Einladung zum Essen -als Diabetiker-immer die reinste Freude?

Anfangs hat man mir in der Familie Diätsüßigkeiten geschenkt. Dann habe ich den Schenkenden erklärt, ich könne essen, was ich wolle, solange ich es berechne. Irgendwann hat es auch der Letzte kapiert. Zumindest im näheren Familien/Bekanntenkreis.

Ab und an kommt es noch vor, mit fremden Menschen, dass man verwundert ist, was ich denn alles essen darf. Viele kennen den Unterschied Typ I und Typ II nicht, manche wissen noch nicht einmal, was Diabetes ist...

Also ja, ich kann es nachvollziehen. Und ich finde gut, dass du nicht aus Pflichtgefühl die "zuckerfreien" Kuchen gegessen hast.

Am Samstag waren wir bei Freunden zum Grillen eingeladen. Waren einige Leute da. Am späten Abend wurde dann das Dessertbuffet aufgefahren, Tiramisu, diverse Kuchen, allerlei Gebäck. "Puh, da möchte man nicht Diabetiker sein", hörte ich aus einer Ecke. "Tu nicht schwierig", hab ich geantwortet und mein Tellerchen gefüllt. "Du bist Diabetiker? Hast aber schon bei allem reichlich zugelangt den ganzen Abend, auch bei Bier und Wein. Geht das?" "Ja, auch wenn ich Diabetiker bin, es schmeckt halt."

Der Hausherr, der an diesem Abend nicht zugegen war, ist auch Diabetiker und trägt eine Pumpe, man kennt ihn bestens und weiss, dass er trotz Diabetes ein Schleckmaul ist. Ich bin nicht so der süsse Typ, aber manchmal muss es sein. Und ob ich jetzt Tiramisu oder Kartoffelsalat ess, spritzen muss ich sowieso. Ich hoff, ich hab an diesem Abend wieder etwas zur Bildung beigetragen.

@ wgf
Entschuldigung, aber ich musste shon ein wenig schmunzeln, als ich das gelesen habe. Ich hab mir Dein Gesicht dabei vorgestellt.

Ich kann aber sehr gut nachvollziehen, wie genervt Du wohl gewesen bist. Hättest vielleicht noch fragen können, ob sie davon ausgegangen sind, dass Du zwei ganze Kuchen alleine isst.

Mir ist das so noch nicht passiert. Einzig eine Kollegin fragte mal nett, ob sie, wenn sie Süßes mitbringt, mir extra was für Diabetiker mitbringen soll. Habe ich natürlich verneint. Aber wegen genau so einer Situation, wie Du sie hattest, wissen von mir nur sehr wenige, dass ich Diabetikerin bin. Ich hab einfach keine Lust auf solche Diskussionen - und schon gar nicht in der Öffentlichkeit.

Zitat von wgf

Mitgeteilt habe ich das auch niemanden, aber wenn die Verwandtschaft ausplaudert......, die Frau, die die Kuchen gebacken hat, ist Pfarrersfrau von einem Mann mit Typ2, das sagt(ohne Vorurteile zu haben) alles...

Und genau deshalb wissen es die Schwiegereltern von meinem Bruder auch nicht und werden es - soweit ich es verhindern kann - auch nie erfahren. Wenn die es wissen, steht es morgen in der Zeitung. Ich treffe diese öfter bei Geburtstagsfeiern und dann mache ich das immer so, dass sie nichts mitbekommen. Mein anderer Bruder hatte mal einen schweren Unfall. Nach ein paar Tagen sprach der EIERLIEFERANT vom Bauernhof meinen Bruder auf den Unfall an. Völlig erstaunt fragte er, woher er denn davon wisse. Der erzählte dann, dass er es von den Schwiegereltern weiß. Die wohnen aber noch nicht mal im selben Ort!

Ein Bekannter, der kocht gern u. im Gegensatz zu mir kann er es auch.
Aber ich schlage schon seit längerer Zeit alle Einladungen aus.
Wenn ich bei dem im Wohnzimmer hocke u. er rumort noch in seiner Küche rum, dann kommt paar Mal die Ansage: "Jetzt geht's gleich los...". Ich hab dann vielleicht gespritzt für das angekündigte Menü u. es dauert trotzdem noch 1,5 bis 2 Stunden!
Ich möchte eigentlich schon ein wenig Spritz-Eß-Abstand einhalten, aber so ist das schlecht möglich. Da sitz' ich dann mit meinem verabreichten Insulin u. denke darüber nach, ob ich nicht etwas von meinem TZ einschmeißen soll.
Er als guter Gastgeber sagt dann z.B.: "Kannst dir ja noch 'ne Flasche Bier nehmen solange.". Prima! Auf nüchternen Magen auch noch paar Flaschen Bier trinken. [Blockierte Grafik: http://smiles.kolobok.us/icq/mad.gif]
Außerdem habe ich schon so einigermaßen Regelmäßigkeit bzgl. der Zeiten, wann ich esse. Das ist bei derart Einladungen nicht möglich.

Da muss man halt abwägen, ob man für eine solche Gelegenheit den SEA mal SEA sein lässt und sich dafür auf das Essen freut oder nicht.

Zitat von Kochloeffel

Da muss man halt abwägen, ob man für eine solche Gelegenheit den SEA mal SEA sein lässt und sich dafür auf das Essen freut oder nicht.

Ob der gesamten Umstände (nicht nur SEA) lasse ich es einfach bleiben. Brauch ich nicht. [Blockierte Grafik: http://smiles.kolobok.us/icq/wink.gif]

Hätt ich auch so rausgelesen.
Soll ja Spass machen. Und wenns dann bemühend ist, aus welchen Gründen auch immer, wird aus dem Spass eine Pflicht. Und sowas würd ich auch möglichst auf ein Minimum reduzieren.

Hi wgf,

So ähnlich kenne ich das auch ... Wenn ich mal irgendwas ablehne zu essen... Kommt immer der Spruch " Ach das darfst Du ja nicht" da ich es aufgegeben habe lange Erklärungen zu liefern, belasse ich es dabei und lasse es so im Raum stehen. Ist mir mittlerweile wirklich zu blöd zu erklären, das ich im Moment nur einfach BZ Technisch das nicht essen mag. Ansonsten feiere ich auch die Feste wie sie fallen, mit allem..... Muss einfach auch mal sein

Finde ich gut das Du Dir den Tag hast nicht vermiesen lassen. Mich lässt so was mittlerweile auch kalt und ich sehe nicht ein, warum ich den extra Kuchen essen sollte... Man hat darum doch nicht gebeten.. Aber dahinter stecken ja nur gute Absichten

LG

Hm das kommt mir sehr bekannt vor. Strenge und fragende blicke, tadelndes Kopfschütteln, bohrendes Nachfragen ob man das auch wirklich essen darf... Und nicht zuletzt das empörte gemaule wenn ich mangels Spüßstoff die ganz verantwortungslos einfach zwei Stück Würfelzucker in meinen Kaffee schmeisse. Bei dem Kuchen ist es ok wenn man ordentlich Insulin aufzieht, und wenn gar die Typ 2 Diabetiker schulterzuckend win weiteres Stück nehmen ( " Ach ich nehme dann eine Tablette mehr") , aber 2 Stück Zucker im Kaffee sind schon ein echter Aufreger.

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Zitat von wgf

Die Hochzeitstorte sah sehr lecker aus und ich ließ es mir schmecken (man rechnet mal so 3-4 BE`s und habe dementsprechend gespritzt). Dann kam: "Übrigens, der Apfelkuchen hat 3 BÈ, sagt Dir das was?") Mit meinem Gesichtsausdruck: Nee, auf meiner Stirn stände: ich-bin-blöd, habe ich jaja gesagt und noch ein kleines Stück Nußcremetorte genommen....Reaktion:"Das darfst Du essen? Nach entsprechender Tanzbewegung gab es Abendessen und habe mir noch ein mousse chocolat mit Apfelmus gegönnt. Zufriedenheit auf meiner ganzen Linie,.....Montag früh mit 8,3mmol/L aufgewacht...bin zufrieden und geschmeckt hat`s auch!!

Ha ha, recht so. Lass denen die Kuchen, denen das schmeckt und iss was richtiges.
VG

Zitat von wgf

Ich bin mir sicher, da haben einige vom Forum auch etwas zu berichten, obwohl wir das Jahr 2015 schreiben und nicht 1985, 1990 u.s.w. kommen solche Geschichten immer wieder vor.....

Solche Erlebnisse hatte ich in den 80er und 90er Jahren dauernd. Selbst Ärzte, also vermeintliche Fachleute konnten nicht begreifen dass man als Typ1 Diabetiker plötzlich Kuchen oder gar Eis essen durfte. Und immer gab es irgendwelche
dummen Kommentare. Mein damaliger Hausarzt hat 1989 sogar meine Weiterbehandlung abgelehnt weil er das so nicht mehr verantworten konnte.

Was haben wir es heute gut!!! Früher musste der Diabetiker zu festgesetzten Zeiten feste Mengen essen. Nicht mehr, ab er auch nicht weniger! Leider hat sich diese Vorstellung über Diabetes in den Köpfen der Leute bis heute gehalten.
Und es gibt sicher auch heute noch viele Diabetiker die nach strengem Diätplan leben.

Zitat von thokayanz

Und es gibt sicher auch heute noch viele Diabetiker die nach strengem Diätplan leben.

Ja, meine quasi Schwiegermutter. Aber sie wird das mit ICT auch nicht mehr lernen...

Und trotzdem sie nach dem genauen Essplan lebt, hat sie ständig einen durchschnittlichen Zucker von 300 mg/dl.

Zitat von wgf

Ganz böse jetzt von mir , verzeih mir, aber die Spätfolgen erlebt sie doch sowieso nicht mehr, während Typ1 Diabetiker mit solchen Werten schon Ängste in der Zukunft haben müssen, allein aufgrund der langen DM-Dauer!

Sie hat den DM aber schon seit über 30 Jahren und immer solche Werte. Der Hausarzt verschreibt ihr aber auch immer wieder das Insulin und schickt sie nicht zum Diabetologen. Da will sie auch nicht hin. Und Spätfolgen hat sie auch an den Augen. Ansonsten hast Du schon recht.

Zitat von chemikus

Wie kommt es eigentlich, dass sich so viele Typ-2er so dämlich anstellen? Einfach weil es mehr gibt und es so zahlenmäßig mehr doofe Typ-2er gibt als Typ-1er oder liegt da bei der Diagnose mit anschließender Behandlung so unheimlich viel im Argen ?

Hi,
Übergewicht ist abhängig von der sozialen Stellung, d.h. je niedriger der soziale Satus desto häufiger ist Adipositas. Die gebildete Schicht achtet mehr auf Ernährung und Gesundheit. Natürlich deckt das jetzt nicht jeden Fall ab, aber statistisch ist das einwandfrei belegt. Da die Diabetestherapie sehr viel Wissen und Disziplin erfordert, ist es schon kein Wunder, dass sie dem ein oder anderen über den Kopf wächst.
Zudem nimmt jemand, der sich dick und rund futtert und wenig Sport treibt, von vorneherein in Kauf, dass er sich gesundheitlich schadet. Da liegt es nahe, dass er es mit der Therapie auch nicht extrem genau nimmt. Zumal es ja auch nicht weh tut...

Grüße
Ikebana

Ihr könnt alle nur froh sein, dass ihr meine Schwiegermutter nicht kennt:

Bei Familienfesten darf ich mir grundsätzlich anhören, dass es für mich nicht gesund sei, wenn wich mich wie alle anderen Gäste am Kuchen bediene und den dann entsprechend berechne und wegspritze. Da helfen auch keine Erklärungen, wie heute eine Therapie für einen Typ 1er funktioniert. Ich habs mehrmals versucht und zwischenzeitlich aufgegeben.

Sie hat dann das Faß zum Überlaufen gebracht. Wegen einer Hypo, hatte ich mir ein Glas Cola und eine halbe Tafel Schokolade genehmigt. (Man kann sich ja die unangenehmen Momente so angenehm wie möglich machen, und die KHs wo zuviel sind berechnet man ganz normal ) Ihr Kommentar dazu war, ich solle bei nächsten Mal besser aufpassen und lieber etwas mehr Insulin spritzen, damit der Blutzucker nicht so niedrig wird. Ich bin bei Unterzuckerungen meist sowieso etwas gestresst und leichter reizbar. Da hab ich mir schon auf die Zunge beißen müssen...

Hab auch schon in einem ganz ruhigen Ton versucht ihr klarzumachen, dass mir solche unqualifizierten Kommentare in keinster Weise weiterhelfen und sie das bitte lassen soll. Sie lässt es trotzdem nicht. Unser Verhältnis leidet da schon ziemlich darunter.

Solche Dinge finde ich noch viel lästiger als den ganzen DM.