Warum sind Hypos so schlimm ?

  • Hallo,
    also man hört immer wieder von Hypos bei uns. Ist ja klar :)
    Warum aber sind Hypos so schlimm ? Das erste worauf mein Doc gucht im Tagebuch ist, wieviel Hypos ich hatte. Und das man die vermeiden muss.


    Ich habe immer so 2-3 Hypos (leicht oder schwer) in der Woche. Dann esse oder trinke ich was und gut ist es wieder.


    Wieso wird bei Diabetologen immer soviel Wind um Hypos gemacht und hohe Werte von 280 werden fast links liegengelassen ?


    Ich meine Hypos sind echt Mist, aber sooooo schlimm nun auch wieder nicht. Ich meine in ein paar Minuten ist man wieder raus, wenn man es merkt. Ein hoher Wert bleibt aber manchmal ewig, bis man ihn unter Kontrolle hat.

    Viele Grüße
    Dirk


    typ1sch leben

  • mir haben sie erzählt das eine ketonazedose schlimmer ist wie eine hypo das mehr menschen an einer ketonaz. sterben wie an einer 'hypo'

  • Ja, blauer Klaus,
    dann "klugscheiß" doch noch mal weiter und sag mir was das für "Sekundärschäden" sind, an den man sterben kann.
    Ich habe mehrfach gehört das man an ner hypo sterben kann...

    Aber erst iss mal was.
    Mahlzeit!

    LG flosse

  • [QUOTE=flosse;4801]
    Ich habe mehrfach gehört das man an ner hypo sterben kann...

    das habe ich auch geglaubt, bis ich hier im forum was anderes gelesen habe !!!

  • Ich hatte schon mal eine richtig böse hypo .... da ging NICHTS mehr alleine. Ich war noch nicht mal mehr in der Lage Cola zu schlucken, geschweige denn zu sprechen oder mich irgendwie vernünftig zu bewegen. Kopfmässig hab' ich aber noch vieles mitbekommen. Nur der Notarzt konnte noch mit 'ner Spritze helfen. Ging dann ja auch fix ...


    Aber wie wäre es denn, wenn einen KEINER findet und hilft?????? :confused: Das soll nicht tödlich sein? Ich meine: irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß sich der körperliche Zustand in einer 'hypo' von alleine wieder bessert, so daß man dann in der Lage ist, sich selbst zu helfen. ODER?

    Gott schenkt dir ein Gesicht. Lächeln musst du selber.

  • Manche Hypos sind für mich schon sehr gefährlich, wenn es in der Nacht passiert.

    In den letzten 2 Jahren hab ich mir schon ca. 8x die Schulter ausgerenkt, als ich in der Nacht einen derartigen hypo hatte. Daraufhin hatte ich auch 2x eine Schulter OP. Seit November 06 ist es mir Gott sei Dank nicht mehr passiert wegen Schulter.

    Oder ich beisse mir in die Zunge, dass es mir nachher weh tut bzw. nicht so gut kauen kann. Mache mich auch an dabei, wenn meine Blase voll ist. Übelkeit spielt auch dabei eine Rolle.

    Bemerke leider zuspät, wenn der Hypoanfall vorbei ist.

    Daher messe ich manchmal sicherheitshalber in der Nacht.

    Lg Calpurnia

  • Schön , dass das Thema mal wieder auflebt! Ich hatte vor 3 Monaten einen, auf dem Rückweg (zu Fuß) vom einkaufen, ca 400 m vor zu haus, bin einfach umgeklappt auf die Knie, auf den Bürgersteig. Ich konnte sofort aufstehen (nichts von "geistiger Umnachtung" oder so und mit etwas Traubenzucker weiter nach hause: dort (also schon inklusive TZ) 'BZ' 30. hab dann "gfressen" was die Küche hergab, also dann alles ok, ausser dass ich 4 Wochen kaum laufen konnte.
    Anfang Mai: das gleiche, nur laufe ich (nach nur 2 Wo!) schon wieder ganz gut.
    Und alles bei anfangs (1 Std vorher) normalem 'BZ' (100 oder etwas drüber), und kein "überspritztes" Normalinsulin.
    Mein nächstes Doc-Gespräch wird auf jeden Fall mit Fragen zu nahezu ungetesteten 'Analoga' (wie LANTUS) zusammenhängen, und ihren inzwischen halbwegs weit dokumentierten Folgen.
    Ich will keinem Angst machen vor seinem Insulin, aber Aufmerksamkeit ist nie falsch!
    Viele Güße an alle, juergen

  • Schlimm sind die Hypos, wo man sich selbst nicht helfen kann, ganz einfach. Im Job beinträchtigen Sie mich (schon Werte mit ca. 60 mg/dl, auch wenn das noch keine Hypos sind) in meiner Konzentrations- und Leistungsfähigkeit.


    Die ersten Jahre mit Diabetes war ich der Meinung, dass tiefere Werte allemal besser sind als zu hohe. So denke ich nicht mehr nach traumatischen Erlebnissen mit Hypoglykämien bei 'Lantus'. Heute werte ich das gleich, hohe als auch zu tiefe Werte versuche ich zu vermeiden.


    Das Problem ist bei häufigen Hypos, dass man Unterzucker nicht mehr wahrnimmt, zumindest war das bei mir der Fall. Wer nach vielen Jahren mit Diabetes auch keine funktionierende 'Gegenregulation' mehr hat, ist damit aufgeschmissen.


    Hypos werden sich nie ganz vermeiden lassen, aber man sollte sie auch nicht verharmlosen. Ich denke, wer 1-2 Hypos ohne Fremdhilfe pro Woche mit ICT hat, ist ganz gut eingestellt. Mit Pumpe geht das noch besser.


    Und nicht zu vergessen, es gibt Leute, die noch mit einem Blutzucker von 7 mg/dl putzmunter durch die Gegend saußen (zumindest noch eine Weile) und sich gut dabei fühlen. Andere sind schon mit Werten bei 40 mg/dl außerstande das Notwendige zu tun.

    Easy come, easy go.

  • Apropos Gegenregulation: habe vorletzte Woche erst Bewiesen gekriegt, dass sie nóch funktioniert: bei der Arbeit, noch konzentrierter als normal am Rechner, merke ich plötzlich, dass ich vollkommrn verschwitzt bin - BZ31. Passiert normal nicht, weil ich zu der Zeit (ca 9Uhr30) weiss, dass ich meine Morgenspritze + Essensmenge im Blick halten muss, und klappt ja auch.
    Ich will ja nur möglichst zu Zeiten, wo das alles nicht nötig war (Semilente, sogar mit Huminsulin basal), aber das mit aller Ruhe (der Diabetes bleibt ja da)!...
    Gruß juergen

  • Zitat von SabineS;22066

    Hallo Klaus,

    das kann so nicht stimmen. Es sind doch in der Vergangenheit immer wieder mal Fälle von Sterbehilfe ans Licht gekommen, bei denen Betreuer die Kranken mit Insulin in den Tod gespritzt haben.

    Viele Grüße
    Sabine


    Hallo Sabine,


    natürlich sind Hypoglykämien mit großer Power kein reines Vergnügen, aber man stirbt daran nicht. Bei den Fällen, die Du beschreibst, handelt es sich in der Regel um alte, höchst pflegebedürftige Menschen. Ursache ihres Todes war eine ausgeprägte Multimorbidität, die durch die Insulingabe zusätzlich verschärft wurde


    Demgegenüber wiird von Fällen berichtet, wo Menschen in suizidaler Absicht Überdosen von 'Insulin' gespritzt haben und dennoch überlebten!



    Viele Grüße
    Pierre

  • Also, ich denke auch, dass man sich mit Insulin umbringen kann. Ich kenne einige Ärzte und die sagten mir, wenn sie sich umbringen wollten, dann mit 'Insulin'. Klar, man kann es sich sicher mit hochprozentigem und Schlaftabletten noch etwas einfacher machen. Aber ich denke keiner, der sich z.B. seine kompletten Ampullen spritzt und nach 1-2 Tagen gefunden wird, überlebt das.

  • Zitat von Der blaue Klaus;22073

    Aha, danke für die Diagnose. Ne Hypo's mit viel Power sind nicht wirklich nett. Hatte letztens 25mg/l. Das war kein Vergügen mehr. Hatte versucht(nachdem ich TZ gefuttert habe) mich online bei meiner Bank anzumelden. Hab ungefähr 20 Versuche gebraucht.:D


    *lol* Klaus
    komisch, wie hartnäckig man in diesem Zustand ist, gell?
    Solche Dinger habe ich früher auch gebracht, ich wusste ich habe UZ, wollte aber unbedingt bevor ich etwas tue den genauen Wert wissen. Nur, ich saß 'ne halbe Stunde davor und wusste nicht mehr, wie das BZ-Messen ging. Bis mir mein Freund den Saft gebracht hat :D

    Easy come, easy go.

  • Zitat von juergen;22067

    Apropos Gegenregulation: habe vorletzte Woche erst Bewiesen gekriegt, dass sie nóch funktioniert: bei der Arbeit, noch konzentrierter als normal am Rechner, merke ich plötzlich, dass ich vollkommrn verschwitzt bin - BZ31.


    Hallo Jürgen,


    das ist aber der beste Beweis, dass die Gegenregulation nicht mehr funktioniert. 'Gegenregulation' meint nicht nur, dass Adrenalin ausgeschüttet wird und was weiß ich, was man dann mit Schwitzen ect. mitkriegt, sondern Gegenregulation meint, dass man gar nicht so tief fallen kann und dass die Alarm-Zeichen schon früher anfangen bei 60 mg/dl ungefähr.

    Easy come, easy go.

  • Zitat von sera;22081

    *lol* Klaus
    komisch, wie hartnäckig man in diesem Zustand ist, gell?
    Solche Dinger habe ich früher auch gebracht, ich wusste ich habe UZ, wollte aber unbedingt bevor ich etwas tue den genauen Wert wissen. Nur, ich saß 'ne halbe Stunde davor und wusste nicht mehr, wie das BZ-Messen ging. Bis mir mein Freund den Saft gebracht hat :D


    Kenn ich selbst auch zu gut :yes: ! Kann das vollstens bestätigen! Wie lange ich dann schon für 'ne knappe email gebraucht hab :rolleyes: (und blödsinnig geschrieben war es dann wohl auch) oder:


    Ich muß erst noch xyz (fertig) machen und dann trink ich Cola!

    Gott schenkt dir ein Gesicht. Lächeln musst du selber.

  • Ich hab mal irgendwo gelesen, dass es Leute die das absichtlich herbeiführen :confused:. Aber ich finde dieses Gefühl eigentlich ziemlich ekelig, oder? Ich meine, klar kommt es vor dass man irgendwie aufgedreht ist und verwirrt und ganz seltsam lustig. Aber dazu kommt ja dann noch diese Zittrigkeit und diese weichen Knie und das alles.

    Absichtlich würde ich das bestimmt nicht haben wollen :eek:

    Da kann ich Überzucker schon etwas besser aushalten. Ausser er ist so bei 250 oder so, da fühle ich mich echt total matschig, müde und will einfach nur schlafen. Besonders übel ist das, wenn es mir (Gott sei Dank nicht oft) auf der Arbeit passiert, am besten vor dem PC bei irgendeiner langweiligen Tipperei. Da bin ich kurz davor mit dem Kopf auf der Tastatur zu liegen. Kennt ihr das auch?

  • Zitat von Silke9011;22120

    Man kann wohl an ner Keto ganz fix sterben ... aber an ner 'hypo' nicht.



    Aber im Beipackzettel meines Insulins steht sogar, dass man an beidem sterben kann. Und ich glaube das auch. Das sagen, wie schon gesagt, Ärzte, Bekannte, meine Mutter und eben dieser Beipackzettel.

    Ich verlasse mich lieber nicht darauf. Ich denke, wenn ich jetzt, z. B. nachts richtig übel unterzuckere (ich wohne alleine) und ich ins Koma falle, dann habe ich entweder einen Hirnschaden oder bin tot. Denn wenn mir das sagen wir mal Fr. passiert und und mich Montag erst jemand findet, bin ich sicher eines von beidem. Also verlasse ich mich wirklich lieber auf diesen doofen Beipackzettel.

  • So paradox das auch klingt - aber die Leute, die versucht haben, sich mit einer Überdosis an Insulin umzubringen (und die es auch geschafft haben), sind ja letztendlich nicht an einer 'hypo' gestorben, sondern an einer KETOAZIDOSE... Klar, sofern die Leber nicht von Alkohol blockiert ist, powert sie nach einer Weile ja genügend Glykogen heraus, um den Blutzucker wieder ansteigen zu lassen und dann somit selbstständig reagieren zu können, Aber sie macht das ja nicht unbegrenzt oft und wenn man aus irgendwelchen Gründen nicht mehr reagieren kann oder will (sprich: langsam das Bewußtsein verliert), baut sich ja dann inzwischen ein absoluter INSULIN-MANGEL auf und man rutscht somit automatisch in die gefürchtete Ketoazidose. Wer dann nicht rechtzeitig gefunden wird, hat leider keine guten Karten mehr...
    Genau das ist übrigens vor etlichen Jahren einer Diabetikerin aus meinem Bekannten-Kreis passiert, die sich mit 'Insulin' das Leben nehmen wollte. Man hat sie nach 3(!) Tagen völlig ausgetrocknet und "übersäuert" (durch das Aceton) bewußtlos aufgefunden und sie lag seitdem 7 Jahre im Wachkoma - vor einigen Monaten ist sie nun (ich möchte fast sagen "endlich") gestorben...
    Und noch kurz zu den Hypos: Die sind zwar äußerst lästig, weil sie ja in der Regel immer grad dann kommen, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann, aber solange man sich noch selbst helfen kann, sind sie bestimmt nicht schädlich! Von den ganz gemeinen, die gleich einen Notarztwagen-Einsatz erforderlich machen, hört man zwar von manchen Diabetologen, daß dabei Gehirnzellen flöten gehen würden, aber die sollen ja angeblich immer wieder nachwachsen bezw. wir haben (in der Regel:-))) unzählige davon. Darüber hinaus schätze ich mal, daß bei exzessivem Alkohol-Genuss mindestens genausoviel von den Dingern draufgehen...

    In diesem Sinn schlürfe ich jetzt lieber genussvoll meine Brause:-)))

    Grit

  • Ich werde bei der Quartalskontrolle nur nach schweren Hypos gefragt, also solchen, die ich nicht mehr ohne Hilfe bewerkstelligen konnte (was mir zum Glück noch nicht passiert ist). Leichte Hypos lassen sich bei einem Zielrahmen von 80-100 nicht vermeiden und die finde ich auch nicht schlimm.

    Als ich letztes Jahr nach der Diagnose geschult wurde, wurde immer wieder darauf hingewießen, dass fälschlicher Weise lieber zu hohe Werte in Kauf genommen werden, weil Panik besteht, dass einem durch eine hypo was passiert. Aber auch laut dieser Diabetesklinik stirbt man nicht an einer 'hypo' und eine hyper ist wesentlich gefährlicher.

    Alexandra

  • Zitat von Grit Ott;22134

    So paradox das auch klingt - aber die Leute, die versucht haben, sich mit einer Überdosis an Insulin umzubringen (und die es auch geschafft haben), sind ja letztendlich nicht an einer 'hypo' gestorben, sondern an einer KETOAZIDOSE...


    Auch 'ne gute Erklärung! Ich hätte spontan auf Herzkasper als Todesursache getippt :confused: :o . Habe einfach auch schon viel zu oft von Ärzten, aus Büchern und von anderen DMlern (mit "Erfahrung") gehört, daß man an Hypos nicht stirbt.

    Mal im Ernst, Leute: die meisten haben als Zielbereich 'BZ' 80-110mg oder ähnlich. Eine oder zwei Einheiten Insulin zuviel (bzw. 1-2 BEs zu wenig) würden mich doch allabendlich in Lebensgefahr bringen, wenn ich mich bei einer Dosis zur Nacht verschätze!!!
    Und wie oft habt ihr von solchen Todesfällen schon gehört?!?!

    So eine Empfehlung könnte sich doch kein Diabetologe erlauben, die Patienten täten ja wie die Fliegen wegsterben!

    Nu' macht euch mal locker!

  • Mit Hypos, nicht spaßen,


    denn mit den Jahren steigt das Hyporisiko


    Viele Typ-1-Diabetiker haben wahrscheinlich auch bereits die Erfahrung gemacht, dass in den ersten Jahren der Erkrankung das Risiko einer schweren Unterzuckerung relativ gering ist. Je länger die Erkrankung jedoch besteht, desto eher werden Hypoglykämien zu einem Problem. Diese Erkenntnis konnte sowohl durch die DCCT-Studie, wie auch durch eine Reihe andere Studien bestätigt werden. Verantwortlich hierfür ist vor allem die Tatsache, dass es mit den Jahren schwieriger wird, die ersten Anzeichen einer Unterzuckerung rechtzeitig und sicher wahrzunehmen. Mit zunehmender Diabetesdauer berichten immer mehr Menschen mit Typ-1-Diabetes von einer verminderten Hypogklykämiewahrnehmung. Eine gestörte Hypoglykämiewahrnehmung äußert sich darin, dass die betroffenen Patienten Hypoglykämien erst bei sehr niedrigen Blutzuckerwerten oder gar nicht mehr wahrnehmen können. Hierdurch erhöht sich das Risiko für schwere Hypoglykämien um das 5- bis 6-fache. Aber auch das Auftreten von Folgekomplikationen aufgrund eines jahrelang schlecht eingestellten Diabetes wie zum Beispiel Nervenstörungen (Polyneuropathien) können dazu beitragen, dass der Umgang mit Hypoglykämien schwieriger wird.
    Tiefe Blutzuckerwerte sind schlecht für die Wahrnehmung


    Immerhin rund 30% aller Typ-1-Diabetiker berichten über Schwierigkeiten, Unterzuckerungen rechtzeitig und sicher wahrzunehmen. Hierfür sind vor allem auch tiefe Blutzuckerwerte verantwortlich. Treten diese häufiger auf, so passt sich der Körper daran an, so dass die Warnzeichen des Körpers für eine Gefährdung durch Unterzuckerungen erst später und nicht so stark ausgelöst werden. Verständlicher wird dieser Anpassungsprozess, wenn wir einen kurzen Blick auf die Vorgänge im Körper während einer Unterzuckerung richten.


    Besonders unterzuckerungsgefährdet sind Typ-1-Diabetiker, die

    • im letzten Jahr eine schwere Unterzuckerung hatten
    • die sehr häufig (oft nachts) niedrige Blutzuckerwerte (<80 mg/dl) haben
    • sehr ehrgeizige Blutzuckerzielbereiche anstreben
    • sehr sorglos und ohne häufige Blutzuckerselbstkontrolle Insulin spritzen
    • die Hypoglykämien nicht mehr rechtzeitig und sicher selbst wahrnehmen können
    • bereits sehr lange Diabetes haben
    • keine körpereigene Insulinrestleistung mehr haben
    • Nervenstörungen (Polyneuropathien) haben


    Das passiert im Körper


    Bei Menschen ohne Diabetes ist die Sache recht einfach. Fällt der Blutzucker unter einen Wert von 80 mg/dl, so wird die Insulinproduktion einfach gestoppt. Dies reicht in der Regel schon aus, um den Abfall des Blutzuckers aufzuhalten. Dieser einfache Mechanismus steht insulinpflichtigen Typ 1 Diabetikern jedoch nicht zur Verfügung, da das einmal gespritzte 'Insulin' sich ja bereits im Körper befindet. Daher versucht der Körper, sich durch die Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin, Glukagon oder Cortisol zu helfen: Man nennt diesen Vorgang auch hormonelle Gegenregulation. Damit wird die Freisetzung von Glukose aus der Leber erleichtert und die Wirkung des Insulins gehemmt. Normalerweise passiert dies bei Blutzuckerwerten zwischen 50 und 65 mg/dl. Allerdings verändert sich diese Schwelle mit Ihrer Blutzuckereinstellung. Haben Sie überwiegend hohe Blutzuckerwerte, verschiebt sich die Schwelle nach oben. Die Hormone werden schon bei höheren Blutzuckerwerten ausgeschüttet. Umgekehrt kann eine tiefe Blutzuckereinstellung dazuführen, dass die Schwellen abgesenkt werden.
    Bedeutsam ist diese Hormonausschüttung vor allem deshalb, weil es durch diese (autonomen) Hormone zu typischen Warnanzeichen einer Unterzuckerung kommt. Das heißt, Sie spüren diese Reaktion des Körpers an Symptomen wie plötzliches Schwitzen, Zittern, Herzklopfen, ein Schwäche- oder Schwindelgefühl oder eine aufsteigende innere Unruhe. Diese zeigen Ihnen an, dass Sie einen gefährlich niedrigen Blutzuckerspiegel haben und jetzt sofort handeln sollten, indem Sie sofort schnell wirksame 'Kohlenhydrate' essen oder trinken. Dies können 4 bis 6 Täfelchen Traubenzucker (insgesamt ca. 20-30 Gramm), ein paar Gummibärchen, ein Glas (0,2 l) Fruchtsaft, zuckerhaltige Limonade oder normales Cola sein. Dadurch kommt es sehr rasch zu einer Erhöhung des tiefen Blutzuckerspiegels. Wichtig ist, dass Sie zur Behandlung des Unterzuckers keine Diätprodukte (z.B. Cola-Light oder Diätfruchtsaft) oder süße Nahrungsmittel mit einem hohen Fettanteil (z.B. Schokolade) verwenden, da diese Ihren Blutzucker entweder gar nicht oder nicht rasch genug erhöhen.
    Neben diesen hormonellen Prozessen führt der zunehmende Mangel an Zucker im Gehirn zu Einbußen der Gehirntätigkeit. Dies können Sie daran erkennen, dass Sie plötzlich Konzentrationsprobleme haben, Sie müde werden, unsicher laufen oder Schwierigkeiten haben, richtig zu sehen. Aber auch plötzliche Stimmungsschwankungen, welche von Teilnahmslosigkeit, Sturheit, übertriebene Lustigkeit bis hin zu aggressivem Verhalten reichen können, sind mögliche Folgen des zunehmenden "Treibstoffmangels" im Gehirn. Diese sogenannten neuroglykopenischen Symptome treten in der Regel bei Blutzuckerwerten unter 50 mg/dl auf. Sinkt der Blutzucker noch weiter und nimmt damit einhergehend der Energiemangel des Gehirns weiter zu, so können sich diese Symptomen bis hin zur Desorientierung, Bewusstseinstrübung oder sogar zur Bewusstlosigkeit verschlimmern. In solch einem Fall sollten Angehörige oder helfende Dritte versuchen, den Bewusstlosen in die stabile Seitenlage zu bringen und darauf achten, dass die Zunge nicht in den Rachen rutscht. Als Soforthilfe hilft jetzt nur die Glukagonspritze, die auch Laien spritzen dürfen oder die Injektion von flüssigem Traubenzucker direkt in die Vene, was aber dem Notarzt vorbehalten sein sollte, da dies mit Risiken verbunden ist.
    Nutzen Sie die Zeit!


    Für die Behandlung des Unterzuckers steht Ihnen daher nur ein relativ kurzer Zeitraum zur Verfügung. Dieser Zeitraum beginnt mit der Wahrnehmung der ersten Symptome. Das Ende des Zeitfensters ist dann erreicht, wenn aufgrund des zunehmenden Mangels an Zucker im Gehirn dessen Tätigkeit kurzfristig so beeinträchtigt ist, dass eine effektive Selbstbehandlung nicht mehr möglich ist. Dies ist in der Regel erst bei Blutzuckerwerten unter 35 mg/dl zu befürchten. Günstigerweise sollten Sie unmittelbar nach dem Auftreten der ersten Warnsymptome (bei ausgeglichenen Blutzuckerwerten und einer intakten Unterzuckerwahrnehmungsfähigkeit treten diese bei Werten zwischen 50 mg/dl und 60 mg/dl auf) diese wahrnehmen und dann schnell Gegenmaßnahmen einleiten, um den Blutzucker schnell wieder zu normalisieren.
    Wenn die Wahrnehmung schwieriger wird ...


    Das Erkennen der ersten Unterzuckerungsanzeichen ist in der Praxis jedoch gar nicht so einfach. Denn leider sind weder die Blutzuckerschwellen, ab denen Sie erste Warnzeichen fühlen können, immer gleich, noch können Sie sicher sein, dass Ihnen immer die selben Symptome den hypo ankündigen. Durch häufige, leichte Unterzuckerungen kann eine Anpassung an niedrige Blutzuckerwerte in Gang gesetzt werden. Besonders aufgrund häufiger tiefer Blutzuckerwerte und leichter Unterzuckerungen passt sich der Körper an und schüttet die normalerweise zuerst warnenden autonomen Hormone vermindert und erst später aus. Die Folge: Gut wahrzunehmende Symptome wie Zittern oder Schwitzen werden nicht mehr so gut, manchmal sogar gar nicht mehr wahrgenommen. Und: Durch das spätere Auftreten der Warnanzeichen verkleinert sich das Zeitfenster zwischen der Alarmmeldung des Körpers und der Möglichkeit, dagegen etwas zu unternehmen. Häufig bleiben dem Betroffenen nur noch die neuroglykopenischen Anzeichen (wie zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten oder Veränderungen der Stimmung) um die Unterzuckerung zu erkennen. Diese verändern sich nicht so leicht, sind aber auf der anderen Seite auch schwerer zu erkennen. Ein andere Lösung dieses Problems kann darin bestehen, über einen längeren Zeitraum konsequent tiefe Blutzuckerwerte zu vermeiden, damit die Schwelle, ab der Warnanzeichen erkennbar werden sich wieder normalisiert.
    Schwere Unterzuckerungen sind vermeidbar


    Obwohl Unterzuckerungen oft unvermittelt auftreten, sind Sie diesen nicht hilflos ausgeliefert. Wahrscheinlich haben Sie bei der Auswertung der Ursachen Ihrer Hypoglykämien auch schon die Erfahrung gemacht, dass der eigentliche Grund der Unterzuckerung sehr oft in einem Behandlungsfehler zu suchen ist. Ein Fehler ist jedoch nur dann ein richtiger Fehler, wenn Sie diesen nicht analysieren und versuchen daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, um den selben Fehler zukünftig zu vermeiden. Benutzen Sie daher jeden 'Unterzucker' als Anlass, sich zu fragen, wie dieser zustande gekommen ist und wie Sie diesen Fehler das nächste Mal vermeiden können.
    Dabei sollten Sie sich fragen:

    • Weiß ich genügend über die Wirkung meines Insulins und die verschiedenen Einflussfaktoren, die eine Unterzuckerung verursachen können (z.B. Sport, Alkohol, Ernährung, Hitze, Spritzfehler, Krankheiten)?
    • Habe ich "überehrgeizige" Therapieziele, die dazu führen, dass ich oft tiefe Blutzuckerwerte habe?
    • Verhalte ich mich in besonderen Risikosituationen für Unterzuckerungen (z.B. Autofahren, Sport) bzw. Situationen, in denen eine Unterzuckerung gefährlich werden könnte (z.B. Beruf, Freizeitsport) umsichtig genug?
    • Nehme ich mir vor Insulinkorrekturen genügend Zeit, um den aktuellen Blutzucker zu messen und wenigstens kurz die vorangegangenen Blutzuckerwerte zu analysieren?
    • Messe ich meine Blutzuckerwerte ausreichend oft, um mir ein Bild über den aktuellen Blutzuckerverlauf zu verschaffen?
    • Kenne ich meine körpereigenen Warnanzeichen für Unterzuckerungen gut genug?
    • Achte ich im Alltag genügend auf meine Warnanzeichen und erkenne sie rechtzeitig?
    • Habe ich immer ausreichend schnell resorbierbare Kohlenhydrate bei mir, um eine Unterzuckerung rasch behandeln zu können?
    • Reagiere ich richtig, wenn sich ein 'Unterzucker' bei mir ankündigt?
    • Habe ich in meinem persönlichen Umfeld dafür gesorgt, dass mir Andere in einer möglichen Unterzuckerung angemessen helfen?

    Mein Fazit: Da Unterzuckerungen zu sehr unangenehmen und mitunter gefährlichen Situationen führen können, sollten Sie alles tun, um möglichst gut mit dieser unangenehmen Nebenwirkung der Diabetesbehandlung umgehen zu können. Für Menschen mit häufigen schweren Unterzuckerungen, Problemen der Unterzuckerungswahrnehmung oder Ängsten vor Unterzuckerungen gibt es auch spezielle Schulungen (z.B. "Hypoglykämie-Wahrnehmungs-Schulung") oder problemspezifische Behandlungsgruppen (z.B. "Hypogklykämieangstgruppen"). Informieren Sie sich bei Ihrem behandelnden Arzt oder Diabetesteam, wo diese in Ihrer Umgebung angeboten werden.


    :weinen2: