Krankenkassen, die das FreeStyle Libre (nicht) übernehmen & Argumentationshilfen für Anträge


  • Aber ich befürchte, optimistisch gesehen, daß das mind. 12 Monate dauern wird.


    Genau das sagte der Mitarbeiter meiner KK (TK) gestern am Telefon. Vermutlich länger. :|
    Sieht einfach schlecht aus. Und er sagte auch, dass sie derzeit am Tag mindestens zehn Anrufe wegen dem Libre bekommen. :thumbdown:

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Hi Jörg,


    Leg Einspruch ein. Begründung: Das Libre System ist KEIN klassisches CGM und hat demnach auch nicht die CGM Kosten von aktuell 600€ im Monat. Das Libre System kostet recht exakt so viel wie die Typ-1 üblichen "600 Teststreifen im Quartal", es ist lediglich ein neues Meßgerät. Und dann weise die Kasse drauf hin, dass das Libre System somit keine Mehrkosten erzeugt und kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des §12 SGB-V darstellt. Dieser Paragraph ist die übliche Ablehnung beim teuren CGM wenn keine Komplikationen vorliegen und diese 08/15 Ablehnung hast du inhaltlich bekommen. Du kannst auch hilfsweise beantragen, dass die Kosten bis zur Höhe der Kosten für Teststreifen übernommen werden, damit sind Mehrkosten argumentativ komplett(!) vom Tisch.


    Zudem kannst du die Kasse darauf hinweisen, dass FGM als am Markt neues System laut §2(1) SGB-V nicht ausgeschlossen ist. Zitat:

    Zitat

    Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten
    Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den
    medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

    Rechnerischer Kostengleichheit, du hast dich u.a. durch die Fähigkeit auch im schlaf aufzuzeichnen und die Therapie entsprechend anzupassen für das neuere System eintschieden. Ich würde denen zudem anbieten, dass du das Starter-Set auf deine Kosten beschaffst (weil ein Meßgerät hast du streng genommen ja schon) und im Gegenzug werden die Kosten für Sensoren im Abo mit 320€ im Quartal von der Kasse bezuschusst. Die realen Mehrkosten sind somit sehr gering bis nicht vorhanden, die Ausrede "teuer" zählt definitiv nicht. Mein Gefühl: Du brauchst bestenfalls eine Packung Teststreifen im Quartal. Ein paar Messungen beim Wechsel auf einen neuen Sensor als Funktionsnachweis, ggf. welche bei Hypos (die bräuchtest du sowieso) und das wars.


    Ob du den Kommissionsbeschluss zum CGM sogar noch positiv verwenden kannst - versuche es. Versuch die Unterschiede FGM/CGM zu erläutern, erkläre den Umstand "keine Mehrkosten" und dann "Ball zurück zu denen". Genau so werde ich bei meiner Kasse argumentieren. Auch da erwarte ich das Standard-Ablehnungsschreiben "CGM ohne Komplikationen zahlen wir nicht".


    Edit: das BSG Urteil zum Thema "Nicht im Hilfsmittelkatalog -> müsse mer nich zahlen" ist hier: http://www.biva.de/wp-content/…ilfsmittel_vojtaliege.pdf . Ab Abschnitt "11" findest du die Kernaussage

    Zitat

    Die Annahme des Berufungsgerichts, der Ausschluss ergebe sich aber daraus, dass die streitige Therapie-Liege nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenv erbände der Krankenkassen gemäß § 128 SGB V enthalten sei, widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die zu ändern kein Anlass besteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20 und 27 - 3. Senat - sowie SozR 3-2500 § 33 Nr 25 - 8. Senat -).

    Viel Spass. Ich erwarte noch ne nette administrative Prügelei, bin übrigens ebenfalls bei der TK.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

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  • . Ich erwarte noch ne nette administrative Prügelei, bin übrigens ebenfalls bei der TK.


    Ok, aber was soll das bringen, oder macht dir das Spaß? Aus meiner Sicht ist das als Einzelner ein sinnloses Unterfangen. Es würde mehr Sinn machen, eine Art Vereinigung der Libre-Fans zu gründen und einen Anwalt zu beauftragen. Bevor ich selbst einen Anwalt benühe, bezahle ich lieber den Hunni/Monat aus der eigenen Tasche. Kostet weniger, vor allem auch weniger Geld.

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Ich bin nicht der Typ der sofort zum Anwalt rennt. Du hast mit einem Antrag plus Ablehnung und Widerspruch den Vorteil, dass deine Ausgaben ab dem Zeitpunkt der Anmeldung bis zur endgültigen Klärung im Erfolgsfall zu bezahlen sind. Meldest du dich nicht, ne allgemeinverbindliche lösung kommt in fröhlichen zwei Jahren durch die ganzen Ausschüsse - 54€/14 Tage mal 2 Jahre sind 2800€. Die du ausgibst und die Kasse spart. Netter Urlaub. Karabik und 5 Sterne ist locker drin.


    Wenn ich mit nachvollziehbaren Argumenten auf taube Ohren stoße und die Kasse tatsächlich versucht, sich mit administrativen Ausreden um die Hilfsmittel-Kosten zu drücken, so gehts halt zum Anwalt. Gerne auch als Rudel, gerne auch mit nem Verweis auf einen bereits laufenden Klärungsprozess. Wobei es "Sammelklagen" in DE nicht gibt, das nur am Rand erwähnt. Eine Klage auf Kostenübernahme hat nur dann als "Rudel" Sinn und entwickelt Vorbildcharakter, wenn die Argumentation NICHT auf individuellen Therapieempfehlungen eines einzelnen Arztes und einer persönlichen Stoffwechsellage beruht. Was auch bedeutet, dass man Abbott mit ins Boot nehmen sollte um die nachgewiesenen positiven Eigenschaften zu dokumentieren. Zum Beispiel die typische Genauigkeit, der Be/Nachweis dass FGM tatsächlich nicht kalibriert werden muss, Stand der Gespräche mit den Kassen...


    Wie gesagt, bin nicht streitsüchtig, aber streitbar. Mir wäre eine Übernahme der Kosten bis 320€/Quartal (oder was Teststreifen der Preisgruppe A1 incl. Lanzetten jeweils lokal tatsächlich kosten) vollkommen ausreichend. Wenige Euro Zuzahlung ists mir bis zu einer offiziellen Klärung mit dem Ziel vollständiger Kostenübernahme durchaus wert. Kann nur für mich sprechen - hab in den letzten 3 Wochen echt viel gelernt. Vor allem, dass ich zu viel Basal hatte und nachts mit 45-55er Werten durch die Gegend geschrammt bin. Remission zog (mal wieder) an, an den Morgenwerten hab ich es leider nicht gesehen!

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  • Hallo Gemeinde,
    ich möchte mich bei allen für die net gemeinten Kommentare bedanken. Ganz besonderer Dank gilt allerdings dem Glucose-Intoleranten Grounded für die aussagekräftigen Argumente. Übrigends, ich bin bei der BEK GEK versichert.
    Bislang äußerst zufrieden. Jetzt ziehen allerdings Wolken auf...


    Ich halte euch auf dem laufenden.


    Gruß
    Jörg

  • Du hast mit einem Antrag plus Ablehnung und Widerspruch den Vorteil, dass deine Ausgaben ab dem Zeitpunkt der Anmeldung bis zur endgültigen Klärung im Erfolgsfall zu bezahlen sind.


    Das ist ein Argument, leuchtet mir ein. Werde mich nächste Woche mal mit meinem Diab-Doc sowieso treffen (weil er das Ding noch nicht so gut kennt, hat selbst nur online recherchiert und Abbott hat sich bei ihm trotz Anfrage wohl nicht gemeldet), dann schreibe ich mit ihm vielleicht einen kurzen Antrag, vielleicht hat er ja eine weitere Idee.

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Das Libre verkauft sich ja nach kurzer Zeit wie warme Semmeln. Wer angefixt ist, wird ungern wieder darauf verzichten wollen.
    Abbott ist es egal wer die Rechnung bezahlt. Bei den KK hätten sie vermutlich noch weniger, da die bestimmt Rabattverträge haben möchten. Und ja, ich weiss dass, wenn es Kassenleistung ist,noch mehr Nutzer geben wird.

    Gelassenheit ist eine anmutige Form von Selbstbewusstsein!
    (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Hat jemand das CE Zertifikat des Freestyle Libre als Download? Ich frag so blöd, weil aus dem Zertifikat hervorgeht als was es zertifiziert ist. Wenns es als Medizinprodukt zertifiziert ist, dann muss es im Gegensatz zu einer Bohrmaschine der Richtlinie 98/79/EG genügen.


    Und damit gilt sowohl ein Funksnachweis als erbracht, die Abgrenzung zu beliebigen Gütern des normalen Bedarfs darf als gegeben angenommen werden.


    Übrigens ist das von mir favorisierte Zuzahlungsmodell auch durch §33(6) SGB-V gedeckt.

    Berechtigtes Interesse habe ich, die potenziellen Mehrkosten im Vergleich zu Teststreifen zahle ich gerne.

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    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Erst mal Danke Grounded für Deine ausführliche Hilfestellung hier im Forum.


    Auch ich habe gerade mit meiner Kasse telefoniert und die Ablehnung des MDK geht mir postalisch zu. Nachdem ich zuvor sehr gute Erfahrungen mit meiner Kasse hatte in Bezug auf Einzelfallentscheidung, habe ich nun eine neue Sachbearbeiterin, die Haare auf den Zähnen hat. Sehr Schade. Sie zeigt auch kein persönliches Engagement sondern arbeitet streng nach Arbeitsanweisung. Sehr traurig. Leider kann ich die Kasse erst wieder in einem Jahr wechseln, sonst würde ich jetzt wohl zur BIG gehen, die kurz vor Abschluss in den Verhandlungen mit Abbott stehen.


    Ich werde dann jetzt Widerspruch einlegen und möglichst viele der Tipps hier berücksichtigen. Hoffe, ich kriege das auf die Kette, denn ich bin in juristischen Formulierungen nicht sehr gewandt.


    Ist hier sonst noch jemand bei der SBK?

    Yes, we SCAN :nummer1:

  • Vielen Dank für das Schreiben.


    1. Studien gibt es derzeit noch keine; ich hoffe, daß Abbott hier entsprechend aktiv ist


    ja, abbott ist hier definitiv schon aktiv, es laufen studien. ich denke abbott wird an kassenübernahmen sehr interessiert sein. doch derzeit lukrieren sie ohnehin von den early adoptern.


    die studien zielen genau auf den ablehnungsgrund der kasse ab -> es soll u.a. nachgewiesen werden dass die hypoglykämie-neigung/anfälligkeit durch durch das libre eingeschränkt werden kann. ergebnisse sind wohl vor 12 monaten nicht zu erwarten (die daten-sammlung läuft bis mai).



    lg burton

    Einmal editiert, zuletzt von Burton ()

  • Ich hab da mal ne Frage:
    Wenn ich nun bei meiner KK schriftlich die Kostenübernahme beantragt habe und das Libre wird z. B. in einem Jahr in den Hilfsmittelkatalog aufgenommen, habe ich dann Anspruch auf rückwirkende Kostenübernahme? Ich nehme an, die Kosten werden erst ab dem Zeitpunkt der Aufnahme in den Hilfsmittelkatalog erstattet, oder?
    Das bedeutet aber auch, wenn mir das Libre nun abgelehnt wird, ist ein Widerspruch auch ziemlich sinnlos.


    VG

  • Kamikatze: Die Frage ist, ob die Haltung deiner Kasse rechtens ist. Wie gezeigt gibts genügend Paragraphen, die das Zuzahlungsmodell vollkommen legitim machen. Bei zahnärzten klappt das schließlich auch, es gibt keine Mehrkosten und alle sind zufrieden. Und spätestens wenn dir dein DiaDoc ein Schreiben gibt, dass er eine Überwachung deiner Nachtwerte zwecks Basalratenanpassung für sinnvoll hält, so hast du ein sehr berechtigtes Interesse und jede andere Argumentation ist mangels Mehrkosten rechtlich/kaufmännisch vom Tisch. Ich werds auf diese Weise versuchen.


    Seit Samstag hab ich wieder ne Steigerung der Remission, die hätte mit den reinen Blutwerten im Chaos geendet. 2/3 vom Basal wie zuvor und halber(!) Bolus. Nachts wie gezeigt "Tiefflug", am Frühwert wars nicht zu erkennen.


    karlhof: Die Kostenerstattung ist rechtlich vollkommen unabhängig davon, ob dieses Ding im Hilfsmittelkatalog ist. Der Hilfsmittelkatalog ist eine Liste, wo niemand mehr ne Einzelfallprüfung machen muss. Der Arzt hats verordnet, das Geraffel ist in der Liste, Kasse zahlt nach Schema-F. Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und keine Ausschließlichkeit, siehe das zitierte Urteil des Bundessozialgerichts. Und der o.g. §33(6) SGB-V ist eine Klausel, die zumindest die Kosten der gesparten/überflüssigen Teststreifen zu erstatten erlaubt.


    Wenn die BIG Kasse die Sensoren zahlt bzw. einen fairen Zuschuss leistet, dann bin ich bei der TK weg, das ist sicher. Rumzanken lohnt ggf. je nach Summe trotzdem, denn du hast schließlich strittige offene Forderungen.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Zitat

    CE Zertifikat. Hat jemand das CE Zertifikat des Freestyle Libre als Download?

    Es hat CE 0086 falls das Deine Frage ist.

    Yes, we SCAN :nummer1:

  • Ich glaube 0086 ist nur der Zertifizierer und nicht die Kennung des Zertifikats. Da gibt es eine DB, die ist aber nicht allgemein zugänglich.

  • Meine Anfrage bei der TK zur Kostenübernahme oder Beteiligung -> Abgelehnt ! :thumbdown: :thumbdown: :thumbdown:

    Viele Grüße
    Dirk


    typ1sch leben

  • Zitat

    Ist das ein Forums gerüch mit der BIG oder eine ernsthafte Stellungnehme?

    Ich habe mit der BIG gestern telefoniert und das IST ernstzunehmen.

    Yes, we SCAN :nummer1:

  • Meine Anfrage bei der TK zur Kostenübernahme oder Beteiligung -> Abgelehnt ! :thumbdown: :thumbdown: :thumbdown:


    Ok, das klingt nicht gut. Kannst du vielleicht zusammen fassen, wie die Begründung war?
    Ich hatte ja - wie berichtet - mit der TK telefoniert, die Begründungen - am Telefon - waren für mich sehr schwammig und faktisch auch einfach falsch.

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!