/km schnell
    - Dauer 45 - 55 min
    - spätnachmittags, d.h. letzter Bolus > 4 Std. zurück, kein aktives Insulin (damit wäre alles noch schlimmer...)
    - Körpergewicht knapp über 60 kg, daher kein sooo hoher Energieverbrauch
    - Tagesinsulinbedarf im Duchschnitt etwa 23 I.E., d.h. relativ hohe Insulinsensitivität

    Leg Dich nicht mit Zucker an, er ist raffiniert! :bigg

  • Welche persönlichen Erfahrungen hast Du gemacht, Adrian? Meine Meinung dazu. Da kann was dran sein. Für einen kleinen Marathon vor 4 Wochen habe ich direkt nach meinem täglichen Laufen noch ein wenig den oberen anaeroben Bereich zu trainiert. Unterzuckert bin ich danach nicht.
    Gruß thomas


    Zum Glück war es nur ein kleiner Marathon. Ein großer Marathon wäre schon ein derbes Kaliber ;):rofl



    Ich bin zwar nicht der Adrian, aber ich antworte dennoch. Ich habe zwar noch nie gezielt nach einem Ausdauertraining nochmal Sprints angehängt, hatte aber dennoch zahlreiche Trainings, die am Ende noch Sprints beinhaltet haben. Generell gehe ich davon aus, dass Intervallbelastung meinen BZ tendentiell steigen lässt. Als Laie sage ich, dass es an einer Art "Stresssituation" liegt: Der Neandertaler denkt, dass es gefährlich wird, wenn er sprinten muss (bzw. wenn er die anaerobe Schwelle überschreitet) und schüttet Adrenalin aus, welches dann den BZ ansteigen lässt. Genau dieses Phänomen könnte man sich bei einer drohenden Unterzuckerung (beim Sport) zunutze machen. Man verhindert durch Sprints kurzzeitig einen BZ-Abfall
    Was ich hingegen NICHT unbedingt bestätigen kann ist der "Schutz" vor einem BZ-Abfall nach dem Training. Meine Werte gehen nach der Belastung natürlich runter. Tendentiell würde ich sagen: je stärker die Trainingsbelastung, desto steiler der BZ-Abfall danach (viele, harte Intervalle im Training = deutlicher BZ-Rückgang nach dem Training). Dass Sprints am Ende des Trainings diesen Abfall abschwächen, glaube ich nicht. Was ich bestätigen würde wäre eine zeitliche Verschiebung des BZ-Abfalls. Ich muss dann eben nicht 15 Minuten nach dem Training etwas essen sondern eher 45-60 Minuten danach.