Semaglutid reduziert Insulinbedarf bei neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes signifikant

  • Ergebnisse einer neuen Studie der State University of New York in Buffalo (University at Buffalo) deuten darauf hin, dass die Verwendung von Semaglutid bei Menschen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes den Bedarf an Insulindosen zu den Mahlzeiten bei der gesamten Studiengruppe eliminierte und 70% innerhalb von 6 Monaten die Verwendung von Basalinsulin stoppen konnten. Der durchschnittliche HbA1c-Wert sank von 11,7% bei der Erstuntersuchung auf 5,9% nach 6 Monaten und 5,7% nach 12 Monaten.


    "Wir waren definitiv überrascht von unseren Ergebnissen und auch ziemlich begeistert. Wenn diese Ergebnisse in größeren Studien über längere Nachbeobachtungszeiträume bestätigt werden, könnte dies möglicherweise die dramatischste Veränderung in der Behandlung von Typ-1-Diabetes seit der Entdeckung des Insulins im Jahr 1921 sein", sagte der leitende Ermittler Paresh Dandona, MD, PhD, ehemaliger Leiter der Abteilung für Endokrinologie an der Jacobs School of Medicine and Biomedical Sciences an der University at Buffalo.


    Die Klasse der GLP-1-Rezeptor-Agonisten, insbesondere Semaglutid, stand in den letzten Jahren im Fokus der medizinischen Gemeinschaft, da Erkenntnisse über ihr Potenzial im Bereich der chronischen Gewichtsverwaltung bekannt wurden. In dieser Zeit ist die Beliebtheit von Semaglutid so stark gestiegen, dass die Nachfrage nach der Verwendung als Mittel zur Gewichtsreduktion, sowohl on- als auch off-label, dazu geführt hat, dass das Mittel in der FDA-Datenbank für Arzneimittelengpässe aufgeführt ist.


    Die wachsende Beliebtheit des Wirkstoffs könnte angesichts der Ergebnisse der aktuellen Studie weiter zunehmen, insbesondere bei der off-label Anwendung. Die Studie wurde von Dandona und Kollegen geleitet, die daran interessiert waren zu untersuchen, wie Mittel, die bei Typ-2-Diabetes eingesetzt werden, bei der Behandlung von Typ-1-Diabetes verwendet werden könnten. Interessanterweise leitete Dandona bereits 2011 eine Studie, die die Auswirkungen von Liraglutid bei Menschen mit Typ-1-Diabetes untersuchte.


    In der aktuellen Studie, die eine Fallserie von 10 Patienten darstellt, beschrieben die Ermittler die Auswirkungen der Verwendung von Semaglutid bei einer Gruppe von 10 Patienten im Alter von 21-39 Jahren, die an der State University behandelt wurden. Zum Zeitpunkt der Diagnose zeigten 4 von 10 Patienten eine diabetische Ketoazidose, während die anderen Polyurie, Polydipsie und Gewichtsverlust hatten. Darüber hinaus hatten 9 von 10 Patienten Antikörper gegen Glutaminsäure-Decarboxylase und einer hatte Autoantikörper gegen Insel-Antigen 2. Der durchschnittliche HbA1c-Spiegel lag bei 11,7% (Standardabweichung [SD], 2,1) und der Fasten-C-Peptid-Spiegel bei 0,65 (SD, 0,33) ng pro Milliliter. Zu Beginn der Behandlung mit Semaglutid erhielten alle Patienten standardmäßig Basal- und Prandialinsulin.


    Die Dosierung von Semaglutid begann mit einer wöchentlichen Dosis von 0,125 mg, um Nebenwirkungen zu überwachen und Hypoglykämie zu vermeiden. Dies wurde gefolgt von einer Reduzierung der Dosis des prandialen Insulins und einer Erhöhung der Semaglutid-Dosis auf maximal 0,5 mg pro Woche. Die Ermittler wiesen darauf hin, dass die Dosierung des Basalinsulins anhand der Daten aus der kontinuierlichen Glukoseüberwachung (CGM) reduziert wurde und die Kohlenhydrataufnahme bei allen Patienten eingeschränkt war.


    Nach 3 Monaten der Behandlung wurde die Verwendung von prandialem Insulin bei allen Patienten eliminiert. Nach 6 Monaten hatten 7 von 10 Patienten die Verwendung von Basalinsulin eingestellt, und diese Dosen wurden bis zum Ende des 12-monatigen Nachbeobachtungszeitraums beibehalten.


    Bei der Auswertung des HbA1c zeigte sich, dass der durchschnittliche HbA1c-Wert von 11,7% (SD, 2,1) bei der Erstuntersuchung auf 5,9% (SD, 0,3) nach 6 Monaten und 5,7% (SD, 0,4) nach 12 Monaten sank. Bei den Fasten-C-Peptid-Spiegeln wurde eine Erhöhung von 0,65 (SD, 0,33) ng/mL bei der Erstuntersuchung auf 1,05 (SD, 0,40) ng/mL bei der Studiengruppe beobachtet. Die Ermittler betonten auch, dass die CGM-Daten eine Zeit im Zielglukosebereich von 89% (SD, 3) während der Studie widerspiegelten.


    In Bezug auf die Sicherheit wiesen die Ermittler auf einen Bericht über leichte Hypoglykämie während der ansteigenden Dosisphase der Studie hin. Nach Dosisstabilisierung wurden laut Ermittlern keine Episoden von Hypoglykämie gemeldet. Weitere Analysen zu Sicherheitsereignissen ergaben, dass keine Berichte über diabetische Ketoazidose oder andere schwerwiegende Nebenwirkungen vorlagen.


    "Unsere Ergebnisse aus dieser zugegebenermaßen kleinen Studie sind dennoch so vielversprechend für neu diagnostizierte Patienten mit Typ-1-Diabetes, dass wir uns nun voll und ganz darauf konzentrieren, eine größere Studie über einen längeren Zeitraum durchzuführen", fügte Dandona hinzu.


    https://www.hcplive.com/view/s…nsulin-in-type-1-diabetes


    https://www.mdr.de/wissen/ozem…iabetes-typ-eins-100.html

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  • Hype

    Hat den Titel des Themas von „Sematuglid reduziert Insulinbedarf bei neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes signifikant“ zu „Semaglutid reduziert Insulinbedarf bei neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes signifikant“ geändert.
  • Hört sich mal wieder phänomenal an, doch es ist Vorsicht geboten:


    1. Es war nur eine kleine Studie von 10 Personen.

    2. Alle Probanden waren im Anfangsstadium, weshalb man die Remission nicht außer acht lassen sollte.

    3. Es gibt keine Angabe, ob die Teilnehmer übergewichtig oder normalgewichtig sind, was ebenfalls noch einen Effekt aufweisen könnte.

    4. Die Nebenwirkungen werden weder erwähnt noch vor ihnen gewarnt und diese sind zum Teil gravierend (bis hin zu Schilddrüsenkrebs)

    5. Ebenso unerwähnt bleibt, dass man dieses Medikament ein Leben lang einnehmen muss, zumindest wenn man es wegen einer Gewichtsabnahme spritzt.

    6. Noch weiß keiner wie die Langzeitfolgen sind.


    Meine Meinung:

    1. Ich vermute, dass der Wirkungstoff Semaglutid nur am Anfang helfen wird solange noch Restinselzellen vorhanden sind. Weitere Studien werden zeigen ob es so ist oder nicht, dann wird man weitersehen.

    2. Hollywood hat das zu einem richtigen Hype werden lassen und Typ 2 Diabetikern fehlt dadurch das wichtige Medikament für ihre Behandlung. Das finde ich echt ätzend und egoistisch.

  • Sehe ich genau so. Wenn es dafür sorgt, dass Insulin besser wirkt UND eben Restfunktion / Remission einsetzt, dann sind die Anfangserfolge verständlich. Es wurde halt erwähnt, dass "die Kohlenhydrataufnahme bei allen Patienten eingeschränkt war.".


    Sind zwei Faktoren, die den Anfangserfolg wahrscheinlich machen. Die Frage wird sein, wie lange diese Wirkung aufrechterhalten werden kann.


    Edit: Bei mir mit LC Ansatz waren es aufgerundet etwa 3 Jahre, dann wars vorbei mit 0.1IE/kg. Stehe seit längerem bei etwa 0.4 IE/kg und das trotz Low & Slow Carb Ansatz.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

    Einmal editiert, zuletzt von Grounded ()

  • Ja, die Remissions Phase wird schon deren Ziel sein. Es wird versucht diese Phase sehr lange mit der Gabe des

    Medikamentes zu erhalten. Wenn das klappt mit wenig Nebenwirkungen wird vielleicht in 15 Jahren ein neu diagnostizierter

    Typ 1er die Wahl haben: Entweder klassisch mit Insulin anfangen ODER 5 Jahre lang 1mal / Woche sich was spritzen und

    gut ist. Eine Wahl ist besser als keine Wahl zu haben ;)

  • Ist aber halt auch die Frage ob das wirkliche sinnvoll ist an den eh schon angeschlagenen Inselzellen noch den letzten Rest rauszuquetschen. Semaglutid regt ja stark zur Produktion von mehr Insulin an, sieht man ja auch schon daran:


    Zitat

    Bei den Fasten-C-Peptid-Spiegeln wurde eine Erhöhung von 0,65 (SD, 0,33) ng/mL bei der Erstuntersuchung auf 1,05 (SD, 0,40) ng/mL bei der Studiengruppe beobachtet

    "Gibt das Leben dir Zitronen, frag nach Salz und Tequila..." SDP

  • Dann wäre die korrekte Folgestudie X mal "Low Carb Ernährung" (oder was auch immer) als Kontrollgruppe und eben nochmal "plus Semaglutid". Und dann eben Insulinbedarf als f(t) auftragen.

    --
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  • Naja, im 8. Jahr nach ED habe ich einen a1c von 5.6 und spritze noch immer kein Basalinsulin.

    Die Remissionsphase habe ich genutzt, um Gewicht abzunehmen und habe mit Kraftsport und Ausdauersport angefangen, sowie kohlenhydratreduziert gegessen.

  • Ich lese vor allem überhaupt nichts von einer Kontrollgruppe ohne Medikament?:confused2

    Sonst kann ich ja gar nicht vergleichen, ob es überhaupt einen Zusatznutzen hat.


    LG

    zuckerstück

    Das ist mein erster Garten, ich übe noch.🐞🌼

  • Naja, im 8. Jahr nach ED habe ich einen a1c von 5.6 und spritze noch immer kein Basalinsulin.

    Die Remissionsphase habe ich genutzt, um Gewicht abzunehmen und habe mit Kraftsport und Ausdauersport angefangen, sowie kohlenhydratreduziert gegessen.

    Bist du sicher, dass das ein Typ 1 bei dir ist? Kein Typ 2 oder ein extrem langsam verlaufender LADA?

  • Naja, im 8. Jahr nach ED habe ich einen a1c von 5.6 und spritze noch immer kein Basalinsulin.

    Die Remissionsphase habe ich genutzt, um Gewicht abzunehmen und habe mit Kraftsport und Ausdauersport angefangen, sowie kohlenhydratreduziert gegessen.

    Nach Erstdiagnose mit 42 hatte ich sofort Basalinsulin das ich auch schnell steigern musste um Werte um 5,2 bis 5,8 zu halten. Sport und Lowcarb hatte ich schon immer. Gewicht ist im grünen Bereich. Glaube eher das du eine Ausnahme bist und wie Eidechse schon schrieb ein langsamer Typ Lada.

    Wenn man Knäckebrot isst, hört man nicht was die anderen Menschen um einen herum sagen. Ich esse jetzt sehr oft Knäckebrot! Knäckebrot ist super! :S

  • Zudem vermutlich früh entdeckt. Meine Zuckerwerte waren sehr sicher schon ein paar Jahre zuvor nicht im Normbereich... Bedeutet wahrscheinlich: Früher Insulin und ich hätte die Remission deutlich länger "ziehen" können.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Nach Erstdiagnose mit 42 hatte ich sofort Basalinsulin das ich auch schnell steigern musste um Werte um 5,2 bis 5,8 zu halten. Sport und Lowcarb hatte ich schon immer. Gewicht ist im grünen Bereich. Glaube eher das du eine Ausnahme bist und wie Eidechse schon schrieb ein langsamer Typ Lada.

    Letztens hat der Diadoc die Antikörper gemessen, die sind so hoch wie am ersten Tag der Diagnose, c-peptit ist jedoch noch vorhanden.

    D.h. ich habe viele AK, aber irgendwas verhindert, dass die BSD dadurch völlig zerstört wird.

  • Letztens hat der Diadoc die Antikörper gemessen, die sind so hoch wie am ersten Tag der Diagnose, c-peptit ist jedoch noch vorhanden.

    D.h. ich habe viele AK, aber irgendwas verhindert, dass die BSD dadurch völlig zerstört wird.

    Da hast du Glück und ich drück dir die Daumen, dass das noch lange so bleibt.

    Alles Gute! :):thumbup:

  • Was eine wirre Studie, keine Kontrollgruppe, alle frisch diagnostiziert, low Carb eingestellt und dann freuen sie sich das der Langzeitwert signifikant runter geht. *Lautlach

    Meine Remisionen ging auch sicher fast drei Jahre in denen ich kein Basal brauchte und teilweise sogar zum Essen sehr wenig bis nichts (beim Sport) spritzen musste.

    Nun ja mit Schlagzeilen werden eben auch Forschungsgelder eingetrieben.

  • Zitat

    Paresh Dandona sagt, das könnte "womöglich die dramatischste Veränderung in der Behandlung von Diabetes Typ 1 seit der Entdeckung von Insulin 1921" sein.

    Ja, klar. :S

    Durch die Entdeckung des Insulins waren Typ 1 Diabetiker nicht mehr totgeweiht. Bis 1920 war die Lebenserwartung von Typ1 Diabetikern nach Diagnosestellung ca. 1 Jahr.

    Der erste Insulinbehandelte Diabetiker lebte noch 13 Jahre, der zweite insulinbehandelte Typ1 Diabetiker, Theodore Ryder, lebte weitere 70 Jahre.


    Und Paresh Dandona glaubt, dass sein Medikament die zweit bedeutendste Entdeckung wird. Der hat doch nicht mehr alle Insulinspritzen im Schrank.:patsch:


    LG

    zuckerstück

    Das ist mein erster Garten, ich übe noch.🐞🌼

  • Stimme dir in der Aussage natürlich zu, aber in einer Sache hat er/sie Recht: Typ1 Diabetes wird bis heute fast ausschließlich mit Insulin behandelt. Dass wir von anderen Medikamenten auch profitieren können (z.B. dass die Insulinsensitivität steigert) ist durchaus etwas, wovon ich mir in den nächsten Jahren noch Therapieerleichterung verspreche, ich glaube da ist schon noch Potential.

    In den USA wird bei Typ1 anscheinend auf häufiger mal Metformin und Co. verschrieben. Muss nicht für jeden was sein, aber dass es neben dem Insulin noch andere Ansätze geben kann, finde ich schon spannend.

  • Profitieren - ja. Immerhin hat eine höhere Insulinempfindlichkeit bei vorhandener Eigenproduktion den Vorteil einer höheren Stabilität.


    Es ändert aber wenig daran, dass Typ-1 am Ende "dumm dasteht" weil der Schadensmechanismus des Immunsystems nicht durchbrochen wird.


    Insofern wäre der zweite Durchbruch einer, bei der z.B. entweder der autoimmune Angriff gestoppt werden würde, dass sich die Bauchspeicheldrüse erholen kann oder die Oberfläche der Betas "dauerhaft maskiert" werden würde.


    DAS wäre für mich die Nummer zwei bei Insulin. Was IMHO auch viele Übersehen - nichts gegen die Entdeckung des Insulins und dessen zinkverzögerte Variante. Aber echtes Basal wie Lantus war damals auch ein Kracher was die Therapie angeht. Und wo wir bei "Therapie" sind - Blutzucker-Teststreifen werden gerne vergessen. Man kann halt nur einstellen, was man auch messen kann.

    --
    Nix Diabetes - das ist lediglich Glucose-Intoleranz.

  • Insofern wäre der zweite Durchbruch einer, bei der z.B. entweder der autoimmune Angriff gestoppt werden würde, dass sich die Bauchspeicheldrüse erholen kann oder die Oberfläche der Betas "dauerhaft maskiert" werden würde.

    Da haben wir eventuell etwas in der Hinterhand

    https://www.heise.de/hintergru…pen-koennten-9319341.html

    Man markiert Dinge im Gegensatz zur normalen Impfung nicht als Feind sondern als Freund der dann nicht angegriffen wird.

    Is zwar noch im Anfangsstadium einer Phase 1 Studie aber klingt zumindest interessant.

  • Man markiert Dinge im Gegensatz zur normalen Impfung nicht als Feind sondern als Freund der dann nicht angegriffen wird.

    Genau diesen Mechanismus meine ich. Es gibt halt zwei Hebel, etwas Autoimmunes mechanistisch auszuhebeln. Du wirst - auf welchem Weg auch immer - die fehlprogrammierten Antikörper los oder diese finden "nichts" mehr, weil deren fehlerhafte Ziel-Oberflächen nicht mehr existieren. Letztes ist vermutlich mit weit weniger Eingriffen in das Immunsystem verbunden.

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