Frage zum natürlichen Rhytmus beim Insulinbedarf

  • Hallo zusammen,


    vor wenigen Wochen wurde bei mir Diabetes Typ 1 diagnostiziert, ich spritze nun abends Levemir und zu den Mahlzeiten Novorapid. Da tauchen natürlich viele Fragen auf - vor allem auch, da ich viel Sport treibe und von allem erst einmal wenig Plan habe. Gerade in Bezug auf Sport und in diesem Zusammenhang dem Vermeiden von Unterzuckerungen habe ich hier im Forum schon wichtige Hinweise bzw. Fragen beantwortet bekommen, vielen Dank hierfür.


    Nun habe ich noch eine andere für mich wichtige Frage an alle, die bereits persönliche Erfahrungen über die Jahre hinweg gesammelt haben:
    Es ist ja so, dass der Insulinbedarf am morgen am höchsten ist, in der Nacht um 2-3 Uhr in der Regel der niedrigste BZ Wert erreicht wird usw.


    Wenn ich nun z.B. erst um 1 oder 2 ins Bett gehe, verschiebt sich dann dieser Rhythmus und der niedrigste BZ Wert wird später erreicht oder ist dieser Rhythmus unabhängig von z.B. Schlafenszeiten oder dem Weglassen von Mahlzeiten?
    Oder wenn ich einmal am Wochenende ausnahmsweise bis um 11 Uhr ausschlafen sollte und gegen 12 frühstücke: hat der Körper dann womöglich bereits weniger Bedarf (Mittagsbolus besser) oder ist er vom Rhythmus her noch am Morgen (Morgensbolus anwenden)? Die Dosis ist ja am Morgen meines Wissens in der Regel mittags immer deutlich niedriger.


    Vielen Dank und Grüße
    Martin

  • Hallo Martin,
    ersteinmal ein herzliches Willkommen hier im Club. Ich wünsche dir, daß du hier auf all deine Fragen wertvolle Antworten erhältst.
    Ich schlafe au h manchmal länger und lasse das Frühstück aus. Dann spritze ich zum Mittagessen ganz normal nach dem für Mittag gültigen Faktor. Ich habe morgens einen Faktor von 2 und mittags ist mein Faktor 1. Je später ich also frühstücke, umso weniger Insulin brauche ich. Nach dem Mittag ist es bei mir wider andersrum, denn am Abend habe ich wieder Faktor 2.
    Sichdrlich ist das bei jedem etwas anders, aber ich denke, es wird noch einige hochqualifizierteAntworten geben, ich kann immrr nur von mir berichten.
    LG Kerstin

    Erfahrung ist nicht, was einem Menschen widerfährt,
    sondern das,
    was er daraus macht!

  • Nicht der BZ ist zu diesen Zeitpunkten am höchsten/niedrigsten, sondern der Insulinbedarf; klar, im Endeffekt kann sich das dann auf deinen BZ-Wert auswirken. Es wird also gesagt, dass gegen 5h am meisten Insulin benötigt wird und gegen 2h am wenigsten. Soweit ich weiß ist das unabhängig von den Aktivitäten. Diese Ausschläge sind dann natürlich wieder von Mensch zu Mensch verschieden.
    Durch die Basalinjektion am Abend kann man versuchen, diese Unterschiede zu kompensieren. Man hofft, dass die Insulinwirkkurve ungefähr die Bedarfsunterschiede nachbilden kann. (Anlaufphase des Insulins in der frühen Nacht, Wirkmaximum um 5h). Da kann man eine Menge rumprobieren... :)

  • Hallo Martin,



    Es ist ja so, dass der Insulinbedarf am morgen am höchsten ist, in der Nacht um 2-3 Uhr in der Regel der niedrigste BZ Wert erreicht wird usw.


    Die Dosis ist ja am Morgen meines Wissens in der Regel mittags immer deutlich niedriger.


    Hm, das ist nicht bei jedem so. Es gibt auch einige, bei denen ist genau umgekehrt, Mittags ist der Insulinbedarf am höchsten.


    Siehe bspw. hier --> Verteilung der BE-Faktoren


    Oder auch hier, eine Umfrage zu BE/KE-Faktoren --> BE-Faktoren


    Wenn ich nun z.B. erst um 1 oder 2 ins Bett gehe, verschiebt sich dann ....


    Das lässt sich pauschal leider nicht beantworten, im Grunde kannst Du das nur durch Probieren herausfinden.


    Unter ICT hatte ich am Wochenende andere BE-Faktoren und hab auch zeitlich verschoben Basal gespritzt. Weniger oder mehr Basal zu spritzen machte wenig Sinn, da eine Basalmengen-Änderung i.d.R. 2-3 Tage braucht, bis sie wirksam ist.


    Gruß
    Wattwurm

    "Echte Männer essen keinen Honig, echte Männer kauen Bienen!"

  • Wenn ich nun z.B. erst um 1 oder 2 ins Bett gehe, verschiebt sich dann dieser Rhythmus und der niedrigste BZ Wert wird später erreicht oder ist dieser Rhythmus unabhängig von z.B. Schlafenszeiten oder dem Weglassen von Mahlzeiten?
    Oder wenn ich einmal am Wochenende ausnahmsweise bis um 11 Uhr ausschlafen sollte und gegen 12 frühstücke: hat der Körper dann womöglich bereits weniger Bedarf (Mittagsbolus besser) oder ist er vom Rhythmus her noch am Morgen (Morgensbolus anwenden)? Die Dosis ist ja am Morgen meines Wissens in der Regel mittags immer deutlich niedriger.

    Hallo Martin1,


    eine ausnahmsweise veränderte Schlafenszeit dürfte keine oder nur wenig gravierende Auswirkungen auf den Insulinbedarf zu bestimmten Zeiten haben.
    Allerdings wird der Biorhythmus bei länger anhaltenden Veränderungen der Schlafenszeit schon durcheinander gewirbelt, sodass sich hier der Insulinbedarf verändern kann.
    Nicht umsonst wird die Insulinpumpe für Beschäftigte mit Schichtdienst relativ problemlos genehmigt.

  • Zitat

    Nun habe ich noch eine andere für mich wichtige Frage an alle, die bereits persönliche Erfahrungen über die Jahre hinweg gesammelt haben:
    Es ist ja so, dass der Insulinbedarf am morgen am höchsten ist, in der Nacht um 2-3 Uhr in der Regel der niedrigste BZ Wert erreicht wird usw.


    Wenn ich nun z.B. erst um 1 oder 2 ins Bett gehe, verschiebt sich dann dieser Rhythmus und der niedrigste BZ Wert wird später erreicht oder ist dieser Rhythmus unabhängig von z.B. Schlafenszeiten oder dem Weglassen von Mahlzeiten?


    Zunächst mal kannst du davon ausgehen, dass dein persönlicher Rhythmus dann stabil ist, wenn du immer die selben Schlafzeiten hast. Dein Rhythmus wird von deiner Einschlafzeit gesteuert, und hängt nicht davon ab, wann du deine Mahlzeiten isst, oder wann du morgens aufstehst oder wann du dir dein Insulin spritzt.


    Andere Effekte können den Tagesrhythmus überlagern sind aber zeitlich an Ereignisse gekoppelt, wie z. B. Sport, morgendliche Aufstehzeit oder Medikamenteneinnahme (Cortison und Ähnliches).


    Eine Veränderung des Einschlafzeitpunktes wirkt sich bereits am nächsten Morgen aus (hoher Insulinbedarf zu einer anderen Zeit), ausser große Zeitverschiebungen. Da braucht dein Biorhythmus ein paar Tage.


    Die tatsächlichen Zusammenhänge sind zwar bekannt, werden in fast allen Diabetesschulungen aber leider nicht unterrichtet, sondern nur mit irgendwelchen pauschalierten Allgemeinregeln berücksichtigt.


    Wenn du Interesse an tiefergehendem Wissen dazu hast, kannst du nach speziellen Schulungen oder Büchern noch mal nachfragen.

  • Hallo Martin,



    vor wenigen Wochen wurde bei mir Diabetes Typ 1 diagnostiziert ...


    na dann, willkommen im Club! :thumbsup:

    Zitat

    Wenn ich nun z.B. erst um 1 oder 2 ins Bett gehe, verschiebt sich dann dieser Rhythmus


    Ja. Der Insulinbedarf folgt der Biorhythmik der Ausschüttung kontrainsulinärer Hormone (circadianer Rhythmus), deren wesentlichster Trigger (Zeitgeber) für den Diabetiker der Einschlafzeitpunkt ist. Siehe dazu: http://www.chrostek.de/private…einschlafzeitpunktes.html. Ich empfehle gleich mal, die Seiten von Matthias eingehend zu sichten.

    Zitat

    ...oder ist dieser Rhythmus unabhängig von z.B. Schlafenszeiten oder dem Weglassen von Mahlzeiten?


    Während der Einschlafzeitpunkt gravierende Bedeutung hat, spielt das Auslassen oder Verschieben von Mahlzeiten keine Geige.

    Zitat

    Oder wenn ich einmal am Wochenende ausnahmsweise bis um 11 Uhr ausschlafen sollte und gegen 12 frühstücke: hat der Körper dann womöglich bereits weniger Bedarf ... ?


    Das kommt drauf an.
    - auf den den Trigger des vorgehenden Einschlafzeitpunktes und
    - auf die vorgehende Abdeckung des Basalbedarfes.


    Eine basale Mangelversorgung für insulinbedürftige Hormonausschüttungen führt nachgehend zu erheblich erhöhtem Bolusbedarf, weil sich in der Folge Insulinresistenzen ausprägen.


    Vielleicht findest Du noch ein paar Anregungen in dem Thread zu Basalratenformen und Lebensalter?


    Viel Erfolg beim Tüfteln und
    Gruß


    Joa

  • Hallo zusammen,


    ganz herzlichen Dank für die vielen und freundlichen Antworten!


    Dass der Einschlafzeitpunkt der "Trigger" ist, ist für mich eine wichtige Info und sehr interessant. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, da ich z.B. in der Vergangenheit bei einem verspäteten Frühstück z.B. gegen 11 eher zu viel gespritzt hatte (Frühstücks-Bolus) bzw. dann eine Unterzuckerung hatte. Davor dachte ich eher, dass der Insulinbedarf prinzipiell direkt nach dem Aufstehen am höchsten ist - was dann natürlich falsch ist.


    Viele Grüße
    Martin

  • Ich hab den "lustigen" Effekt, dass ich am Morgen immer was "gratis" essen kann. Heisst, einen kleinen Snack bis zu ungefähr 20g KH brauch ich dann nicht zu spritzen. Mein Zucker geht sogar eher runter deswegen. Dieses Phänomen tritt auch dann auf, wenn ich bis 11, 12 Uhr schlafe (was aber zugegebenemassen selten passiert, die senile Bettflucht hat auch mich langsam erreicht ;))


    Mein Insulinbedarf ist somit am Morgen auch viel geringer als am Abend.

  • Also ich hab den geringeren faktor. 4-2-3. Was gratis essen...schön. mein bz steigt schon wenn ich ans essen denke^^


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    Ihr kennt das:


    Da will man die Welt retten und dann stellt man fest, dass der Superheldenanzug in der Wäsche ist....
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