Wie schlimm sind kurzfristige Blutzuckerspitzen?

  • Hallo!


    Ich komme mittlerweile recht gut klar mit spritzen, messen etc. Allerdings gibt es immer noch Nahrungsmittel, die mich verzweifeln lassen :D


    Letztens waren wir beim Mexikaner. Das Essen war noch nicht mal so fettig. Ich habe mich vorm Essen gespritzt und hatte nach 1,5 Stunden einen Spitzenwert von 260. Und der hielt sich erstmal. Trotz Bewegung, nochmal 2 IE nachspritzen. Nach einer Stunde war ich dann auf etwas über 200 unten. Nach 4 Stunden habe ich einen Normalwert erreicht.


    Anderes Beispiel: Letztens nach dem Mittagessen hatte ich nach einer Stunde einen Wert von 210. Nach 2 Stunden bei 140.


    Wie schlimm sind kurzfristige Blutzuckerspitzen von 200 und mehr? Mit kurzfristig meine ich maximal eine Stunde. Was macht ihr dagegen? Nachspritzen? Bewegung?


    Wie handhabt ihr das mit dem Insulin bei fettigem Essen wie Pizza, Döner & Co.? Einfache KH wie Kartoffeln, Nudeln etc. bereiten mir überhaupt keine Probleme. Ich spritze mich, bin nach 2 Stunden wieder bei einem super Wert. Aber fettiges Essen macht mir immer Angst.


    LG


    Engelchen

  • Philosophische Frage: Was meinst du denn überhaupt mit "schlimm"?
    Das Verlaufsdiagramm schaut hässlich gezackt aus, ja. Aber sonst...? ;)


    Wenn der BZ eine Stunde lang hoch ist und dann nicht mehr, wirkt sich das nur minimal auf den HbA1c aus, also würde ich zunächst mal sagen: Das ist überhaupt nicht schlimm.
    Ich selbst habe einige Spitzen wegbekommen, indem ich meinen SEA teilweise verändert habe. Mein HbA1c hat sich dadurch um wenige Prozentpunkte gesenkt (Größenordnung: ca. 0,2).


    Inwiefern solche Blutzuckerspitzen anderweitig negativ auswirken (Stichwort Langzeitschäden) scheint in der Wissenschaft relativ unerforscht zu sein. Mehrheitlich wird davon ausgegangen, dass v.a. langfristige Schwankungen nicht so toll sind (bspw. wenn der HbA1c im einen Quartal 8%, im nächsten 5% und im darauffolgenden Quartal 9% beträgt) und kurzfristige Schwankungen eher irrelevant sind.


    Ich würde mir darüber keine großen Gedanken machen und solche Schwankungen, wenn überhaupt, als kleinen Kunstfehler sehen. Mit deinen Worten: Ich finde es nicht richtig "schlimm". Aber natürlich denke ich auch: Übertreiben sollte man mit den Schwankungen auch wieder nicht. Denn, wie oben erwähnt, eine flache Verlaufskurve ist halt einfach hübscher. ;)



    edit: bei fetthaltigen Speisen, also bei Speisen, die den BZ "zusätzlich" nach 3+ Stunden noch ansteigen lassen, gebe ich mir einfach nochmal etwas Bolus. Also bspw. 2IE 2h nach dem Essen und ggf. noch 1IE 4h nach dem Essen.

    Einmal editiert, zuletzt von Hobbit ()

  • Nach einer Stunde eine Korrektur spritzen würd ich nur, wenn der Wert exorbitant zu hoch ist. Das ist in deinem Beispiel ja nicht der Fall. In der Situation würd ich wohl nichts machen und ggf. später etwas korrigieren. Und beim nächsten Mal halt etwas früher spritzen.


    Bei fettreichen Speisen entsprechend später.

  • Hallo Engelchen,


    Solche Ausreißer nach dem Essen kommen immer mal wieder vor. Kommt vor, dass man sich verschätzt beim Auswärts-Essen, z.B. Dann gibt es auch einfach Lebensmittel, da geht es gar nicht anders.


    Beispiel Pizza: Es ist einfach ein Glücksspiel. Vor der Pumpe habe ich das so gehandhabt, dass ich ein Drittel des Bolus direkt nach der Pizza gespritzt habe und zwei Drittel dann 1-2 Stunden später. Ich hatte dann zwar immer eine Spitze nach 90 min, doch im Anschluss (meist in der Nacht) ist der BZ leicht runter. Morgens war der Wert halt dann immer noch etwas zu hoch. Manchmal hat es auch so geklappt, dass ich etwas überm Zielwert in die Nacht gegangen bin und der BZ blieb konstant (so bei ca. 180). Freilich zu hoch, aber wie oft isst man schon Pizza?
    Wie bei allen Malzeiten muss man sich da langsam rantasten und eben ausprobieren.


    Wenn es viele BE werden und diese auch noch mit viel Fett gepaart sind, würde ich grundsätzlich einen Teil des Bolus verzögern, d.h. in deinem Falle einen Teil etwas später spritzen. Dann musst du nur die Wirkzeit des Insulins beachten. Ein verzögerter, sprich: verlängerter Bolus wirk auch länger. Das bedeutet, dass du nicht zu früh korrigieren darfst. Streng genommen dürftest du erst dann eine Korrektur spritzen, wenn kein Bolus mehr wirkt. In der Realität ist das oft schwer auszuhalten, schließlich will man die hohen Werte schleunigst wieder runter kriegen...


    Zu deiner Eingangsfrage: ob kurzfristige BZ-Spitzen schlimm sind, ist schwer zu beantworten. Sicher ist es medizinisch betrachet besser, konstant Werte im Zielbereich zu haben. In der Realität sind BZ-Spitzen nicht immer zu vermeiden, vor allem unter ICT. Es gibt Nahrungsmittel/Malzeiten, die eben Spitzen quasi provozieren, bzw. zwangsläufig verursachen. Isst man diese Sachen gerne, wird man es in Kauf nehmen müssen. Das darf auch sein, nur sollte man es eben nicht übertreiben.
    Willst du ein Streber sein, dann musst du dich streng Low Carb ernähren, wobei auch hier das richtige Insulinieren gelernt sein muss.


    Es geht uns allen so: Jeder von uns hat etwas, dass er gerne isst, aber den BZ versaut. Deshalb verkneift man es sich weitestgehend. Trotzdem: Trau dich bitte weiter auch an üppiges und fettiges Essen ran, denn nur so erhältst du Erfahrungswerte. Und je mehr Erfahrung du hast, desto leichter fällt es dir dann auch.


    Gruß,
    Veri

    *****
    "Bevor du dir selbst eine Depression oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostizierst, stelle sicher, dass du nicht einfach nur von Arschlöchern umgeben bist." Prof. Dr. Sigmund Freud

  • Moin,


    neuere Forschungen geben Anlass auch kurzfristige BZ Spitzen von über 160, als potentiell Gefäß schädigend zu betrachten.


    MlG


    Hinerki

  • Letztens waren wir beim Mexikaner. Das Essen war noch nicht mal so fettig. Ich habe mich vorm Essen gespritzt und hatte nach 1,5 Stunden einen Spitzenwert von 260.

    Das ist ja nix :D Ich war letzten Samstag beim Chinesen und hatte nach dem Essen einen Spitzenwert von 310. Nachdem es mir ganz schwummerig war, habe ich gleich BZ gemessen und natürlich sofort korrigiert. Ich hatte zum Essen nur moderat gespritzt, mit dem Gedanken, später nachzulegen. Chinesische Gerichte sind einfach auch sehr schwer einzuschätzen, wenn man nicht selbst kocht.

  • Hallo,
    ich würde mir über solche kurzfristigen hohen Werte nicht all zu viele Gedanken machen.
    Das läßt sich ohne extremen Aufwand nicht vermeiden. Und ob der Aufwand hinsichtlich des Nutzens gerechtfertigt ist wage ich zu bezweifeln.
    Ich weiß, einige andere hier sehen das anders...
    LG, Philbert

    -Please stand by-

  • Wenn Du den Wert schon hattest kannst Du eh nichts mehr machen. Nur versuchen, die Ursache zu erforschen und versuchen, den gleichen Fehler nicht nochmal zu machen.

    Der Kapiervorgang wurde leider abgebrochen!


  • Dann wäre ja für fast alle Diabetiker direkt "Game Over" :thumbsup: und keiner käme am Ende noch gut davon, wenns bei 160 schon mit Schäden los geht. :rolleyes:
    Weil keiner wird diese Werte immer vermeiden können...

  • Meine persönliche Erfahrungen sind: Fett und reine Kohlenhydrate (sprich Brot / Kartoffeln / Nudeln oder noch schlimmer Krapfen, Fettgebäck etc. - ganz schwer zu korrigieren.


    Ich war im April stationär für 10 Tage in Bad Heilbrunn und da hab ich für mich (muss bei Euch nicht genauso sein) ausgetestet, dass ich entweder Fett und Proteine mit Gemüsekohlehydraten gut verstoffwechsle aber kein Fett und reine Kohlehydrate wie z.B. beim Mexikaner - oder Pizza gehört da leider auch dazu.


    Jedoch riesengroßer Salat ohne Eiweiß mit Brot - kein Problem - berechne die KH vom Brot und es funktioniert. Also fast sowas wie Trenndiät?


    Vor allem Abends habe ich da riesengroße Probleme. Seitdem ich mich daran halte, sind meine Nachtwerte und auch der NBZ gut.


    Aber wie gesagt, das ist bei mir so, kann bei jedem anders sein.

  • Hallo Birgit,
    bei Salat gehts mir genau so. Nur das Brot dazu wird berücksichtigt (auch wenn im Salat so Sachen wie Kirschtomaten oder Mais sind) ;)

    -Please stand by-


  • Wer hat diese Forschungen finanziert? Die Pumpenhersteller? Hast Du Quellen?

    Beste Grüsse,
    Akina


    "Es scheint mir, dass der Versuch der Natur, auf dieser Erde ein denkendes Wesen hervorzubringen, gescheitert ist "
    (M.Born)

  • Das ganze "kurzfristige BZ-Spitzen haben keine Auswirkungen" Gerede vieler Diabetologen kann ich nicht nachvollziehen. Ebensowenig die immer wiederkehrende Behauptung vieler Diabetiker, auch Gesunde hätten nach dem Essen regelmäßig Werte im Bereich von annährend 200 mg/dl.

    Moin,


    Vielleicht, ich weiß es natürlich nicht, sind die Behauptungen der Docs unter ich habe eigentlich keine Kenntnis
    über die Auswirkungen von BZ spitzen oder als ein quentchen Trost für die Betroffenen einzuordnen.



    MlG


    Hinerki

  • Ich würde aber meine Hand dafür ins Feuer legen, dass ein postprandialer Wert von 140 bei ansonsten gleichem BZ-Verlauf und ohne zusätzliche Hypos deutlich gesünder ist als einer von 200.


    Das ja, aber zwei Probleme:
    1. Messgenauigkeit (was für die Probleme bei der Messung des HBA1 gilt, gilt für den BZ noch viel stärker!). Am Ende ist alles Statistik.
    2. Der menschliche Organismus hält sich nicht an DIN-Vorgaben. ;) Was bei einem locker durchgeht als akzeptabler Wert, führt beim anderen zu baldigen Spätschäden.


    Du hast etwas anderes, sehr richtiges Geschrieben:

    Zitat

    Das Ausmaß der Schäden die durch kurzfristige BZ-Spitzen verursacht werden können, ist insbesondere bei Typ 1 einfach noch weitestgehend unbekannt.


    Genau das ist das Problem. Und so lange die Erkenntnislage so dünn ist, macht es keinen Sinn, sich verrückt zu machen. Ich halte den 'Wohlfühlfaktor' und das mal 'Sich Locker Machen' im DM1-Leben für wesentlich mehr gesundheitsfördernd als die Jagd nach einem optimalen und stets weiter optimierbaren Stoffwechsel. Genau deshalb bin ich CGM/FGM-Fan, denn da kann man einfach viel entspannter mit den Schwankungen umgehen, weil man immer flexibel reagieren kann.


    P.S.: "Der Gesunde" ist übrigens auch keine DIN-Norm. ;)

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Genau das ist das Problem. Und so lange die Erkenntnislage so dünn ist, macht es keinen Sinn, sich verrückt zu machen. Ich halte den 'Wohlfühlfaktor' und das mal 'Sich Locker Machen' im DM1-Leben für wesentlich mehr gesundheitsfördernd als die Jagd nach einem optimalen und stets weiter optimierbaren Stoffwechsel. Genau deshalb bin ich CGM/FGM-Fan, denn da kann man einfach viel entspannter mit den Schwankungen umgehen, weil man immer flexibel reagieren kann.


    P.S.: "Der Gesunde" ist übrigens auch keine DIN-Norm.

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    Den Sinn des Lebens zu suchen ist legitim, doch sollte man damit nicht zu viel Zeit verbrauchen,
    sonst zieht das Leben an einem vorbei :urlaub

  • Ob man sich jetzt konkret an den 160 mg/dl orientieren muss, ist auch eine andere Frage. Aber ich versuche generell die BZ-Spitzen so flach wie möglich zu halten


    100% Übereinstimmung. Gebe dir Recht. Und genau das ist mein Argument, es schwirren immer so viele konkrete Zahlen herum, irgendwo habe ich auch mal gelesen, "ab 142mg/dl riskiert man Nierenschäden" usw.


    Wenn eben (fast) alles auf Statistik beruht, sollte man mit solchen Werten eben entspannt umgehen lernen.


    P.S.: Das Rauchen ist wirklich kein gutes Beispiel, da haben wir mit Faktoren wie 5000 (sic) % Risiko-Erhöhung zu tun und Ähnliches. Da kann man schon fast von Ursache Wirkung sprechen. Und vollkommen bescheuert ist es dann, dass Wurst und Rauchen von der WHO in derselben Schublade landen, völlig gaga ... aber das wäre ein anderes Thema ...

    :nummer1: Mai 2024: 10 Jahre Dana-Pumpe!

  • Wird in dieser Diskussion bedacht, dass kurz- und mittelfristige BZ-Spitzen über 200 im Rahmen sportlicher Belastungen durchaus erwünscht sind? Soll die Alternative sein: ich verzichte darauf, mich auszupowern, um solchen BZ-Spitzen zu entgehen? Das ist ja wohl auch nicht das Gelbe vom Ei, weder für die Gesundheit, noch für die Lebensqualität.


    LG Geri

  • Wird in dieser Diskussion bedacht, dass kurz- und mittelfristige BZ-Spitzen über 200 im Rahmen sportlicher Belastungen durchaus erwünscht sind? Soll die Alternative sein: ich verzichte darauf, mich auszupowern, um solchen BZ-Spitzen zu entgehen? Das ist ja wohl auch nicht das Gelbe vom Ei, weder für die Gesundheit, noch für die Lebensqualität.


    LG Geri

    Moin Geri,


    Könnten es Puls oder Blutdruck-Spitzen sein?


    MlG


    Hinerki

  • Ich wüßte momentan nicht, wie ich die mindestens 4x pro Woche vorkommenden >200er pp-Spitzen vermeiden kann. Dazu ist derzeit einfach zu viel im Fluss in meinem Leben und ich bekomme absehbar nicht so viel Ruhe rein, dass ich genau dahinter käme. Manche davon sind einfach Kantinen-Schätzfehler, andere sind dem weiblichen Hormonzyklus zu verdanken, wieder andere kommen vom Stress oder überschätzter Bewegungswirkung. Und dem Nichtwahrhabenwollen, dass es mit dem Eigeninsulin wohl so langsam wohl am Ende ist. Und die Erfahrung mit dem Libre hat mir gezeigt, dass die Sache mit dem Bolus noch um einiges komplexer ist als vorher gedacht, jedenfalls wenn man es richtig gut machen will.
    Ich hoffe noch darauf, dass ich das mit Erfahrung und Bauchgefühl die Sache mit der Zeit besser mache. Für eine Grundlagenforschung möchte ich die nötige Zeit jetzt nicht investieren.


    Lg Hubi

    "Sing this corrosion to me!"

    (Stoßseufzer eines unbekannten Seglers)

  • Also echt, ein pp-Wert von 140 sehen einige hier als schlimmen Wert? Dazu fällt mir nichts mehr ein...
    Ich finde das absolut übertrieben. :pupillen:

    -Please stand by-