Umgehen mit der Restfunktion

  • Ich wurde vor ca. 8 Wochen als neu entdeckter T1 mit 4 I. E. Tresiba zur Nacht eingestellt. Meine Durchschnittswerte laut libre liegen zwischen 115 und 135. Ich habe ein recht flaches Nachtprofil, das morgens nach dem Aufstehen auf ca. 130 ansteigt und über Tag je nach Mahlzeiten und Bewegung fröhlich rauf und runter tanzt.


    Nach einer normalen Mahlzeit gehe ich hoch bis auf max. 170 mg/dl, kann ich dann 15 - 30 Minuten Bewegung einbauen, sinkt der BZ innerhalb einer Stunde auf ca. 120. Kann ich keine Bewegung einbauen, sinkt er langsamer, braucht ca. 2 Stunden bis auf 130. Esse ich eine recht kohlenhydratarme Mahlzeit oder nur wenig und komme danach auf eher ungeplante Bewegung (z. B. Wege während der Arbeitszeit oder der Bus fällt aus und ein Fußmarsch steht an), falle ich auch schon mal auf 70 mg/dl.


    Deshalb möchte die DiA mir kein zusätzliches Bolusinsulin verordnen, die Gefahr von Hypos sei zu groß. Es sei nicht weiter schlimm, dass der BZ nach dem Essen bis auf 170/180 ansteige, da er ja von selbst wieder falle, also Restfunktion vorhanden sei.


    Ich hätte jetzt eher gedacht, dass eine geringe Gabe zu den Mahlzeiten meine Restfunktion unterstützen könnte, damit sie mir noch bisschen erhalten bleibt. Dass also die Bolusgabe zur Bauchspeicheldrüse quasi sagt: ruh dich aus, ich mach den Job hier schon. Oder ist es tatsächlich so, dass die Bauchspeicheldrüse dann eher sagt: ach, mach du, ich geh in Rente.


    Ihr seid quasi meine Zweitmeinung, die ich hier gerne einhole :)


    Danke schonmal :*

  • Ich würde eher auf deinen Arzt hören. Die Nebenwirkungen bei UZ sind höher als ein paar Monate zusätzliche Restfunktion wert sind, von der sowieso niemand weiß wie lange die anhält. Mit dem Basal unterstützt du ja schon deine Bauchspeicheldrüse.

    Wenn man Knäckebrot isst, hört man nicht was die anderen Menschen um einen herum sagen. Ich esse jetzt sehr oft Knäckebrot! Knäckebrot ist super! :S

  • am Anfang gibt es nur Basal, das ist der einfachste Weg. Die Restfunktion wird dich früh oder später verlassen. 180 als max. Spitze sind ein Traum für dass du kein Bolus brauchst und immer wieder runter kommst. Als nächstes steht irgendwann erstmal evtl. nur eine Erhöhung des Basal an und danach kommt das Basalinsulin.

  • Ich kann deine Gedankengänge verstehen. So geht es denke ich, vielen mit Restfunktion.


    Ich gebe mal folgende Anhaltspunkte:

    Bei gespritzten Bolus kann es passieren, dass die KH früher den BZ erhöhen als das Insulin wirkt. Im Zweifel senkt deine BSD bereits den BZ und dann fängt noch das gespritzte Insulin zu wirken an und einmal gespritzt, kann man es nicht mehr rückgängig machen..

    Generell ist das genaue Timing Boluswirkung - KH-Wirkung nicht so einfach und braucht etwas Ausprobierzeit.


    Bei deiner guten Restfunktion bräuchtest du mit großer Wahrscheinlichkeit nur sehr sehr geringe Bolusmengen. Bei mir war Bolusinsulin notwendig, weil ich wenn ich etwas gegessen hatte, auf 200+ geschossen bin und dann stundenlang dort geblieben bin. Erst nach sehr vielen Stunden war ich wieder am Ausgangswert.


    Und als ich dann mit Bolusinsulin angefangen habe, hatte ich Faktoren von 0,5IE je 10gr KH bzw. 0,75IE je 10gr KH. Und das hat auch nicht so ganz hingehauen, aber noch feiner konnte man die schlecht festlegen. Boluspens gibt es nur als Einwegpens mit 1IE Schritte, manche hochwertigeren Pens mit 0,5IE Schritten, dennoch war die Dosierung sehr schwierig. Ich hatte auch häufig Unterzuckerungen, weil die Bolusmenge zu hoch war.


    1IE kann bei guter Insulinempfindlichkeit den BZ um 60-100 mg/dl senken, bei mittlerer Insulinempfindlichkeit um 30-40mg/dl. Mal ein Anhaltspunkt für dich, um zu sehen, wie sich Spritzfehler auswirken können.


    Mit aktiven Bolusinsulin und ungeplanter Bewegung ist das Unterzuckerungsrisiko deutlich erhöht. Wenn du jetzt dabei schon ohne Bolusinsulin auf 70mg/dl kommst, kann das schnell mit Bolusinsulin deutlich tiefer gehen.

  • Ich kann mich da nur meinen Vorschreiberinnen und Vorschreibern anschließen. Bleib erst mal beim Basalinsulin, damit fängt man an und das Bolusinsulin kommt sowieso irgendwann dazu. Die Anstiege nach dem Essen sind nicht gravierend und du fällst ja von selbst wieder ab, also ist das in Ordnung.

  • Sorry für die späte Antwort, Arbeit rief schon wieder.


    Bis zu 100 mg/dl Senkung durch 1 I. E.? Wow, damit habe ich jetzt nicht gerechnet, eher mit 40 g/dl oder so. Dann ergibt das natürlich alles Sinn.


    In meiner Unwissenheit und Naivität dachte ich, dass es besser sei, diese Kurven im Tagesprofil überhaupt zu vermeiden und allenfalls auf leichten Wellengang zu kommen. Eben mit Bolus und/oder Korrektur. Mein Profil geht ja rauf und runter wie eine Achterbahn - aber klar, zu 100 % TIR.


    Mir war ja bei Diagnose schon klar, dass das mistig wird. Aber dass mein Leben von 0 auf 100 soooo kompliziert wird, das habe ich tatsächlich unterschätzt. Und bin ganz demütig, dass es mich erst mit Mitte 50 getroffen hat und nicht, wie so viele von euch, schon vor vielen Jahren.


    Danke euch für das Teilen eurer Erfahrung :blume

  • In meiner Unwissenheit und Naivität dachte ich, dass es besser sei, diese Kurven im Tagesprofil überhaupt zu vermeiden und allenfalls auf leichten Wellengang zu kommen.

    Das wäre sicherlich das Optimum.

    Aber man muss halt auch mit den Rahmenbedingungen umgehen, die man vorfindet.

    Wenn mehr Insulin-Einsatz zu Unterzuckerungen führt, dann muss man wieder "gegenan futtern" und ständig kontrollieren.

    Das wäre dann insgesamt so stressig, dass es mir nicht mehr praktikabel erscheint.

    Basal: Lantus (5 IE/d), Bolus: Normal-Insulin (0,5-1,3 IE/(gKH + gEW/2)/10), Pre-Workout: Humalog (1-2 IE), Hypo-Helfer: Dextro, KH-Menge pro Tag: 30-50g, Diaversary: 19.11.

    Glukosewerte werden vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.