Wie schlimm sind kurzfristige Blutzuckerspitzen?

  • Zumindest bei mir kann ich feststellen: bin ich inaktiv,
    habe ich kaum BZ-Spitzen. Gestalte ich mein Leben aktiv und abwechslungsreich,
    kommt es vermehrt zu BZ-Spitzen, gewollt und auch ungewollt.

    Eben: im Urlaub bin ich oft mehr als fünf Stunden gewandert und hatte immer einen Wechsel zwischen sehr hohen Werten und Unterzucker. Das lässt sich einfach sehr schwer steuern, zumal ich kein Libre oder CMG habe. Was ist jetzt gesünder - nur immer auf dem Sofa liegen und die BZ-Werte vorbildhaft stabil halten oder sich in der freien Natur bewegen...?

  • Dazu passt ein wunderbares Zitat eines Bergretters im Wingsuit*-Mekka Lauterbrunnen in der Schweiz, das vergangene Woche in einer Doku fiel (sinngemäß):

    Zitat

    Die einen sterben beim Wingsuit-Sport, weil sie abstürzen oder gegen eine Felswand fliegen und die anderen sterben an Leberverfettung weil sie Couch-Potatoes sind.

    :thumbsup::thumbsup::thumbsup:


    *) Wingsuit: Anzug, mit dem sich Base-Jumper von Felsen oder Gebäuden stürzen und dann mit knapp 300km/h durch die Luft fliegen (wenn alles gut geht).
    Video: Wingsuit best of proximity flying 2015

  • Hallo Kuhdriver,


    Wie Wurstkuchen schon erläutert hat, liegen 95% der
    HBA1c-Werte der Gesunden im Referenzbereich. Dieser ist von Labor zu Labor
    aufgrund verschiedener Messmethoden unterschiedlich und umfasst das Intervall
    der doppelten Standardabweichung. Wenn du also einen Referenzbereich von 4-6%
    hast, so liegt der Mittelwert bei 5%, die Standardabweichung bei 0,5%. Im
    Intervall der einfachen Standardabweichung, 4,5%-5,5% befinden sich die
    HBA1c-Werte von 68% der Gesunden, im Intervall der doppelten Standardabweichung
    95,5%. Etwa jeder vierzigste Gesunde hat einen HBA1c von über 6% und ebenso
    jeder vierzigste einen HBA1c von unter 4%.


    Die BZ-Verläufe von Gesunden werden relativ wenig beachtet.
    Ich habe 2001 gemeinsam mit einem Bergkameraden Bergtouren auf den Elbrus (Kaukasus)
    und auf den Pik Lenin (Pamir) unternommen. In den 34 Tagen unterwegs habe ich
    169 BZ-Messungen vorgenommen, mein Bergkumpan als Nicht-Diabetiker 58
    Messungen.



    Er: Mittelwert: 103,
    Mittelwert-nüchtern: 98, Mittelwert-postprandial: 117
    es gab 1 postprandialen Wert von 173 (Messfehler oder Realität?) und einige um
    140.


    Ich: Mittelwert: 120,
    Mittelwert-nüchtern: 105, Mittelwert-postprandial: 146
    knapp 40% der Messungen postprandial


    Mein Bergkamerad hatte bei
    mehreren HBA1c-Messungen stets Werte von 5,1-5,2%. Vor dieser Bergtour startete
    er aber mit 6,2%, also über dem Referenzbereich. Der Grund dafür lag nicht in
    erhöhten BZ-Werten, sondern im 12-wöchigen Marathon-Training, das unmittelbar
    davor stattfand, wöchentliche km-Leistung: 100 km. Dieses Phänomen ist laut
    Ärzten häufig. Man kann also aus dem HBA1c-Wert nicht einfach nach Formel die
    mittlere Blutglukose berechnen oder umgekehrt. Da spielen noch andere Faktoren
    mit, die bisher nicht ausreichend erforscht sind. Traut man seinem HBA1c-Wert
    nicht, und das gilt für gar nicht so wenige Menschen, so kann man ihn mittels
    Fructosamin-Bestimmung gegen-checken. (Vorsicht: anderer Referenzzeitraum)


    2010 hatte ich die Möglichkeit,
    HBA1c-Werte selbst zu bestimmen. Ich war mit einigen Freunden bergsteigerisch
    in den Anden unterwegs. Die HBA1c-Werte aller, der Diabetiker und der
    Nicht-Diabetiker stieg dabei um 0,8%-1%. Durch Gegentests konnte ausgeschlossen
    werden, dass es an der Höhe lag. Es lag an der großen Anstrengung in Höhen von
    5-6000m und vermutlich an der damit verbundenen Veränderung des Blutes, aber
    wirklich wissen tue ich es nicht.


    LG Geri

  • Zitat

    Diese Zahlen zur Lebenserwartung bezweifle ich stark, nenne doch du auch mal deine Quellen dafür.

    Hallo Wurstkuchen,





    Meine Quellen sind zum Großteil
    die Updates von Kinga Howorka, allerdings nicht ausschließlich. Da schreibe ich
    nur die Daten auf, nicht, ob sie es selbst untersucht hat oder von anderen
    Studien übernommen hat.



    LG Geri

  • Ich meine, es ist der bessere Ansatz zu versuchen die Werte zu erreichen als nichts zu tun und später mit, ja hätte ich das gewusst etc. zu reagieren.

    DAS auf jeden Fall! Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Dachte ich?! :D


    Und das mit der "Trotzreaktion" ist nur allzu menschlich. Darum hilft es in meinen Augen, sachlich darüber zu reden.


    Ich glaube, was mich zunehmend stört - und das betrifft nicht nur den Diabetes - ist, dass zunehmend die Meinung zu herrschen scheint, dass man:


    1) Für absolut alles selbst verantwortlich ist, sprich, die Krankheit, egal welche, ursächlich immer aufgrund einem eigenen Fehlverhalten entstanden ist


    2) Man alle Risiken im Leben eliminieren kann, wenn man sich nur genug Mühe gibt und "alles richtig" macht.


    Ich kann das leider momentan nicht besser in Worte fassen. Vielleicht gelingt mir dies zu einem späteren Zeitpunkt.


    Ansonsten Danke an die anderen für die interessanten Infos zum HBA1c! Darüber wie die Werte beim Gesunden sind und dass die sich je nach Lebenssituation ebenfalls verändern, liest man viel zu wenig.

  • Moin Nick,


    Leider hilft es keinem von uns, zu schauen wie es die Anderen, ob gesunde oder nicht, machen, es ist und bleibt unser ganz persönlicher DM, den wir so gut wie es jeder kann, mehr oder weniger erfolgreich managen.


    Es ist und bleibt wichtig, uns mit Hilfe des Forums auf dem laufenden zu halten, so denke ich Zumindestens.


    Für mich ist der Austausch mit euch essentiell für meinen Therapie Erfolg.


    Da ich noch nicht seit langem hier teilnehme, habe ich einen erheblichen Nachholbedarf.


    MlG


    Hinerki

  • Meine Dia-Doc - so erzählt sie - hat in ihrer Ausbildung zur Dia-Doc u.a. auch "Versuche" mit gesunden Krankenschwestern/brüder durchgeführt, in dem sie deren BZ gemessen hat, nach dem die locker 1 l Cola getrunken hatten. Sie hatte den Eindruck, als sei sie auf unentdeckte Diabetiker*innen gestoßen, da Werte kurzfristig deutlich über 200 gemessen wurden. Aber ätsch - da war keinE Diabetiker*in dabei - alles "Gesunde".

    Wann eigentlich wurde aus Sex and Drugs and Rock and Roll


    Veganismus und Lactoseintoleranz und Helene Fischer???

  • 1) Für absolut alles selbst verantwortlich ist, sprich, die Krankheit, egal welche, ursächlich immer aufgrund einem eigenen Fehlverhalten entstanden ist


    2) Man alle Risiken im Leben eliminieren kann, wenn man sich nur genug Mühe gibt und "alles richtig" macht.


    Danke, Nick!
    Ganz genau - das nervt mich auch tierisch. Und klar: natürlich ist man auch selbst an BZ-Spitzen schuld - solange man nicht Low Carb oder klassische CT macht.... :cursing:


    Ich als Frau (die sich zwangsläufig mit Zyklus-bedingten Schwankungen rumschlagen muss) und aktuell stillende Mutter kann nur die Augen rollen, wenn sich (meist männliche) Vertreter unter den DMlern zu diesem Thema als Oberlehrer hervortun. "Da muss man halt auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten... mit Low Carb hat man viel stabilere Werte... Blablabla."


    Noch so ein Beispiel bezüglich der Gefahr für die Gefäße ausgehend von BZ-Spitzen: Entweder ich nehme starke BZ-Schwankungen durch meinen monatlichen Zyklus in Kauf, oder ich nehme die Pille, die zwar die Schwankungen weitestgehend ausgleicht, jedoch bekanntermaßen auch Gift für die Gefäße ist.


    Gruß, Veri

    *****
    "Bevor du dir selbst eine Depression oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostizierst, stelle sicher, dass du nicht einfach nur von Arschlöchern umgeben bist." Prof. Dr. Sigmund Freud

  • @Wurstkuchen erhöhter Blutdruck ist gefährlicher, also bitte nicht so aufregen


    Geri, ich hatte mal gelesen, dass sich in der Höhe die roten Blutplättchen vermehren, es wird ja wohl auch gezielt Höhentraining zur Leistungssteigerung eingesetzt, ich bin nicht vom Biochemischen Fach, würde aber vermuten, dass eine andere Blutzusammensetzung die Messwerte beeinflusst



    Ansonsten speziell an einige: mit einem belehrenden/bekehrenden Ton in den (vermutlich richtigen) Informationen, erreicht man öfter das Gegenteil. Ja und man kann es natürlich als Trotzreaktion bezeichnen, was zu den Gegenüber dann natürlich noch aufgeschlossener macht :S
    Dieses Forum dient dazu, Informationen auszutauschen und auch zu lernen, Ratschläge von Dritten vor allem Ärzten nicht unreflektiert aufzunehmen, ein wirklich schönes Beispiel ist zum Beispiel der Einsatz von Statinen bei hohem Ldl usw. ...

    Leg Dich nicht mit Zucker an, er ist raffiniert! :bigg

  • Hallo Wildrose,


    Ja, der Anteil der roten Blutplättchen vermehrt sich stark. Das ist noch keine Erklärung für die Veränderung des HBA1c. Möglicherweise ändert sich aber auch ihre Lebensdauer und das würde den HBA1c gewaltig verändern. Ich kann nur spekulieren, die Fachleute tun es auch, untersucht ist hier noch wenig.


    Ich gehe davon aus, dass kurzfristige BZ-Spitzen völlig egal sind und dass mindestens 50% der Nahrung aus KH bestehen sollten. Fragt doch die Diabetes-Promis, ob sie das anders sehen. Ich konnte noch nicht einmal eine Studie finden, die belegen würde, dass Durchschnittswerte (nicht Spitzen) von 200 dauerhaft schädlich sind. Und ich habe gesucht und herumgefragt. Das sind Durchschnittswerte, von denen auch ich mich fernhalten will.
    Low Carb ist für mich eine Mode-Ernährungslüge für Menschen, die abnehmen wollen, ohne sich zu bewegen. (ich kenne allerdings auch Ausnahmen - sehr sportliche Low Carber). Kennt ihr namhafte Diabetologen, die Low Carb für Typ1er empfehlen? Und das Gegenteil von Low Carb ist nicht Pizza und Hamburger.


    LG Geri

  • Wenn ich jeden Abend ne Pizza esse, dann habe ich jeden Abend und jede Nacht schlechte Werte

    Da ist man dann als Diabetiker doch froh, kein Italiener zu sein bzw. nicht in Italien zu leben - bei diesem Überangebot dort an Pizza und Pasta. Leider beides sehr schwer zu insulieren, wie wir hier ja alle wissen... :D

  • Jetzt werden mich einige steinigen, ich bringe aber trotzdem wieder das Beispiel vom Rauchen. Altbundeskanzler Schmitt ist als starker Raucher über 90 geworden, andere Raucher sterben mit 30 an Lungenkrebs. Wieder Andere sterben mit 25 an Lungenkrebs und haben nie geraucht. Klar sollte man als Diabetiker die Spitzen vermeiden, aber soll ich mich kasteien oder umbringen, wenn ich wieder mal einen Wert über 300 habe? Es gibt Diabetiker, die über 80 sind und schon 50 Jahre Diabetiker sind, und von denen dürfte keiner in den ersten 25 bis 30 Jahre seinen aktuellen BZ oder gar HbA1c gewusst haben. :D
    Das hat jetzt keinen wissenschaftlichen oder sonstigen Wert, aber das musste einfach mal raus.

    Der Kapiervorgang wurde leider abgebrochen!

  • aber soll ich mich kasteien


    Wäre ja ein Anfang... :thumbsup: An was hast Du denn gedacht: Bußgürtel, 5-schwänzigen Handgeißel, ...?

    Jeder muss seinen eigenen Weg finden und mit den Konsequenzen leben. Wobei ich nicht der notorische pp-BZ-Spitzen-Vermeider bin, manche Sachen sind einfach zu lecker :essen: !

    Living young and wild and free... :urlaub just having fun!

  • Wenn es mit den begrenzten Möglichkeiten der ICT (1x Messung vor Essen, dann Insulin per Pen, pp-Messung 1h und 2h) manchmal zufällig möglich ist einen glatten Verlauf zu erzeugen, dann schafft eine normal-funktionierende BSD das doch bestimmt fast immer.


    Die Geschichten über "wochenlanges Marathontraining" oder über "1L Cola" sind interessant, aber Extremsituationen.
    Bei anhaltender starker Belastung versucht der Körper wohl mehr Energie bereit zu stellen. Für die plötzliche Zuckermenge aus 1L Cola ist der Mensch halt einfach nicht ausgelegt.
    Extreme Situation -> extremes Ergebnis. :)

  • Hallo Engelchen,


    BZ-Spitzen nach schwer einschätzbaren Essen versuche ich gelassen zu sehen.
    Mexikanisches oder chinesisches Essen gibt es ja nicht jeden Tag.


    Jetzt mit CGM sehe ich wohin der Trend geht und insuliniere entsprechend nach.
    Beim Döner sehe ich das Problem eher darin Kohlenhydrate im Brot zu unterschätzen, inzwischen weiß ich, welche Dosis ich bei meinem Lieblingsdönermann benötige. Bei Pizza auswärts arbeite ich meist mit dem Dual-Bolus, und wenn es nicht hinhaut, stresst mich das auch nicht besonders.


    Was die Fett- und Eiweißinsulinierung angeht, gibt es hier im Forum bereits einiges zum Nachlesen. Das Praktikabelsten muss jeder trotzdem für sich heraus finden. Pro Fett- bzw Eiweißeinheit gebe ich nach Ende der Wirksamkeit vom Kohlenhydratbolus für 3-5 bzw. 6 Stunden einen verzögerten Bolus ab. Wie das alles zu timen ist, also mit Dual-/Combo-Bolus oder in meiner Variante findet aber jeder mit Interesse selbst raus.


    Ich bin jetzt seit 24 Jahren im Club und habe keinerlei Spätfolgen trotz allen möglichen PP-vor-und-zu-Spitzen. Risiken beim Diabeteskram werden oft statistisch beleuchtet, die für einen selbst zwar eine Orientierung bieten, aber keinesfalls Gesetz sein dürfen. Verhältnismäßigkeit vom Aufwand zum Nutzen im Einklang mit Lebensqualität ist für mich das Maß der Dinge.

    Easy come, easy go.

  • Habe noch etwas gefunden zum BZ-Verlauf ohne Dib, sind aber eher Anekdoten statt richtiger Daten:


    http://second-hand-diabetes.de/versuchskarnickel/
    http://second-hand-diabetes.de/versuchskarnickel-die-2/
    Das relevante:


    Da ist auch noch ein Bild von einem CGM:
    http://second-hand-diabetes.de…ds/2015/01/IMG_1657-0.jpg
    Weiss jemand welchen Zeitraum das Display zeigt?

  • Mein BZ stieg an. Bei 195 mg/dl war dann aber Schluß. Eine halbe Stunde nach dem Essen ging er schon wieder auf 172mg/dl runter, Tendenz fallend.


    Na bitte, aber 195mg ist ja auch schon was, zumindest stellt es die Behauptung vieler 'Experten' in Frage, die ich schon häufig gelesen habe, dass es beim 'Gesunden' keine Spitzen über 160mg gibt.

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!