Thermoskanne oder Frio-Tasche? Langzeitiges Kühlen von Insulin

  • Hallo ihr Lieben,


    bin hier ganz neu im Forum (bin mir wegen der Einordnung meiner Frage in dem Thread auch nicht völlig sicher :S).


    Ich plane für Ende nächsten Jahres einen Backpacking Trip durch Südostasien, Australien und Neuseeland zu machen - ich weiß ist noch lange hin, aber ich besser zu früh als zu spät, oder? :whistling:


    Ich habe auf einigen Blogs/Foren von Diabetikern gelesen, dass sie ihr Insulin in Thermoskannen bzw. Frio-Taschen gekühlt haben. Hat jemand Erfahrungen mit einem von beiden, besonders im Hinblick auf die Dauer der Kühlung und Haltbarkeit des Insulins und auch die Menge an benötigtem Insulin, welches darein passen muss?


    Über jegliche Tipps, Erfahrungen wäre ich sehr dankbar (auch sonstige Tipps sind gerne willkomen)! ^^


    Vielen lieben Dank
    Julia

  • Hallo Felicia,
    Das ist eine wichtige Frage, die gar nicht mal selten von Leuten vor ihrer Tour durch Neuseeland, Australien oder Südamerika und natürlich vor vor ihrem Urlaub am Strand gestellt wird. Kühlen mit Frio oder Thermoskanne?


    Der vorige Absatz aber auch deine eigene Frage, enthalten wohl alle Stichworte die du bei der Insulinclub-Suchfunktion eingeben kannst um ein reiches Füllhorn von Antworten zu bekommen. Hier schon mal eine Zusammenfassung der Antworten:

    • Manche Insulinsorten/alle Insulinsorten muss man gar nicht kühlen, solange man unterwegs ist, auch über mehrere Monate bei 40 Grad Hitze.
    • Thermoskannen sind am besten, aber du musst einen Rollkoffer nur für den Insulinvorrat durch den Urwald ziehen.
    • Die meisten (Backpacker) schwören auf Frio-Taschen, weil ihr Insulin selbst auf ihrer 14-Tage-Pauschalreise nur wegen der Frio-Tasche widererwarten durchgehalten hat.
    • Rechne dir Mal durch, wie viel Insulin du auf deiner Reise benötigen wirst und stell dir das Volumen und die Fragen der korrupten Zollbeamten vor. Besorg dir lieber vor Ort das nötige Insulin aus der Urwaldapotheke/Hauptstadtapotheke/lass es dir per Courier von Zuhause aus zuschicken.

    2 Mal editiert, zuletzt von Cindbar ()

  • Hallo Julia,


    Ich bin jedes Jahr mit dem Rucksack unterwegs, meist 3-6 Monate, maximal waren es 8 Monate. Ich habe mein Insulin noch nie gekühlt, einfach in den Rucksack und aus. Insulin verliert bei Hitze nur schrittweise an Wirkung. Ich war also immer darauf vorbereitet, einen Wirkungsverlust durch Dosiserhöhung auszugleichen. Dieser Fall ist aber in 34 Diabetes- und Backpackerjahren nie eingetreten, es ist nie ein merkbarer Wirkungsverlust eingetreten, auch nicht bei den 8 Monaten, auch nicht bei den Durchquerungen mehrerer großer Wüsten mit dem Fahrrad.


    Es macht einen Riesenunterschied für die Lebensqualität eines Backpackers, dass man sich um Insulinkühlung nicht kümmern muss. Das Rucksackvolumen und -gewicht kann man sehr gering halten, besonders mit ICT. Südostasien und Australien bereise ich persönlich nur mit einem Handgepäcksrucksack, also kein eingechecktes Gepäck. Bei Neuseeland gelingt mir das nicht, da ich bei den langen und wochenlangen Trekking- und Gletschertouren gern auf meine eigene Ausrüstung zurückgreife. Die von dir gewählten Reiseziele machen es für Diabetiker leicht, da du überall Insulin bekommst, in Myanmar, Laos, Kambodscha und Vietnam allerdings nur in den großen Städten.


    Wenn du Zweifel hast bezüglich der Unnötigkeit der Insulinkühlung: du hast noch genug Zeit. Nimm einfach von jedem deiner beiden Insuline eine Ampulle aus dem Kühlschrank, lass sie über den Sommer ungekühlt, durchaus auch an heißen Plätzen (aber nicht hinter Glas wo die Sonne drauf scheint) und verwende sie irgendwann im Herbst.


    LG Geri

  • Glaubt eh wieder keiner! lol

  • Zitat

    Glaubt eh wieder keiner! lol


    "???" Hast du konkrete Fragen dazu?


    Hallo Cindbar,


    Natürlich kannst du Insulin überall kaufen in den genannten Ländern, aber es kostet dich doch einiges von deiner wertvollen Zeit, besonders wenn du über eine Landgrenze einreist und vielleicht noch lange kein städtisches Zentrum errreichst. In "Urwaldapotheken" findest du kaum Insulin. Außerdem kostet es Geld, daheim wird das Insulin ja von der Kasse erstattet. Zusenden lassen per Post geht definitiv nicht wegen des Zolls, Absprachen mit Insulinherstellern im Zielland sind möglich, schränken aber auch die Reiseflexibilität ein.


    Es gibt zwar noch immer jede Menge korrupter Grenzbeamten (eher an Landübergängen als an internationalen Flughäfen), aber Insulin ist davon nie betroffen, selbst wenn es 100 Ampullen sind. Insulin scheint tabu zu sein für Korrupte und es wird überall gekannt. Das gilt auch für Regionen, die von Rebellen, Stammesfürsten oder Paramilitärs kontrolliert werden, ebenso für Länder, die international keinen Staaten-Status haben (Abchasien, Transnistrien, SADR, Nagorno Karabach). Für mich ist es am einfachsten und billigsten, das gesamte Insulin mitzunehmen. Nachkaufen käme bei Verlust in Frage.


    In Julias Reiseländern wird sie auf keine korrupten Beamten treffen, allerdings auf höchst lästige, nämlich in Australien und Neuseeland. Das betrifft aber nicht das Insulin, sondern pflanzliche Produkte, Lebensmittel und verdreckte Outdoor-Ausrüstung.


    Wenn man andere Medis mitnimmt, lohnt es sich bei Thailand und Singapur nachzusehen, was man einführen darf. Für bestimmte Medikamente muss man in diesen Ländern ärztliche Bescheinigungen mitnehmen und die Mengenbeschränkung beachten. Das betrifft aber nicht das Insulin!


    LG Geri

  • Angeblich wurde bereits 1996 (das ist jetzt über 20 Jahre her!!!) in der Zeitschrift "Apotheken-Praxis" über folgenden Versuch berichtet. Es wurden die wohl damals gebräuchlichsten Insuline daraufhin untersucht, was eine Lagerung bei konstant 40°C bezüglich der Wirksamkeit bedeutet. Das Einzige, das mir namentlich noch was sagt, ist Actrapid. Das hatte nach 5 Wochen noch 98% Wirksamkeit, nach 14 Wochen noch immer 95 %.


    Die Info entstammt einem PDF des apl. Prof. Dr. Walter Oevel. Der Mann hat sich 1985 einen Minikühlschrank für Insulinampullen konstruiert, um nach eigenem Bekunden mit dem Motorrad im Hochsommer in der Sahara rum zu fahren. Den realtiv kurzen Abschnitt "Allgemeines zur Insulinkühlung" fand ich schon sehr interessant. Wer mal reinschauen mag: http://www-math.uni-paderborn.de/~walter/InsulinKuehlung.pdf


    Liebe Grüße vom Arbyter

    Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht!

  • Ich sitze gerade bei 35° Grad auf KohChang, ich mache mir keine Sorgen mehr um Insulinkühlung.
    Das Thema wird aber gerne vollumfänglich jedes Jahr wieder durch diskutiert. Mit dem Ergebnis es passiert nichts, man nimmt aber trotzdem einen portablen Kühlschrank mit.

  • Wenn du Zweifel hast bezüglich der Unnötigkeit der Insulinkühlung: du hast noch genug Zeit. Nimm einfach von jedem deiner beiden Insuline eine Ampulle aus dem Kühlschrank, lass sie über den Sommer ungekühlt, durchaus auch an heißen Plätzen (aber nicht hinter Glas wo die Sonne drauf scheint) und verwende sie irgendwann im Herbst.

    Daran hab ich auch sofort gedacht. Lasst es uns doch endlich mal ausprobieren, damit diese Frage dann geklärt ist.
    Mein Insulin im Spind auf der Arbeit liegt auch monatelang ungekühlt, wird allerdings auch nicht heißer als 30°. Wenn ich dran denke, probiere ich es am Ende vom Sommer mal aus und berichte dann. 8)


    LG
    zuckerstück

    Das ist mein erster Garten, ich übe noch.🐞🌼

  • Lasst es uns doch endlich mal ausprobieren, damit diese Frage dann geklärt ist.


    Mein Versuch mit Novorapid läuft bereits seit dem 16. Januar 2017 wie hier beschrieben. War gerade mal nachschauen und stelle fest: Bisher höchste Temperatur von 30°C zwei mal erreicht. Bin mal gespannt.


    Welches Insulin verwendest du für deinen Versuchsaufbau Zuckerstück?


    Liebe Grüße vom Arbyter

    Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht!

  • Hallo Leute,
    man kann es als Patient zwar versuchen aber die Aussagekraft, dieser Versuchsreihen, ist schwach.
    Ein Versuchsaufbau im Labor kann recht einfach gestaltet werden und die Ergebnisse sind Reproduzierbar.
    Ein Versuchsaufbau in der Klimakammer und anschließender Analyse (LC/MS, HPLC-MS) ist echt simpel. Verstehe nicht das solche Versuchsreihen nicht veröffentlicht werden.

  • man kann es als Patient zwar versuchen aber die Aussagekraft, dieser Versuchsreihen, ist schwach.


    Nö, der Versuch liefert mir genau die Information, die ich haben möchte: Ist mein Insulin in der Lage, einige Monate ungekühlt bei Zimmertemperatur und auch deutlich darüber ohne übermäßigen Wirkverlust zu überstehen? Da es die von dir geforderten Versuchsreihen (schließe mich deiner Forderung danach sofort an) entweder noch nicht gibt oder nicht darüber berichtet wird oder ich zu blöd bin, die Ergebnisse zu finden, bleibt mir nur, es selbst zu versuchen. Und genau, wie meine Faktoren, mein SEA, meine Blutgruppe und meine Lieblingsfarbe erhebt auch dieser Versuch bzw. sein Ergebnis keinerlei wissenschaftlichen Anspruch. Ich bin einfach nur neugierig.


    Liebe Grüße vom Arbyter

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  • Nö, der Versuch liefert mir genau die Information, die ich haben möchte: Ist mein Insulin in der Lage, einige Monate ungekühlt bei Zimmertemperatur und auch deutlich darüber ohne übermäßigen Wirkverlust zu überstehen? Da es die von dir geforderten Versuchsreihen (schließe mich deiner Forderung danach sofort an) entweder noch nicht gibt oder nicht darüber berichtet wird oder ich zu blöd bin, die Ergebnisse zu finden, bleibt mir nur, es selbst zu versuchen. Und genau, wie meine Faktoren, mein SEA, meine Blutgruppe und meine Lieblingsfarbe erhebt auch dieser Versuch bzw. sein Ergebnis keinerlei wissenschaftlichen Anspruch. Ich bin einfach nur neugierig.


    Liebe Grüße vom Arbyter

    Das ganze nennt sich Stabilitätsstudie und hat jedes in Deutschland zugelassene Arzneimittel zu haben.
    Die Firmen lassen da richtig Kohle und wären doof, wenn sie die Daten öffentlich stellen würden. die ganze Zulassung, die das beinhaltet, kostet richtig Kohle.
    genauso muss jedes Jahr eine abgespeckte Version durchgeführt werden, eine so genannte on-going-Stabilität.


    Wäre Sanofi im meiner Nähe, hätte ich mich da beworben ^^ nur um das herauszufinden ^^


    Aber wieder im Ernst: von diesen Studien kommt die Information, es bei 2-8°C bzw. nicht über 30°C zu lagern.

  • Die Info entstammt einem PDF des apl. Prof. Dr. Walter Oevel. Der Mann hat sich 1985 einen Minikühlschrank für Insulinampullen konstruiert, um nach eigenem Bekunden mit dem Motorrad im Hochsommer in der Sahara rum zu fahren. Den realtiv kurzen Abschnitt "Allgemeines zur Insulinkühlung" fand ich schon sehr interessant. Wer mal reinschauen mag: http://www-math.uni-paderborn.de/~walter/InsulinKuehlung.pdf


    Liebe Grüße vom Arbyter



    1996 gab es implantierte Pumpen?


    Zitat

    Im Zusammenhang mit implantierten Insulinpumpen ist die Haltbarkeit des Insulins bei Korpertemperatur recht genau untersucht worden.

  • Zitat

    Aber wieder im Ernst: von diesen Studien kommt die Information, es bei 2-8°C bzw. nicht über 30°C zu lagern.


    Diese Aussage ist zwar richtig, bedarf aber einiger Erläuterungen. Die Insulinhersteller behaupten, sie hätten selbst keine Freude darüber, dass sie diese Angaben in den Beipacktext schreiben müssen. Sie folgen damit nur den Forderungen der EMA, die für die Zulassung verantwortlich ist, und sie jammern darüber. Die Einhaltung dieser Angaben sichert den Erhalt von einem Wirkungsgrad von 100%, und das fordert die EMA. Für uns Diabetiker aus der Praxis ist es aber vollkommen "wurscht" ob Insulin zu 100% oder zu 98% (etwa nach 2 Wüstenmonaten ohne Kühlung) oder gar nur zu 95% wirkt, wir werden den Unterschied nicht merken, im Extremfall können wir ihn mit der Dosis ausgleichen. Hunderttausende Diabetiker werden mit einer richtigen Angabe in die Irre geleitet, weil die Rahmenbedingungen unerwähnt bleiben. Ähnlich ist es auch mit der Haltbarkeit des Insulins, die viel länger ist als angegeben. Nur das stört uns in der Praxis nicht sehr, ob da 2 Jahre oder 50 Jahre stehen, wir haben das Insulin ja meist innerhalb von 2 Jahren sowieso aufgebraucht.


    Die Untersuchungen von Dr. Oevel haben Hand und Fuß, die zugehörigen Tabellen sind ja schon im Forum kursiert, kann sie aber nicht mehr finden. Die vergangenen Jahrzehnte haben aber einiges geändert. Heute, mit den Insulinanaloga, würde er keinen Kühlschrank mehr für die Sahara benötigen. Ich habe 2008 die Sahara mit dem Fahrrad von Agadir nach Dakar durchquert, ganz gemütlich - mehr als 1 Monat, und bin dann noch zwei Monate in der Sahelzone, die eigentlich noch heißer war - maximal 49 Grad im Schatten, wenn mal Messungen vorhanden waren, geblieben. Ich habe keinerlei Veränderung bei der Insulin-Wirksamkeit feststellen können, obwohl ich diese erwartet hatte und auch darauf vorbereitet gewesen wäre.


    Die Studie von Heinemann zweifle ich persönlich an, und zwar nicht ein bisschen, sondern komplett. Wir werden täglich mit Studien aus allen Lebensbereichen überschwemmt, von denen die meisten nichts mit der Realität zu tun haben. Es ist eben schwer, zu beurteilen, welche reiner Unsinn sind, wenn man nicht gerade Fachmann/frau ist. Man bedenke nur, was das bedeuten würde, wenn die Daten dieser Studie richtig wären. Ein Typ 1 wäre in den USA unbehandelbar. Ich habe aber doch gehört, dass auch über dem Teich Typ1er überleben. .



    Implantierbare Insulinpumpen gab es schon Anfang der 80er-Jahre. Sie haben sich aber nicht durchgesetzt. Ich weiß nicht warum, jedenfalls waren die Diabetiker mit Einmalspritzen, später Pen, wesentlich freier im Alltag.


    LG Geri


  • Wenn die Wirksamkeit bei 98 -95 % läge könnte ich damit leben. Wenn aber die Wirksamkeit, schon bei der Ausgabe in der Apotheke, nur noch bei ca 13% liegt möchte ich nicht wissen was 2 Monate unter Wüstentemperaturen geschieht. Hier noch einmal der Link der die 13% bestätigt http://blog.endokrinologie.net…schchen-nph-insulin-3601/

  • Geri:
    woher kommt die Information, die Hersteller würden sowas nicht in ihre Beipackzettel schreiben wollen?
    Wäre die Stabilitätsstudie auch bei 40°C in Ordnung bzw. steht ja drin "nicht über 30°C", also wäre das Insulin bei 30°C innerhalb der Spezifikation, würde das nicht drin stehen (müssen).
    Es geht bei Arzneimitteln ja nicht nur um den Abbau des Wirkstoffs, sondern auch um die Entstehung entsprechender Abbauprodukte, die unter Umständen giftig sein können.


    außerdem würde mich interessieren, woher du die Zahlenwerte nimmst.
    2% sind teilweise schon Messungenauigkeit (vor allem wenn ich mir die USP-Methode so anschaue).
    Arzneimittel sind meist zwischen (95-105)%.
    Pflanzliche Arzneimittel haben oft größere Spannen. aber beides bezieht sich auf den Gehalt an Wirkstoff/Leitsubstanz, nicht auf die Wirksamkeit.
    in den Link von nikp wird auch eher der Gehalt untersucht, was für mich irgendwie greifbarer ist als diese USP-Methode...


    in diese Wirksamkeit fallen ja auch noch andere nicht messbare Aspekte. ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass der Körper bei 49°C im Schatten den gleichen Insulinbedarf hat wie bei moderaten 22°C.


    Man kann natürlich auch mit einem Insulin über die Runden kommen, dass nur noch 50% Wirksamkeit hat. aber denkt man wirklich an das Insulin, wieder zurück und akklimatisiert, wenn auf einmal der Faktor nicht mehr stimmt, den man die ganze Zeit im Urlaub hatte?