BE-Faktor doppelt so hoch wie Korrekturfaktor? 1IE senkt um 30mg, 1BE erhöht um ca. 30mg. Warum unterschiedlich?

  • Hallo,
    ich habe seit über 30 Jahren Typ1 und behandle mit ICT ohne Pumpe.


    Ich bin ziemlich gut eingestellt. Mein HBA1c liegt bei ca. 5,5 - 6,5. Ich spritze Humalog und Lantus. Ich messe 5 - 8 Mal am Tag, alles passt.


    Ich habe in meinem Urlaub bei meiner letzten Basalbestimmung ein paar Experimente gemacht.
    Bei MIR ist es so, dass eine BE meinen Zucker um 30-40mg erhöht. Ich habe einen Korrekturfaktor von 1, also 1IE senkt meinen Zucker wieder um 30-40mg.
    Wenn ich nun beispielsweise vormittags bei einem Zucker von 120mg 5 BE esse, spritze ich 10 IE Humalog und lande zwei Stunden später wieder bei 120mg. Spritze ich aber nicht, steigt mein Zucker auf ca. 270mg. Dann korregiere ich mit 5IE Humalog und lande kurze Zeit später wieder bei 120mg.
    Jetzt stelle ich mir die Frage warum ich doppelt so viel Insulin brauche, wenn ich direkt zur Mahlzeit spritze als wenn ich nachher korregiere.
    Diesen Versuch habe ich morgens, mittags und abends mehrfach wiederholt. Immer mit dem zur der Tageszeit gultigen Faktoren. Es ist immer das Selbe.


    Warum brauche ich zu den Mahlzeiten doppelt so viel Insulin (BE-Faktor) als nacher bei einer eventuellen Korrektur?


    Ich könnte auch einfach so weiterleben und therapieren, aber da ich ein allgemein skeptischer Mensch bin, interessiert mich eure Meinung oder Erfahrung zu diesem Thema.


    Danke schonmal.


    DanyKay

    2 Mal editiert, zuletzt von DanyKay ()

  • Hi,


    eine gute Frage, die ich mir so noch nie gestellt habe!
    Ein Erklärungsansatz wäre, dass Dein BZ ja einige Zeit erheblich oberhalb der Nierenschwelle war, die bei ca. 160 - 180 liegt. In dieser Zeit scheidest Du Glukose über den Urin aus. Für diese Glukose wird dann natürlich kein Insulin mehr gebraucht, um sie in die Zellen zu befördern. Man nimmt ja bei sehr hohen BZ Werten auch ohne Ketoazidose ab, deshalb ist der Effekt vermutlich schon signifikant.
    Ob das aber alles erklärt, das wage ich jetzt nicht zu beurteilen.

    viele Grüße
    Ikebana

  • Diese Frage beschäftigt mich schon seit meiner Diagnose, das mit der Nierenschwelle habe ich auch schon bedacht, abet ob das so starke auswirkungen hat?

  • Bei uns hätte es sicher auch was mit der Eigenproduktion zu tun, aber wenn man 30 Jahre Diabetes hat, kann die eigentlich nicht mehr signifikant sein.

  • Hallo,


    ja, das ist bei mir auch so. Ich glaube aber es hat einfach etwas damit zu tun, das es zwei unterschiedliche Stoffwechselprozesse sind. So recht erklären kann ich es mir aber auch nicht, denn naiv würde man ja meinen, dass in beiden Fällen einfach der Zucker von Blut in die Zellen transportiert werden muss. Vielleicht ist die Insulinsensitivität anders, solange der Prozess der Zuckeraufnahme noch nicht abgeschlossen ist?


    Viele Grüße
    Tyto

  • Es könnte auch ein Phänomen der Enzymkinetik sein. Im einfachen Fall ist der Stoffumsatz proportional der Konzentration, aber oft hat man keine einfachen Fälle. Da stehen dann u.a. mit Michaelis-Menten Kinetiken etwas komplexeres, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Enzym#Michaelis-Menten-Theorie bzw. allgemein de.wikipedia.org/wiki/Enzymkinetik ... hinzu kommt: Insulin lebt nunmal nicht ewig, die Reaktionsgeschwindigkeit ist
    wie gesagt konzentrationsabhängig. Somit ist der Umsatz pro Insulin gerechnet nicht
    stupide linear zur Konzentration.


    Ich kann mir gut vorstellen, dass der Gesamtdurchsatz pro Lebensdauer des Insulin-Moleküls bei hohen mittleren Zuckerwerten (also von "oben" kommend) nach dem MM Mechanismus durchaus höher ist als bei tiefen/normalen Werten.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Brauchst nicht so kompliziert zu denken. http://de.wikipedia.org/wiki/Insulin#Halbwertszeit_und_Abbau ... Halbwertszeit ca. 5 min. Wenn du anfangs doppelt so viel Glucose im Blut hast wie sonst, dann baut ein Insulinmolekül selbst bei der einfachsten Kinetik doppelt so viel ab bevor es selbst zerstört wird. Irgendwann wirds aber in eine Sättigung reinlaufen.


    Sorry, Reaktionskinetik ist mein quasi täglich Brot ;)

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Sowohl Hämoglobin als auch das Gehirn verbrauchen Kohlehydrate ohne Insulin dafür zu benötigen. Ca 60 % der verbrauchten Kohlehydrate gehen an das Gehirn. Wenn dann auch noch einiges durch das Basalinsulin abgefdert wird, durch ausscheiden im Urin dann hat man schon eineige "Verbraucher". Wobei der Ansatz mit dem Basalinsulin bedeuten würde, dass dieses Basal Insulin zu anderen Zeiten fehlen würde....aber genau weiß ich das auch nicht.

  • Wow! Echt der Hammer.
    Da schau ich mal nach der Arbeit hier rein und es sind etliche Antworten und Theorien online. Manche sind sehr einleuchtend.
    Vielen Dank schonmal.
    Da ich, wie gesagt Skeptiker bin, konnte mich das zumindest vorerst zufriedenstellen.
    Ich werde mir weitere Gedanken machen dazu.


    Danke!

  • Sowohl Hämoglobin als auch das Gehirn verbrauchen Kohlehydrate ohne Insulin dafür zu benötigen. Ca 60 % der verbrauchten Kohlehydrate gehen an das Gehirn.


    Heißt das Denksport senkt direkt den Blutzucker? Wenn ja wie groß ist der Unterschied zwischen Angeln und sich das Hirn zermartern?

  • Höhöhö...schade, sonst 'ne fette Matheaufgabe und ein Teller Nudeln und gut iss... :rofl

  • Hmmm,
    was mir als erstes eingefallen ist:
    die meisten Menschen brauchen vormittags mehr Bolus Insulin, als z.B Mittags! Und gegen Abend nochmals mehr Bolus Insulin als Mittags!
    Unter ICT rechnete ich z.b immer vormittags 1BE = 1 IE! Mittags 1BE = 0,5IE! Abends 1BE = 1IE! (Achtung bei jedem anders!!!! da ich einen geringen Insulinbedarf habe!!!)


    Gleiches gilt für die Korrektur:bei mir morgens 1IE = senkte den BZ um 40,
    Mittags 1IE = senkte den BZ um 80,
    Abends nochmals 1IE = senkte den BZ um 40!


    Was mir noch aufgefallen ist:


    Du schreibst Dein Ausgangswert war BZ 120!!
    Nach 2 Stunden war der BZ 120!!


    Hört sich echt gut an! Aber stimmt auch die Wirkdauer des Insulins :whistling: ???
    Das das Bolusinsulin bei Dir wirklich nur 2 Stunden wirkdauer hat??
    Bei mir ist die Bolus Wirkdauer bei Humalog ca. 3 Stunden!
    LG
    Alex

    Pour en arriver la

  • Angeblich soll das Gehirn ( genauer die Nervenzellen) durchschnittlich ca 120 g Monosachariede pro Tag verbrennen. Daß soll aber nichtmehr werden wenn man mehr denkt. Oder so, habe ich in der Schule gelernt. Übrigens bei Leistungssportlern werden auch ein Insulinunabhängiger Glucosetransport in die Muskelzelle beobachtet. Das genügt jedoch nicht um komplett auf Insulin zu verzichten.

  • ---


    Hört sich echt gut an! Aber stimmt auch die Wirkdauer des Insulins :whistling: ???
    Das das Bolusinsulin bei Dir wirklich nur 2 Stunden wirkdauer hat??
    Bei mir ist die Bolus Wirkdauer bei Humalog ca. 3 Stunden!
    LG
    Alex

    Hallo,
    sicherlich wirken 10 Einheiten Humalog keine 2 Stunden!
    10 Einheiten Humalog wirken über den Daumen mindestens 5 Stunden.
    Wenn nach 2 Stunden einer Mahlzeit schon ein sehr guter Blutzucker erreicht wurde, die Insulinmenge aber noch 3 Stunden wirkt, dann sollte in den nächsten Stunden eine Hypo folgen.
    Folgt diese Hypo nicht, dann wird die Basalversorgung wohl nicht ausreichend sein und ein Bolus gleicht diese Lücke z.B. aus.
    Nahezu alle Basalinsuline haben ihre Schwächen, sodass ein Bolus das ausgleichen muss.
    Schwierig für die Nachvollziehbarkeit ist, wenn sich ein Korrekturbolus im Essensbolus versteckt.
    Auch kann die Zusammensetzung des Essens dafür sorgen, dass sich der Blutzucker anders verhält, als gedacht.
    Nicht jeder berechnet die Fett- und Eiweißanteile der Nahrung, die auch Einfluss auf den Blutzucker haben.

  • Angeblich soll das Gehirn ( genauer die Nervenzellen) durchschnittlich ca 120 g Monosachariede pro Tag verbrennen. Daß soll aber nichtmehr werden wenn man mehr denkt.


    Gut, sonst müsste ich wohl ab heute die Basalrate verdoppeln. Letzte Klausur für dieses Semster geschrieben! :urlaub


  • Gut, sonst müsste ich wohl ab heute die Basalrate verdoppeln. Letzte Klausur für dieses Semster geschrieben! :urlaub


    Herzlichen Glückwunsch. Ich hoffe Du kannst nun die Zeit nutzen und sinnvolles Veranstalten....so wie z.B. Feiern :sekt:

  • G8 oder G9, hilft alles nix solange Taschenrechner zugelassen sind und der Verstand in der Kindergrippe verzockt wurde. Aber für sowas gibt es bestimmt eine App für 16,99.


    Ich renne gar nicht mehr vor Kopfschütteln.

    let the sun shine

  • offtopic->
    hammerschmied

    G8 oder G9, hilft alles nix solange Taschenrechner zugelassen sind und der Verstand in der Kindergrippe verzockt wurde. Aber für sowas gibt es bestimmt eine App für 16,99.




    Ich renne gar nicht mehr vor Kopfschütteln.

    Mein Deutschlehrer in der G9 hätte druntergeschrieben "Thema verfehlt". Außerdem, wenn du so viel schlauer bist als alle anderen, dann schreib doch bitte Kinderkrippe, die hat nämlich mit der Grippe nichts zu tun.



    wieder ontopic:
    Ich find die Theorie, dass sich schlicht innerhalb der zwei Stunden, die ja zwischen morgens und vormittags liegen, die Insulinempfindlichkeit erhöht und der Bolus damit kleiner wird, am sympathischsten. Ess doch die 5 BE mal zwei Stunden später und schau, was du dann für einen Bolus brauchst.

    Das ist mein erster Garten, ich übe noch.🐞🌼

    2 Mal editiert, zuletzt von Zuckerstück () aus folgendem Grund: immer diese Rechtschreibung


  • Warum brauche ich zu den Mahlzeiten doppelt so viel Insulin (BE-Faktor) als nacher bei einer eventuellen Korrektur?


    Ein Grund wird sicher sein: Glukosetransporter (die "Löcher" oder "offenen Törchen"), die durch die Basalrate geöffnet werden, werden gar nicht so stark von den Glucoseteilchen verwendet, da sie gar nicht so häufig zufälltig beim Vorbeischwimmen drauftreffen. Ist der BZ nun durch vergessenes Bolusinsulin höher, huschen doch ein paar mehr Glucoseteilchen durch, alleine, weil jetzt die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass ein Zuckermolekül auftrifft.
    Der bereits verbrauchte Glucose-Anteil braucht nun kein Insulin zur Korrektur mehr.


    Interessant ist auch, dass z.B. die doppelte Menge des gleichen Essens nicht die doppelte Menge an Insulin braucht.


    lg
    Adrian

  • So ganz in Kurzform steht genau diese Theorie auch in dem Wikipedia-Artikel zur Enzymkinetik.


    Der Umsatz eines Enzyms/Proteins ist anfänglich proportional zur Konzentration des Substants (Blutzucker). Insulin lebt aber nicht lange, weil es abgebaut wird. Hast du einen Ausgangslevel von 100, brauchst du eben doppelt so viel Insulin für den gleichen Zuckerdurchsatz als wenn du erst frisst und dich dann von 200 kommend runterschießt. Bei ganz hohen BZ Werten wird es durch Insulinresistenzen (siehe Korrekturregeln) nicht linear, aber im Normalbereich kannst du von vorab beschriebenen Zusammenhang ausgehen.


    Daher spielt auch der glykämische Index des Essens auch eine Rolle - knallt dein Blutzucker erst hoch, so wirkt der Bolus etwas besser als wenn du mit einem exakt passenden Profil genau dessen Wirkkurve triffst und im Mittel einen sehr konstanten Verlauf hast.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.