Positives beim Leben mit Diabetes

  • Zitat

    Man weiß anhand der BZ Werte schon 1-2 Tage im Voraus, dass sich eine Erkältung anbahnt


    Dieser Mechanismus versagt bei mir. Auch als ich am Dienstag früher heimging, weil ich mich fiebrig gefühlt hab, war mein Blutzucker im gewohnten Bereich. Und jetzt die ganzen Tage mit Fieber ebenfalls. Sowieso hatte ich in den sechs Jahren, die mich der Mist nun begleitet, noch nie speziell andere Werte wegen Erkältungen.

  • Ich finde durch den Diabetes lebt man viel bewusster. Manchmal kommt mir in den Kopf das alles so schnell vorbei sein kann und irgendwie schätze ich das Leben jetzt viel mehr.
    Das ich überhaupt LEBEN kann und in Deutschland diese Krankheit bekommen habe ist doch schon fast ein 6er im Lotto.
    Das ist für mich positiv an der Krankheit...das ich sie in Deutschland bekommen habe und nicht irgendwo anders.

  • Wenn ich so les, wie in Deutschland um Teststreifen und Rezepte gekämpft wird, bin ich froh, die Krankheit in der Schweiz bekommen zu haben ... ;)


    Aber der Kernaussage stimm ich zu. Hier haben wir die Möglichkeiten, ein gutes Leben mit der Krankheit führen zu können. Das ist nicht allen Diabetikern vergönnt.

  • Als DM-Neuling (Dezember 2013) bilde ich mir einige Veränderungen ein.


    Ich esse nun bewusster und disziplinierter. Mehr, weniger als vorher... weiß ich nicht. Aber ich mache mir Gedanken darüber, was ich esse, wieviel ich esse und was das in meinem Körper anrichtet oder gutes tut. Essen ist nun nichts mehr, was ich beiläufig und gedankenverloren mache, es ist eine verabredete Veranstaltung. Dadurch halte ich ein ganz passables Körpergewicht, mit dem ich zufrieden bin.


    Ich betreibe nun endlich (und regelmäßig und intensiv) Kraftsport. Ein Vorsatz, den ich seit zwanzig Jahren vor mir herschiebe.


    Ich horche nun aufmerksamer in mich rein und "höre den Zahnrädchen in meinem Körper zu". Ich verstehe nun einige Abläufe in mir besser; kenn verschiedene Befindungslagen den korrespondierenden BZ-Werten zuordnen. Ich habe weniger Wutanfälle. Und wenn, dann kann ich sie regelrecht steuern (quasi als Diskussionsmittel verwenden - was zugegebenermaßen nicht ganz fair ist, aber auch nur eingesetzt wird, wenn ich unfair behandelt werde).


    Aber last not least: Der Humor. Hatte ich schon vorher den Schalk im Nacken, habe ich nun deutlich mehr lachende Momente im Leben. Aus meiner Situation erwuchs zunächst der Galgenhumor, der dann später einem gesteigerten Humor wich. Und das habe ich bisher bei einigen anderen Diabetikern auch beobachtet. So als ob sie sich wegen der bescheidenen Situation mit Argusaugen auf die sonnigen Momente im Leben konzentrieren und diese voll auskosten, wenn sie mal kommen.


    Mit 41 Jahren empfinde ich den DM als deutlichen Warnschuss vor den Bug: "Mach was aus der anderen Hälfte, du Penner!"

    Diabetes ist ja im Vergleich zu anderen Krankheiten Zucker.

  • Also ich habe ja erst seit ca. 4 Jahren meinen Diabetes und ich hätte damals niemals gedacht, dass ich etwas Positives daran finden könnte. Aber inzwischen gibt es da einiges:


    ich achte mehr auf mich (auch was das Trinken von Alkohol angeht),


    habe neue Freunde gefunden und alte (falsche) Freunde losgelassen


    und dann habe ich gelernt, auch mal nein zu sagen. Früher war mein Finger bei jeder Aufgabenverteilung an der Decke angetackert und ich habe irgendwie alles übernommen, was anstand. Jetzt macht es mir nix mehr aus, wenn die Leute auch mal komisch gucken, wenn ich einfach mal mache, was ich will.


  • und dann habe ich gelernt, auch mal nein zu sagen. Früher war mein Finger bei jeder Aufgabenverteilung an der Decke angetackert und ich habe irgendwie alles übernommen, was anstand. Jetzt macht es mir nix mehr aus, wenn die Leute auch mal komisch gucken, wenn ich einfach mal mache, was ich will.

    Danke...mit meinem bald 5-jährigen DM hat es sich ähnlich entwickelt. Mit einem "aber": ich bin noch nicht soweit, dass ich im Job sagen würde, dass mir eine zusätzliche Aufgabe wegen des Diabetes zuviel wird. Ich suche nach anderen, irgendwie akzeptabel klingenden Gründen, wenn ich meine, ich kann jetzt nicht mehr. Muss ich noch dran arbeiten. Oder lieber nicht..?


    Lg Hubi

    "Sing this corrosion to me!"

    (Stoßseufzer eines unbekannten Seglers)

  • ich achte mehr auf mich (auch was das Trinken von Alkohol angeht),

    Das ist wohl wahr. So viel Gemüse wie seit der Diagnose (vor allem Broccoli, Blumenkohl) nebst Quark und Käse habe ich in den 10 Jahren zuvor zusammen nicht gegessen. Beim Alkohol hatte ich seit je her eher den Genuss im Sinn (Single Malt Whisky, der ist zu teuer um sich den Schädel zuzulöten). Den lasse ich mir aktuell auch nicht vermiesen.

    Zitat

    und dann habe ich gelernt, auch mal nein zu sagen. Früher war mein Finger bei jeder Aufgabenverteilung an der Decke angetackert und ich habe irgendwie alles übernommen, was anstand. Jetzt macht es mir nix mehr aus, wenn die Leute auch mal komisch gucken, wenn ich einfach mal mache, was ich will.

    Ja, kann ich bestätigen. Allerdings ist diese Änderung der persönlichen Einstellung durch DM irgendwie veranlasst, aber nicht mit DM begründet. Wenn du merkst, dass das Abstrampeln so gar nichts bringt und es wichtigeres im Leben als Arbeit gibt, dann ist ein freundliches "Vergiss es" im Sinne von "mach deinen Scheiß gefälligst alleine" nicht grundverkehrt. Vor allem beugt die Einstellung Magengeschwüren vor.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Lg Hubi

    Ganz einfach,
    es schreibt einem wirklich niemand eine Dankeskarte wenn man sich aufopfert.
    Nachdem ich 2012 Herzrasen, steigenden Blutdruck und Schlafprobleme, Reizdarm usw. hatte, habe ich fast zu spät die Notbremse gezogen.
    Anfang 2014 knapp am "Burnout" vorbeigeschrammt, es ging fast nichts mehr ...
    Seitdem ziehe ich mich rechtzeitig raus, fahre ein paar Tage weg... meistens merke ich es rechtzeitig, wenn ich so zerstreut bin, dass ich auf dem Parkplatz in ein falsches Auto steigen will und mich wundere das die Tür nicht auf geht.
    Inzwischen findet nicht mal mehr meine Osteopathin was pathologisches zu bearbeiten.


    Irgendwie neigt man wohl als chronisch kranker dazu anderen beweisen zu wollen, dass man genauso belastbar ist.
    Letztendlich erreicht man das Gegenteil. Im Zustand der körperlichen und seelischen Überlastung sinkt die Arbeitsleistung merklich. Die Fehlerquote steigt.

    Leg Dich nicht mit Zucker an, er ist raffiniert! :bigg

  • nach gut 29 Jahren DM muss ich jetzt fast überlegen - anfangs hatte ich schon einiges Positives...
    ich habe Kochen gelernt, Eis selber gemacht, Brot gebacken - habe sehr viele Kochbücher, wandle ab, verbessere und wiege leider immer noch 58 kg bei 1,72m!
    DM ist meine Bremse - wäre sonst sicher zu übermütig! Aber DM braucht auch Beweise, dass es trotzdem geht... Rucksackreise, Fahrradurlaub, Hilfstransport in die UA, auf Baustellen helfen etc. Inzwischen darf ich lernen auch mal Nein zu sagen! DM wird von der Umwelt eigentlich nicht ernst genommen, das hat man so nebenbei, das ist ja keine Krankheit oder Wohlstand, denke ihr kennt das - hat zur Folge, dass man auch mal Aufklärung betreibt! Und dankbar bin ich auch noch! Vor 1921 hätten wir alle nicht überlebt, in D gibt es genug Insulin, etc. an Technik (im Gegensatz zu manchen anderen europäischen Ländern) - und dann habe ich noch keine Spätschäden - ein Wunder!
    Vielleicht muss man auch für die Schwerbehinderung (nicht nur wegen DM) dankbar sein - die Aussicht etwas früher in Rente zu gehen besteht für mich (mit Abschlag) als letzten mögl. Jahrgang...
    Positiv ist auch, dass sich Typ 1er eigentlich nicht lang kennen müssen, um sich gleich zu verstehen!
    cd63

    Grüße nest

  • Seitdem ziehe ich mich rechtzeitig raus, fahre ein paar Tage weg... meistens merke ich es rechtzeitig, wenn ich so zerstreut bin, dass ich auf dem Parkplatz in ein falsches Auto steigen will und mich wundere das die Tür nicht auf geht.

    Wenn es immer derselbe Autotyp ist, gibt das zu denken... :D


    Aber ich weiss, was du meinst. Wir stellen derzeit im Projektteam fest, dass gemeinsame Diskussionsrunden am Freitagnachmittag bizarr sind, weil kaum noch jemand einen korrekten und klaren Satz rausbringt. Alle völlig braindead von der Woche, und das hat nichts mit DM zu tun.


    Die Sache mit dem Fast-Burnout habe ich ebenfalls mit ähnlichen Auswirkungen durch. Der ultimative Tiefschlag war, dass am Ende ein Kollege befördert wurde, der das Jahr zuvor mit dem Rucksack durch Südamerika getrampt ist. Man lernt immer was neues.


    Schönen Abend,
    lg Hubi

    "Sing this corrosion to me!"

    (Stoßseufzer eines unbekannten Seglers)

  • Ich habe in meiner ganzen Diabeteslaufbahn bis heute nie etwas wirklich positives draus ziehen können.
    Er hat einen Großteil meiner Kindheit zerstört und mein weiteres Leben in der Hinsicht beeinflusst das ich nicht den Beruf auswählen konnte der schon von Kleinkind an ein Traum von mir war.

  • der Hinsicht beeinflusst das ich nicht den Beruf auswählen konnte der schon von Kleinkind an ein Traum von mir war.


    ... darf ich Dich fragen, was das für ein Beruf war?


    Noch ein Link zu einem Beitrag von mir, dar auch ganz gut hier her passt: lnk


    Gruß thomas

  • Wenn es immer derselbe Autotyp ist, gibt das zu denken... :D


    Schönen Abend,
    lg Hubi

    Der Besitzer des KfZ kam ganz verstört dazu (Timing kann ich) und meinte: es ist ja nicht mal die selbe Farbe :bandit:


    Ebenso


    LG Wildrose

    Leg Dich nicht mit Zucker an, er ist raffiniert! :bigg

  • Für mich gibts absolut nichts positives am DM.


    Er hat mich seit 30 Jahren fest im Griff, zeigt mir regelmäßig wer Chef im Ring ist und wie genial der menschliche Körper funktionieren könnte
    und wie amateurhaft ich den Rest meines Lebens versuchen muß seine Mechanismen nach zu ahmen.
    Und alles was damit zusammenhängt beeinflußt mein Leben, Denken, Handel.
    Er bindet Ressourcen und läßt mich Dinge tun die jedem Gesunden erspart bleiben.
    Ich muß mir Fragen gefallen lassen, die ohne DM undenkbar wären.


    Und wozu das Ganze ????


    Na, weil ich weiter leben will und zwar vernünftig.
    Er ist leider stärker und könnte mich auch töten.
    Deshalb gehe ich die Kompromisse ein die nunmal sein müssen.
    Und das fällt mir zunehmend leichter aber nicht immer und auch nicht in jeder Situation.


    MFG

    Schatten löschen die Sonne nicht aus.