Liebe Leute, ich schulde Euch noch den Bericht von unserer tollen Fastenstudie! Er ist zuerst in der letzten Ausgabe des Insuliners erschienen, über den ca. 65% der Teilnehmer zu uns kamen. Nun hier den Insulinerbericht auch im InsulinClub:
Die Daten werden Ende Juni auf der internationalen Fastentagung in Überlingen vorgestellt werden und als bald publiziert.
Fasten für Menschen mit Typ-1Diabetes: Eine Machbarkeitsstudie
Es ist gelungen! 20 Menschen mit Typ-1-Diabetes und 10 Menschen ohne Typ-1-Diabetes haben zusammen neun Tage im Rosenwaldhof verbracht, davon waren ein Vorbereitungstag, sieben Fastentage und ein Aufbautag.
Für die Studie nutzten wir die Leitlinien der Fastenärzte und passten diese an die Bedürfnisse für Menschen mit Typ-1- Diabetes an. Wir nahmen nur Tee, Brühe, (oder Haferschleim), Gemüsesäfte und Wasser zu uns. Bei Unterzucker gab es Obstsäfte. Wir waren am Ende alle sehr glücklich über diese wunderbare gelungene Zeit! Wir fühlten uns bereichert und beschenkt.
Unser Team bestand aus zwei Ärzten, einer Psychotherapeutin, einer Diabetesberaterin, einer Study Nurse, einer Fasten- beraterin, einer Promovendin, die eine Untersuchung zum Säure-Basen-Haushalt durchführte, einer Eurythmistin, einer Achtsamkeitslehrerin und mir als Studienleiterin und Selbstmanagementtrainerin.
Aus der benachbarten Fastenklinik, dem Immanuelkrankenhaus / Charité, kamen jeden Tag erfahrene Fastenärzte, die uns zum Beispiel in Bezug auf die richtige Anpassung von Blutdruckmedikamenten berieten. Die Abende waren gefüllt mit spannenden Vorträgen, so von Prof. Andreas Michalsen zu den gesundheitlichen Vorteilen des Fastens aus wissenschaftlicher Sicht und von Dr. Rainer Stange zur Bedeutung der Ketone.
Die Erkenntnisse zur gesundheitsförderlichen Rolle der Ketone wachsen. So
können z.B. Kinder mit Epilepsie durch ketogene Diät anfallsfrei werden und Sportler verbessern damit ihre Leistungsfähigkeit.
Prof. David Martin hat vielen Teilnehmern zu einem vertieften Verständnis von Schilddrüsenerkrankungen verhelfen können.
Prof. Dr. Remer hat uns den einzigen anerkannten Biomarker für das Säuren-Basen-Gleichgewicht im menschlichen Organismus vorgestellt und uns über die Bedeutung basengenerierender Ernährung aufgeklärt.
Ich konnte mein Modell der Biographiearbeit für Menschen mit Autoimmunerkrankungen präsentieren.
Nur eine Teilnehmerin musste uns verlassen, da ihre Schmerzen, verursacht durch einen Unfall vor vielen Jahren, aktiviert wurden. Sie hat sich zuhause schnell wieder erholt.
Alle anderen 29 Studienteilnehmer konnten das Fasten wohlbehalten beenden. Während der ganzen Zeit haben wir sehr genau unsere Blutzucker-, Blutgasanalysedaten und Ketonwerte gemessen. Voller Staunen konnten wir beobachten, dass es einem auch mit höheren Ketonwerten gut und sehr gut gehen kann und die Blutzucker-Werte dabei niedrig bleiben können. Einigen Teilnehmern wurde übel, zwei von uns mussten sogar einen Tag lang das Bett hüten. Laut unserer bisherigen Datenauswertung handelte es sich dabei einmal um normale Fastenübelkeit und in der anderen Situation um einen Selbstmanagementfehler nach Unterzucker. Insgesamt haben wir, wenn die Höhe der Ketonwerte unbehaglich wurde, durch Zitrone oder 2 KHE Obstsaft schnell Abhilfe geschaffen und die Ketone sanken wieder.
Für die meisten von uns waren die Fastentage Ferien von den mahlzeitenbezogenen Insulindosen. Viele konnten ihre Basalrate massiv senken. Und: Wir hatten Zeit, uns auf uns zu besinnen, zu atmen, zu meditieren, zu singen, (Salsa) zu tanzen, unsere Ressourcen zu aktivieren, zu wandern, zu paddeln und zu radeln. Viele konnten die Eurythmie oder die rhythmischen Massagen genießen, die dabei helfen, Schwingungsfähigkeit und Lebendigkeit aufrecht zu erhalten oder zu verbessern. Das Seminarzentrum Rosenwaldhof in Götz/Brandenburg mit einer tollen Crew trug das seinige dazu bei, dass wir uns so wohl fühlen konnten.
Fazit
Fasten ist auch für Menschen mit Typ-1-Diabetes möglich. Welche patienten- und wissenschaftlich relevanten Auswirkungen die Zeit auf unser Befindlichkeit hatte, analysieren wir zur Zeit anhand der Fragebögen. Wir haben viel gelernt und erstellen nun einen überarbeiteten Leitfaden für das Fasten bei Typ-1-Diabetes. Unser Ziel ist es, dass auch Menschen mit Typ-1-Diabetes künftig in Fastenkliniken aufgenommen werden dürfen.
Für die Teilnehmer der Studie stellte das Fasten eine sehr kostbare gesundheitliche Ressource dar. Seit 1994 träumte ich davon, in einem geschützten Rahmen als Typ-1-Diabetikerin fasten zu dürfen. Nun durfte ich diesen Rahmen selber schaffen.
Wir haben den Beweis erbracht, dass Fasten bei Typ-1-Diabetes möglich ist. Und noch mehr: Für uns als Menschen mit Diabetes ist es wichtig, neben den Blutzuckerwerten unser seelisches und geistiges Befinden zu beachten und ggf. zu verbessern. Auch dazu hat diese Studie viel beitragen können - dank all derer, die den Mut hatten, sich darauf einzulassen.
Dr. Bettina Berger Bettina.Berger@uni-wh.de