Interview mit Dr. Bernstein

  • Moinsen zusammen,


    irgendwie passts nicht in die Rubrik, in die anderen aber auch nicht ;-)
    Ich bin über ein ausführliches Interview mit Dr. B gestoßen, kann sich jeder seine Meinung bilden.
    https://www.healthline.com/dia…r-dr-richard-bernstein#10



    Ich teile nicht alle seine Ansichten wie beispielsweise die Fixierung auf einen Zielwert von 83mg, aber ansonsten ist er ein Pionier auf dem Gebiet was Steuerung des T1 Diabetes mit Ernährung angeht, ich denke kaum einer kann auf so viel Wissen und auch praktisches Wissen zurückgreifen. Das mit den mafiösen Strukturen der konventionellen Therapie sei mal dahin gestellt, das kann ich nicht wirklich beurteilen und er hat da im Laufe seiner 70 Jahre sicher seine Erfahrungen machen dürfen und müssen.


    lg

  • aber ansonsten ist er ein Pionier auf dem Gebiet was Steuerung des T1 Diabetes mit Ernährung angeht, ich denke kaum einer kann auf so viel Wissen und auch praktisches Wissen zurückgreifen. Das mit den mafiösen Strukturen der konventionellen Therapie sei mal dahin gestellt,

    Es gibt auf jedem Gebiet und zu jedem Thema Apostel... ;)

  • Was ich interessant finde - hat "seinen" Weg durch rumspielen an seinen Werten und beobachten/lernen gefunden. Ich habs genau so gemacht, allerdings nicht ganz so strikt/streng wie er.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Beobachten/lernen sollte eigentlich immer der normale Weg sein. Lange Zeit ging das ja gar nicht sinnvoll weil selbst Ärzte den BZ nicht oft&genau genug messen konnten.
    Sympathisch ist natürlich wie Bernstein sich für die BZ-Selbstmessung eingesetzt hat.


    Ein bischen habe ich den Eindruck dass Bernstein vor langer Zeit eine (von vielen) Lösungen gefunden hat und nicht so gerne über den Tellerrand guckt. Siehe zB auch die Aussage im Interview über closed-loop. Oder Insulinpumpen allgemein: https://www.healthline.com/dia…r-dr-richard-bernstein#10 - führen immer zu Gewebeschäden und guten BZ hat er damit noch nie annäherungsweise gesehen - naja?
    Eine andere grosse Figur im Diabbereich, Dr Teupe, hat einen ganz anderen Ansatz: Normale BE-Mengen und möglichst mit Pumpe. Scheint auch zu funktionieren.

  • Ich stelle nur mal zwei Aussagen nebeneinander:


    "The biggest change I’ve seen is the one I helped bring, home glucose meters. Knowing your own blood sugar changed the game. It was a big battle that took 10 years to win."


    "Do you have any thoughts about next-generation technology like closed loop systems?


    These devices are based on algorithms that allow for high carbs and high doses of insulin, in order to work. People are not remotely doing as well as they can on those, when they switch to my system (of low carb eating)."


    Mit der zweiten Aussage diskreditiert er sich für mich komplett selbst. Oder er kennt die aktuelle Entwicklung nicht. Denn so wie damals die Einführung von Blut-Glukose-Tests ein wichtiger Fortschritt war, geschieht jetzt der Fortschritt durch den geschlossenen Regelkreis. Und dass das nur für Leute mit High Carb wichtig ist, ist natürlich kompletter Blödsinn. Punkt. Gibt ganz viele Low Carber unter den Loopern (sagt er ja dann auch im Nachsatz). Aber man muss nicht. ;)


    Wichtig ist: Mehr Freiheit, mehr Kontrolle, mehr Gesundheit (in dieser Reihenfolge).


    Und ich habe übrigens alles durchgemacht (keine Glukose-Kontrolle) und stark begrenzte KH-Zufuhr bzw. streng über den Tag verteilt ... habe alles überlebt, aber es gibt für mich nur einen Weg: Bessere Technologie = mehr Freiheit. Alles andere ist rückwärtsgewandte Ideologie. ;)

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

    Einmal editiert, zuletzt von linus ()

  • Bessere Technologie = mehr Freiheit. Alles andere ist rückwärtsgewandte Ideologie.

    Genau. Finde es unverständlich wie er einerseits so Vorreiter sein konnte und anderseits nun neuere Technologien verkennt. In gewisser Weise genau wie die Ärzte früher die keinen Wert in der BZ-Selbstmessung sahen.
    Aber auch Bill Gates sagte ja (angeblich) dass 640kb Speicher für jeden PC-Nutzer ausreichen würden. :)

  • Genau. Finde es unverständlich wie er einerseits so Vorreiter sein konnte und anderseits nun neuere Technologien verkennt. In gewisser Weise genau wie die Ärzte früher die keinen Wert in der BZ-Selbstmessung sahen.
    Aber auch Bill Gates sagte ja (angeblich) dass 640kb Speicher für jeden PC-Nutzer ausreichen würden. :)

    las bloß den Bill in Ruhe. Der hat seine Meinung ja wohl geändert. ;-) Das schlimme an einigen der Menschen die in ihrem Fachgebieten als "Päpste" gelten ist das für sie irgendwann nur noch die eigene Meinung zählt Alles andere ist Teufelswerk und Hokuspokus. Ich gehe jetzt zu meinen Druiden und lasse mir 100mg/dl zur Nacht wegschröpfen. :party:

  • Finde es unverständlich wie er einerseits so Vorreiter sein konnte und anderseits nun neuere Technologien verkennt. In gewisser Weise genau wie die Ärzte früher die keinen Wert in der BZ-Selbstmessung sahen.


    Ich finde das gar nicht unverständlich, genau darauf beruht der Mechanismus, dass Ideologien und Religionen nicht aussterben werden. Es gibt immer Leute, deren Lebenswerk (und auch persönliche ökonomische Existenz) mit irgendwelchen Glaubenssystemen und Leuten, die folgen, verbunden sind. Psychologisch sehr nachvollziehbar, dennoch schaffen es glücklicherweise viele Menschen auch, diesen Mechanismus zu erkennen und auszubrechen (was mich hoffen lässt ;) ).


    P.S.: Die seltsamsten aktuellen 'Glaubenssysteme' sind die Ernährungs-Glaubenssysteme in ihren diversen, abstrusen, widersprüchlichen und fanatischen Ausprägungen. Dabei ist die 'optimale' Ernährung offensichtlich etwas sehr Indviduelles (so trivial wie verschiedene Schuhgrößen), dennoch gibts Sekten, die meinen, eine bestimmte Ernährungsweise ist für alle gleich gut.

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Witzig fand ich seine Aussage über sein CGM.
    Nachdem er im Buch ultra-genaue blutige Messungen für die Kontrolle seines BZ propagiert, und nun selbst so ein CGM-Schätzeisen einsetzt seit seine Frau verstorben ist. Ansichten ändern sich, auch bei ihm.


    Mir ist prinzipiell wurscht, was andere Diabetiker machen. Ob sie sich Kuchen oder Brokkoli reinpfeifen. Es muss jeder selber damit klar kommen. Das schöne ist ja auch, dass man nicht strikt nach dieser Methode leben muss, es ist einfach eine Option, die meinen Alltag zumindest stark vereinfacht und mehr Lebensqualität gibt als nimmt. Dadurch habe ich auch qualitativ hochwertige Nahrung mit Kohlenhydrate wieder schätzen gelernt. Wegen Kantinenfraß ist mir mein Insulin mittlerweile zu schade.


    Mich stört aber, dass diese Option in den Praxen überhaupt keine Rolle spielt, nein - es wird teilweise noch verteufelt und vor KH Restriktion abgeraten.


    Und nein, es ist kein "Glaubenssystem", bei mir zumindest nicht. Gebe mir was, was in meiner Lebenssituation ähnlich gut funktioniert und das wars dann.

  • Und nein, es ist kein "Glaubenssystem", bei mir zumindest nicht. Gebe mir was, was in meiner Lebenssituation ähnlich gut funktioniert und das wars dann.


    Gut so, das meinte ich, es muss funktionieren. Und das ist eben häufig doch recht verschieden und muss heraus gefunden werden. ;)

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Zitat

    Nachdem er im Buch ultra-genaue blutige Messungen für die Kontrolle seines BZ propagiert, und nun selbst so ein CGM-Schätzeisen einsetzt seit seine Frau verstorben ist. Ansichten ändern sich, auch bei ihm.


    Wenn man wie ich seinen BZ von 95 auf 80 mg/dl senkt, wird man ohne blutige Messungen nicht auskommen.


    Allein schon aus rechtlichen Gründen bezeichnet Dr. Bernstein in Diabetes Solution von Anfang an CGM und andere Notfallsysteme (Notrufknopf etc.) für allein lebende Menschen als Pflicht. Ich zitiere:

    Zitat

    If you live or sleep alone, or if your sleeping partner is an extremely deep sleeper, however, you don’t have this protection at night.* A backup is available. Several companies are now marketing continuous glucose monitors.

  • Die heutzutage von vielen vertretene "Du kannst alles essen und musst nur die richtige Insulinmenge spritzen"-Doktrin finde ich für den Teil der Typ 1er, der wirklich darauf aus ist, seine Gesundheit bestmöglich zu erhalten und dafür auch bereit ist, auf manchen Komfort zu verzichten, nicht richtig.


    Na ja ... im Moment der Erstdiagnose finde ich den Ansatz grundsätzlich nicht sooo schlecht. Ich denke, man will den Betroffenen damit einfach die Angst davor nehmen, dass das Leben fortan von Einschränkungen geprägt sein wird. Da steht zunächst mal der Wissenserwerb um Kohlenhydrate und Insulin im Vordergrund. So weit, so gut (oder wenigstens nachvollziehbar).


    Andererseits: Kein Arzt käme (so hoffe ich jedenfalls) auf die Idee, einem Nicht-Diabetiker zu sagen: "Iss was du willst, deine BSD wird schon die passende Insulinmenge auswerfen." Ja, würde sie sicher tun, aber das ändert nichts am Grundproblem: Wer sich dauerhaft seiner Gesundheit gegenüber schädlich verhält, der wird auch Folgeschäden davon tragen. Egal ob Diabetiker oder nicht.


    Beim Diabetes liegt einfach ein zusätzliches Augenmerk auf den Blutzuckerwerten, weil diese Erkrankung eben ein zusätzliches Risiko birgt. Und dieses Risiko kann ich nur minimieren, in dem Blutglukose und Insulin aufeinander abgestimmt sind. Ob DGE-Empfehlung oder Low-Carb, ob geloopt oder manuell gespritzt ist dabei für mein Verständnis egal. Oder liege ich da falsch?


    Liebe Grüße vom Arbyter

    Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht!

  • Wer sich dauerhaft seiner Gesundheit gegenüber schädlich verhält, der wird auch Folgeschäden davon tragen. Egal ob Diabetiker oder nicht.


    Das ist richtig, fragt sich nur, ob eine dauernde Beschäftigung mit den eigenen und fremden Essgewohnheiten (anstatt einfach auf seinen Bauch zu hören) nicht das Allerschädlichste ist. ;) Und vor allem sogenannte 'Ernährungsberater' haben hier natürlich auch ein (vor allem finanzielles) Interesse, denn sie leben ja davon, dass sie den Leuten einreden, sie würden gar nicht selbst wissen, was gut für sie ist. Die Ärzte sind vermutlich das geringere Problem.




    Ob DGE-Empfehlung oder Low-Carb, ob geloopt oder manuell gespritzt ist dabei für mein Verständnis egal. Oder liege ich da falsch?


    Sehe ich genauso, es muss eben jeder selbst herausfinden, was individuell funktioniert (habe ich in 45 Jahren wirklich alles 'durchgemacht'). :P

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!


  • Dazu gehört leider auch, dass man in der Lage ist, sich damit auseinander zu setzen und Dinge hinterfragt. Das kann (und will) nicht jeder.


    IMHO ist das oft propagierte "Bauchgefühl für Ernährung" mit der Einführung von "Industrienahrung" bei den meisten Leuten verloren gegangen. Auch dass viele Jahrzehnte lang das Low-Fat Evangelium gepredigt wurde, das sich gerade als Bluff von Industrieinteressen herausgestellt hat, hat dazu seinen Teil beigetragen. Ich finds gut, dass die Leute anfangen, sich Gedanken zu machen.

  • Moin,
    Es ist so vieles richtiges hier geschrieben worden.


    Wir alle, so finde Ich, haben den Vorteil Mitglied hier im Forum zu sein und hier nicht nur Diabetes Fragen beantwortet zu bekommen sonder auch und das verstärkt in der letzten Zeit Gedanken zur Ernährung.


    Wir zuhause haben fast allen Fertiggerichten Lebewohl gesagt auch weil bestimmte sogenannte natürliche Aromen bei mir nässende
    Exzeme bewirken können


    Und wir haben die Zeit und Lust unsere Nase über die aus den Töpfen aufsteigende Wohlgerüche zu halten und uns zu beraten welches Gewürz oder Zutat das ganze Geschmacklich noch verbessern könnte.


    Allein der Gedanke zusammen zu sitzen und zu beratschlagen was soll denn morgen oder irgendwann auf den Tisch kommen,
    die Zutaten einzukaufen je nachdem wie sie uns anlachen und verführen diese dann zuhause zubereiten und dann am Tisch zu sitzen und Freude und Genuss zu empfinden.


    Was ist dagegen eine Tüte aufzureißen oder Dose zu öffnen, mit der Angst was werde ich jetzt zu mir nehme?


    Entschuldigung an alle denen die Zeit dafür fehlt.


    MlG


    Hinerki


    Jetzt zurück zum Diabetes.
    Von allen Gerichten werden die Zutaten und deren Gewichte eingetragen und daraus die BE und FPE errechnet mit dem Ergebnis werden dann die erforderlichen IE bestimmt.

  • Hinerki, wenn ich z.B. Brotzeit mache, dann schneide ich mir erst mal 2 Scheiben Brot runter, mache den Kühli auf, nehme Butter raus und schmiere mir die Brotscheiben. Während ich schon den ersten Biss mache, mache ich nochmal den Kühli auf und hole ein paar Salamischeiben und einen Wiener raus. Dann esse ich am Tisch weiter. Dann habe ich aber noch mehr Hunger und schneide mir noch eine Scheibe Brot runter. Weil noch Käse im Kühli lagert, schneide ich ein Stückchen davon ab und schieb ihn mir zwischen die Kauleisten. Dann erinnere ich mich, dass da noch Schokolade rum liegt und hole sie mir. Aber ich bin noch nicht ganz satt, also nochmal eine schief geschnittene Brotscheibe, die ist dünner. Als >Abschluss< kommt da Butter und Honig oder Nutella drauf. Achja, da war noch etwas Kürbissuppe übrig, die wäre noch ganz gut mit ein paar Backerbsen rein. Diese schmecken auch pur lecker und ich gönne mir "eine Hand" voll. Und während ich mir meine Mischkost einverleibe, kann es durchaus sein, dass ich im laufe des Abends noch irgendwas hervor hole... :toast
    Irgendwo am Anfang habe ich den Bolus abgegeben, so pi mal Daumen nach Hungergefüh, Magenkapazität und Erfahrung basierend geschätzt. Evtl. auch noch einen weiteren, wenn ich meine, dass es doch mehr Essen war als ursprünglich "kalkuliert".


    Meinst Du, ich wiege da irgendwas ab und schmeiß meinen PC an, um mir BEs und FPEs ausrechnen zu lassen????? Da würde ich vor lauter Bürokratie verhungern.



    Viele Grüße
    Bratbäcker

  • Meinst Du, ich wiege da irgendwas ab und schmeiß meinen PC an, um mir BEs und FPEs ausrechnen zu lassen????? Da würde ich vor lauter Bürokratie verhungern.


    Wenn du damit hinkommst, bestens, damit meine ich : Null Hypos und möglichst kein HBA1 über 7. ;)

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Leichte Hypos habe ich durchaus, die letzte schwere war vor 10 Jahren. Der HbA1c liegt meist zwischen 6,5 und 7, Folgeschäden sucht man vergebens.


    Ich durfte in meiner Diabetes-Kindheit essen, was und wieviel ich wollte. Das war eine Therapie-Methode von Lestradet und Schaetz. Sie basierte auf einer Studie, die nachgewiesen hatte, dass KH KEINERLEI Einfluss auf den BZ hat. War in den 60ern des letzten Jahrtausends.


    Soviel OT.



    Viele Grüße
    Bratbäcker