Partner mit Hypo überfordert

  • Ich habe ja seit einigen Monaten einen Mann in meinem Leben.
    Den habe ich natürlich "gebrieft" ;) - also alles, was mit dem Diabetes zusammenhängt, habe ich ihm wieder und wieder erklärt. Eine Notfallspritze bei ihm deponiert und und und.


    Nun hatte ich letztens eine fiese Hypo. Ich bin innerhalb kürzester Zeit während dem Kochen runtergerauscht auf 36mg/dl und war schon kurz vorm wegtreten, habe ihn aber vorher noch gerufen weil es mir so schlecht ging.


    Und wisst ihr was passiert: er wird sauer.
    "Wie kann das sein, wir haben doch vor 10 Minuten noch gemessen da waren es noch 115, das gibt es doch nicht, warum nimmst du deinen TZ nicht", grummel, schimpf. Er war total überfordert, hat mir was zu essen hingeknallt und den ganzen Abend rumgeschimpft und mich angestritten.


    Gut, ich verstehe er hat sich erschrocken. Ich lag am Schluss total nassgeschwitzt da und war kaum noch ansprechbar. Das ist, auch wenn man es vorher theoretisch schon xmal erklärt bekommen hat, beängstigend.
    Das schärfste war aber, dass er am nächsten Tag sagte ich wäre total aggressiv gewesen und er hätte mich fast nicht wieder erkannt.


    Also ich bin immer noch baff, denn normalerweise kümmert er sich bei jedem kleinen Wehwehchen liebevollst um mich, massiert mir abends die wehen Füsse und Beine und rennt nach Pflastern wenn ich mich verletze.
    Ich war halt einfach nur enttäuscht, dass ich angemeckert werde für eine Hypo, und dann drei Tage Streit deswegen habe.


    Ist euch das auch schonmal passiert?



    Wer sein Leben so einrichtet,
    dass er niemals auf die Schnauze fällt,
    der kann nur auf dem Bauch kriechen.


  • Hallo Claudia,


    ich kann ja verstehen, dass dein Freund erschrocken war dich in diesem Zustand zu sehen, aber seine Reaktion ist ja schon krass. Was mich wundert ist, dass er sogar Tage danach noch sauer war. Ich denke, da ist ein klärendes Gespräch fällig. Man katapultiert sich ja nicht absichtlich in eine solche Situation und es ist nun mal unmöglich ein Hypo immer zu vermeiden. Vielleicht nimmst du ihn mal mit zu einem Termin beim Diabetologen. Er kann ihm durch eine genaue Aufklärung die Angst eventuell nehmen bzw. Verständnis für die Situation vermitteln.


    liebe Grüße, Jolanda

  • O je das hört sich ja nicht gut an :/ Als hätte er zwei Persönlichkeiten oder wie du halt sagst, einfach überfordert. Wie lange seit ihr denn zusammen wenn ich fragen darf? Auch wenn mich hier jetzt manche dafür steinigen werden aber vielleicht war es einfach zu früh dem die Sachen mit der Notfallspritze usw zu erklären. Die ganzen Infos haben ihm vielleicht Angst gemacht und eine Hypo ist für die Aussenstehenden auch sehr gewöhnungsbedürftig.


    In meiner Beziehung habe ich das ganz unvernünftig gemacht. Habe am Anfang kaum was über Diabetes erzählt. Ich habe Diabetes und muss aufpassen und was essen wenn der Zucker niedrig ist - das wars. Dann kamen irgendwann die ersten Hypos und ich habe ihm danach erklärt wie man damit umzugehen hat. Er macht es auch wirklich super! Ausser manchmal bei einem Zucker von 50 oder bei einem nicht sooo niedrigen Wert muss ich mir was zu trinken/TZ holen. Da werde ich von ihm komplett ignoriert (wobei ich ihn auch nicht darum bitte, dass er mir was holt aber ist irgendwo selbstverständlich oder sehe ich das falsch?). Denke er macht es damit ich auch wenn ich alleine bin mir gut selbst helfen kann. Das mit der Glycagonspritze habe ich ihm z.B. noch gar nicht erklärt und habe auch gar keine zu Hause wenn ich ehrlich bin :p Muss mal nächste Woche dran denken mir zwei verschreiben zu lassen...


    joli67
    Deinen Beitrag unterschreibe ich! Darauf bin ich gar nicht gekommen :)

  • Für den Partner ist es ein schreckliches Erlebnis, den Menschen, den er liebt, in so ner Situation ganz anders als sonst zu erleben. Soll heißen, er war mit Sicherheit überfordert. Allerdings ist es nicht so schön, daß er auch noch Tage später so distanziert ist.

    Ich vermute, er ist so geschockt, seine Partnerin so wesensverändert erlebt zu haben, daß er immer noch nicht damit umgehen kann.

    In meinen Augen ist eine Hypo unser eigener Fehler( zuviel Bewegung, zu viel Insulin, zu wenig BE´S, ..). Diesen Fehler kann nur ich selber beheben und in Zukunft versuchen, mich auch in einer Hypo zusammen zureißen, damit die Partnerschaft dadurch nicht zusätzlich gefährdet wird.

    Aus eiger Erfahrung kenn ich beide Seiten, denn ich bin Diabetikerun und selber Partnerin eines Diabetikers. Hypo´s lassen sich nicht immer vermeiden, aber es ist immer eine Streßsituation für beide Seiten. Gerade Wesensveränderungen machen es dem Partner sehr schwer und teilweise fast unmöglich zu helfen.

    Es bleibt nur, Gespräche zu führen, in dem beide Seiten versuchen sollten, Ihre Wahrnehmung der Situation dem Partner zu erklären und dann gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

    Dabei wünsch ich Claudia und Ihrem Partner viel Erfolg... Claudia, wenn Du Hilfe brauchst, dann meld Dich...

    :thumbsup: „Wer seine Meinung nie zurückzieht, liebt sich selbst mehr als die Wahrheit.“
    Joseph Joubert :thumbsup:

  • Hallo Claudia,

    auch ich glaube, dass dein Freund mit der Hypo-Situation komplett überfordert war und das "Eigentliche"und der evtl. Hilflosigkeit von Dir gar nicht bewusst ist bzw. registriert hat.
    Schließlich ist das ja auch nicht einfach.
    Ich weiß, dass ich ziemlich zickig bei Hypos bin und vor allem sehr stur.:cool:
    Mein Mann hat im laufe der Zeit dazugelernt, wie !!! (in welchem Tonfall) er mit mir reden muss, damit ich bei einer richtigen Hypo (BZ < 30) auch Hilfe annehme.
    Möglicherweise, bist du auch nicht pflegeleicht in so einer Situation. :love:Nur wirst du das nicht ändern können. Er muss sich damit arrangieren.
    Eine gute Dia-beraterin oder auch andere, die dich in so einer Situation kennen, könnten ihm Hilfestellung sein, indem sie ihr Wissen, ihre Erkenntnisse an dir, mit ihm teilen.

    Viel Erfolg & nicht böse sein, der arme Kerl hatte es beim 1. x sicherlich nicht leicht.

    LG
    PumpenKati

    LG PumpenKati


    „Es ist hier die Rede nicht von einer durchzusetzenden Meinung, sondern von einer mitzuteilenden , deren sich ein jeder als eines Werkzeuges nach seiner Art bedienen möge.“

    J. W. v. Goethe

  • Hallo, Claudia, ich kann mich den Vorschreiberinnen nur anschließen.
    Ein klärendes Gespräch wäre sicher sehr hilfreich gewesen.

    In meinem Leben gab es bisher auch nur gesunde Männer, allerdings habe ich so eine Reaktion nie kennengelernt.
    Mein Günter ist auch schon mal sauer, aber er fragt dann, woraus die Hypo resultierte. Das hilft mir dann vielleicht wieder mal, mein Verhalten bzgl. DM auf den Prüfstand zu stellen!

    Ich wünsche Euch, dass Ihr es in den Griff bekommt!!

    LG
    Linda

  • Hey,


    vllt. solltet ihr noch einmal in einem klärenden espräch alles rekapitulieren und auch ausmachen, was zu tun ist, bei einem Hypo...


    Mein Mann ist auch immer überfordert... er wollte mir mal Traubensaft andrehen und ich wurde richtig aggressiv, weil ich wohl dachte und auch sagte er wolle mich vergiften... er musste also tatsächlich abwarten, bis ich ohnmächtig wurde... hat natürlich währendessen den Notarzt gerufen... :D Vor Schreck erst bei die Polizei... also da war er noch Tage danach Baff was für ein Scheiß man im UZ reden kann :D aber auch natürlich Unsicherheit und Angst - bleibt das dein Dauerzustand :o


    Alles Gute...


    Anja

  • Hallo Claudia,

    was mich bei deinem Bericht etwas stutzig gemacht hat, ist das er sagte: wir haben doch vorhin gemessen und da hattest du 115. Ist er tatsächlich so dicht dran an deinem DM, dass er deine Werte immer kennt?
    Das finde ich jetzt eher ungewöhnlich und deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass er vielleicht wirklich mit dem Diabetes an sich etwas überfordert ist.
    Ist jetzt nur eine Vermutung, aber für ihn ist das Leben mit Diabetes ja total neu und vielleicht war das dann auf einmal zuviel als du die Hypo bekamst und er dich auf einmal hilflos erleben musst.
    Männer haben das ja manchmal, dass sie ein bißchen agressiv werden, wenn sie Gefühle verstecken wollen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er auch gar nicht auf dich sauer war, sondern auf den Diabetes, der (in seinen Augen) auf einmal macht, was er will.
    Wahrscheinlich weiß er längst, dass er unangemessen reagiert hat und schimpft nur weiter, weil es ihm unangenehm ist, das zuzugeben.

    Rede mit ihm nochmal darüber und lass ihm etwas Zeit, sich mit dem Diabetes anzufreunden. Das wird schon wieder!

    lg
    Hella

  • Zitat

    Männer haben das ja manchmal, dass sie ein bißchen agressiv werden, wenn sie Gefühle verstecken wollen.


    :9engel_3::D


    Als meine Frau vor Jahren Ihre erste Unterzuckerung (also meine) miterleben musste war Sie auch überfordert und wollte nen Krankenwagen etc rufen obwohl ich Ihr vorher alles erklärt habe was zu tun ist.


    Das ganze hat sich in den 8 Jahren soweit verändert das Sie nicht mehr 112 wählen möchte sondern weiss was zutun ist. Sie bleibt immer ruhig und versucht mir zu helfen.


    Das Problem an der Sache ist nur das ich das nicht möchte wenn ich ne UZ hab das man mir hilft.Ich weiss auch nicht warum. Ich will das dann halt selber machen und nicht auf jemanden angewiesen sein.
    Ich bin auch immer ganz verändert wenn ich ne UZ hab und werde auch manchmal aggressiv (nicht körperlich) ohne mich später daran zu erinnern.
    Ich empfinde das dann immer ganz anders.


    Es kann also sein das du wirklich ein bisschen aggressiv warst obwohl du das ganze anders in Erinnerung hast.


    Darüber reden müsst ihr sowieso. Er muss halt lernen damit umzugehen. Wenn er dich gern hat wird er alles dafür tun das es dir wieder besser geht auch wenn er gerade was anderes macht.


    Zitat

    Für den Partner ist es ein schreckliches Erlebnis, den Menschen, den er liebt, in so ner Situation ganz anders als sonst zu erleben


    Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen.

    Optimismus ist Mangel an Detailkenntnis

  • Wir haben darüber geredet und er hat sich auch entschuldigt, und gesagt dass er blöd reagiert hat.
    Den BZ wusste er so genau weil er zuvor neben mir sass, als ich ihn gemessen habe. Er dachte halt ich habe da was falsch gemacht, weil er sich nicht vorstellen konnte dass der BZ so schnell abrutscht.
    Und möglicherweise war ich wirklich ziemlich krätzig zu ihm, obwohl ich das in dem Moment eher nicht so gesehen habe :o. Das ist wohl das, was ihm am meisten zu schaffen macht, dass ich da so "wesensverändert" war. Er kann oder will nicht verstehen, dass das so ist, und macht mir Vorwürfe dass ich ihn da ja wohl nicht so anmeckern müsste.


    Na ich hoffe dass es beim nächsten mal besser läuft ...
    Danke euch allen.



    Wer sein Leben so einrichtet,
    dass er niemals auf die Schnauze fällt,
    der kann nur auf dem Bauch kriechen.


  • Irgendwann wird er es verstehen. Ob er will oder nicht.


    Aber erstmal scheint das Thema ja geklärt zu sein... bis zur nächsten UZ. Er wird sich auch daran gewöhnen und weiss irgendwann wie er damit umzugehen hat. Denn du kannst dein Verhalten bei einer UZ ja nicht ändern, denn da hast du keinen Einfluss drauf.
    Also bist du aus dem Schneider und er ist an der Reihe :p

    Optimismus ist Mangel an Detailkenntnis

  • Hey Claudia!


    Stell dir doch mal vor dein Partner leidet an Epilepsie und
    er bekommt vor deinen Augen einen Anfall. Wärst du nicht
    auch überfordert?

    Liebe Grüße vom
    mistpfützenfrosch Jana

  • Zitat von ClaudiaR;364222


    Na ich hoffe dass es beim nächsten mal besser läuft ...
    Danke euch allen.


    Na, ja ich würde sagen, dass nächste Mal kümmerst du dich selber darum. Ich kappier das eh nicht, wer nach seinem Partner rufen und warten kann bis was passiert, hat sich in der Zeit schon längst selbst verarztet. Ich finde wir Diabetiker muten hier anderen ganz schön viel zu.

    Easy come, easy go.

  • Na, viele müssen wahrscheinlich gar nicht nach ihrem Partner rufen, sondern der ist einfach da, wenn die Hypo passiert. ;) Wegschicken und sagen "geh mal, ich mach das alleine" geht dann ja auch schlecht.


    Das mit dem Aggressivwerden ist völlig normal...bei dem einen so, beim anderen so. Leider kann man sich vorher nicht sagen "wenn ich das nächste Mal 'ne Hypo bekomme, werd ich garantiert nicht aggressiv." Das muss das Männchen jetzt durch.

    The fight is not for us, not for our personal wants or needs. It is for every animal that has suffered and died in every slaughterhouse, in every vivisection lab, in every hellhole on earth! And for every animal that will suffer and die in those same hellholes!

  • Hallo,


    auch auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen:


    Das Problem ist nicht der Partner, der falsch reagiert. Sondern der Diabetiker, der Fehler gemacht hat.


    Also erstmal inner eigenen Nase bohren.

    Beste Grüsse,
    Akina


    "Es scheint mir, dass der Versuch der Natur, auf dieser Erde ein denkendes Wesen hervorzubringen, gescheitert ist "
    (M.Born)

  • Zitat von sera;364231

    Na, ja ich würde sagen, dass nächste Mal kümmerst du dich selber darum. Ich kappier das eh nicht, wer nach seinem Partner rufen und warten kann bis was passiert, hat sich in der Zeit schon längst selbst verarztet. Ich finde wir Diabetiker muten hier anderen ganz schön viel zu.




    Manchmal kann man sich aber nicht mehr selber helfen, und was ist
    wenn auf dem Weg zur Selbsthilfe der Partner im "Weg" steht. Einfach
    ignorieren (was sowieso nicht funktioniert)!

    Liebe Grüße vom
    mistpfützenfrosch Jana

  • Zitat von Akina;364235

    Das Problem ist nicht der Partner, der falsch reagiert. Sondern der Diabetiker, der Fehler gemacht hat.

    Also erstmal inner eigenen Nase bohren.




    Du kannst deine Werte immer erklären, oder?

    Liebe Grüße vom
    mistpfützenfrosch Jana

  • Zitat von FelixB;364216


    Das Problem an der Sache ist nur das ich das nicht möchte wenn ich ne UZ hab das man mir hilft.Ich weiss auch nicht warum. Ich will das dann halt selber machen und nicht auf jemanden angewiesen sein.


    Da geht es mir genau so und ich hasse es wie die Pest. Das schlimmste bei einer UZ ist halt, dass man sich nicht selber helfen kann ab einen bestimmten Punkt aber man mag sich das nicht eingestehen. Und wenn dann eine fürsorgliche Person sagt "Du musst trinken. Trink!" dann kommt man sich in dem Moment doof vor und reagiert aggressiv (kenne ich nur zu gut).

  • Explizit nach jemanden gerufen habe ich noch nie. Wenn ich gerade zB mit meiner Frau gemeinsam koche und ich hab ne UZ ,dann ist sie halt gerade da. Da frag ich Sie aber auch nicht sondern mach das dann alleine. Versuche ich zumindest.


    Sie hilft mir aber dann trotzdem ob ich will oder nicht.

    Optimismus ist Mangel an Detailkenntnis

  • Zitat von mistpfützenfrosch;364237

    Du kannst deine Werte immer erklären, oder?




    Es geht nicht darum, ob man die Werte erklären kann oder nicht.
    Sondern darum, wer dafür verantwortlich ist.
    Wer hat das Insulin gespritzt/ Bolus abgegeben ? Der Diabetiker.
    Wer hat die BE´s / KH`s FPE`s gegessen ? Der Diabetiker.
    Wer hat Sport gemacht / oder mehr als normal körperlich betätigt? Der Diabetiker.
    Wer hat alle zusammenhängenden Fakten bzl. DM und BZ eingeschätzt und evtl verrechnet? Der Diabetiker.
    Eine Hypo kommt nicht von irgendwoher. Up´s da is ne böse Hypo und die hat mich erwischt..... Eine Hypo hat Ursachen. Es gilt diese zu kennen und dementsprechend zu handeln.

    Niemand anders als wir selbst sind an unsern BZ-Werten schuld. Es gibt immer Situationen, die schwer einzuschätzen sind und jeder kann mal nen Fehler machen - Kein Problem - Niemand ist unfehlbar, ABER es ist dann mein Fehler und dafür bin nur ich verantwortlich. Ausbaden müssen es dann diejenigen, die nix dafür können. Sei es der Partner oder z.B. Arbeitskollegen (da können dann die Folgen für uns allerdings schwerwiegender sein. Je nachdem wie wir uns benommen haben und Gott und die Welt beleidigt haben oder randaliert haben)

    Stolpern und Hinfallen ist keine Schande.
    Nicht wieder Aufstehen und Liegenbleiben schon.